Back to Spain
(Teil 3)

by Doro   doro-violet@gmx.de

 

Im Morgengrauen erreichten sie Schloß Gymnich.
"Jetzt geh' erstmal ins Bett," sagte Joey zu Paddy.
"Ich will nicht," maulte Paddy.
"Hä?" Joey sah ihn verständnislos an. "Du bist doch derjenige, der gestern Morgen nicht spät genug aufstehen konnte!" Aber Paddy fürchtete sich vor dem Einschlafen. Schließlich ging er doch ins Bett und schlief nach einer Weile auch ein. Zum Glück träumte er nichts.
Als er aufstand, saßen die anderen schon am Frühstückstisch. Missmutig schmierte Paddy sich ein Brot. Aus irgendeinem Grund war er schlecht gelaunt. Plötzlich klingelte es, und herein kam Vater. Er wollte mit seinen Kindern frühstücken.
Nach einer Weile Smalltalk fragte Vater: "Ihr habt euch den Hof in Belascoain angesehen?"
"Ja," sagte Maite.
"Und?" hakte Dan nach.
"Du hättest uns ruhig sagen können, dass es unser altes Haus war, und dass Mama darin gestorben ist!" brummte Angelo. "Anstatt uns so ins Messer laufen zu lassen..."
Zerknirscht blickte Dan auf. "Ja, ich weiß ja, das war nicht richtig von mir. Aber, nun ja, ich wusste nicht, wie ich euch die Sache erklären soll..."
"Ist ja gut," sagte Patricia.
"Und, wie habt ihr euch nun entschieden?" hakte der Vater nach.
Eine längere Pause trat ein. "Wir haben uns noch nicht darüber unterhalten," sagte Kathy schließlich zögernd.
"Wie?" Entsetzt sprang Dan auf. "Bitte entscheidet euch sofort! Ich gehe solange auch aus dem Zimmer!"
"Aber Papa, das ist doch keine Sache, die man an einem Tag entscheiden kann!" meinte Maite.
"Nicht an einem Tag, in zwei Stunden!" Nervös zeigte Dan auf seine Armbanduhr. "Ich habe um zwölf einen wichtigen Termin in Köln bei meinem Anwalt! Bis dahin muss die Sache geklärt
sein!" Mit diesen Worten verabschiedete sich Dan, um in den Park zu gehen.
"Und was jetzt?" fragte Paddy mutlos.
"Jetzt treffen wir eine schwierige Entscheidung!" sagte Kathy seufzend. "Machen wir's uns doch wenigstens gemütlich!"
Im Wohnzimmer wurde im Kamin Feuer gemacht. Johnny holte Chips, und alle setzten sich auf das Sofa und auf den Boden. Angelo schlug an sein Glas. "Die Diskussion kann beginnen!"
"Das ist gar nicht witzig!" sagte Barby.
"Genau, das ist eine tragische Entscheidung!" sagte Patricia.
"Dann fangt doch endlich mal an mit eurer Entscheidung!" sagte Joey, der langsam die Geduld verlor. "Ich will nachher noch im Rhein angeln gehen!"
"Warum sollen denn immer wir anfangen?" fragte Maite empört. "Fang doch selber an, oder ist es dir egal!"
"Im Rhein gibt es doch sowieso kaum noch Fische, da brauchste gar nicht angeln!" sagte Angelo.
Johnny sprang wütend auf. "So, jetzt ist aber Schluss mit dem Quatsch! Entweder wir diskutieren jetzt vernünftig, oder ihr könnt alle in Finbars Hundehütte ziehen!"
"Okay!" sagten alle erschrocken.
"Also, legt los!" sagte Joe und griff nach den Chips.
Patricia fing an. "Eigentlich wäre ich der Idee ja nicht abgeneigt. Spanien ist ein wunderschönes Land. Dort sind wir auch nicht besonders bekannt und hätten den ganzen Tag unsere Ruhe. Wäre das denn nicht wunderbar?"
"Doch, doch," sagte Maite unruhig, "aber seht mal, Mama ist dort gestorben. Glaubt ihr denn, dass wir in diesem Haus glücklich werden können?"
"Sicher," meinte Angelo. "Sie ist ja dort nicht ermordet worden. Wir dürfen halt nicht unentwegt daran denken."
"Und außerdem haben wir ja auch eine Menge schöne Erinnerungen an Belascoain," sagte Johnny. "Und denkt doch an die schöne Landschaft! Was uns das für Inspirationen geben wird..."
"Schön und gut," meinte Jimmy, "aber haste dir das Haus schonmal genau angeguckt? Da hat schließlich seit über 15 Jahren keiner mehr drin gewohnt, und dementsprechend sieht es auch aus! Was da für eine Arbeit drinsteckt, da sind wir ja bis nächstes Jahr nicht fertig!"
"Komm Jimmy, das schaffst du schon," tröstete Paddy ihn, nur um etwas zu sagen. "Du bist doch einer, der gern mit anpackt!"
"Und denkt doch auch mal an Pablo," forderte Patricia die anderen auf.
"Warum sollen wir an den denken?" fragte Angelo.
"Na ja, er hat keine Freunde mehr in Belascoain und vielleicht nirgendwo mehr sonst auf der Welt," wandte Patricia ein. "Er ist sicher sehr einsam. Uns kennt er gut, er würde sich bestimmt freuen, wenn wir zurückkommen und wieder etwas Leben ins Dorf bringen."
Patricia hatte voller Wärme gesprochen, und die anderen schluckten. "Gut," sagte Kathy schließlich, "ich finde, wir sollten es tun. Oder?"
"Zumindest versuchen," meinte Maite. Alle nickten, und Barby ging raus in den Park, um Vater zu holen.
Die anderen blieben sitzen. Paddy war noch ein wenig unentschlossen. Johnny rückte zu ihm und flüsterte: "Wenn wir es nicht schaffen, gehen wir ja wieder zurück!"
"Und wenn alle es schaffen, nur einer nicht?" fragte Paddy leise.
Darauf wusste Johnny keine Antwort.

Später saßen sie mit Vater beim Mittagessen. Es gab Rinderbraten.
Vater rieb sich die Hände. "Gut, ihr seid also einverstanden. Gut, dann werde ich später mit meinem Anwalt reden. Was hat euch denn so plötzlich umgestimmt?"
"Es ist wegen Pablo," sagte Patricia. "Er ist doch so alleine und hat niemanden mehr..."
"Unsinn!" Überrascht sah Vater sie an. "Pablo hat eine große Familie, fast so groß wie unsere. Seine Verwandten wohnen alle in den USA!"
"Ein toller Schauspieler!" brummte Jimmy. "Respekt!"
"Aber ihr wollt es trotzdem versuchen?" fragte Vater noch mal nach.
"Sicherlich," sagte Kathy. "Nur..."
"Nur?"
"Na ja, Haus und Hof sind ziemlich verwahrlost. Das wird eine harte Arbeit!"
"Na und?" fragte Dan. "Ihr seid doch echte Kellys! Ein Kelly arbeitet von früh bis spät, das seht ihr doch an mir!"
Das war einer von Dans Lieblingssprüchen. "Du hast gut reden," knurrte Paddy. "Du musst es ja nicht renovieren! Wir müssen auch noch Songs aufnehmen und auftreten, ist dir das bewusst?"
"Kinder, ich muss euch noch was sagen," fing Dan schließlich an.
"Was denn?" wollte Patricia wissen.
"Nun ja, wir hätten dann drei Häuser, eins in Irland, eins in Köln und nun noch eins in Spanien. Eins müssen wir aufgeben."
"Warum das?" fragte Maite.
"Es wäre besser, sagt mein Anwalt..."
"Wer ist der Kerl?" stöhnte Paddy. "Feuer ihn!"
"Wegen den Steuern," fasste Dan schnell zusammen. "Also entscheidet euch!"
Nach einer Weile entschieden sich die Kellys schweren Herzens für East Grove in Irland.
"Seid nicht traurig," tröstete Dan sie. "Vielleicht kann ich Adam überrden, das Schloß für sich zu kaufen." "Dieser alte Schmarotzer? Nie im Leben!" zischte Maite.
Das Telefon in der Diele klingelte. "Ihr erlaubt doch?" fragte Dan und ging aus dem Zimmer. Die Kellys blieben seufzend zurück. "Leute, uns steht was bevor!" stöhnte Maite.
Dan kam zurück. Zu Jimmy sagte er: "Deine Freundin war am Telefon."
"Was?" quakte Jimmy. "Warum durfte ich nicht mit ihr sprechen?"
Dan grinste. "Weil sie gerade auf dem Weg zu uns ist. Sie hat gerade eine Autopanne. Du sollst sie vor Köln abholen."
"Hurra!" rief Jimmy und fuhr sofort los, um Cherie abzuholen. Vater seufzte. "Ich werde mich jetzt auch auf den Weg zu meinem Anwalt machen. Jimmy hätte mich eigentlich mitnehmen können!" Er gab jedem Kind einen Abschiedskuß und ging dann.
Maite seufzte. "Das Essen hat gut getan! Trotzdem fühle ich mich jetzt ein bisschen schwer. Vielleicht sollten wir einen Spaziergang machen."
"Eine gute Idee!" stimmte Patricia zu.
"Aber einer muss doch dableiben, um Cherie und Jimmy die Tür aufzumachen," wandte Paddy ein. "Der hat doch bestimmt wieder vor lauter Liebe seinen Schlüssel vergessen..."
"Schon verstanden." John strich ihm über den Kopf. "Du kannst ja hierbleiben."
Alle gingen, und Paddy setzte sich vor den Fernseher. Kurz darauf klingelte das Telefon.
Vielleicht hat einer von uns im Lotto gewonnen! dachte Paddy und rannte schnell hin. Doch es war nur Orry Kaine, der mit seiner Freundin telefonieren wollte.
"Nee, Barby hast du grad verpasst," sagte Paddy. "Aber ich muss dir unbedingt was erzählen..."
Paddy erzählte ihm also die ganze Geschichte und lief dabei im Haus herum. "Und was sagst du zu der Sache?" fragte Orry ihn.
"Weiß nicht so recht," gab Paddy zu. "Oh, es hat gerade geklingelt. Ich muss Schluss machen. Tschüss!" Er legte auf und eilte zur Tür.
"Hallo Paddylein!" flötete Cherie und schmatzte Paddy zwei Küsse auf die Wange. Hinter ihr kam Jimmy und trug ihre Koffer. "Na, wie geht's dir denn so?"
"Danke, gut," murmelte Paddy und ging ins Bad, um sich die fetten rosa Lippenstiftspuren aus dem Gesicht zu wischen. Als er zurück kam, saßen Jimmy und Cherie einträchtig am Tisch.
"Wo sind die anderen?" fragte Jimmy.
"Spazieren."
"Ich sterbe vor Hunger!" Cherie sprang auf und rannte in die Küche. "Da steht noch Kuchen rum, darf ich mir den nehmen?"
"Der ist von vorgestern!" sagte Paddy. "Willst du wirklich den ganzen? Du kannst auch einen Laib Brot haben oder den zweiten Rinderbraten aus der Kühltruhe!"
"Paddy!" zischte Jimmy böse.
Cherie nahm mit der einen Hand ein Stück Kirschkuchen und mit der anderen ein Stück Bienenstich und biss abwechselnd ab. "Mmh, das schmeckt! Was ist denn das?" Sie hob einen Zettel zwischen den Kuchenstücken hoch und las laut vor: "JENNY, 621352."
"Ach, nur 'ne Telefonnummer!" beeilte sich Jimmy zu sagen.
" 'Ne ganz bestimmt sogar!" bemerkte Paddy.
Cherie wurde hellhörig. "Wie war das?"
"Paddy spinnt!" sagte Jimmy schnell und versuchte, Paddy aus der Küche zu schieben. Doch Cheries Aufmerksamkeit war geweckt. "Paddy, sag: was ist da im Busch?"
Paddy sah unsicher vom einen zum anderen und überlegte. Wahrheit oder Lüge? Schließlich entschied er sich für das Erstgenannte und sagte: "Das ist die Telefonnummer von einer Tusse, mit der Jimmy geflirtet hat."
"Was?" Cherie schrie empört auf. "Macht er das öfter?"
Jimmy strafte seinen Bruder mit drohenden Blicken. Verzweifelt nuschelte Paddy: "Ich möchte lieber nichts mehr dazu sagen."
Cherie zog einen 10 DM - Schein aus ihrer Tasche und sagte verschwörerisch: "Der ist für dich, wenn du mir sagst, was mein Freund noch so alles tut, wenn ich nicht bei ihm bin!"
"Paddy, du wirst doch wohl nicht..." schrie Jimmy.
"Ich möchte nur die Namen der Frauen wissen!" sagte Cherie.
Paddy sah auf das Geld und dachte an die Basketballkappe, die er sich schon so lange wünschte. Also gut, es gibt halt nur schlechte Menschen, dachte er trotzig. Dann sah Paddy schnell zu Boden und rasselte los: "Moira, Anna, Ruth, Vera, Tina, Helga..."
"Wie bitte?" schrie Cherie, und ihre Stimme überschlug sich fast vor Zorn. "Das also nennst du eine Beziehung mit Liebe!" klagte sie Jimmy an. "Sänger können eben nicht treu sein! Das war's, Mr. Jimmy Kelly!" Sie ging in den Flur und zog ihren Mantel an.
"Cherie!" schrie Jimmy ihr hinterher. "Lass dir erklären..."
"Keine Sekunde höre ich dir zu!" fauchte sie. "Ich habe hier nur noch eins zu tun!" Damit knallte sie Paddy theatralisch das Geld hin und schlug die Tür hinter sich zu. Tja, sie war halt Schauspielerin!
Jimmy schluchzte auf und rannte nach oben. Und Paddy hatte für 10 DM die Geheimnisse seines Bruders verraten.
Paddy sah auf den Schein in seiner Hand und wollte plötzlich gar keine Basketballkappe mehr haben.

Abends erfuhren die Geschwister von Paddys und Jimmys Streit. Für seine Heldentat wurde Paddy mit Zimmerarrest bestraft.
Erst spät abends klopfte Barby an Paddys Zimmertür. Paddy saß auf seinem Bett und blickte finster zur Tür. "Was willst du?"
"Reg dich nicht gleich auf!" sagte Barby abwehrend. "Du kannst runterkommen. Es gibt Essen."
"Und Jimmy?"
"Isst in seinem Zimmer."
Paddy ging nach unten. Johnny zeigte gleich mit dem Finger auf ihn. "Mit dir hab' ich noch ein Hühnchen zu rupfen!" sagte er mit vollem Mund. "Du hast vorhin über eine halbe Stunde lang mit Trier telefoniert!"
"Aber Orry hat doch angerufen!" wehrte sich Paddy."Tut doch nichts zur Sache! Ich wollte zuhause anrufen und dich fragen, ob du mit ins Eiscafé willst. Aber die ganze Zeit besetzt! Da sind wir ohne dich gegangen!"
"Was macht's?" murmelte Paddy. "Ich bin doch 'eh zu dick!"
"Und schlechte Zähne hast du auch!" sagte Maite eifrig und biss von ihrem Nutellabrot ab. "Das kommt davon, weil du sie nicht regelmäßig putzt!"
"Ist ja gar net wahr!" fauchte Paddy. "Fallt ihr jetzt alle über mich her, oder was? Verdammt! Das geht euch doch nichts an, der Einzige, der Grund hat, auf mich sauer zu sein, ist Jimmy!"
"Der ist nicht sauer, sondern nur unheimlich traurig, weil seine Beziehung in die Brüche gegangen ist!" sagte Kathy ernst.
"Was hätte ich denn machen sollen?" heulte Paddy los. "Cherie wollte halt wissen, was er so macht!"
"Aber du hättest es ihr nicht sagen sollen!" meinte Maite. "Das ist Sache der beiden!"
Paddy schluchzte: "Aber wenn er Cherie doch betrügt!"
"Er betrügt sie gar nicht richtig, er flirtet nur ein bisschen viel. Das ist eben Jimmy," sagte Angelo. "Wenn er ihr das sagen will, wird er es schon tun. Da solltest du dich nicht
einmischen!"
"Jetzt ist 'eh schon alles egal!" plärrte Paddy.
"Unsinn!" mahnte Kathy sanft. "Es tut uns Leid, dass wir ein bisschen hart zu dir waren. Aber du hast einen folgenschweren Fehler begangen."
"Und was soll ich jetzt tun?" schniefte Paddy.
"Versuch, die beiden wieder zu versöhnen!" meinte Angelo.
"Ach, jetzt soll ich mich wieder einmischen??" fragte Paddy. Alle stöhnten, und Paddy grinste.


© Doro


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