Erstpublikation in: Beiträge zur
Mittelalterarchäologie Österreichs 1, 1985, 48 - 57, Taf. 20 -
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ARCHÄOLOGISCH-KUNSTHISTORISCHE UNTERSUCHUNGEN IN DER PFARRKIRCHE ST. MARTIN IN ATTERSEE/OBERÖSTERREICH.
Von RUDOLF KOCH. Wien
2. FORSCHUNGSLAGE
Nach LOHNINGER (1913) war St. Martin am Attersee agilolfingische und karolingische Eigenkirche. Unter den Ottonen verblieb das Investiturrecht bei der Herrschaft Aterhofen, unter den bambergischen Bischöfen war St. Martin Weltpriesterpfarre. 1221 wird ein Griffo, Pfarrer von Attersee, 1276 ein Chunradus plebanus von Atttersee genannt, letzterer soll bereits in St. Georgen im Attergau residiert haben 4). Diese Nennungen erweisen sich jedoch als nicht haltbar, da nach GEIER (1969) Chunradus nicht plebanus sondern decanus de Schyrolfingen genannt wird und mit der Kirche in Attersee nichts zu tun hat.
FERIHUMER (1962) berichtigt einen Irrtum Lamprechts, der eine erste Nennung der Pfarre von Attersee im Jahre 1276 annimmt, doch ist hier in einer Urkunde nur die Rede von Fischereirechten des Benediktinerklosters Aspach 5). Erst 1633 wird der Ort als Vikariat der Pfarre St. Georgen erwähnt, 1740 versucht der Patronatsherr von St. Georgen, Franz Ferdinand Anton Graf Khevenhüller, die Erhebung der Marienkirche am Kirchberg zum Vikariat zu erreichen, was 1741 gelingt.
Über die Martinskirche existieren demnach aus dem Mittelalter keine direkten Urkunden, welche über die kirchenrechtliche Stellung Auskunft geben, doch legt die Bedeutung des Ortes ab der Karolingerzeit den Sitz einer Pfarre in Attersee nahe. Zweifellos gehören Martinskirchen zu den ältesten Gründungen des Landes und WEIGEL (1950) meint, daß Martinspatrozinien bei Eigenkirchen des fränkischen Reiches bevorzugt wurden, bzw. diese Kirchen meist "Königsdomänenkirchen" waren. Daraus mit Sicherheit bereits auf eine karolingische Kirche in Attersee schließen zu wollen, käme jedoch einer Überbewertung des Patroziniums gleich.
1813
richtete die bayerische Regierung ein königlich-protestantisches
Pfarramt in Attersee ein. Die zu diesem Zeitpunkt unbenutzte
Martinskirche wurde den Protestanten (A. B.) zum Kauf
überlassen. 1854 erfolgte die Kreuzerhöhung des neu errichteten
Westturmes. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das
Kirchengestühl und die Bodenpflasterung erneuert. Ein
Villenbesitzer aus Attersee erbaute an der Nordseite des Chores
1894 eine neugotische Gruftkapelle 6). Zunächst befand sich in
der Kirche nur ein einfacher Tischaltar mit dahinterliegendem
Kanzelaltar, um 1900 errichtete man einen dreiteiligen
Flügelaltar und eine Seitenkanzel im neugotischen Stil 7).
Letzte Aktualisierung 22.06.00