Mumia Abu-Jamal - Eine Analyse
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Was bleibt übrig?

Seit 1995 sind auch andere Bücher entstanden, die sich für die Aufhebung des Todesurteils gegen Mumia Abu-Jamal eingesetzt haben. Ganz besonders meine ich damit Race for Justice von Leonard Weinglass, Executing Justice von Daniel Williams und Killing Time von David Lindorff.
Leonard Weinglass brachte seinen Fall wie ein Anwalt vor und versuchte Zweifel zu wecken ohne eine Lösung des Mordfalls anzubieten. Ob sein Buch einflußreich war läßt sich nicht abschätzen. Es bot den Unterstützern Abu-Jamals keine Erklärungen zum Tathergang und unterstützte die längst schon diskreditierten Mythen.
Daniel Williams war für besagte Unterstützer schon eine schwieriger zu verdauende Kost. So sehr er sich auch für seinen Mandanten einsetzte, ließ er keinen Zweifel daran, was er von Singletary, Harmon, Jenkins, Beverly und ganz besonders von Rachel Wolkenstein hielt. Viele der Mythen basieren auf deren Aussagen und Erklärungen. Wenn sogar Abu-Jamals Anwalt diese Behauptungen in Zweifel zieht, wird es schwierig diese zu verteidigen. In jedem Fall wird damit die Ehrlichkeit der Anwälte und die Richtigkeit ihrer juristischen Manöver in ein schiefes Licht gerückt. Konsequenterweise wird sein Buch bis heute immer wieder von Gegnern Abu-Jamals zitiert.
Ähnlich verhielt es sich mit David Lindorff. Auch sein Buch war oberflächlich betrachtet auf der Seite Abu-Jamals. Er kritisierte aber trotzdem einige Dinge wie das Geständnis Arnold Beverlys. Von anderen Dingen sagte er, er könne sie nicht erklären. Kurz nachdem er in einer Übersicht die Probleme der offiziellen Seite des Falls beschreibt, diskutiert er auch die Probleme der Verteidigung und weist einige der Behauptungen von Unterstützern Abu-Jamals zurück. Unter anderem stellt er das lange Schweigen der Brüder als verdächtig hin. Auch die vagen Andeutungen in Abu-Jamals Erklärung aus dem Jahre 2001 sind ihm in diesem Überblick eine kritische Anmerkung wert, nicht aber das Fehlen eines Kommentars zu dessen Waffe. Am Ende erklärte er Abu-Jamal nicht für unschuldig, sondern meinte nur er würde eher zu unschuldig neigen. Lindorff hat offensichtlich niemals versucht die Wirkung seines Buches auf die Leser zu untersuchen. Killing Time ist so hoffnungslos einseitig und lückenhaft, daß ich es wage dem Autor zu unterstellen, er hätte von Anfang an beabsichtigt ein Buch für Abu-Jamal zu schreiben. Für einen uninformierten Leser der nicht mehr als nur einige Bruchstücke des Falles kennt war es sicherlich interessant zu erfahren, daß nicht alle Mythen der Wahrheit entsprechen. Offensichtlich haben Unterstützer auch schon gelogen. Für einen gut informierten Leser waren die Lücken in Lindorffs Beschreibung auffällig und verdächtig. Schließlich war auch der harte Kern der Unterstützer unzufrieden, da Lindorff das Geständnis Arnold Beverlys ablehnte. Sein Einfluß konnte nicht im Sinne Abu-Jamals sein. Abu-Jamals ehemaliger Anwalt Grossman bezichtigte ihn sogar, er hätte in der Verkleidung eines Unterstützers ein Buch gegen Abu-Jamal verfaßt. Ein anderer Rezensent hielt das Werk teilweise für gut, aber durch die Ablehnung Beverlys für grundsätzlich verdorben. So wie Daniel Williams Zweifel an den juristischen Aktionen der Anwälte erweckt, läßt David Lindorff Zweifel an den Gründen für Abu-Jamals behauptete Unschuld entstehen.
Grossman hat etwas erkannt, was den meisten Kommentatoren anscheinend entgangen ist. Wenn man nur gegen das Verfahren vorgeht, kann man unbedarfte Leser sehr leicht gegen die Justiz aufbringen. Außerdem ist es einfacher, Fehler und Unstimmigkeiten zu kritisieren als diese aufzuklären. Sobald man aber eine konstruktive Erklärung sucht oder Details beleuchtet, bewegt man sich auf glattem Grund. Dann müssen die angebotenen Erklärungen Sinn ergeben. Je detaillierter eine Beschreibung ist, desto eher wird sie auf Probleme stoßen. Sie wird aber beinahe nie einen Umschwung zugunsten Abu-Jamals bedeuten. Die meisten Leser dieser Bücher unterstützen ihn ohnehin. Solche Leser, die ihn nicht unterstützen oder gar für schuldig halten, lassen sich von halben Argumenten kaum überzeugen. Die meisten kennen den Fall zu gut um sich über die Lücken täuschen zu lassen. Andererseits können unlogische Lücken zum Nachdenken zwingen. Als Beispiel möchte ich Singletary erwähnen. Er konnte nur diejenigen von Abu-Jamals Unschuld überzeugen, die ohnehin schon daran glaubten. Als aber sogar Anwalt Daniel Williams ihn eine Katastrophe nannte, gingen auch Unterstützer Abu-Jamals auf Distanz. Selbst die leise Kritik eines Freundes hat sehr viel mehr Gewicht als der frontale Angriff eines Gegners. Wenn sogar ein Unterstützer Abu-Jamals ein Argument der Verteidigung verwirft, tut er dies wohl kaum aus böser Absicht, sondern weil das Argument schlecht ist. Ein mir persönlich bekannter Fall betrifft Abu-Jamals eigene Aussage. Darin bezeichnet er sich als unschuldig. Jedoch hat das Fehlen jeglicher Andeutung über seine Waffe zumindest für eine Person den Ausschlag für einen Meinungswechsel bedeutet.
Einen ähnlichen Einfluß prophezeie ich Wettlauf gegen den Tod. Bislang ist das tatsächliche Geschehen am Tatort im Dunkeln geblieben. Dieses Buch wird jedoch einige Leser zum Nachdenken verleiten. Wenn sie das darin geschilderte Szenario erst einmal als den Unsinn erkannt haben der es ist, wird dadurch unweigerlich die Erkenntnis entstehen, daß nur noch Abu-Jamal als Täter in Frage kommt. Auch dieses Buch wird keinen einigermaßen informierten Leser von Abu-Jamals Unschuld überzeugen können. Es ist ohnehin nur an die Anhänger des Mumia-Kults gerichtet. Für die Überzeugungen dieser Leser stellt es aber eine echte Gefahr dar.
Leonard Weinglass hat versucht die behauptete Unschuld Abu-Jamals mit dem fliehenden Täter zu erklären. Nur wenige stellten die Frage, wohin diese Person geflohen sein soll. Es wurde auch nicht genau hinterfragt wie viele es gewesen sein sollen. Allein diese Fragen hätten den Wert des fliehenden Täters stark verringert. Die wesentlich wichtigere Frage wurden bislang noch nicht in ebenso direkter Form gestellt. Woher kam dieser Täter? Auch andere Fragen wurden nur selten gestellt. Wie konnte sich der unbekannte Täter unbemerkt anschleichen und wieso haben die beiden Brüder nichts über ihn gesagt? Da Wettlauf gegen den Tod eine Alternative bieten wollte, mußte es sich diesem Problem stellen. Zuvor gab es unzählige Möglichkeiten, welcher Täter auf welchem Weg geflohen sein konnte. Jetzt gibt es aber nur noch eine Möglichkeit, welcher Täter woher gekommen sein konnte. Dies liegt nicht an der veröffentlichten Theorie, sondern an der Beengtheit des Tatorts und den fehlenden Alternativen. Sinnvollerweise konnte ein alternativer Täter nur aus dem Volkswagen kommen. Schiffmann ist nicht dafür verantwortlich, daß es mehr keine anderen Alternativen gibt, sondern nur dafür, daß es jetzt offensichtlich ist. Er hat nicht bloß ein Szenario aus vielen Möglichkeiten ausgewählt, sondern gezeigt, daß es auf die einfache Frage nach dem Woher keine andere sinnvolle Antwort gibt. Wenn diese eine Möglichkeit nicht zutrifft, kommt nur noch Mumia Abu-Jamal als Täter in Frage. Eine dritte Möglichkeit ist nicht in Sicht. Beim Nachweis, daß dieses Szenario der Wirklichkeit entspricht, ist er trotzdem er erfindungsreich war kläglich gescheitert. Deshalb kann Wettlauf gegen den Tod, falls es hinreichend ernst genommen wird, für Abu-Jamal tatsächlich zum vielzitierten Nagel in den Sarg werden.



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