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vom 06. September 2001

Blick auf Puerto Lopez

Hotel Olimpico

The Orange Guesthouse

Blick auf Quito

zusammen mit Ricardo und Marcel

der Zeitungsbericht

Tanz auf dem Äquator

alle zusammen,...

...die Moppeds, Michi und ich...

...Violeta und ich...

an der Mitte der Welt

Irgendwie steckt in den letzten Tagen der Wurm drin, es gibt nur Ärger. Nachdem ich gestern die Ni-MH-Akkus neu geladen hatte und seitdem auf einmal mysteriöserweise die Digi-Cam nicht mehr so recht funktionieren will, gibt heute Morgen aus heiterem Himmel auch noch der Haartrockner -jawohl, ich habe einen solchen dabei!- seinen Geist auf. Für heute ist es nicht weiter tragisch, der Helm macht eh jede Frisur zunichte, und wir wollen sowieso gleich weiterfahren, obwohl es nieselt. Allerdings nur ganz leicht, kaum spürbar, zumindest zunächst.
Doch entlang der Küste verdichten sich hinter der kleinen Fischerstadt Puerto Lopez die Wolken immer mehr, wir fahren durch eine undurchdringliche Nebelsuppe. Bis es für eine Weile wieder landeinwärts geht, und wir, als wir etwas höher kommen, bei blauem Himmel auf das weisse Wolkenfeld hinabblicken wie auf ein Meer aus Watte.
Die Vegetation ist nach wie vor tropisch, Palmen säumen die gut ausgebauten Strassen, auf denen wir relativ schnell vorankommen. Gegen Mittag bereits erreichen wir die Hafenstadt Manta, wo wir uns im Osten der Stadt im Hotel Las Gaviotas an der populären Playa de Tarqui einquartieren, wo frühmorgens die Fischkutter einlaufen und die erbeuteten Schwert- und Haifische zum Verkauf auslegen.

Fr., 07.09.2001
Genausowenig einladend wie das dunkle Hinterzimmer, welches man uns im Hotel zugeteilt hat, ist auch die Stadt selbst. Wir können ihr nicht sonderlich viel abgewinnen. Manta stellt zwar den zweitwichtigsten Hafen Ecuadors dar, hat aber ansonsten recht wenig zu bieten, ist vielmehr einfach nur eine hässliche Häuseransammlung um den völlig verdreckten und Brechreiz-erregend stinkigen Fluss Manta.
Auf Michis Wunsch hin frühstücken wir auf dem flachen Hoteldach, das sich derart perfekt in die schäbige Umgebung einfügt, dass es einem den Appetit verderben könnte. Nicht jedoch den von Michi, der sich hier oben besonders wohl zu fühlen scheint.
Wir wollen den ansonsten verlorenen Tag für eine intensive Internet-Session nutzen, und machen uns dazu auf den Weg ins etwas ausserhalb gelegene Einkaufszentrum, wo es ein gutes I-Cafe geben soll. In dem grossen, klimatisierten Neubau aus Glas und Marmor können sich die Augen wieder etwas erholen von dem tristen Anblick der schmuddeligen Strassen. Und hier gibt es alles, was das Herz begehrt. Oder vielmehr fast alles. Denn einen Ersatz für meinen kaputten Fön suche ich hier vergeblich. Dazu muss ich leider doch noch ins Zentrum, wo ich zum Glück schon recht schnell fündig werde.
Am Abend muss ich mal wieder alleine ausgehen, Michi hat keine Lust. Ich muss erneut über den stinkenden Fluss ins Zentrum, es ist kaum ein Mensch auf der Strasse, die Stadt ist wie ausgestorben. Es dauert eine Weile, bis ich auf ein paar wartende Taxifahrer stosse, die ich nach einem guten Tanzlokal fragen kann. Sie schicken mich 20 Häuserblöcke weiter. Das ist dann zu Fuss doch etwas arg weit, noch dazu, wo sie mir erzählen, wie gefährlich es sei, nachts alleine durch die Strassen zu laufen. Der Trick wirkt, ich lasse mich von einem von ihnen fahren, in einem Auto, das so klapprig ist, dass es diese Bezeichnung schon beinahe nicht mehr verdient. Es ist auch nicht gelb so wie die anderen Taxis, und ich frage mich, ob es wirklich so klug war, hier einzusteigen. Der Fahrer bringt mich aber tatsächlich an eine Kreuzung, wo es gleich zwei Lokale gibt, wenngleich wir vielleicht gerade mal 5 oder 6 Blöcke weiter gefahren sind. Das hätte ich allemal noch zu Fuss machen können.
Im ersten Laden, ziemlich finster, ist überhaupt nichts los. Der zweite hingegen ist schon voller und hat durchaus Atmosphäre. Auch die Musik ist erste Sahne. Hier bleibe ich. Anfänglich verspricht es auch wirklich, ein gelungener Abend zu werden. Doch schon bald ist der Salsa-Block zu Ende, die Musik wird für meinen Geschmack zunehmend schlechter, und in der Zeit, die ich nicht mehr auf der Tanzfläche sondern alleine an einem Tisch verbringe, gesellen sich auf einmal immer öfter die beiden Mädels der Bedienung zu mir. Als erstes wollen sie natürlich wissen, woher ich komme. Eine von beiden verschwindet mit meiner Antwort, und wenig später verbreitet der anheizende DJ über Mikrofon Grüsse an die Tänzerin aus Deutschland. Am Anfang finde ich das alles ja noch ganz lustig und nett. Aber ich habe fortan keine Ruhe mehr, was mich sicher alles andere als stören würde, wenn ich mit der Musik was anfangen könnte. Aber so verlasse ich gegen 2 Uhr genervt das Lokal. Der Taxifahrer, der mich zum Hotel bringt, klärt mich dann darüber auf, dass die wirklich guten Lokale noch etliche Blöcke weiter liegen. Hat mich also der erste um einen amüsanten Abend gebracht, nur weil er zu faul war, mir das wirkliche Nachtleben von Manta zu zeigen.

Sa., 08.09.2001
Es gibt keinerlei Grund, noch länger hier zu bleiben, wir wollen jetzt nach Quito.
Zunächst verfahren wir uns in der Provinzhauptstadt Portoviejo, und fahren etliche km Richtung Süden, bevor wir erkennen, dass wir auf dem Holzweg sind. Wir wenden und fahren zurück. In der Stadt erklärt sich uns dann, wie uns dieses Missgeschick passieren konnte. Es ist in der Tat nicht einfach, die richtige Ausfallstrasse zu finden. Ausgeschildert ist sie natürlich nicht, und unzählige Male halte ich an um Passanten in gewohnter Manier nach dem Weg zu fragen. Wo das sonst sehr gut funktiniert, werde ich hier nur genauso oft jedes Mal wieder woanders hingeschickt.
Schlussendlich finden wir sie doch, die richtige Strasse, und kommen nach weiteren knappen 200 km ins Zentrum von Quevedo. Welch ein Greuel. Das ist die schäbigste und heruntergekommenste Innenstadt, die ich bisher kennengelernt habe, dagegen ist Manta ja noch ein richtiges Juwel!
Aber wir müssen hier übernachten. Wie immer stellen wir die Moppeds am zentralen Platz ab, und während Michi sie bewacht, mache ich mich auf die Suche nach einer brauchbaren Herberge. Zu Fuss verstärkt sich nur noch der bisher gewonnene Eindruck. Aber das zentral gelegene Hotel zwei Strassen weiter ist unter diesen Umständen noch ganz akzeptabel, auch wenn es kein heisses Wasser gibt.
Ich drehe dennoch eine weitere Runde, und als ich danach wieder an den Platz komme, winkt Michi mich schon von weitem mit etwas verzweifeltem Gesichtsausdruck herbei. Eine Reporterin von der lokalen Zeitung La Hora wollte ihn interviewen, stiess aber aufgrund seiner immer noch äusserst spärlichen Spanischkenntnisse auf leichte Verständigungsprobleme. Ich hingegen bin solche Veranstaltungen mittlerweile ja gewohnt, und beantworte ihr gerne ihre Fragen.
Sofort hat sich um uns herum ein ganzer Menschenauflauf gebildet, manche wollen sogar ein Autogramm von uns, und ich bekomme von den Umstehenden unerwarteten, heftigen Applaus, als ich von der Aktion der Kindernothilfe berichte. Abschliessend schiesst der Pressefotograf noch ein paar Bilder von uns und wie wir auf die Moppeds steigen. Wir verabschieden uns von allen, nicht ohne nochmal nach einem vernünftigen Hotel zu fragen. Man empfiehlt uns das Hotel Olimpico, das hätte auch einen Swimming-Pool, wäre aber wohl sehr teuer. Das ist für uns nur ein Grund mehr, es uns anzusehen.
Und wieder haben wir Glück. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Geschäftsführer erlaubt uns dieser, die Nacht hier zu verbringen. Wir bekommen ein geräumiges, helles und klimatisiertes Zimmer mit Blick auf das Schwimmbecken mit olympischen Massen, das wir selbstverständlich auch nutzen dürfen. Unser Zwischenstopp in Quevedo ist somit gerettet, in diesem 4-Sterne-Haus in ruhiger Lage lässt es sich durchaus aushalten.
Am Abend finden wir in der Nachbarschaft ein günstiges Lokal zum Essen, mit Küche direkt auf der Strasse. Das allerdings entpuppt sich als ziemlicher Reinfall. Nicht nur sind die Pommes in bereits altem Fett fritiert, das gesamte Essen ist eher eklig. Dazu gibt es Kokossaft. Schmeckt wie abgestandenes Wasser. Ich lasse das meiste unangetastet wieder zurückgehen.
Praktischerweise ist dem Hotel eine Diskothek angeschlossen, sodass wir uns keine weiteren Gedanken mehr darüber machen müssen, wie wir uns die Nacht um die Ohren schlagen. Zumindest haben wir uns das so vorgestellt. Doch bereits beim Betreten schlägt uns kühle Langeweile entgegen. Würde hier richtig die Post abgehen, dann wäre die Klimaanlage, die das Lokal nahezu in einen Kühlschrank verwandelt, sicher richtig eingestellt. Aber hier vertreten sich auf der Tanzfläche nur ein paar an einer Hand abzählbare Gäste zur eintönigen Musik müde die Füsse. Wir sehen uns das eine Weile mit an, aber es ist einfach unerträglich. Da ist das TV-Programm auf unserem Zimmer allemal interessanter.

So., 09.09.2001
Aufgrund der Klimaanlage auf dem Zimmer merken wir erst später, als wir uns zum Frühstück auf die Hotelterrasse begeben, wie heiss es bereits am Morgen ist. Und spätestens nachher beim Packen breche ich, bereits in voller Montur, bei den paar Schritten vom Zimmer zum Mopped endgültig in Schweiss aus. Es wird höchste Zeit, dass wir uns fahrenderweise in Bewegung setzen, und der Fahrtwind für etwas angenehmere Temperaturen sorgt.
Vor uns liegen erneut knappe 200 km bis nach Latacunga, wo wir wieder auf die südliche Panamericana, die Vulkanstrasse, stossen werden.
Eine harte Etappe, wie sich bald herausstellen wird. Von der tropischen, schweisstreibenden Hitze führt die Strasse hinauf in die eisige Kälte. Zunächst noch asphaltiert, geht sie unvermittelt über in eine grobe Schotterpiste mit reichlich Furchen, und in unbequemen Serpentinen windet sie sich immer weiter bergan. Mittlerweile kommt zur Kälte auch noch dichtester Nebel hinzu. Um mich herum ist alles nur noch weiss, und immer wieder bin ich versucht, das Visier abzuwischen, in dem Glauben es sei völlig angelaufen. Dabei habe ich es noch nicht einmal heruntergeklappt. Ich sehe nichts mehr, kann nur noch im Schritttempo fahren, um rechtzeitig zu verhindern, vom rechten Weg abzukommen. Genauso unvermittelt wie der Strassengraben tauchen wie aus dem Nichts immer wieder Schaf- und Lamaherden vor mir auf. Ebenso wie der Gegenverkehr, der aber zum Glück meist eine Nebelleuchte an hat, in der Mitte des Fahrzeugs allerdings, was mich beim ersten Mal doch etwas irritiert. Ein Segen, dass mein Fernlicht noch funktioniert, alle anderen sollte ich vielleicht doch bei Gelegenheit mal austauschen.
Von der Landschaft ist natürlich auch rein gar nichts zu sehen. Daher ziehen wir erst gar nicht in Erwägung, bei diesem Wetter -inzwischen regnet es auch noch dazu- bei Zumarua den Abzweig zum angeblich schönsten Kratersee zu nehmen. Wir wollen nur noch so bald wie möglich ankommen. Der Temperatur nach zu schliessen müssten wir uns rein theoretisch schon wieder auf über 4.000 m befinden. Nur gut, dass es die letzten km wieder abwärts geht, und Latacunga sich in einem etwas wärmeren Tal befindet. Wie bereits die vorangegangenen Städte hat auch Latacunga nicht viel zu bieten. Darüberhinaus ist es eine äusserst konservative Stadt, und da heute Sonntag ist, hat alles geschlossen. Wir kommen zwar ganz gut unter im Hostal El Alamo, aber wir haben direkt Mühe, überhaupt noch ein Lokal zu finden, wo wir am Abend etwas zu essen bekommen. Als wir endlich fündig werden, treffen wir hier auch zwangsläufig auf sämtliche anderen Touristen, die sich sicher nur versehentlich in diesen toten Ort verirrt haben.

Mo., 10.09.2001
So langsam beginnt der ecuadorianische 'Winter', die Regenzeit. Es hat die halbe Nacht durchgeregnet, aber pünktlich zum Frühstück hellt es auf. Viel kann jetzt nicht mehr passieren, bis Quito sind es bloss noch 100 km.
Wir lassen Latacunga schon fast hinter uns, als ich am Ortsausgang eine Ampel völlig übersehe, und daher beinahe mit einem linksabbiegenden LKW aus der Gegenrichtung kollidiere. Im letzten Moment kann ich noch bremsen, und haarscharf fährt er vor mir vorbei. Glück gehabt, das hätte böse enden können. Wenigstens bin ich für solche Fälle beim Büro Dr. Walter, Reiseversicherungen, in besten Händen.
Die Strasse selbst ist nagelneu und breit ausgebaut. So kommt man schnell voran. Eigentlich führt sie auch herrlich an mehreren Vulkanen vorbei, aber die sind heute leider alle ab der Schneegrenze in Wolken verhüllt. Wir können ihre mächtigen Ausmasse allenfalls erahnen.
An der Tankstelle 40 km vor Quito stellt Michi fest, dass mein Hinterreifen keine Luft mehr hat. Nur gut, dass wir bald da sind, wenn es bisher so gegangen ist, dann komme ich jetzt damit auch noch bis in die Stadt. Und dort will ich ihn eh gegen einen neuen tauschen. Zwar hat er noch etwas mehr Profil als der von Michi, aber bis Mexiko komme ich damit nicht mehr.
Recht unproblematisch arbeiten wir uns durch das langgestreckte Quito bis ins Zentrum der Neustadt vor. Hier befinden wir uns mitten im Gringo-Viertel, um uns herum wimmelt es nur so von Hostals, Restaurants, Internet-Cafes, Bars und Diskotheken.
Nicht ganz einfach, bei der reichen Auswahl das richtige Hostal zu finden. Aber das Orange Guest House (s. Link), das ich mehr oder weniger zufällig entdecke und wo Wolfgang sich um alles kümmert, ist uns auf Anhieb sympathisch. Seine gemütlichen Zimmer sind wie geschaffen, um für die nächsten Tage unser Zuhause zu werden.
Nachdem wir uns häuslich niedergelassen haben, stürzen wir uns gleich in den Rummel. Und kaum sitzen wir auf einer zum Glück überdachten Terrasse bei einer leckeren Crepe, da beginnt es auch schon erneut zu regnen, begleitet von tosendem Donner. Obwohl das Gewitter recht bald vorbei ist, und wir uns nach dem Imbiss schon wieder auf die Strassen wagen können, stehen diese bereits richtig unter Wasser. Da es aber nicht wirklich kalt ist, sind sie auch schnell wieder trocken.

Di., 11.09.2001
Erster Programmpunkt heute: ich will Ricardo anrufen. Persönlich kenne ich ihn noch nicht, schon vor der Abreise hatte ich aber seine Homepage im Internet (s. Link) entdeckt, und seither haben wir Kontakt per E-mail. Der hatte sich in letzter Zeit verstärkt, weil Ricardo selber auch mit dem Motorrad unterwegs war, und uns im Grunde seit Mendoza gefolgt war. Aber erst in seiner Heimat Ecuador hat er uns überholt, und erwartet uns nun hier in Quito.
Michi ist fast noch neugieriger als ich, denn er hat sich vor 2,5 Monaten aus Deutschland ein Dokument an Ricardos Adresse schicken lassen. Darinnen befindet sich, -was könnt es anderes sein-, eine neue Düse! Nun brennt Michi natürlich darauf, zu erfahren, ob die Sendung angekommen ist.
Ich erwische Ricardo gerade noch, bevor er für 2 Tage die Stadt verlässt. Daher verabreden wir uns für Donnerstag. Von Michis Brief weiss er nichts, der ist nirgends aufgetaucht. Allerdings war auch die Adresse, die ich hatte, schon veraltet, dort wohnt lediglich noch Ricardos Ex-Frau. Aber auch die hat nichts erhalten.
Daher suchen wir gleich anschliessend das nächste DHL-Büro auf, um mittels der Paketnummer zu erfahren, wo es denn abgeblieben sein könnte. Das Gebäude ist besser gesichert als jede Bank. Nachdem wir durch die erste Tür kommen, müssen wir erst eine Minute warten, bevor wir grünes Licht bekommen, um durch die zweite Tür ins eigentliche Büro treten zu können.
Als das Fräulein hinter der Theke unter der Nummer nichts findet, will sie uns erzählen, dass Sendungen, die nicht ausgeliefert werden können, zurück in die Absenderfiliale gehen, und dort vernichtet werden, wenn sie nicht binnen einer bestimmten Zeit, die mittlerweile natürlich längst überschritten ist, reklamiert werden. Sie frägt aber telefonisch noch bei einer Kollegin nach, und am Ende stellt sich heraus, dass der Brief am 3. Juli an eine Person namens Robles ausgehändigt wurde.
Ich bin zwar der Meinung, dass es durchaus reichen würde, wenn ich Ricardo das am Donnerstag erzähle, aber manchmal kann Michi einem schon echt auf den Keks gehen, er besteht darauf, Ricardo gleich nochmal anzurufen. Damit die liebe Seele also ihren Frieden findet, hinterlasse ich Ricardo genervt eine Nachricht auf Band, denn inzwischen ist er natürlich nicht mehr zu erreichen.
Somit wäre endlich das Pflichtprogramm erfüllt, wir können zum gemütlichen Teil übergehen. Wir steigen in den Trole, ein Oberleitungsbus, der die ganze Stadt von Norden nach Süden durchquert, und dafür oft eine eigene Spur für sich beansprucht, wofür er nicht nur zur Rush-Hour schneller ist als jedes andere Verkehrsmittel. Uns bringt er jetzt auf kürzestem Weg in die Altstadt. Diese beeindruckt uns allerdings nicht sonderlich, sie wirkt einfach nur wie jede andere Stadt auch. Oder sind wir einfach nur schon so abgestumpft, weil wir bereits soviel gesehen haben?
Schnell haben wir genug von den engen Strassen mit ihren aus den Nähten platzenden Verkehr, und fahren wieder zurück in unser angenehmeres und ruhigeres Neustadtviertel, wo wir im selben Restaurant von gestern zu Mittag essen. Und prompt beginnt es wie bestellt wieder zu schütten.
Während Michi sich danach schon wieder ins I-Cafe setzt, -seit neustem aktualisiert er selber den 'TT-Testbericht' auf Helmuts Seite (s. Link) und arbeitet wie besessen-, hole ich nur noch meine Wäsche ab, die ich am Morgen weggebracht hatte. Den Rest des Tages lasse ich gemütlich in unserem kuscheligen Zimmer ausklingen.

Mi., 12.09.2001
Durch das kleine Dachfenster lacht uns in der Früh strahlend blauer Himmel entgegen. Das herrliche Wetter wollen wir zu einem kleinen Ausflug nutzen. Doch leider muss ich feststellen, dass meine Sonnenbrille weg ist, auch nachdem ich das ganze Zimmer auf den Kopf gestellt hab. So ein Mist, schliesslich ist es nicht einfach irgendeine Sonnenbrille, die Gläser sind auf meine Sehschärfe bzw. vielmehr -unschärfe abgestimmt, und sie ist mir besonders beim Moppedfahren schon sehr nützlich. In Gedanken gehe ich den gestrigen Tag nochmal durch und überlege, wo ich sie vielleicht liegengelassen habe. Aber das muss warten, denn inzwischen ziehen schon wieder die ersten Wolken auf.
Eilig schwingen wir uns beide auf Michis Mopped, -Violeta hat ja immer noch den Plattfuss-, und wollen zum Aussichtspunkt über die ganze Stadt auf den Panecillo (das Brötchen), den Hügel mit dem Wahrzeichen von Quito, der blechernen Jungfrau.
Erst nach dieser Ausfahrt durch das Wirrwarr von Einbahnstrassen klappere ich dann alles ab, wo ich gestern gewesen bin, und frage nach der Brille: im Telefonzentrum, bei DHL, in der Wäscherei, im I-Cafe. Vergeblich. Nirgends ist sie gefunden worden, ich muss mich wohl damit abfinden, dass sie weg ist. Früher oder später musste es eh so kommen.
Es wird schon fast zur Gewohnheit, der Hunger treibt uns am Nachmittag wieder in unser Lieblingslokal. Und ich hab noch nicht mal die Bestellung aufgegeben, als mich das bedienende Mädel schon anspricht, ob ich nicht gestern meine Sonnenbrille hier vergessen hätte. Sie hat sie nämlich für mich aufgehoben. Kaum zu glauben, sie ist wieder da!! Das muss unbedingt gefeiert werden!
In der nächsten Strasse befindet sich das Mayo 68, angeblich eines der besten Salsa-Lokale der Stadt, das wollen wir uns ansehen. Und entgegen Wolfgangs Aussage, Nachtleben gäbe es in Quito erst ab Donnerstag, ist das Lokal am frühen Abend bereits rappelvoll mit fröhlichen Menschen, die begeistert zur mitreissenden Musik tanzen oder auch nur mitsingen, -pfeifen, -trommeln. Eine Super-Stimmung, bei der man einfach nicht stillsitzen bleiben kann!
Da natürlich wie immer zunächst alle annehmen, dass Michi mein Freund oder gar mein Mann ist, dauert es jedoch eine ganze Weile, bis der erste entdeckt, dass das wohl nicht so eng zu sehen ist, und mich zum Tanz auffordert. Nun trauen sich auch andere her, bloss der beste Tänzer im Lokal, den ich nur zu gerne auch mal ausprobieren würde, hat überhaupt kein Auge für mich.
Erst ziemlich spät, mittlerweile hab ich ihn längst abgeschrieben, kommt er dann doch noch zu mir her. Und wir kommen auf Anhieb ganz gut miteinander zurecht, nur ist es halt leider schon zu spät, es wird 1.00, Schluss für heute. Schade, schade, schade, denn für mich würde der Abend jetzt erst richtig losgehen! Aber heute ist nicht alle Tage, und wir verabreden uns für Freitag, keine Frage.

Do., 13.09.2001
Ein recht fauler Tag, wir haben nicht viel vor ausser mal wieder Internet. Das muss schliesslich genutzt werden, denn hier in Quito ist es bei weitem am billigsten.
Wie besprochen rufe ich am Nachmittag Ricardo an, der jetzt wieder da sein müsste. Wir verabreden uns zum Essen am Abend, und er will noch einen Schweizer mitbringen, der sich seit einem Jahr auf etwa derselben Strecke rumtreibt wie wir, den er vor ein paar Wochen in Coroico getroffen hat und der nun seit gestern auch in Quito ist. Hört sich gut an.
Und wirklich, wir verbringen einen netten Abend zu viert, bei dem auch nicht ausschliesslich über Motorräder und ihre Technik gelabert wird. Ricardo erzählt, dass er, kurz nachdem wir am Dienstag das erste Mal miteinander telefoniert haben, sich aus Langeweile ausnahmsweise die Zeitung Expreso kaufte, und ihm dann die übergrossen, bunten Fotos zu dem fast über eine ganze Seite gehenden Artikel über uns ins Auge stachen. Wow, ist ja heiss!! Schade nur, dass er die Zeitung nicht aufgehoben hat. Aber er meint, wir könnten sie durchaus noch kaufen, ganz in unserer Nähe wäre das Büro.
Als er erfährt, dass wir unbedingt neue Reifen brauchen, bietet er uns auch noch sofort an, uns morgen zum Reifenhändler zu begleiten. Und damit nicht genug. Er hat ausserdem Michis Brief dabei, der tatsächlich aufgetaucht ist, seltsamerweise allerdings an einer ganz anderen Adresse als der angegebenen. Wie auch immer, Michi ist überglücklich, dass er schliesslich doch noch seine langersehnte Düse bekommt, und ich bin heilfroh, dass dieses Thema endlich ein Ende findet. Auch das muss also gefeiert werden!
Ricardo und Marcel verabschieden sich aber schon bald, sodass Michi und ich wieder alleine ausgehen müssen. Wir wählen heute eine andere Diskothek, in der mich die Leute und die Musik hier nur langweilen, während diesmal offensichtlich Michi auf seine Kosten kommt und richtig abtanzen kann. Doch selbst er hat um Mitternacht bereits genug.

Fr., 14.09.2001
Für latinische Verhältnisse direkt pünktlich erscheinen Ricardo und Marcel, um mit uns shoppen zu gehen, auch wenn ich persönlich mir darunter doch ein bisschen was anderes vorstellen würde. Aber es muss nunmal sein.
Im Laden ist die Entscheidung für die passenden Reifen schnell gefallen, jetzt müssen sie nur noch montiert werden. Gleichzeitig, wenn das Rad schon ausgebaut ist, sollen auch die kaputten Speichen durch die neuen ersetzt werden. Diese sind aber wie befürchtet etwas zu lang, und müssen abgesägt werden.
Und wie immer, wenn man mit was anfängt, geht es erst richtig los und es kommt eins zum anderen. Es stellt sich heraus, dass auch die hinteren Radlager ersetzt werden müssen. Ricardo bietet mir den Soziusplatz seiner Dominator an, und zusammen machen wir uns auf die Suche nach den neuen Lagern.
Eigentlich langt es mir danach schon wieder, genug geschraubt für heute. Aber nein, zu allem Überfluss ist auch noch die Mutter der Radachse im Arsch. Eine neue ist zwar schnell gefunden, aber die lässt sich nicht auf das bereits beschädigte Gewinde der Achse drehen. Mittlerweile ist Mittagspause, und Ricardo zeigt mir noch, wo ich das nachher richten lassen kann. Dann verabreden wir uns nur noch für heute Abend, und das war's, vorläufig. Auch ich brauch jetzt ne Siesta.
Rechtzeitig vor Feierabend schaffe ich es nur noch, die Zeitung vom Dienstag zu kaufen. Bisher dachte ich ja, Ricardo hätte bei seiner Schilderung etwas übertrieben, aber nein, Wahnsinn, der Bericht ist wirklich fast eine gesamte Seite gross!! Die Fotos sind allerdings nicht sehr gut getroffen, gelinde gesagt. Die machen mich mit Sicherheit nicht berühmt. Was soll's, wichtig ist eigentlich sowieso nur die Message, und mal von ein paar kleinen, falsch dargestellten Details abgesehen, hat der Reporter die ziemlich gut rübergebracht.
Mit dem Abendessen müssen wir uns fast schon beeilen, um rechtzeitig zur ausgemachten Zeit, ca. 22.00, im Mayo 68 alle anderen zu treffen. Wir sind allerdings die ersten, ausser dem DJ seh ich keinerlei bekanntes Gesicht. Stattdessen ist das Fernsehen da und ist am Filmen. Auf einmal kommt das Team auf uns zu. Während Michi sich schnell an einen Tischverzieht, werde ich kurz dazu interviewt, wie mir das Nachtleben von Quito und seine Latinos gefallen. Ob ich aber auch damit tatsächlich irgendwann im Fernsehen erscheine, werde ich wohl nie erfahren.
Wenig später taucht als erstes Braulio auf. Schön, ist er also doch gekommen, ich hatte eigentlich nicht wirklich damit gerechnet. Wenig später tauchen auch Marcel und Yvette auf, nur Ricardo erscheint nicht.
Es wird trotzdem ein netter Abend, ich tanze fast ununterbrochen mit Braulio, mal abgesehen von den Auszeiten, die ich mir erbitte, um bei für Anfänger geeigneten Melodien etwas mit Michi zu üben. Um 1.00 reicht es ihm jedoch schon, ich hingegen bleibe noch, der Abend ist einfach zu gut, um jetzt schon abgebrochen zu werden. Viel länger geht er aber leider eh nicht, um 2.00 ist schon wieder Schluss, und Braulio begleitet mich noch bis zum Haustor, weit ist es ja nicht. Im Gegensatz zu seinem Zuhause, welches etwa 20 Autominuten ausserhalb liegt. Er bittet mich daher um $ 3,- für ein Taxi. Morgen will er sie mir zurückgeben. Da bin ich ja mal gespannt, ob ich ihn und das Geld wirklich nochmal wiedersehe.
Ich liege noch lange wach, denn zu sehr schmerzen mir die Füsse.

Sa., 15.09.2001
Mit Marcel und Yvette wollen wir um 11 Uhr zur Mitte der Welt fahren. Aber erst muss ich das Gewinde noch richten lassen. Ich fahr also schon vorher zur Werkstatt. Je nachdem, wielange es dauert, fahr ich entweder zu unserem Hostal zurück oder ich warte dort, dass die anderen vorbeikommen.
Weil er das eigentlich dazu nötige Werkzeug verliehen hat, rückt der Mechaniker dem Problem mit einer Feile zuleibe. So dauert es doch eine ganze Weile, bis Violetas Hinterrad wieder sicher aufgehängt ist. Wenig später biegen Michi und Marcel um die Ecke, und wir fahren gleich los.
Um das Monumento de la Mitad del Mundo (Monument der Mitte der Welt) wurde ein ganzes Dorf errichtet, durch das die Äquatorlinie verläuft. Sie teilt das Monument, den Hauptplatz und die Kirche in eine Nord- und eine Südhälfte. Wir erhalten die Erlaubnis, mit den Moppeds bis hin zum Monument zu fahren und schiessen die obligaten Fotos.
Später taucht auf die Minute pünktlich um 18.00 Braulio am Hostal auf. Er begleitet mich ins I-Cafe, und anschliessend gesellen wir uns zu Michi, Marcel und Yvette, die bereits beim Essen sitzen.
Ausser Michi, der etwas verstört scheint, wollen wir uns danach alle im Mayo 68 treffen. Unterwegs müssen Marcel und Yvette es sich jedoch anders überlegt haben, denn sie sind nicht da, als Braulio und ich dort eintreffen. Stattdessen steht auf einmal Eddy vor mir, den ich in Cuenca kennengelernt hatte. Ausgerechnet!! Das kann ja heiter werden.
Während ich wieder überwiegend mit Braulio tanze, wirft Eddy mir böse Blicke zu. Doch bevor er geht, verabschiedet er sich von mir und meint, er würde mir schreiben.
Wenig später begleitet mich Braulio wieder nach Hause, und wir verabschieden uns voneinander, denn morgen Früh soll die Reise weitergehen.

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