Dirk van den Boom: Rezension
Neurowaver
Vorwiegend sekundärliterartisches Cyberzine von Philip Grabbert mit Buch- und Filmbesprechungen aus SF, Fantasy und Horror.
(Cyberzine. Dt.+engl., regelmäßig aktualisiert)
NEUROWAVER ist ein interessantes eZine, bei dem es sich durchaus lohnt, mal öfter reinzuschauen - in erster Linie wegen der News, weniger wegen der Buchbesprechungen.
Das schon seit Ende August im Netz zu erblickende eZine des Hamburger Philip Grabbert - von dem zumindest ich noch nie etwas gehört habe - beschäftigt sich - übrigens in Deutsch und in Englisch - vorwiegend sekundärliterarisch mit SF, Fantasy und Horror in so ziemlich allen Bereichen: Bücher, Filme, Musik von großen bis kleinen Verlagen und Labels finden kritische Betrachtung.
Die Benutzerführung ist relativ übersichtlich, wenngleich man nicht auf den ersten Blick weiß, was man unter welchem Knopf zu erwarten hat. Im wesentlichen besteht der Schirm aus zwei Frames, einem großen, der die Texte darstellt, und einem kleinen, seitlichen, an dem man sich heranklicken kann. Meistens greift man aber dann doch zum Back-Button zurück, nicht zuletzt deswegen, weil der Aufbau der Seite noch ein bißchen chaotisch ist.
Nichtsdestotrotz sind die Macher aus Hamburg bemüht, suchen sogar noch neue Mitarbeiter. Daß sich manche der SF-Grundkenntnisse in Grenzen halten, wird allerdings bei den Vertippern deutlich - da heißt unser aller Number One plötzlich "Ryker" - und auch sonst müssen sich die Herausgeber bisweilen der Oberflächlichkeit zeihen lassen. Vor allem die Buch"besprechungen" sind größtenteils dünn, sehr dünn sogar. Da macht es dann auch nicht viel aus, wenn in einem special feature ein Kleinverlag wie die Goblin Press gebührend gewürdigt wird. Meistens handelt es sich nur um kostenlose Werbung für die Verlage, was aber natürlich auch auf Mitarbeitermangel zurückzuführen sein kann.
Positiv anzumerken sind die einigermaßen aktuellen News - so z. B. zu John Sinclair und den Vorbereitungen für den ersten Teil von Star Wars. Ebenfalls zu sehen sind Bibliographien bekannter SF-Autoren.
Wirft man einen Blick in die mails, so wird einem so langsam deutlich, woher der Wind weht: Da werden nämlich vor allem die Besprechungen diverser, wenn ich mich nicht völlig irre, CDs von Techno-Gruppen kommentiert, die auch beim Musikteil des eZines den Großteil auszumachen scheinen. Der "Neurowaver" scheint demnach wohl eher ein Kind der Techno-Szene zu sein, wobei manche Verbindungen zur SF natürlich naheliegen.
Allgemein befleißigt sich Grabbert einer betont locker-anarchistischen Haltung (er ruft übrigens zur Wahl der Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands auf - das wird Klaus N. Frick sicher freuen). Das ist zum Teil ganz witzig, wirkt mitunter aber ein bißchen aufgesetzt. Es bleibt mir natürlich völlig verschlossen, ob das mit dem etwas anderen Szenehintergrund zu tun hat, von dem aus Philip arbeitet.
In jedem Falle ist der Neurowaver ein interessantes eZine, bei dem es sich durchaus lohnt, mal öfter reinzuschauen - in erster Linie wegen der News, weniger wegen der Buchbesprechungen. Ich vermute mal, daß das zu 90 % die übliche Buchabzockerei bei den großen Verlagen ist (damit ist allerdings kein Vowurf verbunden, ich würde auch gerne mal wieder ein paar der teuren Schwarten umsonst bekommen). Wenn man die Benutzerführug noch ein bisserl übersichtlicher macht, gehört der Neurowaver sicher zu den guten Beispielen für ein SF/F-eZine - aber nur für den Leser, der sich am z. T. etwas zu coolen Gelaber des Hauptkontributors nicht allzu sehr stört.
Dirk van den Boom
Communicator (640x480)
Münster, 10.10.97
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