Thomas Schmitz: Rezension
Midgard Digest 89
Reaktionen auf diese Besprechung
eZine in erster Linie für Spieler des Rollenspielsystems Midgard. Spielmaterial, Szenarios, Regeldiskussion, Besprechungen, etc.
(Ausgabenzine, dt., erscheint monatlich. MD89: Dezember 1997)
Spezialisiertes und daher hauptsächlich für Rollenspieler interessantes eZine. Das Engagement ist nachahmenswert!
Da sage einer, Fantasy-Fans seien anachronistisch! Während bekannte Science Fiction-Fanzines sich (wenn überhaupt) nur ganz zaghaft in das futuristische Medium vortasten (und dabei selten mehr als überflüssige Werbung für die Druckausgabe produzieren), hat ausgerechnet ein alter Zauberer namens Dogio the Witch die Zeiten der Zeit erkannt. Was zunächst als Mailing-Liste und gedruckt begann, hat sich inzwischen zum größten deutschsprachigen eZine seiner Art gemausert. 89 Ausgaben im Zwei-Wochen-Rythmus. Mehrere Megabyte Material. Und das Internet als Medium wird konsequent genutzt.
Der Midgard Digest wendet sich freilich zunächst an Rollenspieler, soll laut Impressum "Ideenquelle für Spielleiter und Gruppen" sein. Entsprechend speziell sind in der Regel die Beiträge. Die jetzige 89. Ausgabe ist da ein Sonderfall. Denn in ihr wird eine Reihe von Brett- und Kartenspielen besprochen, die auf der Essener Spielemesse im vergangenen Jahr Premiere hatten.
In der Regel sind diese Besprechungen ganz ordentlich. So etwa die Besprechung des vor Weihnachten überall ausverkauften (Grummel!) Spieles "Löwenherz". Dogio, hinter dem sich im Alltag ganz bürgerlich Uwe Mundt verbirgt, beschreibt detailliert die Aufmachung, gibt eine Übersicht über das Regelwerk und bewertet das ganze sachlich und nachvollziehbar. Das gilt auch für die anderen durchaus unterhaltsam geschriebenen Besprechungen, soweit sie aus Dogios Feder stammen.
Lediglich Petitors Besprechung des Midgard-Abenteuers "Sturm über Mokattam" reicht hier nicht heran. Sprachlich nicht. Und auch inhaltlich nicht, da Petitor zwar ein paar Detailfragen anmerkt, das Abenteuer selbst aber nur mit ein paar Worten vage umrissen wird. So bleibt unklar, was wir uns darunter vorzustellen haben, die Spiele seien mit Liebe entworfen. Ist die Geschichte so atmosphärisch? So originell? Überzeugt sie durch stimmungsvolle Einzelheiten?
Ein wenig unglücklich erscheint der Versuch, vor jede Besprechung eine Schnellübersicht nach dem Punktsystem zu setzen. Nicht nur daß die Kategorien der Bewertung wechseln. Sie sind auch nicht immer verständlich: Was bedeuten drei lachende Gesichter hinter "Preisniveau"? Und wie unterscheiden sich "Spielspaß" (fünf Gesichter) und "Atmosphäre" (vier) voneinander?
Die anderen Beiträge beschäftigen sich mit dem Rollenspiel. Eine lange und für Spielleiter lesenswerte Abhandlung über Vampire von Stephan Zehndefindet sich hier, magische Gegenstände, die Darstellung der Charakterklasse der Psioniker und zusammenfassende Tabellen.
Daß dabei einige Beiträge (O-Ton Dogio: "aufgemotzte alte Konserven") von FTP-Servern gezogen wurden und nun hier als Beiträge im Digest erscheinen, mutet ein wenig seltsam an. Ein Notbehelf hoffentlich, mit dem sich im Handumdrehen leere Speicher füllen lassen.
Insgesamt ist der MD zwar ein sehr spezielles Zine, es ist aber so gelungen und sein Macher so engagiert, daß es zahlreichen anderen nur als Beispiel empfohlen werden kann, die vor mehr Engagement im Netz bisher zurückscheuen.
Thomas Schmitz
Bochum, 9.1.1998
NN3.0 (600x800)
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