Abschnitt 5.2.3

Die Vernichtungslager

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Über die Lage der hier genannten Vernichtungslager informiert die Karte 2 im Anhang.


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Eine besondere Kategorie der KZ-Lager waren die Vernichtungslager: Sie wurden (anders als die übrigen KZs) vom RSHA verwaltet, wurden in amtlichen Dokumenten der NS-Behörden nie erwähnt und dienten nicht der Terrorisierung der Häftlinge und der Zwangsarbeit, sondern nur der (möglichst schnellen) Ermordung möglichst vieler Menschen. Anfänglich wurden die Häftlinge erschossen und vergraben, dann wurden sie in speziellen Lastwagen mit Auspuffgasen erstickt, [1] und schließlich ließ Himmler Gaskammern bauen: Diese wurden zumeist in Bunkern oder alten Gebäuden errichtet und sahen auch innen wie Duschräume aus. Über Brauseköpfe wurde in die hermetisch abgedichtete Kammer Zyklon B, ein von der IG-Farben AG entwickeltes Blausäurepräparat, [2] geleitet. Nach 15 Minuten wurde die Gaskammer geöffnet, und die Leichen wurden im Krematorium verbrannt.

Die Insassen der Vernichtungslager waren überwiegend Juden und Zigeuner, die massenweise aus Gettos dorthin verschleppt wurden. Vielfach wurden sie sofort nach der Ankunft ermordet, sonst betrug ihre Aufenthaltszeit nur wenige Tage, doch sie wurden nirgends registriert (auch nicht zahlenmäßig):

"Die in ein Vernichtungslager geschleppten Menschen hingegen waren nicht verhaftet, sondern in einem Getto zusammengetrieben oder aus einem Getto zum Transport befohlen worden, und zwar... rein zahlenmäßig, nicht individuell. Sie wurden weder bei der Abfahrt noch bei der Ankunft irgendwie registriert. Entweder direkt vom Transportzug oder in kürzestmöglicher Zeit nach der Ankunft... wurden sie... vergast... Die technische Seite konnte... jedoch an dem allen Vernichtungslagern gemeinsamen Merkmal nichts ändern: dass Töten ihr einziger Zweck war." [3]

Alle KZ-Lager auf polnischem Boden (Auschwitz, Majdanek, Płaszów) verfügten über Einrichtungen zum Massenmord und arbeiteten damit auch als Vernichtungslager. Organisatorisch waren sie aber genau so aufgebaut wie die KZ-Lager im Reich. [4]

Chełmno, das erste reine Vernichtungslager (VL), entstand Ende 1941. Insgesamt 360.000 Menschen wurden hier ermordet. [5] Am 17. Januar 1945 kam es zu einer Revolte der Insassen, worauf die SS das Lager anzündete. Majdanek, ein kombiniertes Konzentrations- und Vernichtungslager, wurde im Oktober 1941 errichtet und verfügte über sieben Gaskammern, in denen etwa eineinhalb Millionen Menschen liquidiert wurden. Am 24. Juli 1944 wurde es von der Roten Armee befreit. Im März 1942 entstanden zwei weitere VLs, Sobibór und Bełżec. In Sobibór brach am 14. Oktober 1943 eine Revolte aus: 300 Insassen entkamen, und das Lager wurde von der SS gesprengt. [6]

Das größte "reine" VL war Treblinka: Im Juli 1942 eigens für die Vernichtung der Warschauer Juden [7] errichtet, wurde es zum Ort des Todes für 800.000 Menschen. Auch hier leisteten die Insassen Widerstand: Am 2. August 1943 kam es zu einem Aufstand, und einige Häftlinge konnten entkommen. In Treblinka kamen auch die Kinder des Warschauer Getto-Waisenhauses um; dessen Leiter, Dr. Janusz Korczak, ging mit ihnen freiwillig in den Tod.


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1) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 480. [¶]

2) Blausäure (HCN) bewirkt eine tödliche Atemlähmung. Für die tödliche Dosis (LD50) gilt folgende Faustregel: 1mg HCN pro Kilogramm Körpermasse. [¶]

3) Kamiński, Konzentrationslager, S. 32. [¶]

4) siehe Abschnitt 5.2.1 [¶]

5) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 480. [¶]

6) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 779. [¶]

7) vgl. Buszko, Historia Polski, Bd. 4, S. 411. [¶]


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