![]() |
Seite zurück | ![]() |
Nächste Seite | ![]() |
Auszüge aus Roland Seims Dissertation "Zwischen Medienfreiheit und Zensureingriffen" (Münster 1997):
*7.5 Zum Bereich der Musikzensur: Wenn auch Beschlagnahmeurteile und Polizeirazzien gegen Buchhandlungen oder Video-theken gleichsam an der Tagesordnung sind, gehören überdruckte Bilder oder leere Zeitungsspalten als allzu leicht erkennbare und unpopuläre Maßnahmen weitgehend der Vergangenheit an. Dennoch finden sich - dem restriktiven Umgang mit Comics vergleichbar - ähnliche Maßnahmen in der Musikbranche. Bei deren Produkten, die zumindest im Bereich von Pop, Rock oder Heavy-Metal eine vorwiegend jüngere Klientel ansprechen und somit verstärkt vom Jugendschutz überwacht werden, vereinen sich Text, graphische Gestaltung der Tonträgerhüllen mit der Musik zu einem Ensemble von unterschiedlichen Teilbereichen.
Obwohl Musik als solche, d.h. Noten und Melodien, kaum gegen das GjS oder sonstige Gesetze verstoßen kann - wenn man von verbotenem Nazi-Liedgut wie dem "Horst-Wessel-Lied" einmal absieht - verdreifachen sich durch die Aufteilung in die Sparten Text, Cover und Beilagen die Gründe für mögliche Indizierungsmaßnahmen. Denn es können nicht nur die Darstellungen auf den Plattencovern und die Beigaben Anlaß zu zensorischen Eingriffen bieten, sondern auch die Texte selbst sind indizierbar.
Aufgrund dieser wohl im Musikbereich einmaligen Aufsplitterung in verschiedene Beurteilungsbereiche wegen der speziellen Beschaffenheit der Produkte bietet sich eine diesbezügliche Unter- teilung der wichtigsten Beispiele an. 7.5.1 Institutionalisierte Zensur durch die BPS: Da sich populäre Musik vorzugsweise an jüngere Menschen richtet, die als leicht beeinflußbar durch die Botschaften dieses Mediums gelten, erstaunt es nicht, daß gerade dieser Sektor von entsprechenden Behörden penibel observiert wird. Die deutlichsten Einwirkungen stellen auch im Musikbereich die Indizierungen der Bundesprüfstelle dar, da ihre Entscheidungen neben den unmittelbaren Folgen deutliche Signalwirkungen für breite Kreise der Musikvermittler haben. Dabei können die Gründe für das Urteil 'jugendgefährdend' ebenso vielfältig sein, wie die beanstandeten Bereiche, in denen es gemutmaßt wird. 7.5.1.1 Texte als Indizierungsgrund: Deutsche wie ausländisch gesungene Texte, die entweder mit oder ohne Textabdruck mehr oder weniger verständlich sind, können aus den bekannten Gründen des GjS indiziert werden.
Zu Beginn der BPS-Tätigkeit waren es vor allem Schallplatten mit seicht sexuellen, frivol-schlüpfrigen Inhalten, die wie Hugo Wieners Stück "Der Novak läßt mich nicht verkommen" vor allem als Witzlieder an Herrenstammtischen kursierten. Auf der schlichten Hülle dieser von Cissy Kraner besungenen Single von "Austroton-Vollklang" mußte der Vermerk "Achtung! Verkauf an Jugendliche verboten lt. Entscheidung der Bundesprüfstelle 798 vom 16. Okt. 1960" angebracht werden. Später traten auch politische Gründe hinzu, wie an der Indizierung der Kompilation von Punk-Songs "Soundtracks zum Untergang" von 1982 deutlich wurde. In den letzten Jahren indizierte die BPS vor allem zahlreiche Lieder der rechten Skinhead-Szene. Neben den Covern, die u.a. wegen Sex, Drogenverharmlosung, Gewalt oder aus Staatsschutzgründen verfolgt werden, kann den Bands wegen der Texte Ärger drohen. Gerade Jugendschützer wie Werner GLOGAUER (1991) mutmaßen angeblich "geheime Zum Anfang dieser Seite
Seite zurück .................Nächste Seite
Die nachfolgend angegebenen Zahlen sind der aktuellen Ausgabe von "BPjS-Aktuell" und "JMS-Report" entnommen. Da dort nicht sämtliche jemals vorgenommenen Indizierungen erwähnt sind - es fehlen z.B. alle vor 1981 verfügten Entscheidungen sowie einige, nur in den alternierend erscheinenden "Newsletter" erwähnten Fälle - sind die Mengenangaben nur unter Vorbehalt zu sehen, da sie leider unvollständig bleiben müssen.