DIE BELAGERUNG VON MOSSADEGH
Mossadegh verband den Anspruch der nationalen Kapitalinteressen mit antifeudalen Forderungen der Bauern, wodurch die statische Herrschaft der persischen Krautjunker aus dem Sattel gehoben werden sollte. Sein Sieg wäre die nationale Verfügungsgewalt einer fortschrittlichen Produzentenklasse gegen eine nicht über ihre händlerische Säkularität hinauskommende Gesellschaft von Großgrundbesitzern und Hofbürokraten gewesen. Mossadegh scheiterte an dem, worüber die Hände verschiedener auswärtiger Interessen lagen, was aber die zentrale Garantie dieser nationalen Bourgeoisie werden sollte - dem Öl.

Nach der von ihm durchgesetzten Verstaatlichung der Erdölindustrie, die durch einen Boykott der betroffenen Konzerne auf dem Weltmarkt beantwortet wurde, stürzte das Regime Mossadegh beschleunigt in den Bankrott, wodurch die Existenz des nationalen Kapitalfokus in Frage gestellt war und deshalb,wie üblich in solchen Situationen, im Antiimperialismus das gefunden wurde, was gerade die Kräfte 'kompensierte, die den Sturz Mossadeghs hätten verhindern können.(4)

Die Massen wurden mit Versprechungen gefüttert, ohne daß die Ergebnisse anders ausgesehen hätten, als die eines Palais Luxembourg in Teheran, aus den zwielichtigen Bemühungen, einerseits nur dem Kapital eine Chance zu geben und gleichzeitig die Massen antifeudal bis antikapitalistisch aufzuputschen, was die Verlagerung der Auseinandersetzungen in einen politischen Machtkampf bewirkte, den das Militär entschied.

  

FLANKENSCHUTZ AUS DEM NORDEN
Eine gute Hilfe dabei war die Tudeh-Partei, die keine Interessen an einer nationalen Inbesitznahme gerade der Erdölindustrien hatte, sondern die Interessen der Sowjetunion propagierte, indem sie forderte, die Ausbeutung der nördlichen Erdölfelder unter sowjetischer Kontrolle vorzunehmen und die Bewaffnung der Arbeiter und die Besetzung der Ölfelder verhinderte, so daß das Militär schneller siegen konnte, als der Schah mit seinem Jet brauchte, um über Bagdad und Rom wieder nach Teheran zurückzukommen. Dieser nicht sehr mutige Vertreter einer verrotteten Dynastie konnte das Gefühl haben, nur einen Ausflug, der seinem Stand entsprach, gemacht zu haben.

Von nun an betrieb der Schah das, was Mossadegh im Kern durchgeführt hatte, ohne daß die in Gefahr geratenen Strukturen der Macht in Frage gestellt wurden durch seine weiße Revolution, die aus den Landlords eine stabile, um den Staat gruppierte Fabrikbesitzerklasse schuf. Die Quelle des Reichtums blieb staatlich, allerdings unter Neubeteiligung der ausländischen Konzerne. Nun herrschte eine erneute Nacht über Persien, aber das Proletariat begann das zu werden, was es heute ist, unabhängig davon zu sein, für die Interessen einer sich bildenden Klasse den Kopf hinzuhalten. Mossadegh war das für den Schah, was der 18. Brumaire des Louis Napoleon für die europäische Bourgeoisie war.

Im Gegensatz zu der Zeit vor 1950, als die iranische Bourgeoisie in der Verteidigung des nationalen Kapitalismus gegen den Imperialismus hauptsächlich antiimperialistische Züge trug, ist die nationale Bourgeoisie heute nur deswegen in einen Widerspruch zum Schah geraten, weil sie eine -für sie - gerechtere Verteilung von Profit und Macht, eine liberalere Einflechtung in die multinationale Abhängigkeit suchte. Ihr ideologisches Ideal ist eine Gesellschaft wie jene, die durch die französische Revolution von 1789 entstand, in der die demokratischen Errungenschaften der Bourgeoisie endlich die Möglichkeiten der Entfaltung bieten, die der aufgeklärten Welt eigen sind - was sich die Bourgeoisie auch vom Schah und seinen Modernisierungsprogrammen erhoffte.

So war die Nationale Front, die bourgeoise Opposition zum Schah, auch durchaus bereit gewesen, eine konstitutionelle Monarchie zu akzeptieren, wenn der Löwenanteil der freigesetzten Macht dabei in ihre Hände übergegangen wäre. Daß Chomeini als entschiedener Exponent des antimonarchistischen Kampfes schließlich ihre Unterstützung erhielt, erklärt sich einmal daraus, daß der Schah offensichtlich nicht in der Lage war, den Teil der Bourgeoisie, die 500 Besitzer der Betriebe (Industrie, Verkehr, Handel) mit mehr als 10 Beschäftigten, der wegen seiner Vergünstigungen und seiner rücksichtslosen monopolistischen Politik den 130. 000 Klein- und Mittelbourgeois gegenüber, den Besitzern der städtischen Betriebe mit bis zu 10 Beschäftigten, den Neid und den Haß eben dieser auf sich gezogen hatte, zu einem Verzicht auf seine überprivilegierte Stellung zu zwingen (5).

Zum zweiten war seit Bakhtiars Bemühungen um den Erhalt des Pfauenthrons, wofür er in einigen Schauprozessen wegen Korruption und Amtsmißbrauch auch die Köpfe einiger langjähriger Vertrauter des Schahs rollen lassen wollte, für die Nationale Front erkennbar geworden, daß das Proletariat in den Städten und den Industriegebieten - allen voran die Erdölarbeiter - und die Masse der Kleinsthändler und Einmannbetriebe in den Städten (6) unter keinen Umständen bereit wären, auch nur eine Feder dieses Throns weiter zu akzeptieren und daß jede Organisation, die sich an der Sanierung und Modernisierung der Pahleviherrschaft versucht, ebenso entschieden bekämpft wird wie der Despot selbst.