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Les chaises
- Die Stühle -
Dieser Einakter von Eugène Ionesco wurde in Paris am 22.04.1952 uraufgeführt (Théâtre Lancry) und hatte in Berlin am 22.09.1957 Erstaufführung (Tribüne). Ionesco untertitelte Les chaises mit: "tragische Farce".
Zur Geschichte:
Das Stück dreht sich um zwei alte Leute ("le Vieux" und "la Vieille" genannt, 95 und 94 Jahre alt), die in einem Haus umgeben von Wasser wohnen, abgeschnitten von der Welt. Der alte Hausmeister und seine Frau Sémiramis haben, wie sie selbst sagen, nichts mehr vom Leben zu erwarten. Sie leben in innigem Einverständnis und ihre Beziehung ist wie die zwischen Mutter und Sohn. Die beiden nennen sich bei kindlichen Kosenamen. Der "Alte" gleicht einem zugleich beängstigten und überheblichen Kind, das dem Schutze und der Bestätigung der Mutter bedarf. Die "Alte" gibt ihm diese Bestätigung in Form von Ausdrücken der Bewunderung und in dem Glauben daran, daß er im Leben etwas "Höheres" hätte werden können, wenn er gewollt hätte: ein "Chefpräsident", ein "Chefmarschall" oder gar "Chefkönig". Seit langer Zeit hat der Alte an einer Botschaft für die Menschheit gearbeitet. An diesem Abend will er die Botschaft nun durch einen Redner, den er bestellt hat, vor geladenen Gästen übermitteln lassen, weil er sich selbst nicht so gut ausdrücken kann. Es sollen Wächter, Bischöfe, Kupferstecher, Geiger, Abgeordnete, usw. kommen. In seiner Aufzählung nennt er sogar Gebäude, Federhalter und Chromosomen. Sie kommen einer nach dem anderen, sind aber alle unsichtbar. Die Alten begrüßen sie, holen Stühle, machen Konversation mit ihnen. Als irgendwann wieder die Klingel ertönt, da erscheint sogar der Kaiser. Überwältigt und gerührt begrüßt der Alte ihn. Im Laufe dieser gesellschaftlichen Ansammlung, die wie das Warten auf den Beginn einer Theater- oder Kinoveranstaltung wirkt, werden die beiden Hauptdarsteller immer hektischer, drehen sich, laufen schließlich im Kreis und entfernen sich, durch das Gedränge verursacht, voneinander, der eine auf die eine Seite des Raumes, der andere auf die entgegengesetzte. Sie machen zum Schluß nur noch automatenhafte Bewegungen und die Alte wiederholt letztlich nur noch echoartig die Aussagen ihres Mannes. Der Redner, auf den alle warten, kommt. Er ist eine reale Person, die sich in Rednerposition stellt, aber zunächst schweigt. Der Alte kündigt an, daß der Redner nun alles sagen wird. Sie, die Alten, könnten nun abtreten. Ihr Leben würde nun zur ruhmvollen Legende werden. Sie stürzen sich beide aus dem Fenster ins Wasser. Der Redner beginnt seine Rede, doch aus ihm kommen nur die gutturalen und heiseren Laute eines Taubstummen heraus. Er schreibt einige Schriftzeichen auf eine Tafel, auf denen nur das Wort ADIEU lesbar ist und tritt befriedigt ab. Dies ist das Ende, und der Zuschauer schaut nur noch auf das schwarze Nichts der Tür im Hintergrund der Bühne.
Dies Werk kann als Ausdruck des ewig menschlichen Verlangens nach Glück im Leben, nach Ruhm und nach Rechtfertigung der eigenen Fehler zu verstehen sein. Doch bei den beiden Personen des Stückes werden diese Wünsche größtenteils zum Traum und der Traum wird zur Realität. Auch Ionesco selbst hatte oft den Eindruck, daß die Welt oft leer ist von Begriffen und das Wirkliche unwirklich. Dieses Gefühl der Unwirklichkeit hat er versucht in seinem Stück Les chaises zu beschreiben. Außer ihrer Angst, ihrer Reue, ihrem Versagen und der Leere ihres Lebens haben seine Gestalten nichts und bauen sich im Unwirklichen eine neue Welt auf. Dies wirkt grotesk und ihr Leiden ruft nur tragischen Spott hervor.
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