                                                                                                                              |
Kernenergie
ist für den unverzichtbar, der
wissenschaftlich-technisch und industriell auf
Weltniveau bleiben will. Ob Deutschland das noch
will, erscheint heute eher fraglich. Denn
Ausstieg aus der Kernenergie in 5 oder 30
Jahren" ist keine Alternative sondern
Selbstaufgabe. Mit Sonnen-, Wind- und Kot-Energie läßt
sich allenfalls die
Berieselungsanlage mit amtlich sanktionierten Meinungen
betreiben aber keine
leistungsfähige Industrie, um die zur Versorgung der
Bevölkerung erforderlichen Güter
herzustellen.
Die Kernenergie steht erst am Anfang ihrer
Entwicklung. Südafrika, China und Rußland
bauen zur Entwicklung ihrer und anderer
Entwicklungsländern neue Reaktortypen z.B.
vielseitig verwendbare Hochtemperaturreaktor-Module oder
kleine, handliche
Druckwasserreaktoren in Serie. Sie sind aus
physikalischen Gründen inhärent sicher und
bilden die Voraussetzung für die Industrialisierung
bisher zurückgebliebener Länder, die über
keine eigenen fossile Brennstoffe verfügen. Entwicklung
durch Kernenergie, das hatte auch
einmal das SPD-Parteiprogramm von 1956 gefordert, als
diese Partei noch die Interessen des
Volkes statt internationaler Finanzinteressen zu
vertreten beanspruchte.
Die Herausforderung für das noch technisch entwickeltere
Europa wäre, die scheinbar
metaphysischen Hindernisse gegen die friedliche Nutzung
der Kernenergie zu beseitigen, also
das angeblich unüberwindliche Abfallproblem und
Nachwärmeproblem technisch zu lösen.
Wie das möglich ist, weiß man. Es fehlt am politischen
Willen, es auch zu tun.
Folgen des Ausstiegs
Ohne Kernenergie läßt sich die Versorgung der
Bevölkerung nicht aufrechterhalten. Es gibt
viele Pläne, wie eine nachhaltige Gesellschaft ohne
Kernenergie in Europa aussehen sollte.
Der für die Bevölkerung erträglichste Plan sieht vor,
den Energieverbrauch bei Strom und Gas
zu halbieren und beim Verkehr auf ein Drittel
zurückzuschrauben. Das heißt im Klartext, der
private PKW wird für die meisten unerschwinglich und die
Mehrheit muß auf die Hälfte der
Güter verzichten, die sie zur Zeit noch nötig zu haben
glaubt. Über den Sinn solcher
Verzichtleistung braucht man nicht zu spekulieren, denn
Energie steht dem, der die
Bindungskräfte im Atomkern nutzen will, im Überfluß
zur Verfügung.
Da Konsumverzicht trotz 20 Jahre Umwelthysterie noch
immer nicht populär ist, verspricht
man den Wählern mit Wind- und Sonnenenergie und anderen
Alternativen" das Grüne vom
Himmel. Der realistische" Kanzler tut so, als
käme er mit heimischer Kohle ebenso weit wie
mit Kernenergie. Die Tatsache, daß unsere Politiker uns
verpflichtet haben, bald 25 %
weniger Kohlendioxid abzugeben als bisher und uns die
Völkergemeinschaft" dabei
nachdrücklich beim Wort nehmen wird, ist zwar bekannt,
wird aber wegen der
Ausstiegspropaganda zur Zeit nicht besonders
hervorgehoben. Das wird sich ändern, wenn die
Regierung ihr Klimaschutzprogramm" umzusetzen
beginnt.
Die USA verlängern die Betriebesgenehmigung.
Weltweit ist von Ausstieg überhaupt keine Rede. Weltweit
arbeiten 434 Kernkraftwerke,
davon stehen noch 19 in Deutschland. In Nordamerika, wo
128 Kernkraftwerke Strom liefern
denkt man nicht an Ausstieg. In den USA hat die Nukleare
Regulierungskommission (NRC),
die staatliche Kontrollbehörde, bereits für 5
Kernreaktoren, die annähernd vierzig Jahre alt
waren, die Betriebsgenehmigung um weitere 20 Jahre
verlängert, nämlich für das Kraftwerk
Calvert Cliffs und am 23.05. 2000 für die drei 846
Megawatt Blöcke des Kraftwerks Oconee.
Inzwischen denkt man in den USA daran, die
Betriebsgenehmigung gleich um 25 Jahre zu
verlängern. Drei weitere Anträge dieser Art werden
bearbeitet. Für 11 Kernreaktoren wird der
Antrag vorbereitet.
Natürlich arbeitet man in den USA wie in anderen
Ländern an der Entwicklung neuer
Kernkraftwerkstypen. So bekam die US-Industrie 1999 vom
Senat 5 Millionen Dollar
bewilligt, um zusammen mit russischen Wissenschaftlern
wieder einen
Hochtemperaturreaktor zu entwickeln. In ihm soll das vor
allem das reine Waffenplutonium
verbrannt werden. Für das Nächste Haushaltsjahr hat die
US Regierung für das Projekt 10
Millionen Dollar angesetzt.
Bisher hatten die Betreiber in den USA versucht ihre
Kernkraftwerke möglichst abzustoßen.
Das ist nun wieder vorbei. Jetzt suchen Käufer nach
käuflichen Kernkraftwerken. Um ein
duzend Anlagen wird zur Zeit in den USA gefeilscht.
Selbst Wall Street beginnt sich wenn
man dem Analysten James Asseltine glauben kann
wieder für Kernkraftwerke zu
interessieren. Sie lassen sich konstengünstiger
betreiben als andere und versprechen demnach
eine höhere Rendite. Dafür sorgt auch, daß die
gewachsene Nachfrage bei dem wegen
fehlender Neubauten sinkenden Angebot die Preise
hochzutreiben beginnen und immer
häufigere Stromausfälle die Zahlungsbereitschaft heben.
Auch in Kanda gehen die 1995 schrittweise abgestellten
vier Kraftwerkblöcke der
Kernkraftanlage Bruce A (850 MW Candy-reaktoren) wieder
ans Netz. British Energy PLC
hat sie über ihre kanadische Tochter Bruce Power von der
staatlichen Ontario Power
Generation Inc. auf 25 Jahre gemietet. Die Firma hat bei
der kanadischen
Sicherheitskommission die Bewilligung für die erneute
Inbetriebnahme der Kernkraftwerke
beantragt und wohl auch schon indirekt zugesichert
bekommen.
Rußland baut aus nicht ab
Der russische Atomminister J. Adamow berichtete bei
seinem Besuch in Deutschland im Juli,
das russische Kabinett habe im Mai beschlossen in den
nächsten 30 Jahren die russischen
Kernkraftwerke durch neue zu ersetzen und dazu noch
dreißig neue Kernkraftwerke in den
Dienst zu nehmen. Dadurch soll der Anteil des Atomstroms
von der 14% auf 33 % angehoben
werden. Im Bau sind derzeit 3 neue Kernkraftblöcke
bisheriger Bauart. Intensiv wird zur Zeit
in einem Testzentrum bei St. Petersburg an einem ganz
neuen kleineren Kernkraftwerkstyp
nach dem Prinzip des Druckwasserreaktors gearbeitet. Sie
sollen in Modulbauweise auf
Barken installiert werden, die sich über den Wasserweg
auch an abgelegene Orte aber auch in
Entwicklungsländer verschiffen lassen. Zu einem
ähnlichen Zweck hatte Präsident Putin mit
seinen chinesischen Amtskollegen verabredet, in der Nähe
von Peking ein russisch
chinesischen Gemeinschaftswerk zu errichten. Man will
gemeinsam einen kleinen 60 MW
Reaktor mit schnellen Neutronen zu entwickeln. In
Rußland hält man den Schnellen Brüter
mit Recht für den sichersten Reaktortyp, weil in ihm bei
einem Unfall das
Nachwärmeproblem gelöst ist. Deshalb hat die russische
Regierung inzwischen mit
Frankreich, Indien, China und Japan verabredet, weiter an
Entwicklung des Brutreaktors mit
Blei als Kühlmittel zusammenzuarbeiten. Das Hauptproblem
ist schon nicht mehr die
Sicherheit des Reaktors, sondern die Kostenfrage: Wie
läßt sich dieser Reaktortyp bei den
derzeitigen niedrigen Uranpreisen kostengünstiger
herstellen.
Nur Europa denkt ans Aussteigen
In Europa arbeiten 148 Kernreaktoren, davon 58 in
Frankreich. Zehn europäische Länder
beziehen 35 % ihres elektrischen Stroms aus
Kernkraftwerken. Frankreich liegt mit 76 % erst
an zweiter Stelle hinter Litauen. Aber seine Sozialisten
beginnt man nun auch hier über
Alternativen zur Kernenergie nachzudenken. Das deutet
sich an, wenn der
Planungskommissar J.M. Charpin, Hochkommissars für
Kernenergie Ren Pellat und der
Ökonom B. Dessus jetzt eine Studie über die künftige
Energieversorgung Frankreichs
vorlegen und in ihr zwei Szenarien ganz ohne Kernenergie
vorkommen. Auch die Türkische
Regierung beugt sich diplomatischem Druck und verzichtet
vorerst auf den Bau des bei
Akkuyu geplanten Kernkraftwerks zu gunsten von
Erdgaskraftwerken.
Von den weltweit zehn Atomreaktoren, die am sichersten
gearbeitet und am besten
ausgelastet waren, standen 7 in Deutschland. Doch die
werden aus Sicherheitsgründen"
demnächst stillgelegt. Dagegen decken die hochgelobten
alternativen Energiequellen in
Deutschland, wo man sich am meisten mit solchen
Spielereien abgibt, gerade einmal 2,6 %
des Energiebedarf. Zieht man davon die vernünftige aber
leider nur begrenzt verfügbare
Wasserkraft ab, bleibt kaum etwas nennenswertes übrig.
Wenn tatsächlich Wind und
Sonnenkraftwerke einmal Strom liefern würden, müßten
trotzdem die Heizkraftwerke unter
Dampfgehalten werden, um jeder Zeit einzuspringen, wenn
dieses Energierinnsal wieder
versiegt. Energiegewinn durch Sonne und Wind findet also
weitgehend nur im rotgrünen
Traumland statt. Schon jetzt importieren wir in
Deutschland mit 8,5 % des Stromverbrauchs
aus dem Ausland. Das ist das vierfache dessen, was
sogenannte Energiealternativen liefern.
Die Importe dürften, wenn die Regierung erst einmal ihr
Klimaschutzprogramm umzusetzen
beginnt, bald die 50 % übersteigen wenn es andere
gibt, die dann noch Energie exportieren.
Keine selbstständige Entwicklung ohne
Kernenergie
Interessanter geht es in Ostasien, in den Staaten zu, die
sich am Entwicklungsprojekt Neue
Seidenstraße" beteiligen. Dort arbeiten bereits 84
Kernkraftwerke, davon 53 in Japan und 15
in Südkorea. Die Länder haben nach der Finanzkrise, in
die sie 1997 von westlichen
Spekulanten hineingezogen worden sind, beschlossen, etwas
für ihre Unabhängigkeit zu tun.
In Südostasien sind daher zur Zeit 18 Kernkraftwerke im
Bau, das ist so viel wie im Rest der
Welt. China baut davon 6 Kernkraftwerke, Indien 4. Die
Japaner nehmen auch die
Wiederaufbereitungsanlage in Tokai-mura wieder in
Betrieb. Sie war nach einem Brand und
einer Explosion vor drei Jahren stillgelegt worden. Der
Probelauf mit 5,7 Tonnen
abgebrannter Brennstäbe wurde angefahren. Fällt er
erfolgreich aus, wird der Normalbetrieb
aufgenommen.
China plant darüber hinaus 14 weitere
Kernkraftwerke. Dabei geht China sehr
zielstrebig vor.
Es will eine eigene kerntechnische Industrie aufbauen und
entwickelt dazu eigene
Reaktortypen, von denen es einen 300 MW
Druckwasserreaktor nach Pakistan exportiert hat,
der am 13. Juni 2000 im Kraftwerk Chashma im Punjab ans
Netz gegangen ist. Um den
Anschluß zum Weltstandard zu halten, bestellte China
beziehungsweise betreibt es schon
zwei russische, zwei französische und zwei Kanadische
Reaktoren. Daneben entwickelt es mit
deutscher Hilfe den in ausstiegsorientierten Deutschland
verworfenen Hochtemperaturreaktor
weiter. Ein 10 MW Prototyp wird in diesen Tagen in
Betrieb genommen. Die
Schwierigkeiten, die mit der Heliumturbine noch bestehen,
will es zusammen mit Südafrika
lösen. Beide Länder haben für die Zusammenarbeit eine
gemeinsame Organisation gebildet.
Einen eigenen Reaktor entwickelt auch Südkorea, das
ebenfalls eine Reihe weiterer
Kernkraftwerke bauen möchte.
Das staatliche Unternehmen ESCOM in Südafrika entwickelt
den ehemals deutschen
Kugelhaufenreaktor (100 MW) zur Serienreife weiter. Die
Regierung hält an dem Konzept
fest und das trotz diplomatischen Druck von außen und
der Bemühungen von Steve Thomas
vom Science Policy Research Institut in England und
natürlich von Greenpeace, das Projekt
zu kippen. Nun beteiligt sich sogar die britischen Firma
BFNL an dem Projekt und trägt mit
25 % der Kosten. Man hofft schon bis 2003 die ersten
schlüsselfertigen Kraftwerksmodule
liefern zu können. Bis zu zehn solcher Reaktormodule
sollen von einer ebenfalls
standardisierten Warte aus betrieben werden. Man wählte
die relativ kleine Modulgröße und
den Hochtemperaturreaktortyp vor allem im Hinblick auf
den Einsatz in
Entwicklungsländern. Dort wird der Energiebedarf mit der
Industrialisierung erst allmählich
wachsen, außerdem läßt sich die hohe Prozeßwärme
dieses Reaktors in vielfältigen
industriellen Anwendungen nutzen.
Wie weiter
Natürlich kann man auf die Kernenergie verzichten. Wir
hatten sie vor hundert Jahren ja auch
noch nicht. Man kann nostalgisch wie vor hundert Jahren
leben wollen und dies für modern
und progressiv" halten und - es wie der
Zwischenbericht zum Nationalen
Klimaschutzprogramm der Bundesregierung vom 26.07.2000
tut das Modernisierung der
Wirtschaft" nennen. Trotzdem sollte man nie
vergessen, Energiefragen sind Machtfragen.
Wie man den einzelnen über den Brotkorb zu
Wohlverhalten" nötigen kann, so ganze
Nationen über ihre Energieversorgung.
Deutsche Industriemanager halten den Konsens über den
Ausstieg aus der Kernenergie für
Nonsens, haben ihm aber zugestimmt, weil er Geld
verspricht. Um ihre Investitionen in die
Kernkraftwerke noch ein wenig ausnutzen zu dürfen,
denken sie daran, den Beruf zu
wechseln. Warum produzieren, wenn man als Stromhändler
und -verteiler besser verdient.
Schon sind unsere Energiekonzerne im Osten und Westen
tätig, um dort nicht nur das
Stromnetz in den Griff zu bekommen sondern auch die
Kraftwerke. Das ist der Grund,
weshalb in der Ukraine mit 14 Kernreaktoren, zwei weitere
1000 MW Kernreaktoren gebaut
werden. Zwar schöpft die Inlandnachfrage der Ukraine von
knapp 30.000 MW kaum die dort
installierte Leistung von 55.100 MW aus. Man sorgt für
das künftige Energiegeschäft vor.
Doch schon läßt es der stellvertretende
Fraktionsvorsitzende der SPD, der grüne Michael
Müller auf die Blütenträume der Energiehändler
schneien. Seine Fraktion arbeitet nach einer
dpa Depesche vom 19. Juni treu dem Gewerkschaftsmotto:
Es darf nicht zu einem Ersatz des
deutschen Atomstroms durch nukleare Stromimporte
kommen" an einem Gesetz, daß Importe
verhindern soll. Weil diese sich unter der Regie der
Europäischen Kommission nicht einfach
verbieten lassen, denkt die SPD an ein
entfernungsabhängiges Tarifsystem für
Durchleitungen", ein kleiner Nebenverdienst für die
Steuergeldverbraucher.
Aber welchen Sinn sollen solche energiepolitischen
Eigentore haben? Die Herrschendenden"
wollen doch verkaufen und verdienen und sich dabei auch
der Regierung dabei nicht stören
lassen? Wer an dieser Frage herumrätselt, sollte
zunächst einmal zwischen Verdienen" und
Verkaufen" unterscheiden und die neue
Staatsdoktrin Angebot und Nachfrage" ernst
nehmen. Größeres Angebot bei gleicher Nachfrage, und
die Preise sinken - so war das doch?
Höhere Preise bei weniger Aufwand, das ist das Ziel
oder etwa nicht? Also muß das
Angebot sinken. Wie ist das zu erreichen, wenn viele
Leute darauf warten, produzieren und
verkaufen zu können und wodurch sie das Angebot
preissenkend vermehren?
Es gibt dazu drei direkte Wege, um sie daran zu
hindern:1. durch Umweltauflagen der
Regierung, 2. durch teures Geld der wenigen, mit einander
fusionierten Großbanken, 3. über
den Energiepreis. Ohne Energie läuft nichts, wird nichts
hergestellt. Ist die Energie teuer, läuft
nur das Rentabelste. Moderne Kraftwerke sind so teuer und
unterliegen so hohen
Umweltauflagen, daß Einzelunternehmer ohne Bankkredit,
sie nicht bauen und damit die
Preise verderben können. Und Solaranlagen und ähnliche
Alternativen liefern so teuren
Strom, daß sich damit die Güterproduktion ohnehin nicht
mehr rentiert. So löst sich das Rätsel
und Sie verstehen, warum die Wirtschaft" (das
sind ja nicht die kleinen mittelständischen
Produzenten) so geduldig der langjährigen Kampagne für
den Ausstieg aus der Kernenerige
zugesehen und sie sogar offen - wie jüngstens die
Deutsche Bank unterstützt hat. Es ist eben
nicht alles sozial", was sich so nennt.
|