War Abu-Jamals Waffe die Tatwaffe?
Unterstützer Abu-Jamals bestreiten dies. Seine Gegner weisen auf den überzeugenden Umfang der Beweise hin. Welche Aussage erlauben diese Beweise? Unumstritten ist nur die Tatsache, daß es unmöglich war das tödliche Projektil unter Ausschluß aller anderen Waffen einer bestimmten Waffe zuzuordnen.
Im Juni 1982 waren die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten ballistischen Beweise ganz einfach zu stark, um von Anwalt Anthony Jackson erfolgreich angefochten zu werden. Zwar versuchte er mehrmals Zweifel zu erwecken, war aber offensichtlich nicht erfolgreich. Erst die Mannschaft um Leonard Weinglass griff die ballistischen Beweise medienwirksam an. Am Ende waren sie vor Gericht auch nicht erfolgreicher. Es gelang ihnen jedoch, in der Öffentlichkeit einige Zweifel an den ballistischen Beweisen zu erwecken.
Um zu untersuchen, ob die Waffe Abu-Jamals die Tatwaffe war, muß ich mich erneut der vielleicht langweiligen Aufzählung der Fakten widmen. Diese Fakten wurden bereits in den entsprechenden Kapiteln der Analyse erwähnt.
Abu-Jamals Waffe
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Charter-Arms-Revolver
(gleicher Typ wie Abu-Jamals Waffe)
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Die neben Mumia Abu-Jamal gefundene Waffe war ein Revolver der Type Charter Arms Undercover aus brüniertem Stahl mit braunen Holzgriffen, Kaliber 38, 5 Patronenkammern und einem 5 Zentimeter langen Lauf. Wegen dieses kurzen Laufs werden solche Waffen auch „Stupsnasen“ genannt. Die Modellbezeichnung für diese Sorte von Waffen ist „undercover“ oder „verdeckt“, da sie aufgrund der geringen Größe versteckt getragen werden können. Der Lauf enthielt an der Innenseite 8 spiralförmige Rillen mit rechtsdrehender Windung (die sogenannten Züge). Ein Projektil wird beim Abfeuern in diese Rillen gepreßt und erhält dadurch einen Drall um die Längsachse. Dieser Drall stabilisiert die Flugbahn, da er verhindert, daß sich das Projektil quer zur Längsachse dreht.
In vier Kammern befanden sich leere Hülsen der Marke Federal, in einer war eine leere Hülse der Marke Smith & Wesson. Alle Patronenhülsen waren vom Kaliber 38 und trugen die Bezeichnung +P. Die Bezeichnung +P bedeutet, daß die Patrone mehr Pulver enthält als Standardmunition und das Projektil deshalb eine höhere Geschwindigkeit erreicht. Der Ballistikexperte der Staatsanwaltschaft, Anthony Paul, erklärte, Standardmunition würde eine Druckkraft von 72 kN (16.000 Pfund) auf das Projektil ausüben, während die Druckkraft bei Munition der Sorte +P etwa 95 kN (21.000 Pfund) beträgt. Wegen des kurzen Laufs hatte das Pulver jedoch nicht genügend Zeit zum Verbrennen, und deshalb blieb die stärkere Treibladung teilweise unwirksam.
Die Waffe gehörte eindeutig Mumia Abu-Jamal. Er hat sie am 27. Juni 1979 in Pearsons Sportwarengeschäft gekauft und das Registrierungsformular mit seinem Namen unterschrieben. Der Händler konnte sich sogar noch an ihn erinnern, da ihn Abu-Jamals elegantes Auftreten beeindruckt hat. Die Waffe wurde am Tatort in seiner Reichweite gefunden, und bei seiner Festnahme trug er unter seiner Jacke ein leeres Schulterhalfter für eine Waffe mit kurzem Lauf. Die auf der Waffe gefundenen Fingerabdrücke waren zu undeutlich um verwertet zu werden. Die beteiligten Polizisten Shoemaker und Forbes haben bereits in ihren ersten Berichten davon gesprochen, daß die Waffe auf dem Gehsteig liegend vorgefunden wurde. James Forbes nahm sie an sich. Abu-Jamal wurde später von den Polizisten Sobolosky, Chin und McGurk mit Handschellen gefesselt und zu einem Arrestwagen transportiert, während Forbes die Waffe in der Hand hielt. Forbes hatte Abu-Jamals Waffe auch dann noch in der Hand, als dieser bereits in das Krankenhaus transportiert wurde. Dieser Umstand ist auf Fotos des Pressefotographen Polakoff deutlich zu erkennen. Wenngleich diese Fotos seit 2006 als angeblicher Beweis für die unsachgemäße Behandlung der Beweismittel angeführt wurden, zeigen sie, daß Forbes im Zeugenstand wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Verschwörungstheorien gehen zuweilen davon aus, daß Abu-Jamal seine Waffe nicht selbst gezogen hat. Als Shoemaker und Forbes die einzigen Polizisten am Tatort waren, konnten sie Abu-Jamal nicht durchsuchen. Dies wäre erst später möglich geworden, nachdem Verstärkungen eingetroffen sind. Demnach müßten bereits am Tatort innerhalb der ersten hektischen Minuten mehrere Polizisten gezielt an dieser Verschwörung gearbeitet haben. Gleichzeitig müßte dies in Gegenwart von zahlreichen Schaulustigen geschehen sein. Eine solche Verschwörungstheorie kann man nicht ernsthaft in Erwägung ziehen.
Der Besitz dieser Waffe hat Zweifel an seiner Friedfertigkeit erweckt. Um dies zu erklären sagten seine Anwälte, er wäre als Taxifahrer bereits zweimal überfallen worden und mußte sich selbst schützen. Leonard Weinglass beschrieb die Situation 1998 in einem Interview folgendermaßen: „... Mumia did have a gun. He had a legal weapon that night. He was a cab driver. He had been robbed. He took out a permit. He had a gun. ...“ Diese Beschreibung ist jedoch verwirrend, vielleicht sogar absichtlich. In Polizeiberichten unmittelbar nach der Tat wurde erklärt, die Waffe wäre zwar auf Abu-Jamal registriert gewesen, er hätte sie aber nicht mit sich führen dürfen. Offensichtlich hatte er sich keine Erlaubnis besorgt, um diese Waffe im Taxi bei sich zu haben und mit Sicherheit durfte er sie nicht versteckt tragen. Darüber hinaus erweckt diese Folge von Sätzen den Eindruck, als hätte er die Waffe gekauft, weil er überfallen wurde. Er selbst hat als Begründung ebenfalls gesagt, er wäre als Taxifahrer überfallen worden. Nach allen vorliegenden Berichten begann er seine Arbeit als Taxifahrer aber erst 1981, also etwa zwei Jahre nachdem er die Waffe gekauft hat.
Die gefundenen Projektile und Fragmente
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Eine Patrone mit rundem Kopf
und ein Hohlspitzgeschoß
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Insgesamt wurden zwei Projektile und mehrere Fragmente gefunden (ohne das Geschoß aus Faulkners Waffe).
Das Projektil aus Daniel Faulkners Kopf war ein unummanteltes Hohlbodengeschoß aus Blei, Kaliber 38 (oder 357, da laut Anthony Paul, dem Waffenexperten der Staatsanwaltschaft im Jahr 1982, die Projektile dieser Patronen gleich sind), wies einen Teil einer glatten Fettrille auf und wog 138,7 Gran (8,98 Gramm). Als Erzeuger wurde die Firma Federal identifiziert, da zum Zeitpunkt der Tat nur diese Firma Hohlbodengeschosse herstellte.
Das Geschoß war zu stark deformiert um einer bestimmten Waffe zugeordnet werden zu können. Zunächst erklärte Paul, er konnte lediglich den rechtsdrehenden Lauf feststellen. Er sagte aus, daß nicht einmal die gesamten generellen Eigenschaften des Laufs ermittelt werden konnten. Während des Kreuzverhörs präzisierte er aber deutlich, daß ein hinreichend großer Teil der Oberfläche des Projektils erkennbar war, um die Anzahl der Züge mit 8 zu bestimmen. Diese widersprüchlich erscheinenden Aussagen wurden ebenso wenig geklärt wie die genaue Definition des Begriffs „gesamte generelle Eigenschaften des Laufs“. Selbst dann, wenn die Anzahl der Züge manchen Beobachtern zweifelhaft erscheint, wurde das Kaliber und der rechtsdrehende Lauf jenseits jeglichen Zweifels ermittelt.
Neben diesem Projektil entfernte der Gerichtsmediziner Dr. Hoyer auch noch ein kleines Stück Blei mit den Außenabmessungen 10×3×2 Millimeter aus Daniel Faulkners Kopf. Dieses Stück Blei wurde nicht an die Ballistikabteilung übergeben. Der Verbleib dieses Teils ist unbekannt. Während der PCRA-Anhörung konnte sich Dr. Hoyer nicht mehr daran erinnern was damit geschehen ist. Andererseits sprach Anthony Paul von keinerlei Unsicherheiten bei der Bestimmung des Kalibers. Das verloren gegangene Stück Blei hatte also offensichtlich keinen Einfluß auf die Messung des Geschoßdurchmessers.
Im Bereich vor der Eingangstür zu Locust 1234 wurde ein Kupfermantel gefunden. Er wies einen Teil einer gerändelten Fettrille auf und wog 14,6 Gran (0,94 Gramm). Ein Kupfermantel ist eine Schale in der sich ein Bleigeschoß befindet. Vor allem bei Hohlspitzgeschossen soll ein solcher Mantel die Ausdehnung des Bleiprojektils begrenzen.
Ein fast vollständiges Projektil wurde neben der Eingangstür von Locust 1234 in 1,10 Meter Höhe sichergestellt. Es war ein unummanteltes Hohlbodengeschoß aus Blei, Kaliber 38, wog 151,3 Gran (9,79 Gramm) und war ebenfalls zu stark deformiert um einer bestimmten Waffe zugeordnet werden zu können.
Westlich von der Eingangstür wurden sieben Bleifragmente mit einem Gesamtgewicht von 18,2 Gran (1,18 Gramm) gefunden. In der Nähe dieser Fragmente befand sich in 18 cm Höhe ein Bleifleck an der Wand.
Im Vorraum von Locust 1234 wurde ein unregelmäßig geformtes, unummanteltes Bleifragment mit einem Gewicht von 39,4 Gran (2,55 Gramm) gefunden. Eine Glasscheibe der Tür wies eine Öffnung auf.
Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, daß alle Fragmente vom Mord an Daniel Faulkner stammten. Ansonsten wären der Kupfermantel und die sehr leichten Fragmente durch den Fußgängerverkehr sehr rasch an eine tieferliegende Stelle wie z.B. eine Ritze befördert worden. Außerdem wurde nirgendwo eine kurz zuvor stattgefundene Schießerei an dieser Stelle beschrieben.
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Richtung der Schüsse
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Die Lage der Einschüsse zeigt die Richtung der Schüsse. Da die beiden Einschüsse in der Nähe des Eingangs von Locust 1234 von Fehlschüssen auf Daniel Faulkner stammen und er zu diesem Zeitpunkt irgendwo zwischen seinem Polizeiauto und dem Volkswagen stand, muß der Schütze auf der Straße gewesen sein. Der tödliche Schuß wurde dagegen aus nächster Nähe abgegeben. Die Mündung der Waffe war etwa 60 Zentimeter (23 Zoll) vom Kopf des Opfers entfernt.
Zusammen mit den Zeugenaussagen belegen die Projektile und Fragmente mindestens vier Schüsse (ohne den Schuß aus Faulkners Waffe). Die Zeugen sprachen stets von mehr als einem Schuß auf den am Boden liegenden Polizisten. Das heißt, zumindest ein Projektil ging verloren, denn es ist höchst unwahrscheinlich, daß die gefundenen Fragmente zu diesem Fehlschuß gehören. Die Fragmente könnten theoretisch von einem oder mehreren Projektilen stammen. Das Fragment im Gebäude wurde zwar als „unummantelt“ beschrieben, könnte aber wegen des geringen Gewichts auch von der Bleispitze eines ummantelten Geschosses stammen und damit den gleichen Ursprung haben wie der Kupfermantel. Die verfügbaren Unterlagen lassen eine genauere Klärung nicht zu. Zusammen mit den beiden fast vollständigen Projektilen ergibt dies zumindest vier Schüsse, eventuell auch mehr. Zwei oder mehrere dieser Projektile waren unummantelte Hohlbodengeschosse der Marke Federal. Mindestens ein Projektil war von anderer Bauart, da es einen Kupfermantel enthielt. Dieses Geschoß könnte ein Hohlspitzgeschoß gewesen sein.
Variationen eines Märchens: Kaliber 44 und Kaliber 44, Light
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Ausschnitt aus Dr. Hoyers Bericht
„Shot 44 cal.“
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Jahrelang wurde von Unterstützern Abu-Jamals behauptet, Daniel Faulkner wäre von einem Geschoß Kaliber 44 getötet worden. Die Basis für diese Behauptung war eine Notiz des Gerichtsmediziners Dr. Hoyer, welche sich auf der ersten Seite seines Berichts befand und „Shot 44 cal“ lautete. Schon 1995 wurde die Bedeutung dieses Vermerks geklärt. Während der PCRA-Anhörung sagte Dr. Hoyer, diese Seite sei lediglich ein Notizblatt gewesen und hätte eigentlich nicht in die Endfassung des Berichts gelangen sollen. Außerdem war er kein Ballistikexperte und konnte sich daher auf keine tatsächliche Messung stützen. Die Vermutung könnte beispielsweise durch das Aussehen der Wunde zustande gekommen sein.
Während der Verhandlung von 1982 erklärte er, das Aussehen der Wunde wäre in Übereinstimmung mit den Auswirkungen von Munition der Sorte +P. Es ist schwierig zu sagen, ob eine solche Übereinstimmung tatsächlich auf wissenschaftliche Weise festgestellt werden kann. Sogar Munition mit relativ großer Geschwindigkeit kann unter bestimmten Umständen eine kleine Eintrittswunde zurücklassen. Aber in diesem Fall waren die von Dr. Hoyer beschriebenen Verletzungen (mehrere Brüche des Schädelknochens oberhalb der Augen) so schwer, daß sie seinen Erfahrungen mit Munition der Sorte +P durchaus entsprochen haben können. Die Schwere der Verletzung, welche auch in anderen Quellen erwähnt wird, könnte Dr. Hoyer zu seiner falschen Mutmaßung über den Geschoßdurchmesser verleitet haben.
Später vermaß der Gerichtsmediziner den Durchmesser des Projektils mit einem Lineal und ermittelte ca. 10 mm. Die Länge betrug etwa 12 mm. George Fassnacht, der Ballistikexperte der Verteidigung, erklärte 1995, diese grobe Messung würde etwa Kaliber 40 aber keinesfalls Kaliber 44 entsprechen. Er führte diese Berechnung im Zeugenstand ohne Taschenrechner aus. Bei einer genaueren Berechnung entsprechen 10 mm dem Kaliber 39 (25,4 mm wären Kaliber 100). Des weiteren sagte Fassnacht aus, daß sich die Basis von Hohlbodengeschossen durch das Abfeuern geringfügig vergrößern kann. Damit wurde die Aussage des Ballistikexperten Anthony Paul bestätigt, der das Geschoß mit genaueren Hilfsmitteln eindeutig als Kaliber 38 identifiziert hat. Auch das vom Gerichtsmediziner nicht weitergereichte Bleifragment kann daran nichts ändern. Obwohl Weinglass in seiner Befragung Fassnachts darauf hinarbeitete, daß das Kaliber eines Geschosses unter bestimmten Umständen durch Abwiegen ermittelt werden kann, traf dies auf das tödliche Projektil nicht zu. Da das Projektil unvollständig war, mußte der Durchmesser direkt gemessen werden. Daniel Williams, einer der ehemaligen Anwälte Abu-Jamals, räumte Jahre später in seinem pro-Jamal-Buch Executing Justice ebenfalls ein, daß es sich um Kaliber 38 handelte.
Während der Anhörung von 1995 wurde George Fassnacht von Staatsanwalt Grant gefragt, ob er bereit wäre, selbst das tödliche Projektil zu testen. Er verneinte aus ethischen Gründen, da er in diesem Fall seine Kritik an den Untersuchungen durch die Polizei dazu benutzen würde, sich selbst ein zusätzliches Einkommen zu schaffen. Ob dies ein vernünftiger Grund war läßt sich zumindest bestreiten. Die Reaktion von Leonard Weinglass und auch die des anwesenden Mumia Abu-Jamal war jedoch vielsagend. Obwohl hier ein Staatsanwalt auf eine neuerliche Überprüfung festgenagelt werden hätte können, kam von der Verteidigung keinerlei Reaktion. Selbst wenn Fassnacht nicht zur Verfügung stand, hätten sie mit Leichtigkeit einen anderen Experten anheuern können. Sie haben aber nicht einmal versucht herauszufinden was möglich ist. Als Weinglass wieder an der Reihe war Fragen zu stellen, ist er auch nicht darauf eingegangen. Eine solche Chance wissentlich und willentlich zu verpassen ist in meinen Augen gleichbedeutend mit dem Eingeständnis, daß sie keine genauen Ergebnisse wollen. Jemand der weiß daß er unschuldig ist, hätte diese Chance sofort ergriffen. Es dauerte noch sechs Jahre bis ein anderer Experte namens Ronald Singer eine neuerliche Überprüfung der Beweismittel forderte.
Eigentlich sollte damit das 44er-Märchen schon am Ende gewesen sein. Die Verteidiger um Leonard Weinglass waren jedoch hartnäckig, und andere Unterstützer Abu-Jamals waren und sind noch hartnäckiger. Bis heute findet man vereinzelt die Behauptung, das tödliche Projektil hätte Kaliber 44 gehabt. Überall dort, wo eine Behauptung tatsächlicher Kritik standhalten soll und daher die Behauptungen nicht allzu absurd sein dürfen, wird eine Light-Version dieses Märchens verwendet.
Weinglass verteidigte das Märchen mit der Behauptung, ein Geschworenengericht solle in einem neuen Verfahren entscheiden was davon zu halten sei. Dabei ignorierte er, daß es sich nur um die fehlerhafte Schätzung eines Mediziners ohne Kenntnisse auf dem Gebiet der Ballistik handelt und Richter Sabo 1995 durchaus in der Lage war, diesen Sachverhalt zu beurteilen. Während eines Interviews im Jahr 1998 behauptete er, das tödliche Projektil würde zu Abu-Jamals Waffe passen, falls man bereit wäre einige hundertstel Zoll abzuziehen. Offensichtlich baute er noch immer auf der ungenauen Messung des Gerichtsmediziners auf. Die Meinung des Ballistikexperten Anthony Paul interessierte ihn nicht.
Noch schlimmer verfuhr Amnesty International im Bericht A Life In The Balance (deutsch: Ein Leben in der Schwebe). Während der Autor behauptet, dieser Bericht würde auf den Gerichtsprotokollen basieren, zeigen einige schwere Fehler, daß dies gelogen ist. Der schwerste Fehler betrifft den Gerichtsmediziner. Unterstützer Abu-Jamals haben nach der Entstehung des 44er-Märchens darauf verwiesen, daß der Gerichtsmediziner 1982 als Experte für Ballistik akzeptiert wurde. Damit sollte seiner fehlerhaften Schätzung mehr Gewicht verliehen werden. In Wirklichkeit wurde er 1982 vom Staatsanwalt lediglich gefragt, ob die Schußwunde Daniel Faulkners mit den Auswirkungen von Munition der Sorte +P übereinstimmt. Nach Einsprüchen des Verteidigers wurde festgestellt, daß seine Sachkenntnis ausreicht, um die Auswirkungen dieser Munitionssorte beurteilen zu können. Er wurde also keinesfalls als Ballistikexperte akzeptiert. Seine Sachkenntnis betraf nur das Aussehen von Wunden, welche durch Munition der Sorte +P hervorgerufen wurden. Amnesty International ging jedoch noch einen Schritt weiter. Dort heißt es, der Gerichtsmediziner hätte festgestellt, daß das Geschoß aus Abu-Jamals Waffe stammen könnte, sich dieser aber nicht eindeutig zuordnen läßt. Tatsächlich wurde diese Feststellung nicht vom Gerichtsmediziner Dr. Hoyer gemacht, sondern war ein Teil der Zeugenaussage des Ballistikexperten Anthony Paul. Der Autor von A Life In The Balance hat offensichtlich nur die (falsche) Information erhalten, daß der Gerichtsmediziner als Ballistikexperte akzeptiert worden wäre und hat daraufhin die Aussagen dieser beiden Personen vermischt. Hätte er tatsächlich so wie behauptet die Verhandlungsmitschriften gelesen, wäre dieser Fehler sicherlich nicht passiert. Leider hat sich Amnesty International für diesen verlogenen und voreingenommenen Bericht niemals entschuldigt.
Heute führt das 44er-Märchen ein Schattendasein. Es ist zu absurd, um in eine ernsthafte Diskussion als Unschuldsbeweis eingebracht werden zu können. Auch als Begründung für die Forderung nach einer Neuaustragung des Verfahrens reicht es nicht. Wozu sollte man zur Bewertung der fehlerhaften Schätzung eines Arztes erneut 12 Geschworene auswählen, wenn dies keinen erkennbaren Einfluß auf ihr Urteil haben kann? Der momentane Stellenwert des Märchens wird in Schiffmanns Wettlauf gegen den Tod gezeigt. Dort wird nur noch in einer Fußnote behauptet, daß das tatsächliche Kaliber des tödlichen Projektils bis heute nicht bestimmt worden wäre. Des weiteren führt er den Bericht des Gerichtsmediziners an. Danach erklärt er, der Experte der Verteidigung hätte aufgrund des Polizeiberichts von 1981 den Durchmesser auf Kaliber 40 geschätzt, was näher an 38 als an 44 liegt. Tatsächlich war die Grundlage für diese Schätzung jedoch nicht der Polizeibericht, sondern der Bericht des Gerichtsmediziners. Er unterläßt es ebenfalls, die Aussage des Ballistikexperten Anthony Paul zu erwähnen, wonach es sich eindeutig um Kaliber 38 handelt. Wäre das tatsächliche Kaliber wirklich noch nicht ermittelt worden, hätte diese Tatsache eine ausreichende Bedeutung um wesentlich ausführlicher behandelt zu werden. Eine Fußnote wäre für eine derartig wichtige Behauptung nicht ausreichend. Tatsächlich ist sie jedoch so grundsätzlich falsch, daß sie in eine Fußnote verbannt wurde. Dort kann sie bei Lesern die nicht mit dem Fall vertraut sind noch immer Zweifel am Verfahren erwecken, während gleichzeitig die Hoffnung besteht, daß sie von der Kritik übersehen wird. In dieser Form wird uns das Märchen von der 44er wahrscheinlich noch lange erhalten bleiben.
Autoren wie Paul Mulshine and Thomas Clough beschrieben das tödliche Projektil als Hohlspitzgeschoß (hollow point bullet). Schiffmann, der den ballistischen Bericht der Polizei sehr genau wiedergibt und sich intensiv mit ballistischen Fragen beschäftigt hat, behauptet ebenfalls, das tödliche Geschoß wäre ein Hohlspitzgeschoß gewesen, und solche Geschosse würden zum Aufpilzen neigen. Hohlspitzgeschosse neigen tatsächlich zum Aufpilzen, aber dieses Geschoß war ein Hohlbodengeschoß (hollow base bullet) mit vollkommen anderen Eigenschaften. Die Quelle dieses weitverbreiteten Mißverständnisses ist mir bislang nicht bekannt.
Nicht durchgeführte Untersuchungen
Zwei Tests hätten ebenfalls zur Klärung der Frage beitragen können, ob Abu-Jamals Waffe die Tatwaffe war. Durch bloßes Riechen am Lauf hätte festgestellt werden können, ob die Waffe kürzlich (innerhalb der letzten Stunden) abgefeuert wurde. Ein Schmauchspurentest hätte zeigen können, ob Abu-Jamal innerhalb eines ähnlich langen Zeitraums eine Waffe abgefeuert hat. Beide Tests wurden nicht durchgeführt.
Der Riechtest wurde erst 1995 vom Ballistikexperten George Fassnacht ins Spiel gebracht. George Fassnacht hat bereits dreizehn Jahre zuvor als Berater für Anthony Jackson gearbeitet. Anthony Jackson brachte 1982 immer wieder den Schmauchspurentest und den Metallspurentest zur Sprache, hatte also offensichtlich Kenntnisse über die möglichen Tests. George Fassnacht, der für seine Tätigkeit eine Rechnung über 750 US-$ ausstellte, hat ihn mit Sicherheit ausführlich beraten. Darüber hinaus war Anthony Jackson mehrere Jahre lang als Beweismitteltechniker der Polizei von Philadelphia angestellt, verfügte also über eigene Erfahrungen im Umgang mit Beweismitteln. Trotzdem kam 1982 keiner von beiden auf die Idee, auf den Riechtest hinzuweisen. Deshalb ist es nicht naheliegend, diesen Test als Standard anzusehen. Es läßt sich auch nicht erklären, weshalb ein so unsicherer Test, dessen Ergebnisse nicht reproduzierbar sind, zum Standardrepertoire der Polizei gehören sollte. Für die Polizisten vor Ort ist es sehr viel naheliegender, daß eine spätere ballistische Untersuchung zu unwiderlegbaren Ergebnissen führen wird. Daher ist es nicht einmal ein echtes Versäumnis der Polizisten, daß sie diesen Test unterlassen haben. Noch unlogischer ist es, dies als Teil einer Verschwörung anzusehen, da es für die Polizisten einfach gewesen wäre ein belastendes Ergebnis zu „erfinden“.
Der Schmauchspurentest gehörte bereits 1981 zum Standardrepertoire der Polizei. Auch Arnold Howard hat in seiner ansonsten nicht besonders glaubwürdigen Zeugenaussage erklärt, er wäre im Polizeigebäude einem solchen Test unterzogen worden. Trotzdem wurden Abu-Jamals Hände nicht getestet. Leonard Weinglass hat in der für ihn so typischen Weise im Sinne einer Verschwörungstheorie argumentiert und gemeint, dies wäre von der Polizei vielleicht bewußt unterlassen worden, um Abu-Jamals Unschuld nicht beweisen zu können. Wie schon so oft hat er Unsinn geredet. Die Staatsanwaltschaft wollte die Sinnhaftigkeit des Tests herunterspielen, weil Abu-Jamal durch die Art des Transports ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, seine Hände abzuwischen. Dies hätte das Ergebnis tatsächlich beeinflussen können, war aber sicherlich nicht der Grund weshalb die beteiligten Polizisten den Test unterlassen haben.
Die Erklärung, weshalb der Schmauchspurentest nicht durchgeführt wurde, ist eigentlich ganz einfach und geht aus den Aussagen der beteiligten Polizisten hervor. Der Mord geschah um etwa 3:52 und die ersten Polizisten erreichten den Tatort noch in derselben Minute. Die Polizisten nahmen Abu-Jamal fest und brachten ihn zu einem Auto. Es war ganz einfach nicht ihre Aufgabe, Abu-Jamals Hände an Ort und Stelle zu testen. Das sollte erst im Polizeigebäude geschehen. Eventuell hätte dies auch Roy Land von der Spurensicherung durchführen können. Dieser erreichte den Tatort aber erst um 4:15, während Abu-Jamal schon vorher abtransportiert wurde. Abu-Jamal war ursprünglich auf dem Weg zum Polizeigebäude, wo seine Hände getestet werden hätten können, aber während der Fahrt wurde er statt dessen zum Jefferson-Krankenhaus umgelenkt. Dies geht eindeutig aus Gary Wakshuls Bericht vom 9.12.1981 hervor.
- As per orders from Inspector Giordano, we were to proceed, with the male, to the Homicide Unit, but enrout, these orders were amended via police radio and we were informed to go to Jefferson Hospital and to have the male treated for any injuries.
Bericht von Gary Wakshul, 9.12.1981
Ab seiner Einlieferung ins Krankenhaus war die Durchführung des Schmauchspurentests eigentlich schon unmöglich. Vor dem Beginn der Behandlung wurde seine Kleidung entfernt und er wurde gereinigt. Während der Behandlung war die Durchführung des Tests nicht möglich und danach wäre der Test sinnlos gewesen. Tatsächlich wurde dies auch nicht versucht. Weder Roy Land am Tatort noch die Polizisten im Polizeigebäude erhielten die Gelegenheit, Abu-Jamals Hände zu testen. Offensichtlich hat in der ersten Stunde nach der Tat niemand bemerkt, daß dieser eine Test nicht durchgeführt wurde. Danach war es zu spät. Es als Teil einer Verschwörung zu sehen ist jedoch vollkommener Unsinn. Zunächst einmal stand nicht genügend Zeit zur Verfügung. Verschwörungen benötigen aber stets Zeit zur Vorbereitung. Darüber hinaus hätte ein Detektiv der Abu-Jamal belasten wollte, gerade auf diesen Test bestehen müssen. Abu-Jamal wurde neben seiner Waffe und neben einem toten Polizisten gefunden, und bis 4:25 hatten bereits 3 Augenzeugen gegen ihn ausgesagt, wobei ihn 2 dieser Augenzeugen noch am Tatort identifizieren konnten. Für die Polizei ergab sich während des für den Schmauchspurentest relevanten Zeitraums ein eindeutiges Bild. Gemessen am Kenntnisstand der Polizei in der ersten Stunde nach der Tat war die Unterlassung dieses Tests ein Ermittlungsfehler, da die Polizisten mit Sicherheit ein belastendes Ergebnis erwarten durften. Die Tatsache, daß dieser Test nicht durchgeführt wurde, kann also keinesfalls eine Verschwörung gegen Abu-Jamal andeuten.
Am Ende bleibt nur die Feststellung, daß diese Tests nicht durchgeführt wurden und daher auch nicht verwertet werden können.
Welche Fakten waren 1982 bekannt?
Am 2.7.1982 belehrte Richter Sabo die Geschworenen darüber, daß sie entscheiden müssen, ob der Staatsanwalt die Schuld des Angeklagten jenseits eines begründeten Zweifels bewiesen hat. Dies müsse aber nicht jenseits jeglichen Zweifels oder mit einer mathematischen Gewißheit erfolgen.
- [...] this does not mean that the Commonwealth must prove its case beyond all doubt and to a mathematical certainty.
Verhandlungsprotokoll vom 2.7.1982, S.14
Für die Waffe Abu-Jamals muß dementsprechend die Frage beantwortet werden, ob sie jenseits eines begründeten Zweifels als die Tatwaffe angesehen werden kann. Daher möchte ich die Informationen darstellen, welche den Geschworenen zur Verfügung standen. Dies sind die gleichen Informationen, welche nach dem Abschluß der PCRA-Anhörungen zur Verfügung standen. Die ganze Geschichte über Kaliber 44 ist keine Information, sondern ein Märchen, und das nicht weitergereichte Bleifragment ändert auch nichts an den vorliegenden Informationen.
Damit eine Waffe als Tatwaffe in Frage kommt, muß sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Im Folgenden möchte ich diese Bedingungen mit Abu-Jamals Revolver vergleichen.
- Die Tatwaffe muß zum Zeitpunkt der Tat am Tatort gewesen sein.
Nur 30 bis 45 Sekunden nach dem letzten Schuß wurde Abu-Jamals Waffe am Tatort vorgefunden. Bis heute konnte kein Zeuge glaubwürdig aussagen, daß eine andere Person in diesem kurzen Zeitraum den Tatort mitsamt der Tatwaffe verlassen hat. Für Anhänger des Mythos vom fliehenden Mann mag dies vielleicht einseitig klingen, aber die besten Beschreibungen des fliehenden Mannes stammen noch immer von Hightower und Chobert, und diese Beschreibungen sind alles andere als überzeugend (eine Zusammenfassung auf Englisch finden sie hier). Andererseits ging sogar Singletarys Märchen davon aus, daß die Tatwaffe am Tatort verblieben ist.
- Die Tatwaffe befand sich während der Ausübung des Verbrechens außerhalb des Halfters.
Nur 30 bis 45 Sekunden nach dem letzten Schuß wurde Abu-Jamals Waffe außerhalb des Schulterhalfters am Gehsteig liegend vorgefunden. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß eine andere Person seinen Revolver gezogen und dorthin gelegt hat oder daß er selbst die Waffe erst später gezogen hat. Wäre die Waffe unbenutzt gewesen, hätte sie sich noch im Schulterhalfter befinden müssen. Wirre Verschwörungstheorien, in denen ein Polizist die Waffe aus Abu-Jamals Schulterhalfter genommen hat, sind nichts weiter als wirre Verschwörungstheorien ohne Basis.
- Die Tatwaffe muß am Beginn der Schießerei von der Straße aus abgefeuert worden sein.
Mumia Abu-Jamal wurde von Scanlan, White und Magilton dabei beobachtet, wie er vom Parkplatz kommend die Straße überquert hat. Kein Zeuge hat von einer weiteren Person gesprochen welche an dieser Stelle war als die ersten Schüsse abgefeuert wurden.
- Die Tatwaffe war vom Kaliber 38 und verfügte über einen Lauf mit 8 rechtsdrehenden Zügen.
Abu-Jamals Waffe war vom Kaliber 38 und verfügte über einen Lauf mit 8 rechtsdrehenden Zügen.
- Aus der Tatwaffe wurden vier oder mehr Schüsse abgefeuert.
Abu-Jamals Waffe enthielt 5 leere Patronenhülsen und die entsprechenden Verbrennungsrückstände. Irgendwann mußte diese Waffe also abgefeuert worden sein. Theoretisch könnte er eine leere Waffe mit sich geführt haben, aber aus drei Gründen klingt dies nicht überzeugend.
- Eine nicht funktionsbereite Waffe könnte lediglich zur Abschreckung dienen, was grundsätzlich wenig wahrscheinlich und auch gefährlich ist, aber zumindest eine Möglichkeit darstellt. In diesem Fall handelte es sich aber um eine kleine, versteckt getragene Waffe, von der ein potentieller Angreifer nichts bemerkt hätte. Sie eignete sich daher nicht zur Abschreckung. Ohne funktionsfähige Munition wäre sie nutzlos gewesen.
- Die Waffe war nicht bloß leer, sondern leergeschossen. Wenn dies nicht in der Tatnacht geschehen ist, müßte Abu-Jamal eine ungereinigte Waffe mit fünf abgefeuerten Patronen in sein Schulterhalfter gesteckt haben. Dies ist noch unglaubwürdiger als eine gänzlich leere Waffe mit sich zu führen. So etwas geschieht auch nicht versehentlich. Wenn die Waffe bereits leergeschossen war, wußte Abu-Jamal darüber Bescheid.
- Die Waffe lag neben Abu-Jamal am Gehsteig. Wäre die Waffe schon vorher leer gewesen, hätte er keinen Grund gehabt, diese zu ziehen. Er hat zwar laut Robert Shoemaker nach seiner Waffe gegriffen als sie bereits leer war, es ist aber sehr viel leichter vorstellbar, daß er während der Schießerei den Überblick über die Anzahl der abgegebenen Schüsse verloren hat, sich also in diesem Augenblick dessen nicht bewußt war.
- Die Tatwaffe enthielt zwei Sorten Munition, wovon zwei oder mehr Patronen von Federal stammten und zumindest eine Patrone von einer anderen Bauart war (Projektil mit Kupfermantel).
Abu-Jamals Waffe enthielt vier Patronenhülsen der Marke Federal und eine Patronenhülse der Marke Smith & Wesson.
- Die Eintrittswunde in Daniel Faulkners Gesicht war besonders schwerwiegend und stimmte mit den Auswirkungen von Munition der Type +P überein. Sie war sogar so schwerwiegend, daß Dr. Hoyer das Kaliber größer einschätzte als es tatsächlich war.
Die Patronen in Abu-Jamals Waffe waren vom Typ +P.
Die PCRA-Anhörung zeigte einen zusätzlichen Punkt auf.
- Die Verteidigung erhielt die Möglichkeit, die ballistischen Beweismittel durch ihren eigenen Experten überprüfen zu lassen, und sie hat diese Möglichkeit ignoriert. Kein Unschuldiger würde so handeln.
Unterstützer Abu-Jamals weisen immer wieder darauf hin, daß das tödliche Projektil nicht eindeutig der Waffe Abu-Jamals zugeordnet werden konnte. Es stimmt, daß das tödliche Projektil theoretisch auch von Millionen anderer Waffen abgefeuert worden sein hätte können, aber diese Millionen Waffen wurden nicht Sekunden nach der Tat mit fünf abgefeuerten Patronenhülsen am Tatort aufgefunden. Diese Millionen Waffen befanden sich auch nicht zum richtigen Zeitpunkt auf der Straße vor Locust 1234 und waren nicht mit zwei verschiedenen Sorten Munition geladen, wobei mindestens zwei von Federal stammten. All diese anderen Waffen passen nicht zu den Beweisen dieses Falls.
Abu-Jamals Charter-Arms-Revolver konnte nicht mit mathematischer Gewißheit als Tatwaffe bestimmt werden. Die verfügbaren Beweise reichen jedoch für eine Feststellung jenseits eines begründeten Zweifels aus. Mumia Abu-Jamals Waffe war die Tatwaffe!
Abu-Jamals eidesstattliche Erklärung
Seit dem 3. Mai 2001 liegt eine eidesstattliche Erklärung Mumia Abu-Jamals vor. Kommentatoren haben diese Erklärung von Anfang an kritisiert und auf die vielen Lücken hingewiesen. Sogar Unterstützer Abu-Jamals halten sie für unglaubwürdig. Lindorff und Schiffmann, zwei Autoren von Büchern zugunsten Abu-Jamals, zählen zu diesen Kritikern. Lindorff widerspricht der Erklärung ausdrücklich, während Schiffmann sie bei der Beschreibung des möglichen Tatablaufs ignoriert. Tatsächlich war die Erklärung Abu-Jamals Teil einer Verschwörung, mit der seine Anwälte um Eliot Grossman die Geschichte Arnold Beverlys vor Gericht bringen wollten.
Trotzdem die Erklärung sehr viele Lücken aufweist, ist sie in bezug auf seine Waffe interessant. Abu-Jamal erwähnt seine Waffe mit keinem einzigen Wort. Hat er die Waffe dabeigehabt oder nicht? Sie wurde mit 5 abgefeuerten Patronenhülsen am Tatort vorgefunden und Abu-Jamal hat ein leeres Schulterhalfter getragen. Wenn er sie dabei hatte müßte er erklären wann er die Waffe abgefeuert hat. Sollte er tatsächlich eine leere Waffe mit sich herumgetragen haben, oder hat er zum Spaß fünfmal in die Luft geschossen? Wenn er sie nicht dabei hatte, müßte er erklären, wo er sie gehabt hat oder eventuell wem er sie gegeben hat. Und es wäre in diesem Fall auch interessant zu erfahren, warum er ein leeres Schulterhalfter getragen hat. Er schreibt zwar, daß er nach dem Treffer in seine Brust das Bewußtsein verlor, kann damit aber das vollständige Fehlen von Informationen über seine Waffe nicht erklären. Diese Angaben beziehen sich auf den Zustand vor der Schießerei, weshalb sie auch nicht von seiner eingeschränkten Wahrnehmungsfähigkeit nach dem Treffer in die Brust abhängen. Außerdem ist Abu-Jamal klug genug um zu wissen wie wichtig solche Angaben wären. In Wirklichkeit soll diese Erklärung nichts erklären, sondern nur verschleiern.
Seit Abu-Jamal in dieser extremen Weise versucht hat, eine Aufklärung offener Fragen zu seinen Gunsten zu verhindern, hat sich auch die Bewertung seine Waffe geändert. Zuvor gab es keine begründeten Zweifel daran, daß seine Waffe die Tatwaffe war. Lediglich vereinzelte, schwache Zweifel hätten noch konstruiert werden können. Die Behauptung, er hätte eine leergeschossene Waffe mit sich geführt, hätte vielleicht einen Zweifel aber sicherlich keinen begründeten Zweifel erwecken können. Noch unglaubwürdiger wäre die Behauptung gewesen, er hätte seine Waffe nicht selbst gezogen. Aber all diese zwar unwahrscheinlichen jedoch theoretisch denkbaren Zweifel sind mittlerweile hinfällig. Seit der Veröffentlichung seiner eidesstattlichen Erklärung, in der er es vorsätzlich unterlassen hat, Auskunft über seine Waffe zu geben, gibt es keinerlei Zweifel mehr, egal ob diese begründet sind oder nicht. Lediglich die mathematische Gewißheit bleibt unerreichbar.
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