1.
Deutsche Europapropaganda
Eine strikte Trennung in Propaganda
und "wirkliche" Pläne, wie in meinem Thesenblatt
vorgesehen konnte ich leider nicht einhundertprozentig durchführen,
da Elemente der nationalsozialistischen Ideologie teilweise nicht
unerheblichen Einfluß auf die Pläne zur Umgestaltung
Europas hatten. Es ist dennoch interessant sich anzusehen welche
Richtlinien es zur Europaberichterstattung der Presse gab. Werner
Frauendienst formuliert in "Der innere Neuaufbau des Reiches
als Beitrag zur europäischen Ordnung" folgende Vorgaben:
(Frauendienst in Six 1942: 128)
Interessant sind hier auch die ganz ähnlichen Richtlinien Mergerles. (siehe Mergerle 1941a [engl. Übers.] in Lipgens 1985: 89-90 und Mergerle 1941b [ebenf. engl. Übers.] in Lipgens 1985: 94-95) Mergerle selbst befolgte diese Vorgaben in seinen Artikel für die Monatszeitschrift "Berlin-Rom-Tokio" auf genaueste, sodaß man, wenn man einen seiner Artikel gelesen hat, eigentlich alle kennt. (siehe Mergerle 1939, 1940, 1941c) Wichtig ist auch festzuhalten, daß das Europabild der Nazis im Gegensatz zur heutigen E.U. immer ein Feindbild beinhaltet.
Da die von den Nationalsozialisten herbeigesehnte "Neue Ordnung" primär durch rassische Zugehörigkeit definiert wurde (siehe unten) legte man auch großen Wert auf eine Umdeutung der Geschichte. So schreibt etwa Rosenberg: "Entgegen der alten Geschichtslehre haben Rassenkunde und Vorgeschichte erwiesen, daß das Geburtsland aller arischen Völker eben Europa ist." (Rosenberg 1939: 9) Und Six sieht die sogenannte "Ostkolonisation" nicht als wilde Eroberung sondern als die "Rückgewinnung eines ehemals vom germanischen Volk besiedelten Raumes." (Six 1942:23) Als erster Versuch eines kontinentaleuropäischen Gebildes sieht Daitz das Handelsimperium der Hanse. (Daitz 1934b) Überhaupt bemühte man sich, dem Kampf im Osten eine historische Perspektive zu geben: "Wieder brandet im Osten eine Europa schwer gefährdende Welle. Uralter Steppeninstinkt ausgenutzt und geführt von der jüdischen Weltverschwörung schickt sich an über Europa hereinzustürzen..." (Rosenberg 1939: 12-13)
Die Nazis brachten die Medien der von Ihnen eroberten
Völker total unter ihre Kontrolle. Ob sie allerdings ihr Ziel, nämlich
die Errichtung eines deutschen Meinungsmonopols erreichten, ist mehr als fraglich.
Im Laufe des Krieges wurde die Kluft zwischen Realität und Propaganda nämlich
relativ rasch unüberbrückbar.
Bildquellen: siehe Quellenkritik