R. Koch, Die mittelalterlichen und vorbarocken Klosteranlagen von Mauerbach aus bauhistorischer Sicht
Zur Methode der Bauforschung <6>
Methodisch beschränkte sich die Bauforschung auf die Beobachtung (Autopsie) von Gefüge, Struktur und Material des Mauerwerks, die Feststellung von baulichen Inhomogenitäten (Baufugen, Baunähte, auffällige Abweichungen in den Mauerfluchten bzw. Mauerstärken) und die kunsthistorische Beurteilung von Portal- und Nischenöffnungen sowie von architektonischen Gliederungselementen (Instrumentierung). Auf invasive Methoden (Freilegung von Bauteilen oder Öffnung von Putzflächen durch Befundfenster) wurde seitens der Bauforschung aufgrund denkmalpflegerischer Vorgaben (historische Verputze!) verzichtet - die Untersuchungen betrafen lediglich die im Zuge von laufenden Sanierungs- und Umbaumaßnahmen durch die Baufirmen nach anderen Gesichtspunkten freigelegten Flächen.
Die hier unter dem Blickwinkel der historischen Bauforschung und der Kunstgeschichte getroffenen Annahmen können daher nicht als endgültiges Ergebnis betrachtet werden, sondern hängen von der jeweiligen Zugänglichkeit der untersuchten Objekte ab. Zur Verdeutlichung der Forschungsproblematik bei der Kartause von Mauerbach seien drei kurze Beispiele der Wechselwirkung von Archäologie, Bauforschung und Kunstgeschichte angeführt.
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Die Existenz eines Lettners in der Kirche wurde von der Kunstgeschichte schon früh angenommen, wobei man gerade in Mauerbach eine Frühform eines kartäusischen Kreuzganglettners vermutete <7>. Die Reste dieses Lettners waren stets an der Ostwand in Form zweier stark rudimentierter Wandvorlagen sichtbar, wurden aber seitens der Kunstgeschichte und der Bauforschung stets irrtümlich als vermauertes Portal interpretiert. Erst die archäologische Forschung konnte hier die Reste des Lettnerfundamentes lokalisieren, sodaß die Frage nach der Existenz eines typischen Kreuzganglettners aufgrund völlig neuer Befunde diskutiert werden muß. |
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Schließlich ist noch auf die Möglichkeiten und Grenzen der Mauerwerksanalyse hinzuweisen <8>. Sie kommt überall dort zur Entfaltung, wo datierbare Baudetails oder Einzelformen fehlen und versucht aus der Struktur des Mauerwerks zu einer näheren zeitlichen Bestimmung zu gelangen. Mit Ausnahme der baulichen Reste um den kleinen Kreuzgang und um die Kirchen-Ostmauer blieb keine kunsthistorisch bestimmbare Bauzier aus dem Mittelalter erhalten, wobei noch hinzukommt, daß die mittelalterlichen Ordensregeln der Kartäuser von sich aus schon den strikten Verzicht auf Bauschmuck und Ausstattung vorschrieben. Die direkte zeitliche Zuordnung von Mauerzügen und Gebäudeteilen mußte deshalb in Mauerbach oft aus der Struktur des Mauerwerks erschlossen werden. Gerade dabei zeigte sich jedoch, daß die auffallend konservative Bautechnik und die bauökonomisch rigorose Wiederverwendung von Abbruchmaterial bis in die Anfangszeit des frühbarocken Neubaus zur Beibehaltung "mittelalterlicher" Mauerwerksstrukturen führte. Dies gilt sowohl für die ersten Zellenunterbauten des Osttraktes des großen Kreuzganges, als auch für die in mehreren Kriegen stark zerstörte Umfassungsmauer des gesamten Klosterbezirkes. |
Die zeitliche und funktionale Bestimmung der mittelalterlichen Restbauten von Mauerbach ist nur im Kontext mit den Ergebnissen der archäologischen, bauanalytischen und kunstgeschichtlichen Untersuchungen sinnvoll. Die folgenden Ausführungen beruhen daher auf dem Forschungsstand der bisherigen Einzeluntersuchungen und verstehen sich vorbehaltlich der Korrekturen, die sich aus den noch zu leistenden wissenschaftlichen Auswertungen der Einzelbefunde ergeben.
Inhalt | Allgemeines zur Architektur der Kartäuser im Mittelalter