Im September 1939 kamen auch die Konzentrationslager nach Polen. Polnische Intelligenz, Politiker und Mitglieder des polnischen Untergrundes wurden zu Tausenden in die Lager transportiert, und ab Mitte 1941 dienten sie auch der Unterbringung und Vernichtung von Juden und Zigeunern.
Streng genommen bezeichnet das Wort "Konzentrationslager" aber nicht ein einzelnes Lager, sondern eine Organisationseinheit, bestehend aus einem "Hauptlager" und mehreren kleineren "Nebenlagern". Darüber hinaus wurden die Nebenlager in mehrere Kategorien (Arbeitslager, Arbeitserziehungslager,...) eingeteilt. Das Nebenlager Płaszów bei Krakau wurde 1942 in ein Hauptlager umgewandelt. Die Vernichtungslager gehörten jedoch nicht in dieses Schema und wurden in den offiziellen Dokumenten der NS-Organe niemals erwähnt. [1]
Die Konzentrationslager (KZs) dienten primär der Gewinnung von Arbeitskraft aus den Häftlingen. Die extrem schwere Arbeit, die sie verrichten mussten, war extrem erschöpfend (manchmal sogar tödlich!), aber sie bekamen nur Hungerrationen: Das karge Brot (nur 350 Gramm täglich!) war mit Sägescharten gestreckt, und die Suppe bestand fast nur aus Wasser. Viele Häftlinge wurden vom Hunger dahin gerafft. Für die deutschen Konzerne (vor allem Bergwerke und Schwerindustrie) war der Einsatz von KZ-Häftlingen extrem Gewinn bringend, und die Behörde, die die KZ-Lager verwaltete, das Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA), verdiente auch daran.
Geleitet wurde ein KZ-Lager von der Kommandantur: Dem Lagerführer unterstanden verschiedene Unterführer (Rapportführer, Blockführer, Arbeitsdienstführer,...), die zumeist dem WVHA angehörten. Die Politische Abteilung, die die Einweisungen der Häftlinge besorgte, war jedoch eine Abteilung der Gestapo. Zur Belegschaft jedes Lagers gehörten auch Wachmannschaften der SS (die berüchtigten Totenkopf-Verbände), die die Lagerzäune und -tore bewachten, bei Verladungen von Häftlingen mitwirkten und bei Revolten einschritten. [2]
Bei der Einweisung wurde jeder Häftling medizinisch untersucht und von einem Mitarbeiter der Politischen Abteilung verhört. Nach der Erfasung seiner Daten bekam er eine laufende Nummer. Auf der Häftlingskleidung war neben der Nummer (die in Auschwitz auch eintätowiert wurde) auch ein Stoffdreieck aufgenäht, das die Kategorie des Trägers und mit einer Buchstabenkombination versehen auch dessen Nationalität verriet:
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Jude | Politischer | Zigeuner | Asozialer |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Krimineller | Flüchtling | Zeuge Jehovas | Homosexueller |
Die Häftlinge waren in unbeheizten Baracken untergebracht und schliefen auf Holzpritschen. Der Arbeitstag dauerte zwölf Stunden, und nach der Arbeit mussten die Häftlinge oft "Sport" verrichten (z.B. neues Schuhwerk für die Wehrmacht in schwierigem Gelände testen). Mehrmals täglich waren Appelle angesetzt, bei denen man in sengender Hitze bis zu acht Stunden lang bewegungslos auf dem Appellplatz stehen musste.
Neben der harten Zwangsarbeit war der (körperliche und psychische) Terror ein Faktor, der die Häftlinge dezimierte: Harte Prügelstrafen waren nicht nur bei den SS-Männern beliebt, sondern auch bei den Kapos, deutschen Verbrechern, die eine Zeit lang in einem KZ-Lager untergebracht waren und die übrigen Häftlinge beaufsichtigten. Diese und andere Strafen (z.B. kalte Duschen bei klirrendem Frost) wurden nicht selten ohne jeden Grund verhängt, und der Sadismus der SS-Männer und der Kapos war maßlos. [3]
Besonders bedenklich war der gesundheitliche Zustand der Häftlinge, hervorgerufen durch die schwere Arbeit und die extrem schlechten hygienischen Bedingungen. Die völlig unterernährten Gefangenen litten an Infektionskrankheiten wie Typhus, Ruhr, Krätze und Lungenentzündung. Häftlinge, die so schwer erkrankt waren, dass sie nicht mehr arbeiten konnten ("Muselmanen"), wurden nicht behandelt, sondern kamen in einen "Quarantäneblock" und wurden anschließend ermordet.
Bis Ende 1941 waren der Großteil der KZ-Insassen politische Gefangene; das waren meistens Mitglieder der Widerstandsbewegung, Personen, die Geheimunterricht erteilten, [4] Geistliche und Literaten. Zahlreich war auch die Gruppe derjenigen, die bei einer Großrazzia gefangengenommen oder aus einem Gefängnis überstellt worden waren. [5] Im Zuge der "Endlösung der Judenfrage" [6] kamen massenhaft Juden und (ab dem 1. April 1942) Sinti und Roma. [7]
1) siehe Abschnitt 5.2.3 [¶]
2) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 735. [¶]
3) Der polnische Historiker Andrzej J. Kamiński unterscheidet in seiner Arbeit Konzentrationslager 1896 bis heute zwei Funktionen der KZ-Lager: Terror und Sklavenarbeit. [¶]
4) siehe Abschnitt 6.2.2 [¶]
5) Polnische Kriminelle wurden nach Ablauf der Haftzeit nicht frei gelassen, sondern der SS übergeben. [¶]
6) siehe Abschnitt 5.1.3 [¶]
7) An diesem Tag ließ Himmler die Sinti und Roma genauso verfolgen wie die Juden. [¶]
© 1997-2002 by Jacek Rużyczka. Alle Rechte vorbehalten.