Die Rote Armee, die an der Weichsel Brückenköpfe errichtet hatte, begann am 12. Januar 1945 mit einer neuen Offensive. Auf Befehl der STAWKA wurde ein direkter Marsch gegen Berlin über den Brückenkopf bei Magnuszew (50 Kilometer südöstlich von Warschau) eingeleitet.
Erneut kam es zu einer Katastrophe für die deutsche Front: Überlegenheit in Soldaten und Waffen sowie hochmoderne Ausrüstung wie die Raketenwerfer »Katjuscha« (von den deutschen Landsern »Stalinorgel« genannt) brachten die Front zum Zerfall, und die ohnehin schlecht versorgten deutschen Soldaten wurden dezimiert.
Die Rote Armee legte nun bis zu 43 Kilometer pro Tag zurück, [1] nahm Ende Januar 1945 Oberschlesien ein und stand wenig später an der Oder; Warschau, nach dem Scheitern des Aufstandes nur noch ein Haufen Trümmer, wurde am 17. Januar von der 1. polnischen Armee "befreit". Im Februar gelang der 1. polnischen Armee der Durchbruch des Pommerschen Walls, einer deutschen Befestigung aus dem Jahre 1938, und nur noch in Breslau hielten sich Einheiten der Wehrmacht unter Generalmajor Hans von Ahlfen, die erst am 6. Mai aufgaben.
Noch schlimmer als das Schicksal der deutschen Soldaten war das der Volksdeutschen, die in Ostpreußen, Schlesien und Pommern sowie in manchen vor 1939 zu Polen gehörenden Gebieten lebten. Stalin, der die Abtrennung dieser Länder von Deutschland forderte, ließ die dort heimischen Deutschen einfach nach Westen treiben. Doch schon die sich nähernde Ostfront bewegte sie zur Flucht.
Im strengen Winter zogen die Flüchtlinge hungernd nach Westen oder wurden mit Schiffen gerettet. Nicht nur Kälte und schlechte Versorgung kosteten Tausende Menschenleben, sondern auch feindliche Angriffe: Am 30. Januar wurde das mit Flüchtlingen vollbeladene Passagierschiff »Wilhelm Gustloff« von einem sowjetischen U-Boot torpediert, was über 5.100 Todesopfer forderte; [2] ein ähnliches Schicksal ereilte auch die »General von Steuben« (4.400 Tote) und die »Goya« (6.220 Tote), [3] und die zu Lande ziehenden Flüchtlinge wurden oft von sowjetischen Jägern beschossen. So kamen über 300.000 Volksdeutsche um, [4] und allein mit Hilfe der Kriegsmarine flüchteten 1,42 Millionen Deutsche vor der Roten Armee. [5]
1) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 1008. [¶]
2) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 1008. [¶]
3) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 1010 und 1014-1015. [¶]
4) vgl. Putzger, Historischer Weltatlas, Karte 145. [¶]
5) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 1021. [¶]
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