Bereits um 8.30 stehe ich startklar mit Violeta vor Simóns Lokal, wo ich nur noch rasch frühstücken will. So schnell komme ich aber natürlich doch nicht weg, der Abschied -nicht nur von Simón- fällt nicht ganz leicht.
Nachdem ich mich endlich doch losreissen konnte, läuft alles einwandfrei. Ich kann nur lediglich keinen Unterschied feststellen zu vorher, bevor ich in diesen Tagen versucht hatte, den Kettenspanner etwas anzuziehen. Keine Ahnung, ob ich das richtig gemacht habe, oder ihn fest genug gespannt hab. Was soll's, so lang ich so gut vorankomme. Mit einem Schnitt von 74 km/h bin ich um 12.30 bereits in Sto. Domingo. Wenn ich beim bevorstehenden Aufstieg einen Schnitt von 50 km/h halten kann, kann ich gegen 15.30 bereits in Quito sein.
Doch es kommt ganz anders. Nach weiteren 50 km höre ich plötzlich wieder ein fremdartiges Geräusch, das ziemlich eindeutig von der Steuerkette herrührt. So ein Mist! Violeta fährt zwar noch, aber das klingt überhaupt nicht gut, damit traue ich mich eigentlich nicht, noch weiterzufahren.
Bloss, was kann ich gross machen hier? Hmmm,...ich kann allenfalls versuchen, an Ort und Stelle den Kettenspanner noch etwas fester zu ziehen, vielleicht hilft das ja, um wenigstens die noch fehlenden, läppischen 100 km bis Quito zu schaffen. Also lade ich an der Strasse den Rucksack ab und packe mein Werkzeug aus.
Die Schraube vom Spanner lässt sich jedoch widerstandslos immer weiter drehen und drehen, ich habe den Eindruck, dass sich da überhaupt nichts tut. Seltsam. Spricht allerdings dafür, dass da tatsächlich was nicht in Ordnung ist.
Na gut, dann muss es halt so gehen, mir bleibt eh nichts anderes übrig, und ich fahre vorsichtig weiter. Aber dieses schreckliche Geräusch, das klingt überhaupt nicht gesund!!
Schon nach wenigen 100 m komme ich an ein Strassenrestaurant, vor dem ein weiteres Mopped steht. Vielleicht kann ich ja den Besitzer fragen, was er von der Sache hält. Nur, der ist leider nicht da. Allerdings jetzt, ohne den Helm auf dem Kopf, klingt das Gerassel noch viel übler. Das kann einfach nicht lange gutgehen, und ich beschliesse, nichts weiter zu riskieren. Hier stehe ich ganz gut, um einen Laster oder einen Pick-Up anzuhalten, und es herrscht recht reger Verkehr.
Die meisten halten auch auf mein Winken hin an, bloss keiner kann mich mitnehmen, entweder weil sie schon voll beladen sind oder weil sie gar nicht bis Quito fahren. Erst nach einer ganzen Weile kann ich einen Fahrer, der es eigentlich eilig hat, zur Hilfe überreden. Nur ist er leider ohne Begleiter unterwegs, und auch schon etwas älter. Wir beide allein sind nicht in der Lage, Violeta auf die Ladefläche zu hieven, auch sonst ist niemand in der Nähe, und so muss ich ihn doch wieder abziehen lassen.
Eine gute halbe Stunde ist vergangen, als ein Pick-Up hält, und mich der junge Fahrer freundlich frägt, womit er mir helfen könne. Und zum Glück macht auch gerade ein voller Bus hier Pause, sodass sich leicht ein paar helfende Hände finden und Violeta schnell auf der Ladefläche verstaut ist. Der Fahrer hat sogar ein paar Seile dabei, um Violeta richtig abzusichern. Fein, nun kann nichts mehr passieren!
Erst bedaure ich noch, die Strecke diesmal bei dem heutigen schönen Wetter nicht selber fahren zu können. Doch es dauert nicht lange, bis wir wieder in der bereits bekannten Nebelsuppe und im Regen stecken. Da bin ich dann doch froh, schön warm und im Trockenen zu sitzen. Der Nebel ist so dicht, dass es auch schnell zu einem heftigen Unfall kommt. Wie es aussieht, ist einer beim Überholen frontal mit dem ihm entgegenkommenden LKW zusammengestossen. Beide Fahrzeuge sehen ziemlich übel aus. Auf dem Mopped wäre ich zwar leicht an dem entstandenen Stau vorbeigekommen, aber so dauert es halt eine Weile, bis wir weiterkommen.
In Quito sind nur die Strassen noch etwas nass, ansonsten herrscht bereits wieder gutes Wetter. In der Hoffnung, im Swissotel, dem ehemaligen Oro Verde, bleiben zu können, lasse ich mich dort von Angel absetzen. Erst ruft er aber noch seinen Schwager an, der früher Enduro gefahren ist, um sich bei ihm nach einer guten Werkstatt zu erkundigen.
Ich überlasse Violeta mitsamt Gepäck dem Wächter und suche die Geschäftsleitung auf. Hier ist jedoch leider nichts auszurichten. Kaum zu glauben, aber sie sehen sich nicht einmal in der Lage, mir mit einem vorübergehenden Stellplatz für Violeta auszuhelfen!
Lediglich der einfache Wächter auf der Strasse hat Verständnis für meine Lage. Er wird noch weitere 2 Stunden hier stehen, und will ein Auge auf Violeta haben, während ich mich zu Fuss auf den Weg mache, uns eine Bleibe zu suchen.
Arg erfolgreich bin ich allerdings nicht. Am Ende quartiere ich mich im Rincón de Belgica ein, ein einfaches Hostal, in dem der belgische Betreiber uns schon bei der ersten Ankunft ein Zimmer angeboten hatte, das wir schliesslich aufgrund der besseren Option doch nicht in Anspruch genommen hatten. Da er jetzt momentan selber nicht da ist, hoffe ich, dass er es mir nicht nachtragen wird, beim letzten Mal ohne jeden Bescheid nicht wiedergekehrt zu sein, und dass er nach wie vor mit der Abmachung einverstanden sein wird. Andernfalls muss ich halt ganz normal bezahlen, denn ich hab keine Lust mehr, heute noch weiterzusuchen. Ausserdem muss ich auch Violeta gleich abholen, bevor sie unbewacht an der Strasse stehenbleibt.
Zum Glück brauche ich nicht weit mit ihr zu fahren, es sind nur ein paar 100 m. Doch genau die sind zuviel gewesen. Auf halber Strecke rasselt sie noch einmal kurz auf, dann geht der Motor endgültig aus. Das letzte Stück muss ich schieben, und schweissgebadet komme ich mit Violeta am Hostal an, wo sie noch über die Bordsteinkante und durch das schmale Gartentor muss. Letzteres ist nun wiederum für mich zuviel, alleine schaffe ich es nicht mehr. Einer der beiden Gäste im Garten eilt zu Hilfe, verwickelt mich dabei gleich in ein Gespräch und lädt mich an Ort und Stelle auf eine Limo ein. Er lässt mir nicht einmal Zeit zum Umziehen und Gepäck abladen.
Die längste Zeit sitze ich bei den beiden am Tisch, und komme nicht weg, obwohl ich wie auf heissen Kohlen sitze. Ich will aus meiner Montur raus und duschen, und ich muss telefonieren.
Endlich, Stunden später kann ich mich loseisen und kann Ricardo anrufen. Er empfiehlt mir dieselbe Werkstatt wie Angels Schwager, die noch dazu einem Freund von ihm gehört. Er will ihn gleich morgen früh anrufen, damit man Violeta abholen kommt. Das ist ja schon mal was, damit kann ich mich endlich beruhigt schlafen legen. Denn das reicht mir für heute, mehr brauche ich wirklich nicht mehr.
Di., 25.09.2001
Pünktlich um 9.30 ruft mich Ricardo zurück. Er hat inzwischen bereits mit seinem Freund Diego gesprochen. Der wird mich gleich abholen kommen. Mal schauen, wielange ich jetzt wirlich warten muss.
Erstaunlich, es dauert nicht einmal eine halbe Stunde, da fährt der Pick-Up vor, und über die professionelle Rampe ist Violeta schnell aufgeladen. Auch in der Werkstatt wird keinerlei Zeit verloren, Diego gibt gleich die Order, sie zu waschen und auseinanderzunehmen.
Nachdem Violeta nun versorgt und in guten Händen ist, mache ich mich in der Zwischenzeit auf die Suche nach einem I-Cafe. Allerdings nur, um dabei festzustellen, dass sich doch wirklich alles gegen mich und meine Pläne verschworen zu haben scheint, und die Bad-News-Periode weiterhin anhält. Mein Bruder Adrien hat geschrieben, und berichtet vor allem, dass es meinem schwerkranken Vater wieder erheblich schlechter geht. Ob es wohl doch an der Zeit ist, die Reise für eine Weile zu unterbrechen?
Auch in der Werkstatt hat man alles andere als gute Nachrichten für mich. Die Kette ist zwar lose, weil der Spanner nun überhaupt nicht mehr dient, aber sie war nicht der eigentliche Grund des Übels. Vielmehr ist erneut der bereits einmal geschweisste Kipphebel gebrochen. Und wieder die Nockenwelle. Doch schlimmer noch, nicht nur eine, sondern sowohl die Einlass- als auch die Auslassnockenwelle müssen beide ausgetauscht werden, ebenso beide Kipphebel. Na servus!! Mal abgesehen davon, was der Spass schon wieder kosten wird, besteht die nächste Hürde erstmal darin, die Teile überhaupt aufzutreiben. Es gab zwar ne Kawa-Vertretung in Quito, aber die hat unlängst dicht gemacht. Dennoch, wieder handelt es sich um einen Freund von Diego, und er wird ihn anrufen. Die Aussicht, dass der was vorrätig hat, ist aber natürlich verschwindend gering. Dann müsste alles auswärts besorgt werden.
Während sich also Diego mit seinem Freund in Verbindung setzen will, schicke ich ein Mail nach Chile und nach Deutschland. Denn ich will keine Möglichkeit ungeachtet lassen, und irgendwo muss es diese Teile doch geben!
Nachmittags telefoniere ich mit Zuhause, um vorzuschlagen, eine Zeitlang nach Deutschland zu fliegen. Doch meine Mutter meint, dass es derzeit ein eher schlechter Zeitpunkt wäre. Auch ok, dann halt nicht. Umso besser, somit scheidet diese Option schon gleich automatisch aus, und ich brauche mir weiter keine Gedanken darüber zu machen.
Mi., 26.09.2001
Ein ruhiger Tag, an dem ich mich überwiegend um Kleinigkeiten kümmere. Ich besorge mir am Markt in der Altstadt einen neuen Rucksack und eine neue Uhr. Das Angebot ist allerdings eher bescheiden, aber Hauptsache, das Zeug erfüllt seinen Zweck. Anschliessend schicke ich noch den Polizeibericht über den Diebstahl an die Versicherung, und ich brauche noch diverse Fotokopien.
Genervt und erschlagen von der Lauferei verbringe ich den restlichen Nachmittag im Bett. Kopfschmerzen verhindern beinahe, dass ich am Abend noch ausgehe. Aber schliesslich raffe ich mich doch noch auf, gehe erst essen, und gegen 22.00 ins Mayo 68, inzwischen fast mein Stammlokal in Quito.
Es ist aber noch zu früh am Abend, und ich sitze etwas gelangweilt herum, als auf einmal ein Kolumbianer hereinstürmt, und sich noch nicht einmal ausgezogen hat, als er mich bereits zum Tanzen auffordert. Seitdem weicht Francisco nicht mehr von meiner Seite, wir verbringen den ganzen Abend zusammen und feiern in meinen Geburtstag hinein. Wir bleiben bis zum Schluss und ich lasse mich gerne von ihm noch zum Hostal begleiten, wo wir noch ewig draussen auf der Treppe sitzen. Schliesslich verabreden wir uns für morgen um 14.00 im Papaya-Net an der Ecke.
Do., 27.09.2001
Es ist gerade mal 8.00 morgens, als ein Klopfen an der Zimmertür mich aus dem Schlaf reisst. Es ist Francisco, der mit seiner angenehmen Stimme um Einlass bittet, und mir erneut zum Geburtstag gratulieren will. Welch eine Überraschung!
Nun bin auch ich richtig wach, wir verbleiben bei der Verabredung vom Nachmittag. Davor gehen wir getrennt unseren Pflichten nach. Ich muss mich vor allen Dingen um eine neue bleibe für die kommenden Tage kümmern.
Das ist diesmal zum Glück schnell erledigt, im Hotel Don Jorge an der nächsten Ecke kann ich gleich einziehen und bis Sonntag bleiben. Umziehen werde ich allerdings erst später, Francisco kann mir dann mit dem ganzen Gepäck helfen, damit ich nicht so oft hin- und herlaufen muss.
Diego ist leider erst am Nachmittag in der Werkstatt zu erreichen. Soll mir recht sein, mir bleibt eh nur noch kurz Zeit, um schnell meine Mails zu checken.
Unter anderem gratuliert mein Bruder Rainier. Dazu schreibt er, dass meine Mutter ihre Bedenken hinsichtlich einer Reiseunterbrechung verworfen hat und doch eigentlich ganz froh wäre, wenn ich käme. Also werde ich mich als nächstes mal nach den Flugverbindungen erkundigen müssen.
Allerdings erst morgen, denn heute will ich einfach nur den restlichen Tag an Franciscos Seite geniessen, und wir verbringen den ganzen Nachmittag und den Abend gemeinsam.
Nach dem grossen Regen, dessen Ende wir gemütlich auf der überdachten Terrasse eines Cafes abwarten, begleitet er mich ins neue Hotel und zum Telefonieren. Da Diego allerdings immer noch nicht da ist, werde ich am besten morgen dorthin in die Werkstatt fahren, um mich persönlich mit ihm zu unterhalten.
Fr., 28.09.2001
Nein, Francisco hat nicht bei mir übernachtet. Aber bereits eine Stunde vor der vereinbarten Zeit steht er bereits wieder vor der Tür, um mich zu wecken. Er will mich auch in die Werkstatt begleiten, um Violeta kennenzulernen.
Hier treffe ich nun endlich Diego wieder, der mir aber lediglich berichtet, was mir eh schon klar war, dass es die benötigten Teile hier nicht gibt. Da er sonst noch nichts unternommen hat, verbleiben wir, dass er jetzt in den Staaten nachfragen wird. Mit einer Antwort ist aber wohl vor Dienstag kaum zu rechnen. Klasse!! Und all die wertvollen letzten Tage sind tatenlos verstrichen. Aber nein, ich werde mich nicht darüber aufregen, viel lieber geniesse ich stattdessen Franciscos Nähe.
Zusammen klappern wir die Reisebüros ab auf der Suche nach einem günstigen Ticket für kommende Woche. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass ich froh sein kann, wenn ich so kurzfristig überhaupt noch einen Flug bekommen kann, und das ist dann alles andere als günstig. Ein paarmal lasse ich mich trotz des horrenden Preises auf die Warteliste setzen. Dann gibt es auf einmal doch noch einen freien Platz für kommenden Mittwoch. Zwar ist es ein Lufthansa-Flug, -und ich hasse es, mit Lufthansa zu fliegen-, es sind drei Zwischenstopps, einmal mit 7-stündigem Aufenthalt in Caracas, und kostet ganze US$ 1020,-, aber ich lasse ihn mir trotzdem reservieren. Bis morgen Mittag muss ich definitiv Bescheid geben. Per e-mail erfrage ich das endgültige OK zuhause.
Sa., 29.09.2001
Inzwischen brauche ich mir keine Sorgen mehr zu machen, vielleicht zu verschlafen, ich hab ja jetzt meinen neuen, verlässlichen Wecker. Francisco erscheint pünktlich, und wenig später sehen wir im I-Cafe nach einer Antwort aus Deutschland. Und auch über eine Stunde später ist immer noch keine da. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Ich muss also anrufen, das geht diesmal zum Glück per Net-Phone. Funktioniert auch ganz gut, ich kann innerhalb von 3 Minuten das Wichtigste mit meiner Mutter besprechen, bevor die Verbindung automatisch abgebrochen wird.
Nun muss ich schleunigst ins Reisebüro, um tatsächlich das Ticket zu bestätigen. Zahlen kann ich zum Glück mit Reiseschecks, ich muss die also nicht auch noch extra wechseln gehen. Schnell ist das ticket ausgedruckt, und alles ist geregelt. Ich kann es noch gar nicht glauben, dass ich schon in wenigen Tagen wieder in Deutschland sein soll.
Bis dahin gibt es aber noch einiges zu erledigen.
So., 30.09.2001
Ich muss wieder umziehen, ein neues Hostal hab ich schon vor 2 Tagen gefunden. Hier werde ich zwar bereits erwartet, aber man wundert sich trotzdem etwas, als ich auf einmal zu dritt aufkreuze. Denn Francisco hilft mir wieder mit dem Gepäck, und auf der Strasse treffe ich -schon wieder- auf Eddy aus Cuenca, der nochmal für ein paar Tage in Quito ist und sich jetzt ebenfalls anbietet, zu helfen. Welch ein Chaos!!
Während Francisco am Nachmittag arbeitet, gehe ich mit Eddy was essen, und treffe mich später ein letztes Mal mit Michi, der inzwischen auch wieder in Quito ist, und in den nächsten Tagen zusammen mit Oliver nach Kolumbien aufbrechen will. Also doch kein Spanisch-Kurs, ich wusste es doch!
Obwohl ich somit ja den ganzen Nachmittag in guter Gesellschaft war, muss ich doch zugeben, dass Francisco mir gefehlt hat. Ich kann es kaum erwarten, ihn am Abend wiederzuhaben. Und prompt steht er schon wieder vor der Tür, gerade als ich beschliesse, ihm entgehenzugehen.
Mo., 01.10.2001
Total heiser wache ich am Morgen auf. Ansonsten fühle ich mich aber ganz wohl.
Wir holen die kaputten Teile in der Werkstatt ab, denn ich will diese als Muster mitnehmen. Ausserdem lasse ich mir einen Brief geben, in dem sie mir bestätigen, dass Violeta bei ihnen reparaturbedürftig in der Werkstatt steht. Damit will ich eventuellen Problemen beim Zoll vorbeugen, schliesslich hab ich einen Stempel fürs Mopped im Pass.
Anschliessend bringt Francisco mich zur Einwanderungsbehörde, wo ich mich genau erkundigen will, was ich deswegen tun muss. Angeblich gibt es aber keinerlei Schwierigkeiten. Nur nach der Rückkehr muss ich das Visa fürs Mopped verlängern lassen, da dies bis dahin abgelaufen sein wird.
Di., 02.10.2001
Zusammen mit Francisco fahre ich im Bus nach Riobamba, um im Büro der KNH das Paket abzuholen, das ich damals dort gelassen hatte, und das ich nun selber nach Deutschland mitnehmen kann.
Eigentlich sind es vier langweilige Fahrstunden, aber neben Francisco vergehen sie wie im Flug. Ich könnte noch stundenlang so weiterfahren. Das Wetter ist auch sehr gut, wir haben freie Sicht auf den Cotopaxi, den höchsten noch aktiven Vulkan der Welt, und auf etliche andere schneebedeckte Vulkankegel.
Wir halten uns hier gar nicht lange auf, gehen nur was essen, holen dann das Paket ab, und fahren gleich wieder zurück.
Am Abend muss ich noch packen. Erstmal trennen, was ich hier lasse, und was ich mitnehme. Die gesamte Kochausrüstung werde ich nicht mehr brauchen, die nehme ich mit nach Deutschland. Die Packtaschen samt Inhalt, den Tankrucksack und die Moppedmontur lasse ich hier. Francisco wird sie an Ricardo weitergeben, der in der Zwischenzeit alles für mich aufbewahren wird.
Mi., 03.10.2001
In den paar Tagen hab ich mich richtig an Francisco gewöhnt, und der Abschied fällt sehr schwer, auch wenn es nur für einen Monat ist. Das Taxi ist für 3.00 bestellt, denn eine halbe Stunde später, also 3 Stunden vor dem Abflug, muss ich am Flughafen sein.
Inzwischen bin ich richtig erkältet, mit allem, was dazu gehört, und fühle mich überhaupt nicht wohl. Das kann ja heiter werden unterwegs!
Keine Ahnung wie, aber irgendwie vergeht die Zeit. Am Vormittag erreichen wir Bogotá, Kolumbiens Hauptstadt, die ich hoffentlich in ein paar Wochen auch von unten kennenlernen kann. Aus der Luft betrachtet macht es jedenfalls schon mal einen sympathischen Eindruck, und ich freue mich bereits jetzt darauf.
Genauso wie auf Caracas, die Hauptstadt von Venezuela, die wir wenige Stunden später anfliegen.
Heiss ist es hier, und hier muss ich jetzt 7 Stunden warten, bevor es mit der Lufthansa nach Frankfurt geht. Ich fühle mich aber immer noch so elend, dass ich mit der ganzen Zeit gar nichts anfangen kann und nur im Warteraum herumhänge. Anfangs bin ich fast alleine hier, doch mit der Zeit füllt es sich, immer mehr Passagiere trudeln ein. Mir gegenüber sitzt jemand, vom Aussehen her könnte er Franzose sein, der mir gleich wegen seiner Nervosität auffällt. Dabei macht er nicht den Eindruck, als würde er das erste Mal fliegen. Ich denke mir jedoch noch nichts weiter dabei. Doch dann bekommt er auf einmal Gesellschaft, von einem gutaussehenden jungen Latino, von dem ich die Augen fast nicht abwenden kann. Somit beobachte ich, wie die beiden verdächtige Blicke austauschen, und sich Zeichen geben. Irgendetwas stimmt da nicht.
dann dürfen endlich die ersten Passagiere an Bord, zuerst First Class und Business Class. Während die Leute zusteigen, wird auf einmal Senor Fernando über Mikrofon aufgefordert, sich an das Personal zu wenden. Wieder beobachte ich, wie der Franzose, oder wo auch immer er her ist, aufsteht, dem anderen Zeichen gibt, und allerdings, statt sich an jemand vom Personal zu wenden, direkt in den Flieger steigt. Äusserst seltsam, und sehr verdächtig.
Mittlerweile steht der andere auf, und gibt Bescheid, dass sein Kollege, der Senor Pitt, wohl schon in das Flugzeug gestiegen sei, bevor er aufgerufen wurde, und man holt ihn wieder heraus. Allerdings nur, um ihn wenig später wieder einsteigen zu lassen. Mir kommt das Ganze jedoch sehr merkwürdig vor, ich überlege, ob ich irgendetwas sagen soll. Wenn gar nichts ist, sieht es schön blöd aus, andererseits, in Zeiten wie diesen...
Schliesslich überwinde ich mich, spreche einen Sicherheitsbeamten an, und erzähle ihm alles. Der jedoch beruhigt mich, Herr Pitt hat lediglich Drogen im Gepäck gehabt. Ja dann, dann ist ja alles in Ordnung. Nur später wundere ich mich nochmal, dass man ihn trotzdem hat fliegen lassen.
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