Anmerkung (02.07.2008): Seit ich diesen Artikel vor zehn Monaten veröffentlicht habe, erhielt ich einige böswillige Kommentare per E-Mail. Es geht hier nicht nur um die Verletzungen Abu-Jamals, sondern vielmehr um die Anschuldigungen gegen die Polizei von Philadelphia. Sind diese Polizisten faschistische, rassistische Schweine oder Bullen, oder sind sie ehrbare Männer und Frauen im öffentlichen Dienst? Die verfügbaren Beweise zeigen eindeutig, daß die Mißhandlungsvorwürfe aus der Luft gegriffen sind. Abu-Jamal wurde vielleicht grob behandelt aber weder er noch sein Bruder wurde schwer mißhandelt.
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Mumia Abu-Jamal wurde noch am Tatort von Polizisten verletzt. Damit meine ich nicht die Schußwunde in seiner Brust, sondern solche Verletzungen die erst danach entstanden sind. Solche Verletzungen existierten. Sogar die daran beteiligten Polizisten haben zugegeben ihn verletzt zu haben.
Auch William Cook wurde am Tatort verletzt. In seinem Fall sind die Anschuldigungen geringer. Er selbst hat sich erst in einem Absatz seiner eidesstattlichen Erklärung dazu geäußert. Wiederum steht fest, daß er verletzt war. Wiederum ist fraglich, wie schwer die Verletzungen waren.
Für mich ist der wichtigste Punkt, wie schwer diese Verletzungen waren. Die Frage nach der Schwere der Verletzungen beinhaltet auch die Frage, ob die Anschuldigungen gegen die Polizei gerechtfertigt sind. Erneut findet das Verfahren im Gericht der öffentlichen Meinung statt. Erneut ist der Leser in der Position des Geschworenen. Erneut dienen Veröffentlichungen im Internet als Basis für die vorhandenen Beweise. Damit sollen andere Quellen nicht ausgeschlossen werden. Mittlerweile sind aber praktisch alle in irgendeiner Form veröffentlichten Beweismittel auch im Internet verfügbar und viele Artikel - relevant oder nicht - wurden nur im Internet veröffentlicht.
Die Vorwürfe
- Abu-Jamals Erklärung von 1982
Abu-Jamal stellte zunächst am 3. Juli 1982 klar, daß er die Behandlung durch die Polizisten als Mordversuch betrachtete.
- On December the 9th, 1981, the police attempted to execute me in the street.
(Zeugenaussage von Mumia Abu-Jamal am 3.7.1982, S.16)
Er drückte sich bei seinen Unschuldsbeteuerungen ungenau aus und könnte sich mit diesem Satz auch auf den von Daniel Faulkner abgegebenen Schuß bezogen haben. Gegenüber der Presse erklärte er, daß er an jenem Morgen ein Opfer war, ging aber nicht spezifisch auf die behaupteten Mißhandlungen ein. Die Beschwerde wegen Polizeibrutalität kam deutlich nach der Tat, aber schon bei einer Vorverhandlung am 21. Dezember 1981 kamen zusätzliche Verletzungen zur Sprache.
- Abu-Jamals eidesstattliche Erklärung
In seiner eidesstattlichen Erklärung benutzte er weniger starke Worte, prangerte die Polizei aber ähnlich deutlich an.
- The next thing that I remember I felt myself being kicked, hit and being brought out of a stupor. When I opened my eyes, I saw cops all around me. They were hollering and cursing, grabbing and pulling on me. [...] I was pulled to my feet and then rammed into a telephone pole beaten where I fell and thrown into a paddy wagon. I think I slept until I heard the door open and a white cop in a white shirt came in cursing and hit me in the forehead. I don't remember what he said much except a lot of "n--ers","black mother-f-ers" and what not. [...] Then, it sounded like "I.D.'d" as "M-l" came on the radio band telling the driver to go to Jefferson Hospital. Upon arrival I was thrown from the wagon to the ground and beaten. I was beaten again at the doors of Jefferson.
(Erklärung von Mumia Abu-Jamal, Absatz 18-30)
Der Polizist der ihn im Polizeitransporter (paddy wagon) geschlagen haben soll war Inspektor Alphonso Giordano. Abu-Jamal behauptete, Giordano hätte ihn mit dem Funkgerät ins Gesicht geschlagen.
- William Cooks eidesstattliche Erklärung
William Cook erklärte nur, daß er von Daniel Faulkner geschlagen wurde und daraufhin heftig zu bluten begann.
- After that we went back and forth verbal confrontation. He pulls out a stick or some kind of object and slaps me in the head three times. By that time he had me on the side of the car, I started bleeding profusely. So I go back to my car to get my paperwork.
(Erklärung von William Cook, Absatz 14)
Er machte keine Aussagen zu den Verletzungen seines Bruders.
Die Zeugen der Mißhandlungen
Als Robert Shoemaker als erster Polizist am Tatort eintraf sah er wie Abu-Jamal nach etwas an seiner Seite griff. Als er einen Schritt näher kam erkannte er, daß dies eine Waffe war. Daraufhin trat er zuerst nach Abu-Jamal und danach nach dessen Waffe.
- At this point I saw a two inch revolver approximately eight inches from his hand. I again ordered the male to freeze, which he did not, so before he grabbed the gun I kicked the male away from the gun. My heel contacted his throat area and the sole of my shoe hit him on the face.
(Zeugenaussage von Robert Shoemaker am 19.6.1982, S.116)
Seine Darstellung weist Schwächen auf. In weiterer Folge erklärte er, er habe die Waffe nicht weit weggestoßen um den Tatort nicht unnötig in Unordnung zu bringen, obwohl er doch zuerst um seine Sicherheit besorgt gewesen sein hätte müssen. James Forbes hat davon nichts bemerkt, war aber für einige Sekunden am Funkgerät seines Autos. Vielleicht hat Shoemaker diese Geschichte auch nur erzählt um Abu-Jamals Verletzungen zu erklären. Andererseits kann ein solcher Tritt keinesfalls das Ergebnis einer schweren Mißhandlung erklären. Eine genauere Betrachtung der Verletzungen sollte daher einen Hinweis ergeben, ob Shoemakers Darstellung der Wahrheit entspricht.
Daniel Sobolosky legte Abu-Jamal mit Unterstützung anderer Polizisten Handschellen an und transportierte ihn zu einem Arrestwagen. Da sich Abu-Jamal wehrte, war die ganze Prozedur einigermaßen schwierig. Zunächst fiel der Gefangene entweder mit seinem Gesicht oder seinem Oberkörper auf den Boden. Danach wurde er versehentlich gegen das Parkverbotsschild gerammt und schließlich auch noch fallen gelassen.
- Because of the struggle that ensued, Jamal hit the sidewalk with his head or the top part of his body so that I had to handcuff him behind his back. [...] During the course of picking him up he was still struggling, making it very hard for us to lift him up properly and take him to the wagon. All right, during the course of taking him to the wagon we accidentally ran into a pole because the pole [...] was in course with the back of the wagon. [...] As a result of that he came down and hit [...] his face on the ground [...]
(Zeugenaussage von Daniel Sobolosky am 19.6.1982, S.178-180)
Bei einer solchen Beschreibung durfte sich niemand darüber wundern, daß es im Gerichtssaal plötzlich laut wurde und der Richter zur Ordnung rufen mußte. Aber egal ob Sobolosky die Wahrheit gesagt hat oder seine Aussage doch etwas geschönt war, sollten die Verletzungen mit dieser Beschreibung übereinstimmen. So wie Sobolosky die Ereignisse beschrieben hat, können keine schweren und lebensbedrohenden Verletzungen entstehen.
Cynthia White gab zu diesem Detail eine unklare Antwort. Sie sah zwar, daß Polizisten ausholten und nach Abu-Jamal schlugen, wußte aber nicht, ob sie auch getroffen haben. Sie behauptete aber auch, daß sich Abu-Jamal heftig zur Wehr setzte.
- What I see was Jamal sitting on the curb swinging his arms with closed fists and kicking, and the police swinging back and trying to get him under control to handcuff him. [...] I seen him [einen Polizisten] swinging out. I don't know if he made any contact.
(Zeugenaussage von Cynthia White am 21.6.1982, S.149)
Insgesamt beschrieb sie eher eine schwierige Festnahme als eine umfangreiche Mißhandlung.
Dessie Hightower beschrieb die Heftigkeit der Ereignisse am Tatort ähnlich wie Cynthia White. Seiner Meinung nach wurde Abu-Jamal grob angefaßt.
- I thought they was rather rough apprehension. [...] I seen that when they pulled Jamal from around the back side of the Volkswagen, there was clear evidence of enough space to pull Jamal through. It was a no parking sign, a pole, there. And, it was enough space for them on the back side of the Volkswagen to that parking sign to get him through, but I don't know. Maybe it was just whatever he hit his head against the pole.
(Zeugenaussage von Dessie Hightower am 28.6.1982, S.130)
Auch er bestätigte, daß Abu-Jamal gegen die Stange des Parkverbotschilds schlug. Die beteiligten Polizisten haben dies als unabsichtlich bezeichnet. Ein weiteres Indiz dafür, daß Abu-Jamal tatsächlich mit dem Kopf gegen die Parkverbotsstange gestoßen ist, stellt sein Beret dar. Auf Tatortfotos ist zu sehen, daß es unmittelbar neben der Stange lag.
Wenngleich Singletarys Aussage durch den unglaublichen Unsinn den er über den Tatablauf erzählt hat schon weitestgehend diskreditiert wurde, möchte ich seine Ausführungen zu diesem Thema nicht verstecken. Schließlich werden seine Ausführungen immer wieder von Unterstützern Abu-Jamals benutzt. Er geht mit seinen Schilderungen weit über die Aussagen Whites und Hightowers hinaus.
- I went back around the corner and at that point they had a lot of police officers around the person that was beating him, kicking him, stomping him, sticking sticks in his wound, and just cursing, cursing, saying a lot of bad things. They drugged him on the street to the back of a van, threw him in the van. [...] No, they didn't just throw him in the van, they used his body and used him as a battering ram. And used him as a battering ram against the van.
(Zeugenaussage von William Singletary am 11.8.1995, S.238)
Kein anderer Zeuge sagte aus, Abu-Jamal wäre mit dem Kopf gegen das Transportfahrzeug gerammt worden.
Sharon Smith sah die Szene durch ihr Schlafzimmerfenster. Sie behauptete noch nie etwas derartiges gesehen zu haben.
- They were beating the black man with the dreadlocks with them sticks they carry. And with their feet. [...]
I thought he was going to die.
(Zeugenaussage von Sharon Smith am 9.8.1995, S.114f&125)
Sie sagte auch, die Szene wäre so schlimm gewesen, daß sie sich übergeben mußte. Die Staatsanwältin deutete aber an, ihre Schwangerschaft könnte der Grund dafür gewesen sein.
Dr. Regina Cudemo beobachtete Abu-Jamal für eine kurze Zeit nach dessen Einlieferung. Obwohl ihre Sicht teilweise blockiert war, könnte man ihre Beobachtungen als einen Tritt eines Polizisten gegen Abu-Jamal deuten.
- The policeman raised his leg, the black man raised his head, arms and right leg. There was a moan.
(Zeugenaussage von Dr. Regina Cudemo am 29.6.1982, S.24)
Genauere Beobachtungen waren ihr aufgrund ihrer Position hinter einem Schalter nicht möglich. Kurz danach verließ sie diesen Bereich, da sie von einem Polizisten dazu aufgefordert wurde.
Ja, auch Linn Washington hat dazu etwas zu sagen. Er war zwar nicht dabei und hat auch nichts gesehen, aber für eine eidesstattliche Erklärung reichte es trotzdem. Ich wäre selbstverständlich sofort bereit ihm eine Auszeichnung für die dümmste eidesstattliche Erklärung im Fall Mumia Abu-Jamal zuzuerkennen, möchte seine Erklärung aber trotzdem nicht unterdrücken. (Warum seine eidesstattliche Erklärung fast nichts aussagt, aber trotzdem Lügen enthält, habe ich in meinem Kommentar zu Abu-Jamals Anwälten kurz beschrieben.)
Er hörte zunächst von einem Angestellten des Krankenhauses, daß die Polizei Abu-Jamal in der Notaufnahme verprügeln würde. Später traf er einen Journalisten welcher etwas ähnliches gehört hat. Namen werden nicht genannt.
- [...] I have a recollection of seeing a hospital worker who knew me as a reporter and this person said that police were beating Mr. Abu-Jamal in the ER. [...] I saw two other reporters that I knew. It is my recollection that during a conversation with them one stated that he had talked with a person he knew in the hospital who told him of having seen police assault Mr. Abu-Jamal in the ER.
(Erklärung von Linn Washington, Absatz 31-33)
Linn Washington gibt also lediglich angebliches Hörensagen wieder. Dieses Hörensagen ist deshalb nur angeblich, weil es mir höchst unwahrscheinlich erscheint, daß Polizisten unter den Augen des Krankenhauspersonals Hand an den Gefangenen legen würden.
- Irgendwo zwischen „grob“ und „mörderisch“ ...
Nimmt man die Zeugenaussagen zusammen, wurde er im günstigsten Fall nur grob angefaßt (Hightower), was bei seiner Festnahme als Reaktion auf sein eigenes Verhalten geschah (White). Im ungünstigsten Fall wurde er schwer mißhandelt (Singletary), wobei sogar der Versuch ihn zu töten im Raum steht (Abu-Jamal, Smith) und diese Mißhandlungen sollen im Krankenhaus fortgesetzt worden sein (Cudemo, Washington). Der Polizei zufolge verlief alles korrekt und seine Verletzungen wurden von ihm selbst provoziert als er nach seiner Waffe griff (Shoemaker) und sich der Festnahme und dem Abtransport widersetzte (Sobolosky).
Alles scheint möglich zu sein.
Die Polizisten Shoemaker und Sobolosky räumten folgende Vorfälle ein:
- Shoemaker trat ihm ins Gesicht
- Während der Festnahme fiel er auf Gesicht oder Oberkörper
- Während des Transports stieß er gegen die Stange eines Verkehrszeichens und fiel zu Boden
Ob all dies auf Abu-Jamals aggressives Verhalten zurückzuführen war oder ob es Grobheiten durch die Polizisten waren, läßt sich nicht mehr feststellen. Die von den Polizisten beschriebenen Ereignisse konnten aber keinesfalls zu schweren Verletzungen führen.
Wenn hingegen die Beschreibungen von Singletary, Smith oder auch Abu-Jamal den tatsächlichen Ereignissen entsprächen, müßten die dadurch zwangsweise hervorgerufenen Verletzungen so schwer gewesen sein, daß diese mit den Beschreibungen durch Shoemaker und Sobolosky nicht erklärt werden können. Wenn ein Mensch von einem Schlagstock mit großer Wucht getroffen wird, sind je nach Körperteil tiefgehende Riß- und Quetschwunden, Knochenbrüche oder eingeschlagen Zähne zu erwarten. Ähnlich schwere Verletzungen kann man erwarten, wenn ein Mensch als Rammbock benutzt wird.
Die Verletzungen sollten also Hinweise darauf geben was wirklich geschehen ist. Wie schwer waren die Verletzungen tatsächlich?
Die Verletzungen
Die Verletzungen werden in den Verhandlungsmitschriften sehr gut dokumentiert. Zum ersten Mal wurden sie in einer Vorverhandlung erwähnt. Später sagte Dr. Anthony Coletta zu den Verletzungen aus.
In einer Vorverhandlung am 21. Dezember 1981 beantragte Anthony Jackson daß sein Klient fotografiert wird. Abu-Jamal wies einige Verletzungen auf welche mittels Fotos belegt werden sollten. Darunter war eine Wunde am Kopf welche mit wahrscheinlich acht Stichen genäht werden mußte. Dr. Coletta konnte sich im Juni 1982 nicht mehr an die Anzahl der Stiche erinnern.
- I think there were about eight stitches required to close a wound in the head, one of the wounds in the head. And there are some other injuries around and about his body.
(Anthony Jacksons Begründung für einen Antrag am 21.12.1981, S.4)
Obwohl der Fotograf von der Verteidigung bestellt wurde, hat diese die Fotos nicht veröffentlicht. Am 25.5.1983, als Richter Sabo das Urteil ofiziell verkündete, bestätigte Anthony Jackson, daß diese Fotos gemacht wurden.
Dr. Anthony Coletta war der behandelnde Arzt Mumia Abu-Jamals. Während seiner Zeugenaussage beschrieb er Abu-Jamals Verletzungen. Neben der Schußwunde waren dies ein etwa 4 Zentimeter langer Riß an der linken Seite der Stirn knapp unter dem Haaransatz der genäht werden mußte, eine Schwellung über dem linken Auge, ein Riß links in der Unterlippe, sowie Schwellungen an der rechten Seite von Kinn und Nacken.
- He had a laceration of his forehead of about four centimeters or so in length [...] in the left upper aspect of the forehead somewhere near the mid line of the head up near the hair line. [...] He had swelling over the left eye, a laceration of his left lower lip, and there was soft tissue swelling on the right side of his neck and chin. [...]
There was some blood on his face. He was not hemorrhaging from his head. [...] In other words, I didn't see active, ongoing bleeding from the lacerations. There was some oozing of blood, but there wasn't an extraordinary amount.
(Zeugenaussage von Dr. Anthony Coletta am 28.06.1982, S.58&61)
Die beschriebenen Verletzungen waren also nicht tief, da ansonsten die Wunden nicht bereits aufgehört hätten zu bluten. Der Zustand Abu-Jamals war kritisch, da er ohne ärztliche Behandlung gestorben wäre, er war aber nicht bewußtlos. Ganz im Gegenteil konnte er mit Coletta sprechen.
- He was weak. He could move, but he was weak. (S.73)
In weiterer Folge konnte Abu-Jamal erklären wo sich das Projektil befand. Auf eine direkte Frage des Staatsanwalts erklärte Coletta, Abu-Jamal sah nicht aus wie ein Opfer schwerer Mißhandlungen. Gleichzeitig behauptete Coletta, er hätte ausreichend Erfahrung um dies beurteilen zu können.
- Did this man look at all like he was pummeled or beaten up?
Pummeled? I would say, “No.” (S.92)
Dr. Coletta bestritt auch ausdrücklich, daß Abu-Jamal mit Schlagstöcken mißhandelt worden sein kann. Seine Verletzungen hätten in diesem Fall wesentlich schwerwiegender sein müssen. Abu-Jamal hat auch keine Mißhandlungen erwähnt während er mit seinem Arzt gesprochen hat.
Lydia Wallace, die ältere und einzige Schwester Abu-Jamals, erzählte für die Fernsehsendung A Case For Reasonable Doubt wie sie ihren Bruder kurz nach der Tat im Krankenhaus vorgefunden hat. Laut ihrer Beschreibung war er so schwer verletzt, daß sie ihn zunächst nicht einmal erkennen konnte.
- Anxiously I would have walked pass Mumia ‘cause I would not have been able to recognize him. I mean his forehead was gashed open and there was all blood. His lips was busted open and swollen and... And there were police officers in the room. And they had guns aimed on Mumia... Mumia was unconscious and I shook a shoulder and tried to arouse him. And... He said “I’m innocent. I’m innocent. They’re trying to kill me. They’re trying to kill me.”
(Lydia Wallace in A Case For Reasonable Doubt, ca. 1996)
Lydia Wallace kam mit Sicherheit erst einen beträchtlichen Zeitraum nach ihrem Bruder ins Krankenhaus, aber sie war vor dem Beginn der Operation dort. Abu-Jamal wollte sich ursprünglich nicht behandeln lassen und seine Schwester versuchte ihn umzustimmen.
Es klingt seltsam, daß sie ihren eigenen Bruder nicht erkannt haben will. Wenn er tatsächlich noch Blut im Gesicht hatte war er offensichtlich Stunden nach seiner Einlieferung noch nicht gewaschen worden, den laut Dr. Coletta hat er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr geblutet. Diese Aussage von Lydia Wallace ist zumindest zweifelhaft. Wirklich interessant ist die Behauptung, er hätte mit seiner Schwester gesprochen. Unterstützer Abu-Jamals sagten immer wieder er wäre bereits bei seiner Einlieferung am Rande der Bewußtlosigkeit gewesen (um das Geständnis im Krankenhaus zu widerlegen). In Wirklichkeit war er auch lange Zeit danach noch bei Bewußtsein.
- Polizisten über William Cook
William Cook's Verletzungen wurden niemals von einem Arzt beschrieben. Die einzigen Informationen über seinen Zustand stammen von den Polizisten die am Tatort eintrafen und von Fotos welche die Polizei von ihm gemacht hat. Diese Fotos zeigen eine Wunde hinter dem linken Ohr. Der Polizist William Thomas beschrieb ein solches Foto während der Verhandlung.
- These are the photographs taken of Mr. William Cook on December 9, 1981. [...] They show a cut behind the left ear.
(Zeugenaussage von William Thomas am 26.06.1982, S.118)
Dies stimmt mit den Aussagen der Polizisten James Forbes und John McGurk überein, die noch am Tatort Blut an seiner Wange gesehen haben. Cooks Anwalt Paul Alva sagte bereits am 11. Dezember 1981, Daniel Faulkner hätte William Cook auf das Ohr geschlagen (Philadelphia Inquirer, 12.12.1981). Laut William Thomas hatte William Cook keine weiteren Verletzungen. Er beschwerte sich auch niemals über irgendwelche Mißhandlungen und hat eine medizinische Behandlung ausdrücklich abgelehnt.
- Die Taschenlampe Daniel Faulkners
Die Taschenlampe Daniel Faulkners wurde vom Kriminalisten Dr. Charles Tumosa untersucht.
- The item is a flashlight seventeen inches long, serial number 50025682. The bulb is broken. No blood was detected on the item.
(Zeugenaussage von Dr. Charles Tumosa am 26.06.1982, S.36)
Die Tatsache daß sich kein Blut an der Taschenlampe befand bestätigt ebenfalls die Behauptung, daß William Cooks Verletzung nur geringfügig geblutet hat. Andernfalls hätten sich Spuren auf der Taschenlampe befinden müssen.
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Abu-Jamal im Krankenbett
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Obwohl mehrere Fotos von Abu-Jamals Verletzungen gemacht wurden, existiert nur ein einziges veröffentlichtes Foto auf dem er im Krankenhaus zu sehen ist. Es soll kurz nach seiner Operation aufgenommen worden sein und wurde immer wieder benutzt um zu unterstreichen wie schwer seine Verletzungen waren. Quellen im Internet zeigen verschiedene Dateiversionen mit der stets gleichen Auflösung von nur 243×180 Pixel.
Das Bild rechts zeigt den ihm Krankenbett schlafenden Abu-Jamal. Die Gesichtszüge sind gut zu erkennen. Auch wenn das Bild für eine genaue Untersuchung zu klein ist, zeigt es deutlich, daß die sichtbaren Teile des Gesichts - die nicht abgedeckte Haut - unverletzt sind. Ein langes Pflaster auf der Stirn, welches auch den linken Teil der Stirn abdeckt, verdeckt die genähte Wunde. Das Pflaster auf der Nase hält einen dünnen Schlauch fest, verdeckt aber wahrscheinlich keine Wunde (es wurde keine Wunde an der Nase beschrieben). Ein weiterer, dickerer Schlauch verläuft links hinter Abu-Jamals Kopf. An seiner linken Schulter ist wahrscheinlich ein Meßfühler zu sehen. Ich habe die einzelnen Beschriftungen im Foto angebracht, um mit den eingefügten Texten die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Inhalt des Fotos zu lenken. In Veröffentlichungen zugunsten Abu-Jamals wird stets nur erwähnt, dieses Foto sei ein Beweis für die Mißhandlungen. Beispielsweise schreibt Schiffmann (auf Englisch) „[f]ür das Ergebnis dieser und späterer Mißhandlungen Abu-Jamals durch Polizisten siehe das Foto links“, wobei er sich auf ein 60×45mm großes und unscharfes Bild mit niedriger Auflösung bezieht (in einer PDF-Datei). Da solche Kommentare seit Jahren ohne größere Einsprüche gemacht werden, sind sie wohl offensichtlich erfolgreich. Die Leser sehen ein Bild auf dem nicht viel zu erkennen ist, lesen die zugehörige Beschreibung über Mißhandlungen und glauben diese Behauptung wäre bewiesen ohne das Foto genauer zu betrachten. Kaum jemandem fällt auf, daß dieses Foto nur ein Pflaster auf der Stirn aber ansonsten keine weiteren Verletzungen zeigt.
Dazu fällt mir nur noch ein Zitat von Chico Marx aus dem Film Die Marx Brothers im Krieg (Original: Duck Soup) ein: „Wem wirst du glauben, mir oder deinen eigenen Augen?“ Glauben Sie nicht mir oder anderen Kommentatoren, sondern ihren eigenen Augen.
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Gefangentransport
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Leider wurden keine weiteren Fotos von Abu-Jamal aus der Zeit unmittelbar nach dem Mord veröffentlicht. Das aus zeitlicher Sicht darauffolgende Foto (siehe links) ist ein Pressefoto und zeigt keinerlei Wunden an ihm. Das Foto zeigt wie er unter schwerer Bewachung transportiert wurde. Es wurde im Dezember 1981 wahrscheinlich während eines Transports vom oder zum James C. Giuffre Krankenhaus aufgenommen. Das Pflaster auf der Stirn wurde bereits entfernt. Da das genaue Datum nicht bekannt ist, ist es für eine Beschreibung des Zustands kurz nach der Tat nicht geeignet. Es erweckt nur die Frage, warum keine weiteren Fotos veröffentlicht wurden.
Für einen angeblich schwer mißhandelten Mann weist Abu-Jamal erstaunlich wenige Verletzungen auf. Das Foto von Abu-Jamal im Krankenbett macht auch klar weshalb Dr. Coletta kategorisch bestritten hat, daß Mumia Abu-Jamal schwer mißhandelt worden sein kann. Die verfügbaren Beweise zeigen deutlich, daß die Verletzungen mit den Zeugenaussagen der Polizisten übereinstimmen. Ähnlich geringfügig erscheint William Cooks Verletzung. Nach allen vorliegenden Daten scheint es sich bei Cook tatsächlich nur um eine einzige Wunde hinter dem Ohr gehandelt zu haben.
Wenn Unterstützer Abu-Jamals trotzdem immer wieder das Märchen vom Mordversuch durch die Polizisten vorbringen, versuchen sie in Wirklichkeit nur von den tatsächlichen Ereignissen am Tatort abzulenken. Es ist nun einmal sehr einfach die angebliche Polizeibrutalität als Tatsache hinzustellen, vielleicht noch einen dubiosen Zeugen wie Singletary anzuführen und auf diesem Weg der Polizei die Schuld in die Schuhe zu schieben. Wer so brutal vorgeht ist auch zu einer Verschwörung gegen einen Unschuldigen fähig. Jedoch existierte die behauptete Polizeibrutalität nicht und Abu-Jamal ist nicht unschuldig.
Wieso versuchen dieselben Unterstützer Abu-Jamals nicht zu erklären, weshalb der behandelnde Arzt die Verletzungen als geringfügig beschrieben hat und das angebliche Beweisfoto diese Aussage bestätigt? Alternativ dazu könnten sie auch erklären, weshalb seine leergeschossene Waffe mit fünf leeren Patronenhülsen neben ihm lag, anstatt mit fünf funktionsfähigen Patronen in seinem Schulterhalfter zu stecken und wieso er in seiner eidesstattlichen Erklärung mit keinem Wort darauf einging. Bislang hat dafür noch niemand eine gute Erklärung gefunden.
Addendum (4. Jänner 2008)
Kürzlich habe ich zwei weitere Fotos von Abu-Jamal im Krankenbett entdeckt. Sie stammen vom 10.12.1981 und wurden im Buch Murdered by Mumia von Maureen Faulkner und Michael Smerconish abgebildet. So wie das Foto oben zeigen sie mit Ausnahme eines Verbands auf der Stirn keine Anzeichen einer schweren Mißhandlung.
Fotos aus Murdered by Mumia
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