17-2-93 abends


Vorwort 

Was trägt die Geschichte der Menschheit zur Beantwortung der Frage - was ist Mensch - bei, wenn folgende Geschehnisse berücksichtigt werden müssen: Menschenopfer für Gott, Brudermord, Kriege im Namen Gottes, Kindstötung des weltlichen Herrschers Herodes, das Töten des Körpers von Christus, durch die Schriftgelehrten in die Wege geleitet, die Glaubenskriege der Neuzeit? Es ist der Beweis erbracht, dass alle, die weltichen Herrscher wie auch die Verkünder des Gotteswortes den Menschen nie anders beurteilt haben als - ein Bio-Organismus, ein irdischer Körper zu sein. Durch die Frage - was ist Mensch - entziehe ich der allgemeingültigen Formulierung - was ist der Mensch - das Recht, eine Dreiteilung auf den Menschen zu übertragen. Solange Wissenschaft, Philosophie und Religion über den Menschen reden, solange jeder seinen Teil, der Wissenschafter den Körper, der Philosph das Denken und der Theologe die unlösbare Rückbindung des Menschen an Gott für sich beanspruchen, solange nicht erst alles in Frage gestellt wird, um herauszufinden, was Mensch ist, bevor er als der Religiöse, der Philosoph und der Wissenschafter in Erscheinung tritt, sind alle Bemühungen vergebens, auf dem Planeten Erde Frieden und Harmonie zum Sinn des Daseins zu bestimmen.

Ist es Anmassung, ist es das Verlangen, der Wahrheit näher zu kommen, wenn nach dem gefragt und geforscht wird, was Mensch ist. Denn, neimand kann beweisen, dass sein Körper - Mensch ist. Ebensowenig kann jemand belegen, dass die Psyche seines Körpers in der Bedeutung der Selbserhaltung und Fortpflanzung den Platz des Menschen beanspruchen. Auch gelingt es nicht, der mentalen Individualität die Bedeutung zuzugestehen - Mensch zu sein. Selbst die Zusammenfassung von Körper, Psyche und Mentalität erlauben es nicht, als Mensch erwähnt zu werden. Und warum wohl? Dem Menschen wird sein Körper und dessen psychischen Urtriebe ebenso bewusst gemacht wie die mentale Individualität in der Bedeutung der Fähigkeiten, Neigungen und Verlangen. Im Moment, wo die Bewusstmachung der Erfahrungen entfällt, im Moment, wo dem Menschen nichts mehr bewusst gemacht wird, bleibt er existent. Und dieses Existentsein ist es, das mich dazu vernalsst die Frage zu stellen - was ist Mensch, was als Mensch bleibt, wenn alles, was ihm bewusst gemacht wird, ihm nicht mehr zum Gebrauch zur Verfügung steht?

Wer kann mit solchen Gedankenbildern etwas anfangen, wenn er auf dem beharrt, was er aufgrund von Erziehung und Erfahrung sein soll? Meine Frage ist - muss ich in Schriften das suchen, muss ich mir durch Wissenschaft, Philosophie oder Religion erklären lassen, was ich als Mensch zu sein habe? Steht mir nicht das Recht zu, das eine Merkmal, das den Menschen von allen Geschöpfen unterscheidet, auch von den Primaten, als Mensch so anzuerkennen, dass es weder die Dreiteilung noch eine sonstige Vervielfältigung des Menschen gibt? Wer kann mir widerlegen, dass der Mensch nicht die Bestätigung seiner Ursache ist? Bezüglich des Körpers wird dies durch die Wissenschaft vorgenommen. Im Zusammenhang mit dem Denken ergibt sich die philosophisch fundierte Menschdarstellung. Durch die Religion ist ebenso eine Ursachenbestätigung vorgenommen, indem der Mensch auf dem Planeten Erde und die Ursache, genannt Gott, ihren Wohnsitz im Himmel hat. Was aber kommt durch den wahren Menschen als Bestätigung seiner Existenz in Frage? Es darf nicht übersehen werden, dass der Mensch ist, bevor er in der Bedeutung des Religiösen, des Philosophen und des Wissenschafters auf der Bildfläche des Erlebens erscheint. Es darf jedoch nie übersehen werden, dass sich das Menschsein nur infolge Bewusstmachung von Erfahrungen belegen lässt.

Die daraus entstehende Wirkung ist das Wissen um das Gegenwärtigsein, das Wissen um die körperliche Anwesenheit. Die Wirkung ist Mensch. Als Ursache kommt nur das in Frage, was der Mensch zuvor ist. Wäre er sich nämlich nicht bewusst, dann bestünde keine Möglichkeit, ihm etwas bewusst zu machen. Solange dieses erfahrungsfreie Existentsein, nicht als das Wirkliche des Menschen bejaht ist, solange nicht alles, was das Menschsein betrifft, aus diesem erfahrungsfreien Existentsein heraus bestätigt wird, fehlt der Beweis von dem, was Mensch ist, bevor er mit Hilfe des Gewordenen so in Erscheinung tritt, als wäre das Gewordene - Mensch.

Wer sich mit seinem Menschsein befasst, wer das Gewordene, mit dem eine Identifizierung eingegangen wird, nicht als das Individuelle des Personseins bejaht, wird die Hinweise, durch welche das Menschsein verdeutlicht wird, nie verstehen. Wer sich mit dem vorliegenden Buch befasst, sollte die erwähnten Erklärungen als die Hilfen bejahen, die ihn darüber informieren, was er als Mensch ist, bevor er im Verhalten des gelebte Personsein bestätigt. Es darf nicht übersehen werden, dass die Geschichte der Menschheit das Werk der Person ist. Der Mensch ist todlos, die Person steblich. Sowenig dem Menschen die Todlosigkeit abgesprochen werden kann, sowenig gelingt es, die Person unsterblich zu machen. Diese Zeilen sind als Richtlinien aufzufassen, um die gebrauchten Wortinhalte richtig zu verstehen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass das eigentliche Verstehen sich aus der Wiederholung der Worte ergibt. Tauchen Fragen auf, ohne eine Antwort zu finden, dann ist der Verfasser des Buches dankbar, wenn Sie sich mit ihm in Verbindung setzen.

Karl Friedrich Gauss