28.5.2000 Vortrag Zell geh. 28.5.2000

 

Nachdenken - über die Urbedeutung der Worte Mensch und Person

 

Bin ich Mensch, bin ich Person - ist die Frage, die ich zu beantworten suche und zwar unter dem Einfluss einer Situation, die Körperforschung als Menschforschung interpretiert. Eine brauchbare Antwort ist jedoch das Ende der Aufteilung der Menschheit in Individualitäten, weil in allen Menschen dieselbe Wirklichkeit ihre Bestätigung zu finden hat, eine Wirklichkeit, von der aus jeder Person bewusst gemacht wird, dass es sie gibt, dass sie existiert. Deshalb die Frage - was ist allen Menschen gemeinsam, was allein verbindet sie zu der Urbedeutung des Wortes Mensch, weil das, was infolge Bewusstmachung des Erfahrbaren in Erscheinung tritt, weder werden musste noch konnte, was besagt, dass sich das Wirkliche des Menschen nie ändern wird. Was also ist das Wirkliche des Menschen?

Swami Omkarananda fordert den geistig Strebenden auf, erst die Urbedeutung all jener Worte kennen zu lernen, die das Bedeutungsvollste ansprechen nämlich - den Menschen und seine Ursache, um zu wissen, von was geredet wird. Um jedoch die Urbedeutung kennen und verstehen zu lernen, braucht es Informationen. Wer nur kann wahrheitsgetreu über den Menschen und seine Ursache informieren? Sicher nur die Ursache selbst, denn sie nur weiss, was das Menschsein zu bedeuten hat, sie nur offenbart sich so über den Menschen, dass die Trennung von Ursache und Wirkung, und in diesem konkreten Fall die Trennung von Mensch und Gott ein Ende findet. Würde die Hl. Schrift dem Menschen nicht zugestehen - Ebenbild Gottes zu sein - ein Ebenbild, das sich nur durch das Bild bestätigen lässt, weshalb es nie in Abhängigkeit von dem, was im Moment der Bewusstmachung, dass man existiert, zum Erfahrbaren der Person wird, die Todlosigkeit des Menschen überdeckt.

Wer verbleibt in der erwähnten Bestätigung Gottes, weshalb nie von einem gewordenen, einem erfahr- und beschreibbaren Bild des Menschen gesprochen werden kann? Es bleibt auf dem Planeten Erde übersehen, dass das Beschreibbare des Menschen zur Gestalt der sterblichen Person wird und jener, dem dies gelingt, weil er durch seine Aktivitäten beweist, dass es ihn gibt, bevor dies alles durch ihn praktiziert wird, das Wirkliche des todlosen Menschen ist, bestätigt jedoch nur solange, bis er durch seine Handlungen das scheinbar verlässt, was er in Wirklichkeit und Wahrheit ist.

Wer verbleibt selbst dann, wenn das zuvor Erwähnte eintritt, um seine Anwesenheit bestätigt zu erhalten, in seinem erfahrungsfreien Existentsein um durch seine blosse Anwesenheit die Eigenschaften unter Beweis stellen zu können, die der Wirklichkeit wesenseigen sind, die sich durch den, die göttliche Wirklichkeit bestätigenden Menschen offenbaren? Und welche Aussage macht dieser Mensch, um sein Verbleiben in dieser göttlichen Wirklichkeit unter Beweis zu stellen, um die Person davon zu überzeugen, dass göttliche Weisheit nie zu Worten wird, die durch die Person, in Abhängigkeit von Erfahrungen erst geschaffen werden müssen? Göttliche Weisheit steht der Person erst dann zur Verfügung, wenn sie die Begegnung mit dem todlosen Menschen dort verstehen lernt, wo er zeitlos ist. Und wo befindet sich der Mensch, im Gegensatz zur Person? Die Antwort erhalte ich durch Swami Omkarananda und sie lautet - alles ist Bewusstsein, alles ist Gott - doch er fügt, bezogen auf seine Anwesenheit noch hinzu - wenn ich nur einmal die Ebene der Person betreten würde, dann gebe es für mich kein Zurück.

 
Aus was besteht das Leben der Person, beweisbar durch die Gestaltung des Alltags? Wann und unter welchen Bedingungen findet dies alles statt, um es ausgehend von der Ursache kennen zu lernen? Wann wird jede Person aktiv, um ihre täglichen Verpflichtungen zu erfüllen? Beginnt dies bei der Geburt und endet beim Tod? Geburt und Tod sind solche Nebensächlichkeiten, dass sie nie zur Sprache kommen, wenn es um das geht, was die Person durch ihr Verhalten, durch ihre Gestaltung des Alltags zum Ausdruck bringt. Und warum wohl? Es sind die Wechselwirkungen zwischen dem Erwachen und Einschlafen, welche die Bedeutung von Geburt und Tod als nicht erwähnenswert im Hintergrund der täglichen Aktivitäten verschwinden lassen. Wenn dies die Person, aufgrund der Selbstbeobachtung ihres Tuns begreift, dann ist bereits der grösste Unsicherheitsfaktor beseitigt und zwar deshalb, weil durch die gelebte Identifizierung mit dem physischen Körper eine Belastung im Hintergrund aller Bemühungen bleibt, die solange in Vergessenheit gerät, wie die erwähnten Wechselwirkungen von Erwachen und Einschlafen der Person die Möglichkeiten bieten, ihre Fähigkeiten, ihre Neigungen, ihre Wünsche und Verlangen in Leistung umzusetzen.

Von welchem Moment an wird der Person die Gelegenheit geboten, ihre Eigenschaften zu verwirklichen? Es beginnt in dem Moment, wo der Person, infolge Bewusstmachung des Erfahrbaren, ihr ein Wachsein zur Verfügung gestellt wird, ein wissendes Wachsein, das sie von allen übrigen Geschöpfen unterscheidet, weshalb erst dann, wenn das, durch die Person gelebte Wachsein zur Verfügung steht, ein Erkenntniswerk Gestalt annimmt, ohne das es scheinbar nichts gibt. Was aber ist zuvor und bleibt deshalb unverändert hernach, weil jede Person beweist, dass sie vor dem Wachsein bereits existent sein muss, ein Existentsein, das hernach, über alle Zeiten hinweg, unverändert so sein und bleiben wird? Welche Bedeutung muss diesem erfahrungsfreien Existentsein, von dem aus das Wachsein, das die Person von allen übrigen Geschöpfen unterscheidet, wenn nur auch während der Zeit des Wachseins, beweisbar, zugestanden werden?

Wenn ich das zuvor Erwähnte überdenke, kann ich dann noch von Schlaf reden, von etwas, was sich nicht erleben und deshalb auch nicht aus der Erfahrung heraus bestimmen oder bewerten lässt? Warum sagt Swami Omkarananda, dass er nie die Ebene der Person betritt, die, wie sich jetzt zeigt, lediglich aus der Zeit des Wachseins besteht? Wenn dies tatsächlich zutrifft, dann muss Swami Omkarananda auch im sogenannten Wachsein dort verbleiben, wo die Person ist, bevor sie im Wachsein aktiv wird, was den Schluss zulässt, dass auch die Person dieses erfahrungsfreie Existentsein selbst im Wachsein nicht verlässt, weil sie nur davon ausgehend das in die Wege leiten kann, was durch die Menschheit, begrenzt auf die Zeit des Wachseins zu einer Geschichte werden lässt, deren Beginn in grauer Vorzeit liegt und deren Ende in ihren Möglichkeit unvorstellbar bleibt, weil die Menschheit sich auf eine Auswertung des Gesetzmässigen des Erfahrbaren berufen kann, was scheinbar unbegrenzte Gestaltungsmöglichkeiten erlaubt. Durch sie scheint die Person in die Lage versetzt zu werden, ein künstliches Leben, eine künstliche Intelligenz und einen künstlichen Menschen schaffen zu können.

 
Welche Antworten erhalte ich, wenn ich die Urbedeutung des Wortes Leben, die Urbedeutung des Wortes Intelligenz, die Urbedeutung des Wortes Mensch einfordere und zwar berechtigt, weil dort, wo etwas Künstliches, aufgrund des Originals erstellt wird, das Original als Richtlinie zu dienen hat? Wie aber die Erfahrung lehrt, ist keiner der Gelehrten in der Lage, die Urbedeutung der erwähnten Worte zu präzisieren, was das ganze Vergehen der Menschheit, als gelebte Unwissenheit beweist, was verstehbar macht, warum die Menschheit auf dem Planeten Erde nie die göttlichen Eigenschaften, durch die blosse Anwesenheit zum Ausdruck zu bringen vermag. Dass unter solchen Voraussetzungen das Schicksal der Menschheit in Händen liegt, deren Handlungsweise immer unberechenbarer wird, sollte niemanden mehr wundern. Erst eine solche Einsicht führt zur Neubewertung einer Begegnung, von der aus die Worte - alles ist Bewusstsein, alles ist Gott - eine besondere Bedeutung erhalten.

Auf was beruft sich Swami Omkarananda, dass er die Aussage zur Grundlage seines Daseins macht - alles ist Bewusstsein, alles ist Gott? Heisst dies, dass Swami Omkarananda der erwähnte Mensch ist, der nie die Ebene der Person betritt, weshalb er bewusst in dem verbleibt, was die Hl. Schrift dem Menschen zugesteht nämlich, die Bestätigung einer Wirklichkeit zu sein, die erst durch seine Anwesenheit zu einer erfahrungsfreien und dennoch nicht zu widerlegenden Wirklichkeit wird, was eine total neue Situation für die Menschheit entsteht, weil erst jetzt die Anwesenheit des todlosen Menschen, das Existentsein eines Menschen beweisbar ist, der ist, ohne erst werden zu müssen. Lerne ich jetzt das kennen, was jede Person ist, bevor sie infolge der Bewusstmachung des Erfahrbaren in Erscheinung tritt? Erhalte ich durch Swami Omkarananda die göttliche Weisheit bestätigt, ohne dass sie auf die Bedeutung kraftlosen Wissens verändert wird? Erhalte ich jetzt bestätigt, dem Menschen begegnet zu sein, der im Verhalten das offenbart, was als Bild das Ebenbild, naturgetreu und deshalb unverfälschbar in Erscheinung treten lässt, das nie getrennt vom Original als zweite Wirklichkeit dargestellt werden kann?

Die Geschichte der Menschheit ging aus der Trennung von Gott und Mensch hervor. Weil aber Gott kein Erfahrungsgegenstand ist und zwar aufgrund seiner zeitlosen Allgegenwart, Allwissenheit, Allmacht, was besagt, dass sich das Allgegenwärtige nie in seiner Absolutheit, aus der Erfahrung heraus verstehbar machen lässt, so besteht jetzt die Möglichkeit, durch die Anwesenheit des Ebenbildes, das Bild, wenn auch erfahrungsfrei kennen und verstehen zu lernen, weil es das Bild ist, das sich des Ebenbildes bedient. Das Ebenbild hat keine Eigenständigkeit, das Ebenbild weiss nicht dass es existiert. Es ist das Bild das sich durch das Ebenbild und nicht nur durch das Ebenbild offenbart sondern durch alles, was sich infolge Bewusstmachung erleben lässt. Welche Bedeutung aber hat das Erleben, wenn es aus der Urbedeutung heraus verstehbar werden soll? Die Antwort erhalte ich wiederum durch Swami Omkarananda und zwar durch folgende Aussage - der Gedanke, d.h. das Erleben kann überschritten und das Denken verlassen werden, ohne auf die Bestätigung, dass man ist, verzichten zu müssen. Wie also bestätigt Swami Omkarananda die Wirklichkeit, die ist, ohne erst werden zu müssen oder gar zu können?

 
Wie erwähnt, verbleibt Swami Omkarananda im erfahrungsfreien Existentsein, was er durch folgende Gleichstellung verstehbar macht - Existenz und Tiefschlaf sind dieselbe, erfahrungsfreie Wirklichkeit. Was daraus resultiert ist das Verhalten Swami Omkaranandas, das er durch die Worte erwähnt - ich unterscheide zwischen Tiefschlaf und Wachsein nicht. Was aber bleibt dann? Was bleibt ist bestätigte, geistige Einheit, was bleibt ist todloses Leben, ist göttliche Liebe, göttlicher Friede, ist göttliche Freude, göttliche Fülle, ist göttliches Licht, ist göttliche Glückseligkeit, was besagt, dass die göttliche Weisheit dann zu wirkungslosem Wissen wird, wenn die göttlichen Eigenschaften zu Worten werden, deren Ursache Erfahrungen sind, die es jedoch nur im Wachsein gibt. Und weil Swami Omkarananda, nach seinen eigenen Worten das Wachsein nie wie die Person betritt, sondern es bei der Bestätigung der geistigen Wirklichkeit bleibt, so kann das, was Swami Omkarananda durch die Worte ausspricht - alles ist Bewusstsein, alles ist Gott - nie zu einer Erfahrungswelt werden, wie die ausgewiesene. In ihr ist die Gestaltung des Alltags, nach den Worten Swami Omkaranandas von viel Leid und Elend, von viel Kummer und Sorgen, durchmischt mit ein wenig Freude zum Sinn das Daseins geworden, was verstehbar macht, dass unter solchen Voraussetzungen sich die göttlichen Eigenschaften nie entfalten werden.

Warum hält Swami Omkarananda der Person immer wieder den Spiegel für eine Selbstbetrachtung vor Augen, in welchem das Gemüt als die Kraft und Macht wirksam ist, die zum beherrschenden Faktor der Person wird? Heisst dies, dass der Mensch kein Gemüt hat? Sicher nicht, denn das Gemüt ist ein Sammelsurium all jener Gedanken, deren Bewertung ihr selbst entstammt, was besagt, dass sich die Person solange an ihre Wünsche, an ihre Leidenschaften, an ihre Vorstellungen binden wird, bis sie im Verhalten Swami Omkaranandas das entdeckt, was ihn sagen lässt - ich unterscheide zwischen Tiefschlaf und Wachsein nicht.

Der Wechsel von der gelebten Körperbezugnahme hin zur Verehrung einer Wirklichkeit, die sich selbst durch das erfahrungsfreie Existentsein als das todlose Leben offenbart, diese Wirklichkeit ist es, von der aus jede Person ihre Erfahrungen macht und ihre Handlungen ausführt, bis sie in der Bestätigung, dass dem so ist, verbleibt, was am Platz der sterblichen Person, aufgrund der eintretenden Entpersonifizierung den todlosen Menschen erscheinen lässt, weshalb erst dann begriffen ist, warum Mensch und Person die Bestätigung derselben Wirklichkeit sind, jedoch mit dem Unterschied - der Mensch weiss erfahrungsfrei darüber, im Gegensatz zur Person, die sich solange von ihrem Gemüt versklaven lässt, bis sich die Aufforderung Swami Omkaranandas verwirklicht, die lautet - erwache hier und jetzt in das göttliche Bewusstsein und die Welt bestätigt sich als das, was sie immer war und sein wird - eine blosse Traumerfahrung. Dies verdeutlicht, warum die Person die Welt solange als das Schulungsobjekt in Anspruch nehmen wird, bis sie begreift, wer und was sie ist, ohne die bestehende Gesetzmässigkeit sich so dienstbar zu machen, dass die Vorstellung aufkommt, durch die eigenen Aktivitäten, selbst schöpferisch zu sein.