Das Gröbste wäre nun also geschafft, bis San Pedro sind es noch 158 km auf Asphalt. Und jetzt muss es ja bald wieder runtergehen. Dachte ich. Stattdessen geht es nur immer noch weiter hinauf, wieder an etlichen Salzseen vorbei. Das Farbenspiel hier oben ist einfach grandios, dieses strahlende Weiss des Salzes, das zwischen dem hellen Blaugrün vom Wasser aufblitzt, dahinter die weich runden Berge in zarten Pastelltönen, noch weiter hinten die schneeweissen hohen Gipfel, und über all dem der tiefblaue Himmel!!
Immer wieder denke ich, dass die Kuppe, über die ich gerade komme, nun wohl die letzte war. Aber nein, nachdem es nur kurz mal bergab gegangen ist, kommt schon wieder der nächste Anstieg. Zweimal geht es bis auf 4.600 m hinauf. Und auf einmal, ich traue meinen Augen kaum, tauchen hinter der nächsten Kuppe langsam und einer nach dem anderen eine ganze Kette von schneebedeckten spitzen Gipfeln direkt vor mir auf! Zwischen zweien von denen muss ich wohl noch durch, dann hab ich es endlich geschafft, hoffe ich mal! In der Tat geht es 45 km vor San Pedro endlich abwärts, direkt neben mir ragt der perfekte Kegel vom 5.916 m hohen Vulkan Licancabur noch weitere 2.000 m in die Höhe, und 2.000 m tiefer liegt auf etwa 2.500 m der Salar de Atacama vor mir.
Gegen 14.00 fahre ich in San Pedro de Atacama ein. Von der Zollstation ist nichts zu sehen. Da ist zwar ein Gebäude, das könnte es durchaus sein, aber da ist kein Mensch, sieht noch ziemlich neu und unfertig aus, und kein Schild weist auf irgendeine Kontrolle hin. Ich fahr weiter in den Ort hinein, wahrscheinlich ist das Büro dort irgendwo.
Als erstes suche ich die Turi-Info auf. Dort finde ich sicher eine Nachricht von Michi, wo er zu finden ist. Ich muss mich allerdings noch eine Stunde gedulden, bis die Mittagspause vorbei ist. Hmmm... Ich laufe schon mal durch den Ort, so gross ist er ja nicht, vielleicht finde ich Michi auch so. In ein paar Herbergen frage ich nach einem deutschen Motorradfahrer, und in einer werde ich tatsächlich fündig. Bloss, ein Blick ins Buch zeigt, dass es nicht Michi ist, sondern Klaus, ein Münchner mit BMW, mit dem ich schon per email Kontakt hatte! Ist er nun also auch hier, sowas!!
Auf der Parkbank an der Plaza lasse ich mich von der Sonne wieder richtig aufwärmen, bis ich schliesslich um 15.00 Michis Zettel bekomme. Er ist ganz in der Nähe untergekommen, und im Innenhof sehe ich auch gleich sein Mopped stehen. Seltsam, dass er gar nicht damit unterwegs ist, um diese Tageszeit, und wo es hier doch jede Menge zu unternehmen gibt. Man führt mich zu dem Schlafsaal, in dem er untergebracht ist, und da liegt er, im Bett!! Und kann vor lauter Fieber und Heiserkeit kaum reden! Nicht zu fassen, da lässt man ihn mal ein paar Tage alleine, schon wird er so richtig krank!!
Erst hier stelle ich dann fest, dass ich mein Schweizer Messer wohl in Susques zurückgelassen habe. Welch herber Verlust, nachdem da auch der Dosenöffner dran war, nutzt mir nun auch die Dose Thunfisch nichts mehr, die ich schon so lange mit mir herumfahre. Andererseits, schlampig wie ich nun mal bin, wundert es mich eh, dass es mir überhaupt so lange erhalten geblieben war. Ich bin ja nun doch schon fast 5 Monate unterwegs.
Michi erzählt noch, dass auch Gerhard bis heute morgen noch hier war. Der war wieder im Sand gestürzt und auf denselben Fuss gefallen wie beim letzten Mal. Den Klaus haben sie auch schon getroffen, und gehen immer zusammen zum Abendessen. Klaus ist wohl insgesamt auch schon öfter hingefallen als ich. Bin ich also nicht die einzige, das gibt doch Hoffnung!
Erst gegen Abend fällt mir wieder ein, dass ich doch auch noch durch den Zoll muss. Violeta ist schon längst neben Michis schwarzem Schaf geparkt, und ich hab keine Lust mehr, sie da nochmal rauszuholen heute. Es geht bestimmt auch so, bisher haben an der Grenze die Motorräder noch nie einen interessiert, warum sollte das diesmal anders sein?! Zu Fuss laufe ich den halben Kilometer zurück, und hole mir, obwohl ich ihr den Sachverhalt erkläre, gleich bei der ersten Beamtin einen schweren Rüffel. Schliesslich müssten sie auch irgendwann Mittag machen, logisch, dass dann keiner da sei, deswegen könne ich aber trotzdem nicht einfach durchfahren, etc.etc. Die blöde Kuh schickt mich gegenüber zur Polizei, die wiederum meinen, ich müsse mit ihr klären, ob ich die Papiere auch ohne das Mopped fertig machen könne. Oh je, mir ist gleich klar, dass ich bei der keine Chance haben werde. Erst hole ich mir auch beim dritten Beamten noch eine Rüge, immerhin gibt er mir aber den Einreisestempel und das Visum. So, nun also noch die Fahrzeugdokumente. Ich geh wieder zu ihr hin, und reiche ihr die Papiere.
'Und das Moto?', frägt sie scheinheilig. Ohne das Motorrad ginge gar nichts, schliesslich müsse sie das kontrollieren.
Während ich mich unerledigter Dinge und verärgert wieder auf den Weg zur Herberge mache, überlege ich noch, ob ich wirklich nochmal mit dem Motorrad vorbeifahren soll. Schliesslich müsste ich ihr lediglich den Wisch aushändigen, der bestätigt, dass mein zeitweilig aus Chile ausgereistes Mopped nun wieder im Land ist. Wenn sie nachher das Papier nicht hat, ist das im Grunde nicht mein Problem. Aber Michi gibt zu bedenken, dass wir auch hier wieder ausreisen müssen, wenn wir weiter nach Bolivien wollen. Na gut, ich seh es ein, das könnte dann Ärger geben, erledige ich also doch lieber gleich alles ordnungsgemäss, auch wenn ich dieser arroganten Gans ihren Triumph überhaupt nicht gönne.
Am Abend lerne ich nun auch Klaus endlich persönlich kennen, nachdem es mit einem Treffen in München nie geklappt hatte. Er berichtet, dass er die nächsten Tage an einer Jeep-Tour durch Bolivien teilnehmen wird, und danach mit dem Motorrad gleich nach Peru weiterfahren wird.
18. - 20.05.2001
Während Michi sich langsam wieder auskuriert, bin auch ich recht faul, entspanne ich mich in der heissen Sonne der Atacama, und lasse lediglich mal wieder meine Wäsche waschen.
In der Nacht wachen wir beide gleichzeitig auf, weil es sich draussen nach Regen anhört. Das ist nicht gut! Die Strassen sind hier, und erst recht in Bolivien, in nassem Zustand kaum noch befahrbar. Dabei soll die Regenzeit doch längst vorbei sein!
Der Schauer hält zwar nicht zu lange an, aber es ist dennoch reichlich Wasser heruntergekommen, die Strassen in San Pedro sind am Morgen total verschlammt. Ein Blick auf die Berge zeigt, dass es bis weit hinunter geschneit hat. Weia! Irgendwo da oben müssen wir rüber, wenn wir in den nächsten Tagen weiterfahren wollen, sobald Michi wieder richtig gesund ist.
Ansonsten passiert nicht viel. Das tägliche Highlight ist das Abendessen in einem der gemütlichen Restaurants, am Feuer unter offenem Himmel und unter dem Strohdach über den Tischen, und bei feurigen Salsa-Klängen, wie sie sonst nur weiter im Norden zu hören sind, worauf ich mich jetzt schon freue, falls ich überhaupt soweit komme.
21.05.2001
Eigentlich wollten wir heute weiterfahren nach Bolivien. Aber zum einen fühlt Michi sich immer noch nicht wieder ganz fit, zum anderen warten wir lieber noch ein oder zwei Tage auf besseres Wetter. Denn nach dem Regenschauer von vorgestern hängen in den Bergen immer noch bedrohlich und nach schwerem Wolkenbruch aussehende, dunkle Wolken. Wer weiss, was gerade da oben gerade abgeht. Testen wollen wir das jedenfalls lieber nicht.
Stattdessen besuchen wir das Museum, in dem einige der besterhaltensten Mumien der Welt aufbewahrt werden. Diese sind etwa 500 Jahre alt, und das trockene Klima der Atacama hat die Körper derart entwässert und ausgetrocknet, dass Haut und Haare völlig intakt geblieben sind und an den Knochen kleben. Es ist schon ein etwas schauerlicher, aber gleichzeitig faszinierender Anblick.
Als wir anschliessend wieder auf die Strasse treten, wird am Dorfplatz gerade Stellung genommen für den Festakt anlässlich der 1879 gegen die Peruaner gewonnenen Seeschlacht vor Iquique. Das Spektakel lassen wir uns natürlich auch nicht entgehen. Die Schüler aller Klassen sind in einzelne Gruppen aufgeteilt. Selbst die Kleinsten haben einen Auftritt einstudiert und zeigen uns, wie damals die Matrosen zum Gruss aufmarschiert sind. Zum Abschluss gibt es einen Festzug, zu dem die Militärkapellen trommeln, und an dem auch der erst 1997 gegründete Rodeoclub teilnimmt.
Am Nachmittag raffen wir uns doch noch auf und schwingen uns auf die Moppeds zu einem Ausflug ins nahe Valle de la Luna. Da war ich zwar auch schon vor 5 Jahren einmal, aber es ist doch einfach ganz was anderes, selber auf dem Mopped durch diese Mondlandschaft zu fahren, statt sich in einem Mini-Bus mit 15 anderen Leuten durchkutschieren zu lassen. Immerhin kenne ich nun schon die Düne, auf die man hochsteigen muss, um einen Blick über das ganze Tal zu haben. Um ein 360°-Panorama zu haben, muss man das letzte Stück noch einen Felsen hochklettern. Mit meinen schweren Stiefeln hab ich da keine Chance, aber barfüssig geht es ganz gut.
Auch die dunkle, enge Höhle, durch die man laufen kann, ist alleine viel spannender als in der Gruppe mit Führer. Vor allem, weil wir nur Michis Taschenlampe mit Wackelkontakt dabei haben, von der man nie so sicher weiss, wielange sie noch funktioniert und wielange sie dann aussetzt. Immer wieder tappen wir völlig im Finstern, bis endlich weiter vorne wieder Tageslicht durch den Ausgang einfällt. An den Rückweg kann ich mich nicht mehr so genau erinnern, und wir müssen aufpassen, dass wir uns inmitten der Felsen nicht verlaufen. Aber eigentlich brauchen wir nur den Fussspuren zu folgen.
Als wir zurück nach San Pedro fahren, geht gerade die Sonne unter, und sie taucht die Berge in ganz neue Farben.
Am Abend beschliesst Michi spontan, dass er doch noch zu den Geysiren fahren will. Das ist ein Ausflug, den wir definitiv nicht mit dem Motorrad mechen können. Denn man muss dazu mitten in der Nacht aufbrechen, um rechtzeitig gegen 6.30 oben anzukommen, wenn bei Sonnenaufgang das Naturspektakel am ausgeprägtesten ist. Oder man muss schon am Tag vorher hochfahren, und dort übernachten. Bei -15° ist uns das aber eindeutig zu kalt, das ist nur was für die Allerhärtesten, und nicht für uns Weicheier. Also bucht er eine Tour, an der schliesslich auch ich teilnehmen kann, obwohl ich nicht bereit bin, nochmal dafür zu zahlen, nachdem ich mir auch das damals schon angeschaut hatte.
22.05.2001
Pünktlich um 4.00 stehen wir vor der Tür unserer Herberge und warten auf den Kleinbus, der uns abholen soll. Durch gefrorene Wasserfurten und Schneeverwehungen geht es die holprige Strasse hinauf auf 4.300 m. Und tatsächlich kommen wir gerade oben auf dem 2,5 ha grossen Geysirfeld an, als die Sonne hinter den Bergen hervorzulugen beginnt. Es sind die höchstgelegensten Geysire der Welt, und 1 km unter der Erde hat das Wasser hier eine Temperatur von 300°, an der Oberfläche ist es noch 87° heiss. Durch den krassen Temperaturunterschied zur Luft brodelt, dampft und spritzt es überall hoch aus den Löchern. Die Szenerie ähnelt der eines Industrieviertels, wo Rauch und Dampf aus unzähligen Kaminen in die Luft aufsteigen. Die mineralischen Ablagerungen verfärben die Erde in buntesten Farben, lassen sie erscheinen wie eine Malerpalette.
Um 7.30 gibt's Frühstück, bei meinem letzten Ausflug hierher gab es im Quellwasser hartgekochte Eier, diesmal müssen wir uns mit Semmeln und Schokolade begnügen. Schon wenig später, als die Sonne richtig Kraft bekommt und aufwärmt, lässt das Schauspiel sichtlich nach. Jetzt ist der Dampf nicht mehr so dicht, und man kann darunter das aus unendlich tiefen Löchern brodelnde, glasklare, grüne Wasser erkennen.
Es gibt hier auch ein Becken, das sich zum Baden eignet, und manche der anderen Teilnehmer stürzen sich gleich ins sicher angenehm warme Wasser, Michi und ich sind aber diesmal zu faul und beobachten das Treiben lieber vom trockenen Rand aus.
Bevor es wieder zurück geht, führt uns der Fahrer noch zu den Vizcachas, die aber gut getarnt sind und sich nur von den Steinen abheben, wenn sie sich bewegen. Michi meint, dass diese Viecher den Ratten ähneln, ich finde, sie sehen eher aus wie Eichhörnchen, wenn auch ihr Schwanz nicht ganz so buschig ist. Beine haben sie angeblich wie Känguruhs, daher sind sie auch schnell weg, sobald man sich ihnen nähern will.
Auch die vielen Vicunas, denen wir begegnen, bleiben auf Distanz. Nur ein schlauer Fuchs kehrt sogar wieder um und kommt zurück zum Wagen, als er merkt, dass wir anhalten. Wahrscheinlich weiss er schon, dass es hier was zum Fressen gibt,denn es ist noch genug Brot für ihn übrig.
Gegen Mittag sind wir wieder in San Pedro. Für heute war das genug Action, schliesslich mussten wir sehr früh aufstehen, das sind wir nicht mehr gewohnt, und Michi ist zwar wieder gesund, aber immer noch nicht wieder ganz auf den Beinen. Wir erledigen nur noch die letzten Besorgungen, wir müssen Geld wechseln für Bolivien und Proviant einkaufen, und Michi besorgt sich eine genauere Karte von Bolivien, wobei wir auch nicht sicher sind, wie sehr man ihr wohl vertrauen kann.
23.05.2001
So, lange genug gewartet. Das Wetter ist ok, die Schneegrenze scheint sich auch wieder nach weiter oben zurückgezogen zu haben. Nun können wir die Überfahrt nach Bolivien wohl wagen. Wir wollen die gleiche Route fahren wie die ganzen Agenturen, die eine 3-tägige Jeep-Tour anbieten, vorbei an der Laguna Verde, der Laguna Colorada und weiteren Geysiren bis nach Uyuni. So ganz ohne ist es dennoch nicht, von Klaus, der ja an einer solchen Tour teilgenommen hat, und uns von unterwegs ein email geschrieben hat, wissen wir nun schon, dass der Weg nicht besonders gut ist, ziemlich steil und mit einer tiefen Wasserfurt, und dass auch kaum was ausgeschildert ist. Aber egal, im Prinzip brauchen wir ja nur den Autospuren zu folgen. Da die Jeeps um 8.30 starten, brechen auch wir zeitig auf. Es wird trotzdem 9.00, bis wir unseren ganzen Kram fertig und auch getankt haben.
Als erstes müssen wir wieder die Zollformalitäten erledigen. Diesmal will mich der Beamte nicht ausreisen lassen, weil ich als Ausländerin nicht mit chilenischem Fahrzeug ausreisen könne, ohne einen Arbeitsvertrag hier zu haben. Das ist ja wohl nicht zu fassen! Ich erkläre ihm, dass ich schon -zig Mal ohne Probleme ausgereist bin. Aber erst als mir einfällt, dass ich doch auch noch den chilenischen Ausweis habe, lässt er sich umstimmen, und ich bekomme schliesslich mein Papier. Nur gut also, dass ich den Ausweis mitgenommen habe, obwohl er längst abgelaufen ist. Aber das wiederum interessiert hier niemanden, zum Glück.
Nun geht es zuerst wieder knappe 2.000 m hinauf, über die 40 km, die ich vom Paso del Jama hinuntergefahren bin. Die Moppeds kommen dabei schon wieder schwer ins Keuchen. Oben zweigt dann eine Piste ab, die nach Bolivien führt. Aber oh je, was muss ich da sehen?! Schnee, so weit das Auge reicht. Ich glaube, ich kehr lieber wieder um.
Aber Michi überredet mich, es doch mal zu probieren, wäre ja gar nicht schlimm. Also gut, er kann mich zwar nicht voll überzeugen, aber ich fahr mal die 200 m bis zur nächsten Kurve, oder vielmehr, ich rutsche irgendwie bis dahin. Bloss, dahinter wird es keineswegs besser, im Gegenteil. Tiefe Schneeverwehungen bedecken die Piste, die Jeeps haben sich schon einen anderen Weg querfeldein gesucht. Nein, das ist definitiv nichts mehr für mich. Da hilft auch Michis gutes Zureden nicht mehr, er kann mich nicht mehr überreden. Ich fahr hier keinen Meter weiter, auch wenn es mich selber ärgert, dass diesmal nicht alles geht. Zumindest nicht für mich.
Wir kehren also wieder um. Die 50 km wieder hinab, und zurück zu unseren Freunden, den Zollbeamten. Immerhin geht es diesmal alles problemlos. Unser Ausreisestempel im Pass wird annulliert, und auch die Fahrzeugpapiere werden ohne langes Palaver erledigt.
Als einziger hat hier ein bolivianischer Busfahrer kein Verständnis dafür, dass wir wegen zuviel Schnee wieder umgekehrt sind. Das wären ja bloss die ersten 2 km, und auch die Wasserfurt wäre nur 60 cm tief. Ich bin mir nicht sicher, ob es was genutzt hätte, wenn ich das vorher schon gewusst hätte. Naja, nun ist es eh zu spät, was soll's, es wird schon seinen Sinn haben. Wir nehmen den nächsten Pass weiter im Norden, und fahren dazu erstmal heute noch die 100 km durch die Wüste nach Calama.
Wie immer, wenn wir einen Ort erreichen, arbeiten wir uns ins Zentrum vor und suchen die Turi-Info auf, wo wir uns nach einer günstigen Unterkunft erkundigen. Auch diesmal ist die schnell gefunden. Das gibt uns Zeit, uns noch den Ort anzuschauen. Allerdings nicht lange, denn mir wird auf einmal so schlecht, dass ich mich lieber wieder in die Herberge und ins Bett zurückziehe. Ich bekomme Schüttelfrost und meine Temperatur steigt schnell auf 38°. Ganz ähnliche Symptome wie bei Michi. Oh nein, hab ich mich nun doch bei ihm angesteckt!! Nur dass mir noch dazu speiübel ist. Nachdem nun also beide Moppeds und auch Michi schon krank waren, hat es mich jetzt auch erwischt. Scheisse, ich will aber nicht!! Immerhin, wenn schon, dann liege ich wenigstens jetzt hier im warmen Bett, und nicht wer weiss wo irgendwo im bolivianischen Altiplano. War es also doch gut, dass wir umgekehrt sind.
24.05.2001
Am Morgen fühle ich mich schon besser, auch das Fieber ist wieder weg. Aber ich bin noch etwas schlapp. Es reicht gerade für einen Spaziergang durch den Ort, zum Geldwechsel, denn unsere letzten chilenischen Pesos hatten wir schon zu Bolivianos gemacht. Und wir finden einen Fahrradladen, in dem ich einen Fahrradtacho bekomme, ich bin es nämlich leid, dass meiner am Mopped ständig kaputt ist.
Während ich mich am Nachmittag im Bett auskuriere, vertreibt Michi sich die Zeit mit dem Anbau des Tachos. Dabei stellt sich heraus, dass sich am Moppedtacho bloss die Welle losgerüttelt hatte. Das ist schnell gerichtet, und so habe ich jetzt 2 Tachos. Auch schön!
25.05.2001
Ich bin wieder fit, heute können wir also unseren 2. Versuch starten, nach Bolivien zu kommen. Bis zur nächsten Tankstelle in Uyuni sind es etwa 400 km, also machen wir noch sämtliche Tanks und Ersatzkanister voll. Mittlerweile habe ich ja auch wieder zwei Stück, denn auf dem Weg nach Calama lagen ein paar leere am Strassenrand, und Michi hat den besten aufgelesen.
Bis zur Grenze ist die Piste eigentlich ganz ok. Nur ab und zu etwas sandig, und ich komme etwas ins Schlingern. Aber das ist ja nichts Neues, das bin ich ja schon fast gewohnt. Bis dann, auf einmal, sich ein etwas tieferes Sandloch vor mir auftut. Oh Schreck, zum Bremsen ist es zu spät, also am besten Augen zu und durch, Michi predigt ja eh immer, es könne gar nichts passieren, wenn man einfach mit Vollgas durchfährt. Und bei einer Rille einfach nur am Lenker rütteln. Ok, ich geb also Gas, bloss, Mist, das hilft ja wohl überhaupt nichts, ich komme trotzdem ins Schlingern. Und wie! So heftig war das ja noch nie, ich hab den Eindruck, das Hinterrad überholt mich gleich. Ich rüttle am Lenker, versuche, das Gleichgewicht zu behalten, oder besser, es wiederzuerlangen. Aber es geht nicht. Nach einer sicher fast showreifen Rodeoeinlage wirft's mich schliesslich doch ab und ich fliege kopfüber in den Sand. Und wie immer in dem Fall läuft auch das Benzin wieder aus. Nicht nur aus dem Tank, sondern auch aus einem der Ersatzkanister!
Für Michi, der das Ganze von hinten beobachtet hat, muss der Sturz ziemlich heftig ausgesehen haben. War aber nur halb so wild, mir ist jedenfalls nichts passiert, ich bin ja ordentlich gepolstert verpackt. Nur Violeta hat es erwischt, ihr ganzes Cockpit ist zertrümmert. Alle Pinguine sind weg, im Sand verschollen. Keine der Anzeigen funktioniert mehr, solange also hielt die Freude über die beiden Tachos. Nun habe ich wieder nur einen, denn der Fahrradtacho hat's immerhin überlebt. Der Zündschlüssel ist auch abgebrochen, die untere Hälfte steckt im Schloss, der Rest baumelt sinnlos am Schlüsselbund. Arme Violeta!! Aber sie fährt noch, das ist momentan die Hauptsache, und ich finde auch die gesamte Pinguinfamilie wieder.
Nach inzwischen knapp 100 gefahrenen km ist schon wieder Platz genug in den Tanks, um auch das noch übrige Ersatzbenzin dahin umzufüllen. Und siehe da, ohne diese zusätzlichen 8 kg fährt es sich nun viel leichter, daran hat's also gelegen, ich darf also künftig nicht mehr so viel zuladen, denn nun komme ich selbst bei den etwas delikateren Stellen durch den schwammigen Salzsee nicht mehr so ins Eiern. Und so erreichen wir zunächst eine Polizeikontrollstelle, wo wir zum ersten Mal nach dem internationalen Führerschein gefragt werden, und schliesslich den Grenzort Ollagüe, gerade rechtzeitig bevor die Zollbeamten Mittagspause machen.
Auch hier geht für mich wieder nichts ohne meinen chilenischen Personalausweis. Ich bekomme eine Erlaubnis, ein halbes Jahr mit dem Motorrad auszureisen. Soll mir recht sein, Hauptsache, ich bin draussen.
Wieder draussen vor der Tür, wo nun auch wir kurz Pause halten, entdecken wir jetzt noch den fetten Nagel, der sich, zum Glück ohne weiteren Schaden anzurichten, durch Violetas Hinterreifen gebohrt hat. Nachdem der wieder entfernt ist, steht der Einfahrt nach Bolivien nichts mehr im Wege...
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