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tu-aikido
:::::: henryk's essays unter dem kirschbaum |
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Mittwoch, 17. November
2004 |
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Achtung:
Wer diese Zeilen ließt, dem sei geraten sich zuerst mein
>>Statement<<
durchzulesen, denn hinterher meckern gilt nicht! ;oj |
Thema Stilrichtungen
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Seit etwas über einem Jahr habe
ich nun Gelegenheit verschiedene Schulen des AIKIDO und ihren jeweiligen Stil zu
studieren. Dazu habe ich meine Tainingspensum deutlich erhöht. Wenn
irgend möglich, trainiere ich bis zu vier Mal in der Woche, was leider
nicht immer klappt und nur möglich ist, weil die Trainingseinheiten abends liegen.
Jedes Training weist besondere Eigenheiten auf und unterscheidet sich
grundsätzlich von den anderen. - Es ist nun nicht meine Absicht hier
durch ein Werturteil zu entscheiden, welche der AIKIDO-Formen die
Bessere oder die Richtige ist; ganz im Gegenteil! Vielmehr möchte
ich Unterschiede aufzeigen, aber auch besonders hervorheben, dass es
sich ja bei allen Formen letzten Endes und bei allen Unterschieden
doch um AIKIDO handelt. – Die Stile verhalten sich in meinem
Verständnis komplementär zueinander. Obwohl sie bestimmte
Elemente des AIKIDO anders interpretieren, weichen sie in den
Fundamenten nicht maßgeblich voneinander ab.
Von Anfang an ist zu bemerken, dass die Schulen ihre
charakteristischen Eigenarten interpretativen Erwägungen ihrer Gründer
verdanken. Alle drei - der von mir studierten Schulen - wurden von direkten Schülern Ueshibas
gegründet, und auf dieser
Tatsache beruhen die offensichtlichen Gemeinsamkeiten.
Für mich
schlicht unverständlich, sind die offene Diskrepanz und strikte
Trennung, welche auf allen Seiten gegenüber den anderen getrieben
wird. Diese grenzt nicht selten an sprichwörtliche Anfeindung und
Respektlosigkeit gegenüber den Überzeugungen der anderen. Es erscheint
mir also legitim von einer Enklavenbildung oder Gettoisierung im
AIKIDO zu sprechen.
Was durch sensei Morihei Ueshiba als eine Geisteshaltung begründet
wurde, verkommt heute in eine manifeste Rivalität, wobei alle
Beteiligten um die selben Mitglieder ringen.
Es wird zwar so getan, "als ob" man nichts weiter auf die Unterschiede
gäbe, aber fragt man nach, bekommt man überzeugte und genaue Auskunft
über "die anderen und ihr Pseudo-AIKIDO". – Ich möchte nicht weiter
darauf eingehen, aber den Umstand einfach mal so im Raum stehen
lassen und es jedem selbst überlassen, über diesen Missstand nachzusinnen.
Für mich war die Möglichkeit Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu
studieren und zu erleben eine wirkliche Bereicherung. Jede der "Formen
des AIKIDO" steuert – auch unbewusst - einen erheblichen Teil zum
Erhalt der Lehren O’Senseis bei, und bildet so einen der Bausteine des
Weges.
Ich kann jedem engagierten Aikidoka nur nahe legen, mindestens einmal
während des lebenslangen Studiums über einen längeren Zeitraum auch
bei einer anderen Schule zu trainieren. – Statt, wie man
denken könnte, durch die Unterschiedlichkeit der Techniken durcheinander zu kommen, handelt es sich eher um eine
befreiende Erfahrung, denn die - im Laufe der Zeit unwillkürlich
erworbenen - Scheuklappen der eigenen Stilrichtung schränken das eigene
Wahrnehmungsfeld deutlich ein und verhindern den Blick über den
Tellerrand. Die neue -und unterschiedliche Wahrnehmung von Form und
Technik erhellt auf diese Weise Teile des - tief im Unterbewusstsein
ruhenden - eigenen Wissens. Plötzlich eröffnet sich ein Verständnis für
jene unbewussten Bereiche von Form und Technik, aber auch des Geistes,
die bisher für Probleme gesorgt hatten. So wirken diese Erfahrungen
mit anderen Stilrichtungen klärend und fördern die Ausgewogenheit der
Techniken.
In meinem Fall konnte ich folgende Schulen gegenüberstellen:
AIKIKAI |
Französische Rezeption |
KI-AIKIDO |
traditionellste Form, nach Überlieferung durch den jeweiligen
Doshu
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dem
europäischen Kulturkreis angepasst, nach Christian Tissier |
nach
Koichi Tohei |
strikte, sehr rigide Einhaltung der Formen
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körperbetonte Formen |
kein
freier Fall mehr |
Schrittfolge, Körper- und Handbewegungen genau vorgegeben
|
etwas
andere Eingänge, sportlichere Wahrnehmung, weniger strikte
Dojoettikette |
körperlich unbetont, Körperkontakt zwischen den Partnern auf ein
Minimum reduziert |
verstärkter Einsatz der Atemkraft (Kokyu) |
tiefes
Zentrum |
Energiefluss orientiert, Kozeptionelle Verlagerung vom Zentrum auf
zwei äußere Linien; die eigene Bewegung bewegt den Partner, bzw.
den Kontakt |
Ich hatte das Glück beim Hochschulsport der Humboldt
Universität, bzw. dem dortigen AIKIDO-Kurs auf Markus Stobbe und Björn
... zu stoßen.
Beide stammen ursprünglich aus der Tradition des AIKIKAI, sind heute
aber verbandslos. Dieser Zustand hat es ihnen erlaubt - nach den
entsprechenden Graduierungen innerhalb ihrer ehemaligen Verbände - einen
Befreiungsprozess zu durchlaufen. – Heute zeichnet sich ihr AIKIDO
durch die Harmonie und Sanftheit der Ausführung und die absolute
Ungebundenheit der Form aus. Während der Übungen liegt das
Hauptaugenmerk auf der instinktiven Kontaktaufnahme, dem passend
"getimten" Eingang und der ungezwungenen und möglichst freien Ausführung
der Technik.
Nicht selten kommt es zu einer – man könnte meinen – formlosen
Ausführung , aber durch die extreme Freiheit der Bewegung werden oft
bessere und unvergleichlich sichere
Ausführungen erreicht. Zu keiner Zeit fühlt man sich als Nage (Tori)
an bestimmte Bewegungskonventionen gebunden, die einen von der
richtigen Atmung, der adäquaten Kontaktaufnahme, der Ki-Aufnahme- und
Projektion ablenken.
Auch läuft man keinen Moment lang Gefahr sich so falsche
Bewegungsabläufe einzuprägen, da sich aus der natürlichen Ausführung
fast automatisch passende Bewegungsschemata ergeben. Durch ständige
Wiederholung kommt man sozusagen von allein auf die richtigen
Schrittfolgen und die Körper- und Handbewegungen. Zusammen mit den
behutsamen Korrekturen von Markus und Björn – die hauptsächlich auf
die eigene Wahrnehmung und deren Schärfung abzielen – kommt man zu
einem äußerst dynamischen und befriedigenden Übungsablauf.
Zu einem späteren Zeitpunkt möchte ich gern
genauer auf das Element der Dynamik zu sprechen kommen, welches mir zur Zeit im Kopf herum
geistert: ...
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Update 17.11. |
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Thema statische Ausführung
der Übungen |
Obwohl anfangs unverzichtbar – da man mit den einzelnen Phasen der
Bewegung und dem Sortieren der eigenen Beine beschäftigt ist – zeigt
sich die statische Form der Ausführung der Techniken (sowohl Angriff,
als auch Verteidigung) bald als sehr unbefriedigend. Spätestens wenn
ein Kontakt stehend, also statisch zustande gekommen ist, wird die
Durchführung einer Technik zusehends schwieriger, um nicht zu sagen
unmöglich. Die Ki-Entwicklung des Angreifers ist durch die stehende
Blockade des Nage (Tori) gestoppt, der Ki-Fluss somit unterbrochen.
Unter diesen Umständen verwandelt sich die Technik in ein Zerren und
Reißen, wobei Nage versucht, Uke mit Armkraft in die gewünschte
Position zu bringen. Dies steht allen Prinzipien des AIKIDO
offensichtlich entgegen, geht es doch um die harmonische Ergänzung der
Bewegungen des Partners, die Überführung und Weiterleitung der
Angriffsenergien eines Individuums durch ein anderes, das sich mit ihm
verbindet, wobei der Gleichklang der gemeinsamen Bewegung das erklärte
Ziel sein sollte.
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Thema Grundposition |
Gerade am Anfang kann es
sein, dass man die AIKIDO-Grundposition (Kamae) als gezwungen und
unnatürlich wahrnimmt.
Steht man zu aufrecht, dann läuft man Gefahr nicht genug mit dem Boden
verbunden zu sein, somit dem Zentrum nicht genug Auflagefläche zu
bieten und innerlich, wie äußerlich "instabil", also nicht im
Gleichgewicht zu stehen. Aus dieser mangelnden Stabilität heraus ist
es schwer sich harmonisch und sicher in alle Richtungen zu bewegen,
geschweige denn, die richtige Distanz (ma-ai) zum Partner aufzubauen.
Steht man hingegen zu tief (den Körperschwerpunkt lotrecht über der
schulterbreiten Trittfläche, die Knie tief gebeugt), so verliert man
unter Umständen die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit - zumal
man sich erst wieder erheben muss - um eine Bewegung einleiten zu
können.
So sind beide dargestellten Formen als Positionen anscheinend ungeeignet um eine
Technik zu beginnen. Es bleibt mal wieder der goldene Mittelweg:
erfahrene Aikidoka erwarten einen Angriff oft in der neutralen oder
natürlichen Körperstellung (Shizentai). In ihr steht der Aikidoka
frontal zum Partner, die Füße etwa schulterbreit geöffnet, die
Arme hängen zwanglos herab. - Diese Position ermöglicht durch die natürliche
Ausgeglichenheit der Haltung eine uneingeschränkte Bewegung in alle
Richtungen. Sie verlangt allerdings auch einen wachen Instinkt und ein
geschultes Auge, um Eingang und Technik an den unerwarteten und
schnellen Angriff
- mit ebenso hoher Geschwindigkeit - anzupassen.
Für den Anfänger besser geeignet, ist die AIKIDO-Grundstellung
(Kamae). In ihr zeigt der vordere Fuß in Richtung Uke (Angreifer),
während der hintere Fuß quer gestellt wird (etwa 90° in Form einer
spitzen Pyramide). Die Knie sind leicht gebeugt und flexibel "ich
stehe tief..., ich stehe gut" (Zitat Horst). Die Körperschmalseite
wird dem Angreifer angeboten, die Schwerthand (vordere Hand) zeigt
offen auf Uke, bietet ihm quasi eine Fläche für seinen Angriff. Wir
stehen gerade so tief, dass eine hohe Stabilität gegeben- und ein
Maximum an Bewegungsfreiheit gewährleistet wird.
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Thema Bewegung
(Laufen, Rennen, Gleiten) |
Ein besonders auffälliges
Merkmal des traditionellen AIKIDO ist seine Erdverbundenheit.1
Der kontinuierliche Kontakt mit dem Boden verleiht - zusammen mit
einer harmonischen Ki-Projektion, einer kraftvollen Atmung und einem
starken Zentrum - Stabilität und Ausgeglichenheit.
Der Aikidoka wird versuchen seinen Körperschwerpunkt, sein Zentrum
(Hara), tief und stabil zu halten, es in ein flexibles aber festes
Gleichgewicht zu "stellen". Hierzu geschehen alle seine Laufbewegungen
auf einer horizontalen Ebene. Geht oder läuft der Aikidoka (vor- oder
rückwärts), so gleitet er über die Matte. Seine Füße verlassen die
Matte dabei nicht, sie gleiten, wie beim Skateschritt des
Rollerbladens (Zitat Horst). Kopf, Augen und Zentrum bewegen sich
zwar auf konstanten horizontalen, kreisrunden oder elliptischen Bahnen,
aber sie bleiben immer auf einer einzigen vertikalen Ebene. - Bildlich
gesprochen fühlt es sich an, als würde man in einem niedrigen Raum
konstant Kontakt mit dem Kopf zur Decke und mit den Füßen zum Boden
haben.P.S.:
Danke Seva, für die Inspiration und den Vergleich!

1
Interessant wäre hier der direkte Vergleich mit den Bewegungsformen
des KI-AIKIDO. Diesen werde ich an anderer Stelle noch aufgreifen.
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Thema Angriff |
Ich bin kein Samurai! ;oJ
- Mir wurde diese Tatsache schon sehr früh bewusst, als ich anfangs
oft durch eine bestimmte innere Haltung versuchte dem Ideal des
"perfekten Kriegers" nachzueifern. Dabei verstand ich das Konzept
der nötigen Grundspannung schlichtweg falsch. Ich glaubte eine innere,
schnelle und explosive Körperspannung, wie sie z.B. im
Shotokan-KARATE-Do üblich ist, wäre auch im AIKIDO der geeignete Weg
einen Angriff zu empfangen und eine Technik auszuführen. Dabei geriet
meine Intention aus dem Gleichgewicht und ich kam vom rechten Weg ab.
Erst als meine Übungen stockten und ich bei meinen Partnern
(Ver)spannungen bemerkte, sah ich ein, dass eine harmonische
Grundspannung - ein sprichwörtliches Wachsein (zanshin), auch in den
Gliedern - eine konstante Bereitschaft zu Handeln ohne innerlich zu
verkrampfen - Voraussetzung für eine erfolgreiche Technik ist.
Extreme sind also auch im AIKIDO nicht nur technikhemmend, sondern
auch für mich und meinen Partner gefährlich, zumal diese Verspannungen
nicht selten zu Verletzungen führen. Ich weiß wovon ich rede, da ich
mir unlängst bei einem extremen und unkontrollierten Angriff einen
doppelten Nasenbruch zuzog. :os
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Denkt an die Gesundheit
eurer Füße und die Sauberkeit der Matten; bringt euch deshalb bitte Latschen
mit !!! |
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