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Typisch England. Erst einmal heißt es Schlange stehen. Obwohl ich schon vor Wochen Tickets reserviert hatte, mußte ich mich Samstag nachmittag unter dem obligatorischen Nieselregen in die Wartenden einreihen. Mit einem roten Punkt verziert konnte ich dann Londons berühmte Science Fiction Bar betreten und mich mit einem Pint voll Bier auf das große Ereignis einstimmen; dem Gastauftritt von Jeffrey Combs, bekannt als Weyoun und Brunt aus ST-DS9. Ganz unauffällig betrat der Star zunächst die Szenerie. Kaum einer, der ihn nur in Alien Make-up gesehen hat, hätte den ruhigen, ganz in schwarz gekleideten Schauspieler erkannt. Als dann jedoch die Foto Session begann, zeigte er zum ersten Mal, was in ihm steckt. Fröhlich und freundlich begrüßte er jeden, der sich mit ihm fotographieren ließ, mit Handschlag und brach so daß erste Eis.
Nach einer einstündigen Pause, in der den Fans mit fetzigen Trailern und Videoclips schon gut eingeheizt worden war, ging das Licht auf der Bühne an und Combs sorgte bereits mit seinem furiosem Auftritt für viel Gejohle unter den Zuschauern. Mit der Bemerkung, er sei noch von gestrigen Alkoholgenüssen etwas angeschlagen, hatte er bei den trinkfreudigen Briten gleich den richtigen Ton getroffen und setzte auch noch einen derben Clinton Witz in bestem Arcansas Dialekt oben drauf. Nach seinen Erfahrungen mit Seven of Nine Darstellerin Jerry Ryan gefragt, verdreht er die Augen und stöhnte scherzhaft "Sie ist eine Göttin!" Als kleine Anekdote vom Set von "Tsunkatse" bemerkte er noch, daß sie sehr viel Wert auf vorteilhafte Kameraeinstellung legen würde, und fügte hinzu, daß sie das gar nicht nötig hätte. Die nächste Frage betraf die Zusammenarbeit mit dem Sänger Iggy Pop, der in der DS9 Episode "Magnificent Ferengi" den Vorta Yelgrun gespielt hatte. Combs meinte dazu: "Das war irgendwie merkwürdig, ich mußte einen Ferengi spielen, und er einen Vorta. Sie hatten ihm Videos von mir gezeigt, damit er lernen sollte, wie ein Vorta zu agieren".
Mittlerweile war die Stimmung in der Bar immer ausgelassener und der Umgangston wurde rauher. Auf Zwischenrufe von Föderationsanhängern erwiederte Combs mit Weyouns Stimme "Wir werden sie zerschmettern. Glaubt nicht, was sie euch in "What you leave behind" erzählt haben. Die Vorta sind nicht tot!". Als sich die Menge wieder etwas beruhigt hatte, konnte auch wieder ein paar Fragen gestellt werden. Nach gegenwärtigen Projekten gefragt, meinte er zunächst scherzhaft "Bourbon& Soda" und deutete auf sein halbleeres Glas. Dann erzählte er von seinem neuesten Film, "The Attic Expedition", der im Herbst in die Kinos kommen wird. Neben Seth Green (Oz aus "Buffy") hat auch der Skandalrocker Alice Cooper dort einen Gastauftritt. Bei einem Konzert der Rolling Stones, bei der die Band von Combs Schwager Kevin als Vorgruppe zu sehen war, hatte Cooper sich plötzlich umgedreht und gefragt:"Entschuldigung, aber sind sie nicht Jeffrey Combs?" Als er erfuhr, daß der Mann, der den Re-Animator Herbert West gespielt hatte, "The Attic Expedition" dreht, wollte Cooper dann auch in dem Projekt mitwirken. In dem Film stellt Combs einen Psychiater dar, der Seth Green einredet, er hätte 4 Jahre im Koma gelegen. In Wirklichkeit spielt der Bösewicht jedoch nur ein böses Spiel mit dem jungen Mann, um an ein Geheimis heranzukommen. Aber mehr sei hier noch nicht verraten. Dann erwähnte er noch kurz die Dreharbeiten in Barcelona zu "Faust - Love of the Damned", einem weiteren Horrofilm aus der Schmiede von Kultregisseur Brian Yuzna.
Nach diesem Exkurs in`s Horrogenre kehrten die Fragen dann wieder zu Science Fiction zurück. Als erstes erklärte Combs, daß er Weyoun wesentlich lieber gespielt hatte, als den Ferengi Brunt. Armin Shimmerman hatte ja bereits als "Quark" den Prototyp des Ferengi sehr stark geprägt, und so blieb wenig Spielraum, die Rolle zu entwickeln. Als Vorta betrat Combs dagegen Neuland, und er ist stolz darauf, nun als Synonym für "Vorta" zu stehen, an dem sich alle späteren Darsteller zu orientieren hatten. Von seinem einmaligen Gastauftritt bei Babylon 5 als Telepath Harriman Gray ("Eyes") war Combs weniger begeistert. Er beklagte nicht nur die billigen Kulissen, sondern auch die mangelnde Fantasie der Macher. "Ich dachte, toll, ich mache in einem Science Fiction Film mit, daß wird sicher abgefahren. Und dann steckten sie mich in einen ganz ordinären Anzug. Ist das zu fassen?"
Einer der Lokalpatrioten unter den Fans wollte wissen, was dem Kalifornier in England denn am besten gefallen hätte, und er meinte scherzhaft: "daß ich in den Straßen nicht ermordet worden bin". Auf den Einwurf, das sei in New York doch viel gefährlicher, erwiderte er: "Nein, dort kenne ich die richtigen Orte". Außerdem habe er dort weniger Sprachprobleme (imitiert einen Londoner Taxifahrer). Als das Publikum lacht beschwert er sich scherzhaft:"Versuch Du erst mal, einen kalifornischen Akzent nachzumachen." Als dieses dem Gast bestens gelingt, lacht Combs und sagt: "Mist, und dafür ist man nun ausgebildeter Schauspieler".
Eine Frau wollte dann wissen, ob er immer schon ein Alien spielen wollte. Etwas nachdenklicher antwortete er: "Ich wollte nicht immer ein Alien sein, sondern ein Schauspieler." Als er auf die Frage nach seinen weiteren Plänen meinte: "Einen Kontinent zu erobern", wurde die Stimmung wieder ausgelassener. So rief ein sichtlich angetrunkener Föderationsanhänger ihm zu, wie er denn gegen den großartigen Patrick Stuart bestehen wolle ("Er ist kahlköpfig - nein, im Ernst, er ist ein toller Typ"), oder ob er angesichts der unbekleideten Barbara Crampton nicht den falschen Part in Re-Animator gehabt hätte ("Nein, ich hatte den richtigen Part"). Ein Mann wollte wissen, welchen Zweikampf zwischen 2 ST Charakteren er sich am besten vorstellen könne und Combs meinte lachend: "Ein "Bitch-Fight" zwischen Seven und Ezri". Gerne erinnerte der Schauspieler sich an die Dreharbeiten zu "The Frighteners" zurück, die in Neuseeland stattgefunden hatten. Zu dem schrägen Outfit Milton Dammers aus Peter Jacksons Gruselepos hatte Combs selbst einiges beigetragen, so stammte von ihm auch die Idee, den Haarschnitt des durchgeknallten FBI-Beamten dem junge Hitler nach anzulehnen. Die Rolle von Grima Schlangenzunge ("Wormtongue") in Jacksons neuestem Werk, "Der Herr der Ringe", hatte Combs übrigens nicht bekommen, da er den englischen Akzent nicht beherrscht. Auf die Frage, was er denn gerne spielen wolle, meinte er lapidar: "eine Hauptrolle". An eine Rückkehr zum Theater denkt er momentan nicht, denn sein ganzes Herz gehört dem Film. Trotz zahlreicher Gerüchte gibt es immer noch nichts Neues über den lange erwarteten 3. Teil von Re-Animator. Bisher ist jedenfalls noch niemand an ihn herangetreten. Von H.P. Lovecraft, dem Romanautor des Horrorschockers, hat er mittlerweile einige Werke gelesen.
In der Zwischenzeit wurden einige Gegenstände auf die Bühne getragen, unter anderm ein Luftballon mit der Aufschrift 1 of 9 (huh? es gab doch nur 8 Weyouns?), an dem ein Satz Vortaohren aus Latex befestig waren. Das brachte die Diskussion auf das Thema Make-up und Kostüme. Combs beklagte sich, daß er als Ferengi wegen der dicken Prothesen kaum etwas höhren konnte, und das 14 bis 16h am Tag. Wider erwarten war die Make-up Prozedur für den Vorta aber wesentlich langwieriger: Wegen der komplizierten "Kabuki" Frisur zog sie sich 2,5h in die Länge. Seine liebste Brunt Episode ist "Body Parts", während für Weyoun natürlich die Herausforderung bei "Treachery, Faith, and the Great River", wo er 2 Klone gleichzeitig gespielt hat, am größten war. Obwohl einige Fans immer wieder eigenständige Charakterzüge in den Weyounclonen entdecken, so ist doch Nummer 6 der einzige, der sich wirklich von den anderen unterscheidet.
Eine ganz eigenartige Erfahrung war es, für die Voyager-Episode "Tsunkatse" zu Star Trek zurückzukehren. Mittlerweile hatte man Teile des alten Sets von DS9 in das Bühnenbild von Voyager integriert, so daß es eigenartig vertraut und fremd zugleich wirkte, wie ein Paralleluniversum. Gefragt nach seinen zahlreichen Szenen mit Ghul Dukat bemerkte er, daß es am Anfang etwas schwierig gewesen sei, da Alaimo eifersüchtig über seine Rolle gewacht hatte und den Neuen erst akzeptieren mußte.Wie viele Fans auch bedauert Combs die Entwicklung, die Dukats Charakter zum Ende der Serie hin genommen hat. Das beliebte Getränk der Cardassianer, Kanar, sei in Wirklichkeit übrigens schrecklich schmeckender Mais Sirup gewesen. Weyouns Rolle im Dominion beschreibt Combs als mittleres Management. Seinen Co-Vorta Christopher Shea (Keevan) aus "Magnificent Ferengi bezeichnete er als sehr netten Kerl, aber auch hier war es ihm merkwürdig vorgekommen, daß Shea als Vorbereitung auf die Rolle Aufzeichnungen von Weyoun studierte, während Combs ins Ferengi Kostüm gesteckt wurde. Zu einer möglichen Mitwirkung in der 5. Serie meinte er: "Ich habe nichts davon gehört, aber ich würde gerne mitspielen. Allerdings müßten sich die
Produzenten etwas neues für mich einfallen lassen, einen "good guy" oder sogar einen der regulären Charaktere". Auch an Regiearbeit wär er prinzipiell interessiert, aber es müße im richtigen Rahmen stattfinden, mit erfahreneden Leuten im Hintergrund. Das Make-up von Brunt und Weyoun hat Combs übrigens sehr geholfen, in die Rollen zu finden. Gerade bei Weyoun hatte er anfangs überhaput keine Vorstellung, wie er den Vorta spielen sollte, bis er dann im Kostüm steckte und plötzlich die Inspiration hatte (imitiert Weyoun). Anfangs gab es Probleme mit den blauen Kontaktlinsen, denn der kurzsichtige Schauspieler mußte plötzlich 2 Paar übereinander tragen. Als sich herausstellte, daß der Vorta auch weiterhin regelmäßige Auftritte bekommen sollte, bekam Combs dann glücklicherweise ein geschliffenes Paar angefertigt.
Zuletzt wurde er gefragt, ob er Stolz sei, eine Ikone des Horrofilms zu sein. "Ja, ich bin stolz darauf, aber ich möchte nicht als Horror oder Science Fiction Schauspieler bekannt sein, ich will als Schauspieler für alle Rollen bekannt sein."
Na dann, viel Glück, Mr. Combs. In Page`s Bar hat der sympatische und agile Star jedenfalls beweisen könne, daß er es versteht, sein Publikum zu begeistern, und ich freue mich schon, ihn am Wochenende in Berlin auf der Nexus Con zu treffen. Mehr Informationen zu "Page`s Bar", in der als nächstes Marina Sirtis auftreten wird, kann man hier abrufen.
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