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{Kieler
Woche 2004}
Letztens auf der Kieler Woche. Unendlich viele Zuschauer,
ein buntes Treiben um die Weltelite im Segelsport und ein Taucher. Der
Taucher
war ich und ich muss gestehen, ich stand wirklich im Mittelpunkt.
Interessierte
Fragen beantwortete ich gern, während ich
fachmännisch mein Equipment zusammen
baute. Ich berechnete demonstrativ meine erforderliche Bleimenge
für die
salzhaltige Ostsee und behängte unter staunenden Blicken mein
Jacket mit allem
was wichtig aussah. Gut gelaunt machte ich meine
Späße, wurde aber Bier ernst,
sobald ich meinen Zuhörern von diesem brutal
gefährlichen Sport erzählte und
unterstrich, dass nur sehr geübte und mutige Taucher alleine
tauchen.
Ich ging nicht weniger demonstrativ zum Wasser und plante
meinen Tauchgang. Ich hob den Kompass, schüttelte ihn als sei
etwas damit nicht
in Ordnung und nahm dann die Peilung.
Während die aus Beton geschüttete Grenze zum Wasser
voller Segelboote war, fand ich eine ca. 30 Meter breite Stelle ohne
Boote,
optimal für einen spektakulären Einstieg. Der Grund
war nicht zu sehen und so
schätzte ich die Wassertiefe auf 3 Meter.
Ich wuchtete mir mein Jacket auf den Rücken und mimte als
wäre es noch 20 kg schwerer. Zog mir die Gurte zurecht wie ein
geübter
Fallschirmspringer und ging mit Flossen und Maske in der Hand zu meiner
Einstiegsstelle. Voller Erwartung das es nun etwas zu sehen gibt
folgten mir die
Leute. An meiner auserkorenen Einstiegsstelle stand ich nun, Flossen
an, Maske
auf und mitten auf der Showbühne. Ein schnelles Abtauchen
würde Eindruck
machen und eine lustige Einlage würde die Menge zum Jubeln
bringen. Den Schalk
im Nacken ging ich in die Hocke, legte meine Handflächen
aneinander und hielt
sie so über die Stirn, als würde ich zum
Köpfer starten. Ich winkte meinem
Publikum noch einmal zu und ließ mich dann, in dieser
Position verharrend,
langsam nach vorn kippen. Ich tauchte sofort ab und erreichte den Grund
"erheblich" schneller als erwartet. Bei brutal schlechter Sicht
kontrollierte ich meine Tiefe.
40 cm ... Scheiße !!!
Schnell machte ich meine Beine lang, damit wenigstens nur
die Flasche aus dem Wasser ragt. Meine Boje, die für solche
Tauchgänge wie ich
sie vor habe sehr wichtig ist, so erklärte ich meinen
Zuhörern, lag noch immer
auf dem Pier.
Ich hörte ein leichtes Rauschen unter Wasser!? Das musste
die mir zujubelnde Menge sein.
In diesem Moment verfluchte ich meinen Zwang immer im
Mittelpunkt stehen zu müssen. Ich konnte die Situation nur
noch retten, indem
ich so tat als sei alles normal. Ich pulte die Muschel aus meinem
Lungenautomaten und wühlte mir den Kompass unterm Bauch
hervor. Ich nahm die
Peilung auf und paddelte los.
Es war mühsam!
Der Tauchgang schien kein Ende zu nehmen. Als ich endlich
eine Wassertiefe von 1,2 Meter erreichte, fiel mir das Tauchen etwas
leichter.
Allerdings hatte ich meine Luft zur Hälfte verbraucht und ich
musste umkehren.
Meine Laune war im Keller als mir auf dem Rückweg ein
Mitarbeiter vom DLRG
entgegen watete und mich fragte ob alles in Ordnung sei. Ich hob den
Kopf und
sagte ohne den Lungenautomaten aus dem Mund zu nehmen "iff fuch wafs".
Ich tauchte weiter. Er fragte noch mehr, aber ich ignorierten ihn.
Wahrscheinlich wollte er beim Suchen helfen, doch ich hoffte das er nun
endlich
mal weiter geht. Ich schaute auf die Uhr. Tauchzeit eine Stunde und
fünfzig
Minuten. Zeit zum auftauchen. Ich stellte mich hin, nahm Flossen und
Maske ab,
packte meine Boje zusammen. Interessierten Fragen meiner mittlerweile
schwer
angewachsenen Fangemeinde wich ich aus. Später stellte ich
fest, dass ich ca.
sechzig Meter über eine Sandbank gerobbt bin, die allerdings
nur acht Meter
breit war. Den Fernsehbericht auf Welle-Nord über meinen
Tauchgang ignorierte
ich.
Logbucheintrag:
Kiel, Ostsee
Temperatur 17 Grad
Tauchzeit 1:50h
Tauchgang unter extrem schwierigen Bedingungen!
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