Das Erbe - Teil IV
by Ninax



Geheime Pläne

Der Rest des Tages war fast genau so unruhig wie die Nacht davor.
Marcel wollte über jeden Punkt genaustens informiert werden.
Teilweise war es gar nicht leicht zu Erklären.
Kelihm rief Mereen ab und an etwas zu, was Marcel aber anscheinend nicht hören konnte.
Manche Dinge erzählte Mereen aber auch nicht, wie zum Beispiel die Sache mit der Technologie. Kelihm hatte schon Gezögert, ihr davon zu erzählen und Mereen war überzeugt davon dass er nicht wollte, dass noch jemand dieses kleine Geheimnis wusste.
Als sie zum Punkt "Prinz Aximili" kamen wurde die Unterhaltung wortkarger, so dass sie schliesslich ganz aufhörten zu reden und nur bestürzt Löcher in die Luft starrten.
Marcel war natürlich Feuer und Flamme.
"Also... wenn ich meint dieser Typ aus dem Museum, dieser Andalit, könnte euer Prinz Axi.... Axi..... wie auch immer..-"
<Aximili!> ergänzte Kelihm etwas beleidigt <Prinz Aximili Esgarrouth Isthil!>
"Ja, gut.... Prinz Aximili sein.... warum gehen wir dann nicht einfach zu ihm? Verwandtenbesuch, meine ich."
<Ich bin nicht mit ihm verwandt. Und Mereen ja wohl auch nicht!>
Mereen schwieg.
"Das sagt man doch nur so! Ich finde, wir sollten das tun. Immerhin wissen wir dann, wen wir da vor uns haben."
"Und wie sollen wir da hin kommen? Es ist ganz schön weit bis dahin. Heute schaffen wir das nicht. Geschweige denn heute Nacht!" fiel Mereen ihm ins Wort. Sie hatte beim besten Willen keine Lust, wieder d a hin zu gehen.
<I c h kann hinfliegen!> meinte Kelihm.
"D u kannst fliegen?" fragte Marcel "Gibt es eigentlich etwas, was ihr Andaliten nicht könnt?"
<Oh ja, da gibt es einiges... zum Beispiel....>
"Jaja, okay, erklär mir lieber w i e du fliegst!"
<Ich morphe!>
"Wie? Was?"
"Das könnt ihr euch später erzählen! Ich habe schon eine Idee wie wir in das Museum kommen!" unterbrach sie Mereen. Dann fing sie an zu erklären.

Der Plan war bald bei allen klar.
"Das heisst also, wir brauchen Femrig nur zu fragen, ob wir noch mal hinkönnen um uns das "Blue" anzusehen. Aber Mereen, du hast da etwas vergessen."
"Und das wäre?"
"Wir können Kelihm nicht in einen Bus mitnehmen. Und Eine dunkle Sonnenbrille hilft nicht viel."
"Das weiss ich auch. Und damit kommen wir wieder zum "morphen""
"Was ist das?" fragte Marcel und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Morphen bedeutet, das Kelihm sich in jedes Tier verwandeln kann, was er berührt hat." erklärte Mereen, stolz alles verstanden zu haben Um Kelihm mit ins Museum zu nehmen, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder, er morpht in etwas kleines, was man in die Tasche stecken kann, oder er morpht in einen Menschen. Aber das kann Kelihm selber entscheiden. Kelihm?"
Kelihm schüttelte den Kopf.
<Ich weiss nicht. Beides wären gute Methoden. Und beides wäre interessant.>
Marcel mischte sich ein. "Ich würde sagen, er morpht in einen Menschen. Schliesslich wissen wir nicht, wie eine Schabe, eine Maus oder sonst etwas sieht. Und sich zurückverwandeln geht im Museum nicht."
Mereen nickte. "Ja, aber wie kriegen wir so schnell einen anderen Menschen als uns beide her?"
"Ja, und woher wissen wir, das dieser Mensch sich nicht am selben Tag im Museum aufhält? Oder ein Bekannter von ihm?"
<Ähm... Entschuldigung, wenn ich euch mal unterbrechen darf...ihr braucht mir eigentlich nur noch einen einzigen Menschen zu beschaffen.>
"Darüber haben wir doch gerade geredet!"
"Du kannst nicht nur einen Menschen übernehmen, weil..."
<Nein, ich kann die DNS mischen. Wenn ich noch DNS von euch nehme und die DNS von jemand anderem kann ich mir einen ganz eigenen Menschenmorph erschaffen. Es würde zwar auch nur mit der DNS von euch beiden gehen, aber ich finde, dann ähnele ich euch doch etwas zu sehr.>
"Wirklich? Ich meine, du kannst dir einen Mix aus verschiedenen DNS-Strukturen machen?" Mereen stützte das Kinn in ihre Hand.
"Aber woher sollen wir noch jemanden herbekommen, der sich übernehmen lässt ?"

Diese Frage stellte sich bald als Problem heraus.
Die drei fanden jedenfalls noch keine Lösung.
Nachdem sich Mereen und Marcel von Kelihm verabschiedet hatten und wieder im Heim angekommen waren, (Kelihm hatte fest versprochen die beiden am nächsten Morgen früh zu wecken damit sie weiterreden konnten) lief Mereen sofort zu Professor Femrig um ihn wegen dem Museum zu fragen.
"Was? Du willst noch mal hingehen? Mit deinem Freund?" fragte Femrig verwundert.
"Ja, aber diesmal soll noch ein anderer Freund von uns beiden mitkommen. Er... er findet Anda... äh...ich meine Aliens sehr interessant."
"Hm. Das tun viele junge Leute. Aber okay. Letztes mal hattest du kaum Zeit dir das Blue anzusehen. Also gut. Ich werde einen Bus für euch reservieren. Wie wäre es mit nächsten Samstag?"

Es war Donnerstag. Und passend zum Namen es war regnerisch.
Mereen und Marcel hatten sich bis jetzt jeden Tag mit Kelihm getroffen und Pläne geschmiedet.
Doch viel hatte es nicht gebracht.
Den Bus hatten sie, sowie das Eintrittsticket.
Doch einen passenden Morph hatten sie nicht gefunden.
Während die beiden Freunde die Treppe hinunter stiegen um wieder nach draussen zum Waldrand zu gehen um Kelihm einen Besuch ab zu statten, tuschelten sie noch über dieses Thema.
Doch plötzlich wurden sie unterbrochen.
"Ihr wollt jetzt raus? Bei dem Wetter? Euch ist wohl jede Minute zum turteln lieb, wie?"
Das war natürlich Sabrina.
"Merkst du eigentlich, dass du die einzige bist die hier an sowas denkt?" fauchte Marcel sie wütend an "Und jetzt geh aus dem Weg!" Er schubste Sabrina bei Seite.
Doch noch bevor sie die letze Stufe erreicht hatten, drehte Sabrina sich noch einmal um.
“Ihr werdet schon sehen! Ich komme dahinter was ihr jeden Tag da draussen macht. Und dann....!” Sie sprach nicht weiter. Statt dessen wendete sie sich mit einem höhnischen Grinsen ab und ging langsam nach oben.

Während Mereen und Marcel durch das regennasse Gras stapften, fielen die Tropfen immer schwerer vom Himmel und ein dumpfes Grollen in der Ferne kündigte ein Gewitter an.
„Mann, hoffentlich weiss Kelihm, dass er sich lieber nicht unter einem Baum unterstellt. Warum bist du eigentlich so still ?“
„Ach, nichts.“ Doch in Wirklichkeit machte sich Mereen Gedanken über Sabrina. Das was sie gesagt hatte, hätte zwar nur dummes Geschwätz sein können, wie fast alles was Sabrinas Mund verliess..... oder sie könnte es genau so gut ernst meinen.
Jedenfalls musste man vorsichtig sein.
Sie waren am Wald angekommen.
Ein heftiger Wind kam auf.
Mereen legte die Hände an den Mund.
„Kelihm! Wir sind da! Kel..-“
Doch plötzlich erfasste der Wind einen Zweig und schlug ihn Mereen ins Gesicht.
„Au! Ohhhh... mein Auge...“
„Lass mal sehen!“ Marcel beugte sich über sie. „Ist nur ein Kratzer. Das ist schnell wieder weg.“

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Blitzlicht flammte auf.
Es war aber nicht natürlich
Es kam von einer Kamera.
Und die Kamera gehörte....
„Sabrina!“
„Ha! Ich habe euch doch gesagt, das ich was herausfinde! Diese Fotos werden in ein paar Tagen schon am schwarzen Brett hängen! Und ihr könnt nichts dagegen machen!“
Sie lachte triumphierend.
Doch dann verzerrte sich ihr Gesicht zu einer erschrockenen Grimasse.
Ihre Augen wurden grösser und sie riss den Mund weit auf.
Und dann entfuhr ihr ein Schrei. Im selben Moment zuckte ein Blitz über den Himmel und das Grollen kehrte zurück. Und eine schnelle Gestalt mit Stielaugen, vier Hufen und durchnässtem blauem Fell, sprang mit ein paar leichtfüssigen Sätzen aus dem Unterholz hervor. Diese Gestalt blieb neben Mereen und Marcel stehen.
Sabrina liess die Kamera fahren, die auf einen Stein fiel und zerbarst. Das Mädchen selber versuchte weg zu laufen, aber sie stürzte über eine Wurzel und fiel auf den weichen, nassen Boden.
<Urg, ist das ein Wetter! Man traut sich ja nicht einen Huf aufs Gras zu stellen> meinte die Gestalt, die natürlich Kelihm war, fröhlich.
Mereen ging zu Sabrina, die immer noch auf dem Boden lag.
„Sie ist bewusstlos.“ stellte sie schliesslich fest. Marcel hingegen besah sich die kaputte Kamera. „Tja, wie schade.“
meinte er und zog den Film von der Spule „Jetzt wird doch nix aus unserem wundervollem Foto.“
„Hey.... Kelihm, komm her. Du kannst Sabrina übernehmen. Da haben wir unsere dritte Person!“
Vorsichtig kam Kelihm näher getrippelt. Er zögerte kurz, dann legte es seine Hand auf die Stirn Sabrinas. Er schloss die Augen für einen Moment. Nach wenigen Sekunden zog er seine Hand wieder weg.
< Gut. Wer von euch beiden ist der nächste?> Mereen richtete sich auf. Kelihm sah sie kurz an, lächelte sein mundloses Lächeln und dann streckte er die Hand aus und berührte Mereens Wange. Ein schläfriges Gefühl hüllte sie ein und beinahe wäre sie umgekippt, denn ihre Beine wurden weich und müde. Doch noch im letzten Moment konnte sie sich an Kelihms ausgestrecktem Arm festhalten. Wieder sahen sie sich an. Und wieder war es Marcel der sie dabei unterbrach.
Nachdem auch er von Kelihm berührt worden war (wobei er ebenfalls fast zusammenklappte...) besprachen sie noch, das sie sich am nächsten Morgen zum Einüben von Kelihms neuem Menschenmorphs treffen wollten.
Marcel würde dann Kleidung mitbringen.
Dann griff Mereen nach Sabrinas Arm und reichte Marcel den anderen.
Zusammen zogen sie Sabrina nun über den Schlammigen Boden Nach Hause – und dort sollte die Geschichte die das Mädchen noch am Abend erzählte (und die ihr keiner abkaufen wollte) ein kleines bisschen verändert werden..... natürlich nur um Sabrina vor der Klapsmühle zu bewahren.
Ach, was waren sie doch grosszügig......
Der zweite Besuch
Der nächste Tag wurde völlig für die Organisierung des Museumsbesuches geopfert.
Kelihm hatte sich das erste Mal in einen Menschen gemorpht und Mereen und Marcel waren ziemlich erschrocken gewesen plötzlich einzelnen Teilen von sich selber gegenüber zu stehen.
Zuerst einmal hatten sie Probleme Kelihm passend anzukleiden. Sie hatten sich schnell umdrehen müssen, um da nicht plötzlich etwas ziemlich peinliches zu sehen. Denn noch nicht mal Shorts konnte mal einfach aus dem Nichts herbei zaubern.
Immerhin hatte Marcel es am Ende geschafft, Kelihm genau zu zeigen wie man eine Hose, einen Polo und ein Paar Schuhe anzieht.
Dieser Menschenmorph war etwas extrem Erstaunliches für den Andaliten, und obwohl er doch ziemlich viel über den menschlichen Körper wusste, war das Erste was Kelihm nach seiner Garderobe tat..... hinfallen.
„So, das Erste was du lernen musst, ist das Laufen auf zwei Beinen.“ Murmelte Marcel während er den verdatterten Kelihm am Hemdkragen hoch zerrte.
„H-huch! Ich hätte nicht gedacht, dass Laufen bei euch so schwierig ist.“ gluckste Kelihm. Dann schlug er verdutzt die Hand vor seinen neuen Mund und betastete ihn, seine Lippen und zuletzt seine Zunge.
„So funktioniert das Sprechen bei euch also. Ihr Menschen habt eine ziemlich dicke Zunge.... faszinierend.“
„Darüber hast du noch nix gelesen?  Ohhhh, ein Wunder ist geschehen!“ murrte Marcel darauf nur und verzerrte das Gesicht, denn Kelihm war ihm soeben auf den Fuss getreten.

Den ganzen Tag übten sie, wie Kelihm „normal“ auf zwei Beinen gehen konnte, wie er essen und sprechen musste (was ihm besonders schwer fiel) und wie er sich umdrehen konnte um hinter sich zu schauen.
Kelihm war ein ziemlich guter „Schüler“.
Und trotzdem arbeiteten die drei bis spät in den Abend.

Nächster Tag.
Samstag.
Mereen und Marcel wurden von einem Klopfen am Fenster geweckt.
Kelihm, in seinem kafit Morph.
<Seid ihr fertig? Können wir los?>
Mereen guckte verschlafen auf ihren Wecker. Dann stöhnte sie auf.
Es war halb sechs am Morgen.
Marcel zog sich sein Kissen über den Kopf.
<AUFWACHEN!!!>
Das war etwas zu laut. Mereen sprang vor Schreck auf und stiess sich den Kopf an dem Bett über ihr und Marcel viel von oben herunter auf den Boden.
Kelihm hatte etwas zu laut gesprochen.
Nun, da man mit Kopfschmerzen ohnehin nicht schlafen kann (selbst wenn, Kelihm hätte es nicht zu gelassen...),
blieb den beiden nichts anderen übrig als auf zu stehen, und Kelihm herein zu lassen.
Dieser morphte im Zimmer zurück.
Dann blieb ihnen nichts besseres zu tun, als noch einmal alles was sie geübt hatten zu wiederholen.

Einige Stunden später.
Mereen, Kelihm und Marcel sassen in dem vorgesehenen Bus. Kelihm erzählte die ganze Zeit, wie toll es sei primitive Technologien zu studieren, und das langweilte die anderen beiden so sehr, das Mereens einzige Antworten auf die Kommentare des Aliens „ja“, „mhm“, und ab und an auch mal „stimmt“ waren, und Marcel mit dem Kopf am Fenster eindöste.
Mit einem Ruck hielt der Bus vor dem Museum.
Marcel schreckte hoch und war sofort hellwach.
„Jetzt aber los!“ murmelte er mit einem Blick auf seine Uhr „wir haben schon eine halbe Stunde verbraucht.“
Als sie schliesslich in den riesigen Hallen angekommen waren, rannten sie bis zum Hinteren Teil der
 Ausstellung - dorthin, wo der Andalit war.
Kelihm stoppte abrupt, und wäre beinahe hingefallen. Mit glasigen Augen starrte er seinen Artgenossen an.
Dann tat er ein paar zögernde Schritte auf ihn zu.
„Ich hattet recht....“ flüsterte er. „Das ist er... das ist er...“ seine Stimme hob sich. “Das ist er,“ stammelte er immer wieder „Das ist Prinz Aximili! Er ist es wirklich!“ Entgeistert schüttelte er den Kopf.
Verunsichert sah sich Mereen um. Wer sie hörte, musste ja glauben Kelihm wäre verrückt.
Aber keiner sah sie an.
Keiner, bis auf einen jungen Mann, der hinter dem Sockel mit dem Andaliten stand.
Mereen erkannte ihn sofort wieder.
Es war der junge Mann, den sie schon bei ihrem ersten Besuch gesehen hatte.
Er hockte auf einer Decke und sein Gesicht war eingefallen. Seine Augen hatten einen leeren Blick.
Aber er sah sie und Kelihm erwartungsvoll an, als glaube er, er hätte sich verhört.
Mereen wandte ihren Blick ab und versuchte den Mann aus ihrem Gedächtnis zu vertreiben. Aber die ganze Zeit spürte sie seinen Blick im Nacken.
„He! Kinder! Mereen!“ rief eine Stimme.
Sie drehten sich um und erkannten Professor Granz. „Oh, hallo Professor.“ sagte Mereen.
 Kelihm hatte ihn nicht einmal beachtet. Er starrte immer noch auf Prinz Aximili.
Aber der junge Mann, der vor dem Andaliten sass, beobachtete ihn.
Granz bemerkte es.
„He, sie! Starren sie die Kinder nicht so an! Wenn sie hier schon herum hocken müssen!“
Der Mann wendete den Kopf.
Dann lenkte Granz seine Aufmerksamkeit wieder auf Mereen.
„Das ist Jake Collon. Er hockt hier den ganzen Tag. Der ist sogar so verrückt, das er hier schläft.“
„Darf er das denn? Ich meine, es ist kein schöner Anblick und alles...“ meinte Marcel verwundert.
„Ja, er hat sich die Genehmigung erkauft. Reicher Mann, muss man schon sagen.“
„Sieht aber nicht so aus.“ Mereen besah sich Jake Collon genauer. Er trug einen Braunen schäbigen Mantel und sein Haar war ziemlich zerzaust. Die Decke auf der er sass war fleckig.
„Der Schein trügt. Er hat ein Schweinegeld. Er hat uns ein Angebot gemacht, das wir nicht abschlagen konnten, denn wir brauchen das Geld. Der Bau des Museums hat uns ein Vermögen gekostet, und die Besuchereinnahmen gleichen es nicht genug aus. Nun ja.... was ist denn mit eurem Freund los?“
Erst jetzt bemerkte Mereen, das Kelihm auf seine Knie gesunken war.
Langsam beugte sie sich zu ihm herunter. „Was ist denn los?“ „Nichts. Nichts.“ „Kelihm, nicht stottern.“ „Tut mir leid, ich bin etwas nervös. Hier sind so viele Menschen.“
Nachdem sie Kelihm wieder auf seine Beine gezogen hatten, gingen sie noch ein Weilchen in dem Rest des Museums herum und Kelihm erklärte, anscheinend immer noch nervös, welche Theorien der Triebwerke, Raumschiffe und all den anderen Dingen möglich waren, und welche nicht.
Von letzterem gab es übrigens erstaunlich wenig.
Als sie dann den Bus nach Hause nahmen, waren alle sehr Schweigsam.
Und auch zu Hause angekommen, verabschiedete sich Kelihm nur sehr knapp bevor er in den Wald zurück flog.

Vor dem Schlafengehen, dachte Mereen noch eine Weile über diesen zweiten Besuch nach.
„Kelihm hat es auch gespürt“ dachte sie „dieses seltsame Gefühl....“
Sie griff unter ihr Kopfkissen und zog das Silberne Plättchen hervor.
Das Mondlicht spiegelte sich darin.
Und dann kam es wieder.
[Neeeeeeiiiiinnnnnnn.........neeeeeiiiinnn...... Weg hier, schnell!!!!.............................................. NEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIINNNNNNNNNNNNN..................................]
Heimweh
Die nächsten Tage verliefen im Grund recht ruhig. Selbst Sabrina hielt zu Abwechslung mal den Mund.
Das Waisenhaus war jetzt immer stark besucht.
Nicht von neuen Kinder.
Sondern von Erwachsenen. Erwachsene, die gerne ein Kind adoptieren wollten.
Viele dieser Erwachsenen hatten Mereen schon gemustert, aber „mitnehmen“ wollte sie keiner.
Mereen war nicht traurig darüber.
Wenn sie jemand mitnehmen wollte, hätte sie weg von Kelihm und Marcel gemusst. Und das wollte sie auf keinen Fall.

Es war jetzt eine Woche her, seit sie dem Museum einen zweiten Besuch abgestattet hatten. Kelihm war darüber hinweg gekommen und fröhlicher denn je.
In der Schule ging es weiterhin wie immer: Man langweilte sich. Kelihm hockte öfters mal in seinem kafit Morph am Fenster und sah zu.
Mereen verbrachte ihre ganze Freizeit im Wald und lernte somit immer mehr über Andaliten. Langsam hatte sie das Gefühl, dass ihr das, was Kelihm ihr beibrachte mehr nützte, als das was sie im Waisenhaus lernte.
Sie brachte immer öfter einen ausgeliehenen Degen mit (Kelihm war ein viel besserer Fechtlehrer als Madame Lemonde....) und übte die verschiedensten Züge. Die Stimme die sie dabei immer noch in den Ohren hatte, bekam sie langsam unter Kontrolle.
Links!
Rechts!
Wieder Links!
Ducken!
Mereen wehrte ab und griff an – im ständigem Wechsel.
<Halt! Unerlaubte Bewegung!>
Mereen liess den Degen sinken. Jetzt erst merkte sie, wie anstrengend das ganze war.
Kelihm hingegen war topfit.
<Was ist denn los mit dir? In der letzten Zeit machst du immer mehr Fehler.>
Er sah ihr ins Gesicht. <Du siehst müde aus. Sollen wir eine Pause machen?>
Mereen nickte matt. Dann sank sie langsam auf den Boden.
Kelihm knickte die Vorderbeine ein und landete so etwas unbeholfen neben ihr im Gras.
<Das ihr Menschen so auf dem Boden liegen könnt....> murmelte er und rieb sich mit einer Hand über den Rücken. „Ja, faszinierend, nicht?“ entgegnete Mereen lächelnd. Dann sah sie in den Himmel. Die Sonne ging gerade unter und färbte den Himmel in ein helles rot.
„Weisst du.... ich habe seit du da bist die Stimmen nur ein einziges mal gehört.“ <Sei doch froh. Sonst würdest du vermutlich noch weniger Schlaf abbekommen.>
„Nein... das ist es nicht. Ich habe die Stimme erst dann gehört als...“ <Ja?>
„Mereen!“
Das war Marcel. „Komm, sie suchen schon nach dir. Es gibt Abendessen.“
Mereen stand auf. Auch Kelihm rappelte sich hoch, wenn auch ziemlich tolpatschig.
Mereen winkte ihm zu. „Ciao Kelihm. Ich komme Morgen wieder, okay?“
Kelihm nickte. Dann hob er eine Hand und winkte ebenfalls. <Bis morgen! Oh, und kannst du mir vielleicht ein Buch mitbringen?>  „Kein Problem!“ lachte Mereen.
Dann ging sie mit Marcel zum Waisenhaus zurück.

Am nächsten Tag wachte Mereen früher als gewöhnlich auf.
Das hatte seine Gründe.
„Ferien!“ gähnte sie und streckte die Arme.
Heute wollte sie so früh wie möglich in den Wald. Vielleicht würde sie Kelihm ja noch beim Schlafen erwischen?
Sie zog sich an und öffnete die Tür. Da viel ihr plötzlich noch das Buch ein, das sie Kelihm mitbringen wollte.
Schnell wühlte sie in den Schulbüchern vom letzten Jahr und kam schliesslich auf das alte (und total vollgeschriebene) Geschichtsbuch und ihr Technikbuch, das halbwegs noch gut erhalten war.
Sie würde sie im nächsten Schuljahr nicht mehr brauchen.
Mereen stopfte die beiden Bücher in eine Stofftasche, dann drückte sie die Klinke der Tür runter und ging leise die Treppe herab.
Draussen roch es nach Tau. Der Himmel war weit hinten ein Streifen rosarot, die Sterne hoben sich von dem sonst noch dunklen Himmel ab und es war angenehm kühl.
Sie rannte über die Wiese. Auf halbem Wege hielt sie inne. Hier hatte sie Kelihm das erste mal gesehen.

Als sie den Waldrand erreichte, dachte sie nach wo Kelihm wohl zu finden wäre.
Am Schluss entschied sie sich an ihrem gemeinsamen Lieblingsplatz, einer kleinen gut versteckten Lichtung, nachzusehen.
Sie schlug sich durch das Geäst.
Vor ihr teilten sich die Bäume und gaben einen Blick auf die Lichtung frei.
Kelihm war da. Aber er schlief nicht. Er sah Mereen auch nicht von hinten kommen.
Er starrte mit allen vier Augen in den blassen Sternenhimmel.
„Kelihm?“ fragte Mereen behutsam. Sie wollte ihn nicht erschrecken, aber Kelihm zuckte dennoch zusammen und drehte langsam den Kopf zu ihr hin.
<Mereen...>
Kelihms sonst so fröhliche Augen, hatten ihren Glanz verloren und er sah Mereen ernst und betreten an.
Dann zwang er sich zu einem schmerzhaften Lächeln. <Ich habe mir die Sterne angesehen. Du kommst sehr früh. Ist heute keine Schule?> „Nein....wir habe Ferien. Frei. Keine Schule für ein paar Wochen.“
Besorgt sah sie den Andaliten an. „Kelihm... was ist los?“  Dann, ganz plötzlich wusste sie was los war.
„Du hast Heimweh.....nicht wahr?“
Kelihm lies den Kopf hängen.
Er zögerte.
<Ja. Etwas. Ich...ich war noch nie so lange von meinen Artgenossen fort.>
Sein Kopf zuckte in die Höhe. Er lächelte wieder und diesmal war es echt....wenn auch etwas unsicher.
<Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen. Ihr gebt euch so viel Mühe und seid so oft bei mir... Ich fühle mich hier wohl und ich mag dich und Marcel sehr gerne. Ich hatte noch nie solche Freunde wie euch.... Aber.... mir fehlt meine Familie. Ich weiss... ich muss mich an so was gewöhnen, ich will schliesslich ein Krieger werden...>
„Es ist schon okay. Ich kann dich verstehen Kelihm.“
Mereen trat näher an ihn heran. „Heimweh...ist sehr schlimm. Man fühlt sich verloren. Ich war auch lange allein.
Naja, Jetzt bin ich es nicht mehr. Und du bist auch nicht allein.“
Kelihms Lächeln war wieder von seinem Gesicht verschwunden.
<Wieso warst du allein? Um dich herum sind doch so viele Menschen.>
„Ja... aber sieh mich doch an. Ich habe nie zu jemandem gehört.“ Sie senkte die Stimme „Weisst du, wie mich früher alle Genannt haben? Alien! Nur weil ich ein bisschen anders bin als sie.“
Kelihm sah auf den Boden.
<Du hast recht. Ich sollte mich nicht so aufführen. Wie gesagt: Ich habe ja euch. Irgendwann werde ich meine Familie schon wiedersehen.>
Kelihms Augen waren wieder trüb und traurig, und er starrte weiterhin auf den Boden.
Mereen war jetzt auch den Tränen nahe. Es tat ihr weh, Kelihm so traurig zu sehen. Und das ganze weckte schlimme Erinnerungen in ihr.
„Heimweh zu haben ist vollkommen in Ordnung...“
Dann tat sie etwas, was sie noch nie getan hatte, weder bei Marcel noch bei irgendjemand anders: Sie drückte Kelihm tröstend an sich.
Dieser war reichlich verdutzt.
Dann aber erwiderte er die Umarmung. Zögernd legte er seine dünnen Arme über Mereens Schultern und legte seinen Kopf auf ihren.
So standen sie noch eine ganze Weile.
<Ihr Menschen... ihr habt sehr viele Gesten die etwas mit Berührung zutun haben. Ich habe nie gewusst was das Besondere daran sein sollte. Ich glaube jetzt weiss ich es.>
Die beiden lösten sich aus der Umarmung und Kelihm sah Mereen wieder einmal direkt in die Augen.
Mereen wusste nicht warum, aber ihr Herz pochte so schnell, als wenn sie gerade gerannt wäre.
<Hast du... geweint?> fragte Kelihm plötzlich.
Mereen bemerkte, das sie nun doch geweint hatte. Hastig wischte sie sich mit der Hand das Gesicht trocken.
„Ist nicht so schlimm. Du tust mir einfach leid.“
Beide lächelten sich an.
Es war vollkommen still.
Dann schnappte Mereen nach Luft. Verlegen kramte sie die Bücher für Kelihm aus der Tasche.
„Ähm... hier... hier sind die Bücher. Ich denke die beiden Themen werden dich interessieren.“
<Was? Oh... ja...> Kelihms Gesicht war jetzt wieder so fröhlich wie immer.
Aber auch er war sichtlich verlegen.
Er schlug das Technikbuch auf.
Mereen sah ihm beim Lesen zu. Es wurde heller und die Sterne verblassten vollends.
Ihr Herz hatte sich immer noch nicht beruhigt.
Das letzte Eis war gebrochen.
Die Kraft des Morphens
Mereen besuchte Kelihm jetzt noch öfter. Sie wollte auf keinen Fall, dass er sich einsam fühlte. Aber jetzt schien Kelihm recht glücklich zu sein – jedenfalls immer wenn sie da war.

Eines Nachts wurde Mereen von einem sanften Pochen am Fenster geweckt. Die Leuchtschrift ihres Weckers zeigte an, dass es Punkt Mitternacht war. Doch als sie zum Fenster blickte, war sie hellwach.
Da sass ein wunderschöner, sehr grosser Vogel mit goldbraunem Gefieder, riesigen gelben Augen und einem kurzen, gebogenen schwarzen Schnabel.
„Nanu...“ murmelte sie.
Auch wenn sie diesen Vogel noch nie gesehen hatte: Sie wusste sofort was das war.
„Wo hat Kelihm denn jetzt einen Waldkauz her...?“
Leise um Marcel nicht zu wecken, schlich sie ans Fenster und öffnete es. Lautlos schwebte Kelihm ins Zimmer.
In den Klauen trug er etwas, was sich heftig wehrte.
<Hallo Mereen.>
„Kelihm, was machst du hier um diese Zeit?“ wisperte Mereen „Und wie bist du an diesen Vogel rangekommen?“  <Naja, ich dachte, mein kafit Morph wird mit der Zeit etwas auffällig. Da hab ich mir den erstbesten Vogel den ich gesehen habe geschnappt.> Er faltete seine Schwingen zusammen.
<Weisst du.... heute.... heute vor genau einem Monat haben wir uns kennen gelernt.> „Äh...ja. Aber...“
<Und ich dachte mir.... na ja.... als Dank für deine Freundschaft...>
„Kelihm, das ist selbstverständlich. Ich bin froh dass ich dich kenne!“
<Ja... aber, ich denke mir... du weisst schon genug über uns. Und da kannst du auch die kleineren Geheimnisse kennen.>
Wenn er gekonnt hätte, hätte Kelihm jetzt ganz tief Luft geholt.
<Ich will dir zeigen, wie man morpht.>
Mereen starrte ihn an. „Aber Kelihm....das darfst du doch nicht...“
<Na und? Ich durfte dir eigentlich auch nichts über uns Andaliten, über unsere Fehler und über unsere Kriege erzählen. Warum sollen die „Grossen“ denken, das sie etwas besseres sind als Menschen oder andere Rassen?>
Und dann fügte er verbittert hinzu: <Und wer weiss, wann ich wieder nach Hause komme...?>
„Kelihm...“ <Ist schon gut... ähm...kannst du mich vielleicht tragen? Im Treppensteigen bin ich als Andalit nicht so gut... und dieser Vogel kann nicht gut in geschlossenen Räumen fliegen.>
Mereen lächelte „Klar“ flüsterte sie „Komm, setzt dich auf meine Schulter.“ <Tja.... das geht nicht. Ich muss hier was festhalten...>
Mereen seufzte leise. „Okay. Komm her.“

Mit Kelihm in den Armen schlich Mereen die Treppe herab.
<Geh zu der Blue Box. Da morphe ich dann zurück.>
Mereen schauderte es zwar zu der Blue Box zu gehen, aber das war es allemal wert.
Sie machte sich bereit die Stimmen zu hören... doch nichts geschah.
War es damals vielleicht doch Einbildung gewesen? Nein. Das war unmöglich. Es musste etwas mit Kelihm zu tun haben.
Vorsichtig setzte sie Kelihm am Boden ab. Sofort begann er zu wachsen, seine Flügel wurden zu Armen, Seine Klauen zu Hufe und ein zweites Paar Beine spross ihm aus der Brust. Sein Federschweif wurde zu dem Langen, kräftigen Schwanz mit der Klinge an ihrem Ende. Sobald er seine Finger zurück hatte, bückte er sich und hob das Etwas vom Boden auf, das er mitgebracht hatte.
Seine Augen wurden etwas kleiner und verfärbten sich grün. Die Zusatzaugen an den Stielen sprossen als letztes hervor. <Gut. Warte, ich öffne den Glaskasten.> Aufgeregt sah Mereen zu, wie Kelihm mit seiner Klinge das Schloss knackte. Noch nicht einmal mit einem Schlüssel hätte man das so schnell hinbekommen.
„Aber Kelihm... wir müssen die Blue Box danach wieder zurück legen... und wir müssen die Vitrine abschliessen.“ Sagte Mereen, während Kelihm den Kasten öffnete und langsam mit der Hand hinein langte.
<Ich weiss. Dass ist mir auch egal, Hauptsache ist, das du morphen kannst.... keine Sicherheitsvorkehrungen? Nur dieses Schloss?>
Er holte das Kästchen hervor. Bei seiner Berührung schien es blau aufzuleuchten.
<Gut. Drücke deine Hand auf die Fläche die gegenüber meiner Hand liegt. Und lass nicht los bis ich es dir sage.
Versuch dich einfach zu entspannen...>
Mereen legte eine Handfläche auf das Kästchen. Es war warm. Und es leuchtete noch heller als vorher.
„Kelihm... hast du das schon mal gemacht?“
<Nö. Aber ich weiss trotzdem wie es geht. Das haben wir in der Schule gelernt.> er grinste.
Mereen kniff die Lippen zusammen. Dann schloss sie die Augen... und versucht ruhig zu werden.
In ihrer Hand begann es zu kribbeln.
Erst schwach, dann immer stärker.
Das Kribbeln breitete sich über ihren ganzen Körper aus.
Und dann... war es einfach vorbei.
Mereen öffnete die Augen. Das Kästchen strahlte weiss.
Und Kelihm lächelte sie an.
<Fertig. Puh, war doch anstrengender als ich geglaubt hatte. So, gehen wir raus? Ich habe dir einen... Probe Morph mitgebracht.>
Das war also in Kelihms Eulenklauen gewesen.
Er öffnete die andere Hand. Darin sass ein total verschreckter Vogel. Er war recht gross, aber man konnte ihn gerade noch in einer Hand halten. Wenn man ihn quetschte. In einer Menschenhand wäre er harmlos gewesen, aber in Kelihms schwach Andalitenhände, hatte der Vogel tiefe Risse mit seinem Schnabel und seinen Klauen gerissen. Es war ein junger Wanderfalke. Sein Gefieder war mit Kelihms Blut verschmiert.
„Kelihm!“ entfuhr es Mereen „Warum hast du... du blutest...! Das war doch nicht nötig... oh Kelihm...“
<Nicht so schlimm.> beruhigte Kelihm sie jedoch <Sobald ich morphe, verschwinden die Wunden, also kein Grund zur Aufregung. Ich habe den Vogel übrigens auch übernommen, dann können wir zusammen fliegen.>
Mit der einen Hand legte er die Blue Box in den Glaskasten zurück, während sich der Vogel heftig wehrte. Mereen nahm ihn aus Kelihms blutigen Hand und klammerte den Wanderfalken mit beiden Händen fest. Zum Glück schrie er nicht. Es fehlte noch, dass das ganze Haus aufwachen würde.
Also Kelihm den Kasten „abgeschlossen“ hatte, sah er Mereen mit seinen Hauptaugen an. <Gehen wir gleich raus?>
Mereen nickte.

Sie gingen ein Stück über die Wiese.
<Konzentriere dich auf den Vogel. Stell dir genau vor, wie er aussieht.>
Mereen dachte an das Bündel Federn in ihrer Hand. An den Schnabel. Die Kopfform. Plötzlich hörte der Vogel auf sich zu winden. Er wurde schlaff... als wenn er schlafen würde.
Aber nur für ein paar Sekunden.
Während Mereen noch vollauf damit beschäftigt war sich zu wundern, wurde der Vogel wieder munter und zappelte noch stärker als vorher.
<Gut. Jetzt lass ihn fliegen.> „Was?“ <Lass ihn fliegen.>
Mereen lies den Vogel los. Er flatterte kurz, dann schwang er sich hoch....hoch... und dann war er weg.
<So. Und jetzt konzentriere dich noch mal auf den Vogel. Ich morphe mit dir, okay?>

Mereen schloss die Augen um sich nicht von Kelihms Veränderungen ablenken zu lassen.
Sie stellte sich wieder alles vor... das Gefieder.... das Muster war so hübsch.
Plötzlich spürte sie, das etwas mit ihrem Körper nicht stimmte.
Sie war leicht.... ganz leicht.... als wenn sei jemand mit Luft aufgepumpt hätte. Jetzt machte sie ihre Augen doch auf.
Sie fiel! Sie fiel und sie konnte sich nicht festhalten.
Aber nein.... sie stand mit beiden Beinen... das was davon übrig war... fest auf dem Boden. Sie schrumpfte! Der Boden kam rasend näher, und näher, und näher....
Sie rutschte aus ihrem Nachthemd, das sich wie ein Zelt über sie legte.
Sie sah auf ihre Hand hinab. Und schrie. Aber aus ihrer Kehle drang zur ein hoher, krächzender Laut. Sie hatte keinen Mund mehr... sie hatte einen Schnabel!
Auf ihrer Haut bildeten sich Muster, die dreidimensional wurden und sich in Federn verwandelten.
Ihre Finger wurden lang, dünn.... zu Federn.
Schnell, solange es noch möglich war, streifte sie das Nachthemd ab.
Ihre nackten Füsse mutierten zu echten Vogelfüssen mit scharfen Krallen.
Und plötzlich konnte sie sehen! Sie sah jedes Detail am dunklen Wandrand.
Und dann war die Verwandlung abgeschlossen.
<Fertig?> fragte sie eine Stimme. Wer hatte das gesagt? Was bedeutete das Wort „fertig“ eigentlich?
Und was war das für ein Fremder neben ihr?
Sie schrie wütend auf. Der Fremde hatte hier nichts verloren! Er sollte verschwinden!
SKRIEEEEE!
Aber der Fremde machte keine Anstalten zu verschwinden.
Nun gut. Dann würde er leiden müssen.
Sie hackte auf ihn ein.
<Mereen! Hör auf! Ich bin es! Kelihm!>
Kelihm? Was war das? Moment....
<Erinnere dich! Übernimm die Kontrolle! Ich bin es! Kelihm! KELIHM!>
Ja... Kelihm...
Und sie war...Mereen...ein Mensch.... und Kelihm war kein Fremder....
<Wehr dich, Mereen, wehr dich! Du musst das Tier besiegen! Übernimm die Kontrolle!>
<Ah!> Es war als wäre eine unglaubliche Last von Mereen gefallen.
Sie konnte wieder klar denken.
<Oh Kelihm, es tut mir leid....> sagte sie in Gedankensprache. <Ist nicht so schlimm. Du musst nur lernen, wie man richtig damit umgeht. In deinem Kopf existieren beim Morphen zwei Wesen: Du selber....und das Tier. Achte immer darauf das du stärker sein musst. Sonst könnte es passieren....das du dich verlierst.>
Das klang gar nicht schön.
Das Morphen war faszinierend gewesen als man nur zugesehen hatte.
Aber jetzt konnte Mereen es selber. Und das war noch faszinierender.
<So. Komm jetzt. Fliegen ist herrlich.>
Mereen spreizte die Flügel.
Dann fiel ihr etwas ein.
<Kelihm, ich bin noch nie geflogen. Woher soll ich wissen wie es geht? Ich meine....mehr als Flügelschlagen... kann ich noch gar nicht.>
<Kein Problem. Der Vogel wird dir sagen, was du tun musst. „Frag`“ ihn einfach.>
Mereen dachte nach und merkte plötzlich, dass der Vogel in ihrem Kopf wusste was zu tun war.
Mereen lies sich einfach in Gedanken fallen. Sie lies den Wanderfalken ihren Körper animieren.
Aber sie sagte ihm, wo sie hinwollte.
Und plötzlich....stieg sie in die Luft.
Sie sah, das Kelihm neben ihr her flatterte.
Gemeinsam stiegen sie immer höher.
Es war ein wunderbares Gefühl.
Bald waren sie so hoch, das Mereen glaubte sie könnte die Wolken berühren.
<WOW!!!!! DAS IST SUPER! Schau mal, da unten ist das Waisenhaus!!!!>
Mit ihren Augen konnte Mereen sogar in die Fenster hineinspähen.
<Oh Kelihm... das ist so.... so...>
<.... Oberaffen geil?>
<Wa.... Kelihm! Woher kennst du denn diesen Ausdruck?>
<Hat jemand in dein Geschichtsbuch reingeschrieben.>
Beide lachten.
Während sie so dahinschwebten, erzählten sie sich noch alles Mögliche.
<Wollen wir mal Sturzflug ausprobieren?> fragte Kelihm plötzlich.
<Ähm.... klar...>
Mereen dachte kurz nach.
Dann sagte sie ihrem Vogelgehirn: „Sturzflug“.
Das Tier winkelte seine Flügel an, kippte nach Vorne...
<WAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHH!!!!!!!>
Sie schoss nach unten, wie eine Gewehrkugel. Alles flog verschwommen an ihr vorbei.
Sie konnte nur Kelihm sehen, der an ihrer Seite ebenfalls herabfiel.
Der Boden kam näher..... immer näher....
<HOCHHOCHHOCHHOCHHOOOOOOOCH!!!!!!> schrie Mereen jetzt.
Knapp vor dem Aufprall, breitete der Vogel seine Schwingen aus.... und Mereen schoss wieder nach oben.
<Uff! Mann.... das war hart...>
Kelihm lachte.
<Dieser Vogel ist unglaublich schnell. Wunderbar mit ihm zu fliegen.>
Plötzlich spürte Mereen Gefahr. Nicht der Vogel signalisierte es. Sonden sie. Sie allein.
<Kelihm.... ich weiss nicht warum.... aber ich glaube wir sollte zurück... und dann demorphen...>
Kelihm stutzte. Dann war er plötzlich total aufgeregt.
<Oh Gott! Schnell zurück! Wir haben nur noch fünf Minuten zum zurückmorphen! Gut das du mich daran erinnerst....>

So schnell sie konnten, flogen die beiden zurück.
<Schnell... nur noch zwei Minuten....>
Da unten auf der Wiese lag Mereens Nachthemd.
Sie landeten direkt daneben.
Kelihm morphte zurück. Er war schneller fertig als Mereen.
Doch als sich bei ihr die Federn zurück in Haut verwandelten....
„Kelihm! Würdest du mal bitte die Augen zumachen? Alle vier meine ich?“
<Warum?>
„Darum! JETZT MACH SCHON!!!!“
Kelihm zuckte mit den Schultern und tat dann wie ihm geheissen.
Als Mereen fertig zurückgemorpht hatte, zog sie sich schnell ihr Nachthemd über den Kopf.
„Okay.... du darfst wieder gucken.....“
Kelihm öffnete die Augen.
<Was war denn?>
„Erinnerst du dich noch daran.... als du das erste Mal in einen Menschen gemorpht hast?“
<Ja natürlich>
„Siehst du, ich habe auch nicht hingeguckt. Uns Menschen ist es peinlich jemand anders... unbekleidet zu sehen....“
Kelihm sah sie an. Dann lachte er.
<Versteh schon. Zieh vor dem Morphen etwas engeres an, und konzentriere dich beim demorphen auch auf dieses Kleidungsstück. Dann braucht dir so was nicht mehr peinlich zu sein.>
Dann machte er ein nachdenkliches Gesicht.
<Sag mal.... woher hast du eigentlich gewusst, dass wir demorphen müssen?>
Mereen schüttelte den Kopf
„Kelihm.... ich habe keine Ahnung....“
Dann verabschiedete sie sich....
Und ging langsam zurück zum Waisenhaus....
 
 

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