24.07.04

Nachdenken - über Bild und Ebenbild

Warum sehe ich mich gezwungen, mich mit Bild und Ebenbild näher zu befassen, durch den Einfluss Swami Omkaranandas Autobiographie? Was ist das Aussergewöhnliche an dieser Selbstdarstellung? Sie hält sich von allem frei, was in der Geschichte der Menschheit über den Menschen ausgesagt wird, über sein Verhalten, seine Selbstvorstellung, sein Leben und ein angestrebtes Ziel, einbezogen die erwähnten Gotterfahrungen.

Was muss ich dem Menschen noch zugestehen, ja, was steht mir, unter dem Einfluss der Geschichte der Menschheit noch zur Verfügung, wenn ich die Aussage, die Swami Omkarananda in einem öffentlichen Vortrag, so ganz nebenbei und unauffällig, auf sich bezogen, machte - ich nehme keinen Raum ein? Das Überdenken einer solchen Situation lässt absolut nichts mehr übrig, um ihn mit etwas Beweisbarem, etwas Vorhandenem in Verbindung zu bringen. Ich bin vor die Entscheidung gestellt, entweder einen Menschen frei alles Gewordenen und Geborenen zu akzeptieren, oder den Versuch zu machen, ihn in die bestehende und anerkannte Bewertung einzuordnen. Doch diese Forderung lehne ich ab, weil alles was erlebt wird, und das ist hier der Fall, Anspruch darauf hat, seinen Platz in der Geschichte der Menschheit einzunehmen.

Welche Herausforderung kommt durch die Aussage Swami Omkaranandas jetzt noch hinzu, wenn er folgende Worte ausspricht - würde ich nur einmal die Ebene der Person betreten, dann gebe es für mich kein Zurück? Erhalte ich hier von Seiten Swami Omkaranandas die Hilfe, wenn er von einer Ebene der Person redet, die er bewusst meidet, die aber von der Person betreten wird? Muss ich die Gesetzmässigkeit von Ursache und Wirkung jetzt in Anspruch nehmen, um das Werden zur Person, durch ihn aufgezeigt zu bekommen? Was aber wird zur Person? Was ist die Person, bevor dieser Schritt gemacht wird, scheinbar ohne die Folgen die sie erwarten zu kennen?

Wenn Swami Omkarananda den erwähnten Schritt, das Werden zu einer Person meidet und er sich zuvor durch die Worte - ich nehme keinen Raum ein - vorgestellt hat, so muss ich annehmen, dass er sein Menschsein, sein gestaltloses Existentsein nicht verlässt. Heisst dies, dass er das bleibt, was alle verlassen, die unter dem Einfluss der Bewusstmachung der Erfahrungen, etwas Gewordenes auf sich übertragen und nun die Folgen davon sind? Liegt jetzt der Beweis vor, dass die Person, nur unter dem Einfluss der Bewusstmachung der Erfahrungen möglich, zu etwas wird und zwar jede Person, wie dies durch die Geschichte bewiesen, zu einer Individualität? Heisst dies, dass der Mensch das Eine ist, das nicht wurde, das nicht vergeht, das nicht als erfahrbare Wirkung in Erscheinung tritt, sondern das Ebenbild des Bildes bleibt, was jetzt die Vermutung aufkommen lässt, dass es das Bild selbst ist, das die Aufgabe des Ebenbildes übernimmt, weil es hier nicht zum Werden von etwas Beweisbarem kommt.

Stehe ich hier einer total neuen Situation der Menschheit gegenüber? Ich erfahre, unter welchen Bedingungen der Mensch zur Person wird, und was als Mensch existent ist, bevor es zur Personwerdung kommt. Heisst dies, dass ich unter dem Einfluss der beweisbaren Situation alles neu ordnen muss, denn was als Entstehung der Welt vorliegt, nimmt einen Anfang, berichtet nur über den beweisbaren Anfang, ohne das Zuvor, erfahrungsfrei bleibend, als Mensch anzuerkennen, als den Menschen, der keinen Anfang hat wie das Bild, erfahrungsfrei bleibend, zeitlos dasselbe sein und bleiben muss. Habe ich jetzt die Hl. Schrift bestätigen können, die von Bild und Ebenbild berichtet, bevor durch Religionen die Person als Mensch anerkannt und zum Ebenbild Gottes bestimmt wurde?

Das Gesetzmässige von Ursache und Wirkung nimmt eine Unterteilung der Aussage des Menschen vor, die lautet - alles ist Bewusstsein, alles ist Gott - um mit dem Denken überhaupt etwas anfangen zu können. Das Gesetz aber, durch die Aussage anerkannt - alles ist Bewusstsein, alles ist Gott - kann über das Denken nicht erfasst werden. Heisst dies, dass nur durch das Betreten der Ebene der Person, sie dazu befähigt wird, ihre Situation durch das Denken zu bestimmen, durch das Denken unter dem Einfluss der Bewusstmachung der Erfahrungen auch zu verändern? Tritt jetzt das ein, was die Geschichte der Menschheit, jetzt als Geschichte der Person anerkannt, alles zu bieten hat, jedoch nur im Wachsein, mit Hilfe des Denkens beweis- und verstehbar? Steht mir jetzt der Anfang der Geschichte, zur erfahrbaren Wirkung geworden, zur Verfügung? Ist der Anfang beweisbar geworden, der durch das Verlassen der Aufgabe des Menschen erst zum Vergänglichen der Person wird, ohne dies zu berücksichtigen, das Werden zur Person?

Warum gibt sich die Person als Mensch aus? Warum wird die Körperforschung als Menschforschung anerkannt? Der Grund ist folgender - es wurde nie der allein in Frage kommende Anfang, aus der Begegnung mit dem Menschen heraus, verstehbar geworden, angesprochen. Es wurde nicht das anerkannt, was war und geblieben ist, allerdings nur als der Mensch, der sich von allem frei hält, was der Geschichte der Menschheit, was dem gelebten Personsein entstammt.

Wie bewerte ich die Aussage, die Swami Omkarananda durch die Worte erwähnt - wenn die Person erwacht, wenn sie den Schlaf verlässt, dann springt sie, ohne sich über das Gedanken zu machen, was sie im traumlosen Tiefschlaf ist und über alle Zeiten hinweg unverändert sein und bleiben wird, dorthin zurück, wo sie vor dem Einschlafen war? Ist jetzt der Anfang der Person erwähnt, ohne ihm ein Ende zugestehen zu können, weil nur das Betreten des Wachseins zur Sprache kommt, weil die Auswertung des Wachseins durch das Denken praktiziert wird, ohne die Unterbrechung, ohne das Einschlafen zu erwähnen? Weil aber die Person ohne Schlaf, ohne die unbewusste Rückkehr dorthin wo dies alles seinen Anfang nimmt, nicht existieren kann, so beweist sich, dass nur die Wirkung, das Wachsein eine Auswertung erlebt, nie aber die Ursache des Wachseins berücksichtigt wurde. Eine Wirkung zu beanspruchen, ohne sie erst ausgehend von der Ursache kennen und verstehen zu lernen, hat keinen Bestand. Heisst dies, dass das gelebte Personsein ohne Fundament ist? Wer die jetzt beweisbare Situation überdenkt, kommt zum selben Ergebnis.

Eine Geschichte der Menschheit, geschaffen durch die Person, über den Anfang verstehbar gemacht, ohne das Ende, das jeden Tag durch die Rückkehr in den traumlosen Tiefschlaf beweisbar ist, zu berücksichtigen, ist als Geschichte nicht haltbar. Heisst dies, dass die Geschichte durch Geburt und Tod gekennzeichnet ist, und nicht durch das Werden zur Person und die bewusste Rückkehr in das, was die Person als Mensch ist? Könnten Geburt und Tod eine so bedeutungsvolle Aufgabe zugestanden bekommen, wenn das Werden zur Person von dort aus verstehbar gemacht werden könnte, wo der jetzt beweisbare Anfang ist? Braucht es erst die bewusste Begegnung mit dem Menschen, der das meidet, was die Person auf sich nimmt, weshalb sie an ihrer Personifizierung arbeitet, um sie zu Vervollkommnen, bis hin zu den erwähnten Gotterfahrungen? Was aber resultiert aus ihnen, wenn ihnen wie jeder Erfahrung, Anfang und Ende zugestanden werden muss? Kann das Personsein durch die Entpersonifizierung verlassen werden, oder aber durch den Einfluss der Gotterfahrung oder der Erleuchtung? Durch die gemachten Erfahrungen ändert sich am gelebten Personsein nichts.

Es braucht die bewusste Begegnung mit dem Menschen, der als das nicht gewordene Ebenbild, das Bild bleibt, das als Mensch jetzt verstehbar wurde, was in der Begegnung einen Anfang vortäuscht, doch dann, wenn die Begegnung mit dem Menschen dort stattfindet, wo er ist, bestätigt durch die Anerkennung der Worte, dass alles und warum alles dasselbe Bewusstsein ist, dies heisst, dass es die Selbstbegegnung der Person ist, denn Swami Omkarananda wird nicht zur Person, um ihm auf der Ebene der Person zu begegnen. Nur wenn dieses Geschehen als Selbstbegrenzung begriffen ist, als ein Geschehen, das noch nie in der Geschichte eintrat, weshalb sich das Verhalten der Person nie verändert hat, weitet sich der Erkenntnishorizont der Person.

Was hat die Aussage zu bedeuten, die lautet - der Gedanke, d.h. das Erleben kann überschritten und das Denken verlassen werden, ohne auf die Bestätigung, dass man ist, verzichten zu müssen? Wird die Person aufgefordert, sich selbst ausgehend vom erfahrungsfrei bleibenden Existentsein kennen und annehmen zu lernen, mit dem Ziel das Swami Omkarananda durch die Aussage verstehbar macht, die lautet - erst wenn die Person bewusst in den traumlosen Tiefschlaf zurückkehrt, d.h. dorthin wo das Personsein den Anfang nimmt, dann ist sie göttliche Glückseligkeit, ohne das Verlangen, diese Glückseligkeit erleben zu wollen.

Was fehlt in der Geschichte der Menschheit? Was fehlt ist die Ursache des Wachseins, ist die Ursache des Wissens, dass man ist. Und diese Ursache lebt der Mensch, und diese Ursache lebt auch die Person, ohne darüber informiert zu werden, weil dieses Geschehen sich der Bewusstmachung entzieht. Weil aber das, was gelebt ist, nicht verlassen werden kann, um es zu erleben, begreift die Person nicht, dass sie das, was sie als Mensch ist, weder verlassen noch erleben kann. Sie bleibt mit dem todlosen Menschen identisch, doch ihr Dasein ergibt sich aus all dem, was über die Bewusstmachung der Erfahrungen von ihr erlebt wird. Und solange die Rückführung in den traumlosen Tiefschlaf unbewusst stattfindet, solange die Person von Unbekannt ins Wachsein geholt wird, und von dort zurück, wo dies alles seinen Anfang nimmt, dies alles aber nicht aus der Schau des Menschen verstehbar ist, gibt sich die Person als Mensch aus, ohne zu begreifen, dass ihr Dasein aus dem besteht, was sie erlebt.

Was der Mensch ist, kann er nicht erleben. Er ist identisch mit dem Bild. Der Mensch ist und bleibt Eins mit dem Bild. Doch aus der Schau der Person wird er zum Ebenbild was besagt, dass sie ihn zum Ebenbild bestimmen muss, um ihre gelebte Unwissenheit durch das Zusammentreffen mit dem Menschen zu verstehen. Erst wenn die Person den Menschen kennen lernt, der bewusst im erfahrungsfreien Existentsein verbleibt, hat sie Aussicht, das Verstehen zu lernen, was sie ist, was sie lebt, was sie aber nicht erleben kann. Was erlebt wird, steht der Person gegenüber. Wer aber aus diesem Gegenüber eine Selbst-, Welt- und Gottdarstellung schafft und sich im Kollektiv zugesteht, aus Leib, Seele und Geist geworden zu sein, doch in Seele und Geist nur mentale, erfahrbare Werte sieht, das ist die Person.

Aus der Zusammenfassung des Erkannten ergibt sich der nicht zu widerlegende Beweis, dass Swami Omkarananda das Bild und zugleich das Ebenbild ist. Durch die erfahrbaren Erscheinungsformen die er nur gebraucht, um mit der Person Kontakt aufzunehmen wird er zum erfahrbaren Ebenbild. Doch wenn seine Selbstdarstellung, die frei alles Gewordenen und Geborenen ist, richtig ausgewertet ist, wird er zum Bild. Und dies alles wird unter dem Einfluss der Bewusstmachung der Erfahrungen durch die Person geschaffen, weil sie, durch den Gebrauch des Denkens sich dazu verurteilt, nur das Erfahrbare, d.h. das Teilbare erleben und durch das Denken verarbeiten kann, weshalb sie das Menschsein erst kennen und verstehen lernt, wenn die bewusste Begegnung mit dem Menschen stattfindet, wenn er zum geistig Strebenden sagt - erwache hier und jetzt in das göttliche Bewusstsein und die Welt bestätigt sich als das, was sie immer war und sein wird, eine blosse Traumerfahrung.

Was geht diesem bewussten Erwachen voraus? Was ist Bedingung, um die geistige Aspiration durch den Nachvollzug zu erreichen? Swami Omkarananda sagt - erst wenn die Person die einzig erstrebenswerte Erfahrung, die Gotterfahrung erreicht, begreift sie, dass jede Erfahrung, auch die Gotterfahrung, Anfang und Ende hat. Und erst, wenn sie das Ende der Erfahrungen ebenso bewusst erlebt, wie den Anfang, wie das Wachsein, verbleibt sie bewusst im erfahrungsfreien Existentsein und begreift, warum Swami Omkarananda sagen muss - Existenz und Tiefschlaf sind dieselbe erfahrungsfreie Wirklichkeit - was es ihm erlaubt, sein Verhalten durch die Worte zu erwähnen - ich unterscheide zwischen Tiefschlaf und Wachsein nicht.

Der Anfang verbindet sich erst dann mit dem Ende, wenn das Betreten des Wachseins ausgehend vom erfahrungsfreien Ende stattfindet, wenn der Anfang des Wissens, dass man ist, die Bestätigung in der Begegnung mit dem Menschen findet, durch die Worte möglich geworden, dass alles und warum alles dasselbe, nicht aber durch das Denken erfassbare Bewusstsein ist.