R. Koch, Die mittelalterlichen und vorbarocken Klosteranlagen von Mauerbach aus bauhistorischer Sicht


Die mittelalterlichen und vorbarocken Klosteranlagen von Mauerbach aus bauhistorischer Sicht

Einleitung

Kreuzgarten, Rest der ehem. Schauer'schen Kapelle Das ehemalige Kartäuserkloster von Mauerbach bei Wien ist das älteste dieses Ordens in Österreich <1>. Als landesfürstliche Gründung 1313 durch den Habsburger Friedrich den Schönen gestiftet, fiel es 1782 als erstes Kloster der Kirchenreform unter Kaiser Joseph II. aus dem gleichen Geschlecht zum Opfer. Anders als bei den beiden jüngeren Kartausen in Gaming (1330 - 1782) <2> und Aggsbach (1380 - 1782) <3> blieb vom mittelalterlichen Kloster in Mauerbach kein einziger Baukörper zur Gänze erhalten, sieht man von der annähernd zentral im großen Kreuzgarten gelegenen Friedhofskapelle ab. Selbst diese 1409 errichtete Schauer'sche Kapelle <4> wurde im 19. Jahrhundert rigoros verändert.

Aus der Geschichte des Klosters sind die Zerstörungen durch Brand und Plünderung von 1529 (1. Türkenbelagerung), vor allem jedoch durch das ganz Wien und Niederösterreich stark in Mitleidenschaft ziehende Erdbeben von Neulengbach im Jahre 1590 bekannt, welches umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten an der gesamten mittelalterlichen Klosteranlage erforderte. Wenige Jahre nach der teilweise provisorischen Instandsetzung des Klosters und der Neuweihe der Kirche (1607 durch Bischof Forgats von Neutra) wurde ab 1616 unter dem Prior Georg Fasel die architektonische Neukonzeption der Kartause in Angriff genommen. Dieser Bau, der noch heute die souverän gestaltete Anlage bestimmt, markiert eine deutliche Zäsur zwischen dem mittelalterlichen und dem frühbarocken Klosterkomplex. Von den spätmittelalterlichen Gebäuden um die gotische Kirche blieben wenige Mauerzüge in Erdgeschoßhöhe erhalten, während der Großteil der übrigen Klosterbauten heute nur mehr durch archäologische Grabungen erschlossen werden kann.

Obwohl bisher mehr als 1000 Quadratmeter der Kartause archäologisch untersucht wurden <5> und die historische Bauforschung im Zusammenhang mit restauratorischen Maßnahmen während der Sanierungs- und Umbauarbeiten der letzten Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung der Baugeschichte der Kartause erbringen konnten, müssen viele Fragen - vor allem nach der Ausdehnung bzw. Gesamtkonzeption des mittelalterlichen Klosters und nach der Zweckbestimmung einzelner Gebäudeteile - offen bleiben. Dies liegt unter anderem darin begründet, daß die archäologischen Untersuchungen in Mauerbach naturgemäß für die bauliche Rekonstruktion lediglich Angaben über den Grundriß und die Mauerstärken geben können, nicht jedoch über den Aufriß und die Raumgestalt der spätestens im frühen 17. Jahrhundert abgetragenen Baukörper.

Typische Befundsituation: gotische Birnstabrippe in barockem Mauerwerk Von der architektonischen Ausstattung der mittelalterlichen Räumlichkeiten sind neben den zahlreichen Befunden über die Estrich- und Bodengestaltung einige Fundstücke von Architekturteilen wie Reste von Wandvorlagen und Birnstabrippen zu nennen, welche allerdings meist disloziert in den Bodenschichten oder als Baumaterial sekundär Verwendung fanden.
Traiteurhof, Kanzleitrakt mit Spuren der got. Kreuzgangwölbung Für kunsthistorisch-baugeschichtliche Fragestellungen sind die Befunde an der noch erhaltenen gotischen Ostmauer der Kirche, im Bereich des ehemaligen kleinen Kreuzganges um den Traiteurhof und bei dem Verbindungsbau zwischen der Kirche und dem barocken Bibliothekstrakt um den sogenannten Totenhof von Bedeutung.

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