Die Basaris und die spätfeudalen oder frühkapitalistischen Handwerker und Kleinproduzenten, die noch eine Kraft beim Sturz des Schahs waren, haben in Chomeini den Herrn gefunden, den sie sich im Schah lange vergeblich erhofft hatten (7). Sie befinden sich heute erneut im Widerspruch zu der aufstrebenden modernen Produzentenklasse, die Chomeini wegen seiner undurchsichtigen und sie hemmenden ökonomischen und politischen Absichten mißtrauisch, abwartend bis ablehnend gegenübersteht (8).

Basargan, ihr politischer und ideologischer Führer, drückt diese ambivalente Haltung aus, wenn er sich selbst als Opfer von Chomeinis Streichen darstellt, diesen auffordert, selbst Präsident zu werden, ihm seinen Rücktritt anbietet, ihn kritisiert und tadelt, ohne jedoch eindeutig in Opposition zu ihm tätig zu werden. (9) Er versucht, mit Chomeini zu pokern, ihn dazu zu verleiten, sich immer weiter direkt in alle Konflikte einzuschalten, alles auf eine Karte, die Religion, zu setzen, bis der ganze spirituelle Bluff platzt, sein Glanz verblaßt und er endlich den Weg freigibt, sich ganz auf seine Existenz als Prediger beschränkt. Sie waren lächerliche Figuren innerhalb ihres politischen Spektakels, aber sie waren tödlich für die, denen sie Regierung sein wollten; denn keiner der beiden scheute sich, bei dem Bemühen, den anderen in eine Situation zu bringen, in der er seine Kraft- und Wirkungslosigkeit bloß stellen mußte, Leichenberge in den Grenzprovinzen in Kauf zu nehmen. Keiner kam ohne den anderen aus, eine Kumpanei, in der jeder dem anderen zutiefst mißtraute.

Wo Chomeini Unterstützung findet, wurde auch bei den in der medialen Öffentlichkeit auf Sezessionsprobleme einiger Stämme reduzierten Aufständen in den kurdischen und turkmenischen Grenzgebieten und den hauptsächlich von Arabern bevölkerten Erdölgebieten unübersehbar: Nicht diejenigen, die den Schah vertrieben und seine Ordnung zerstört hatten, sondern die Großgrundbesitzer, die schon zu Schahs Zeiten eine sichere Stütze der Ordnung gewesen waren, dienten sich ihm an, weil sie sicher sein konnten, daß Chomeini s Revolution nur ihr Vorteil ist (10) - hatte er doch nie aufgehört zu beteuern, daß Eigentum an Grund und Boden oder Produktionsmitteln durchaus im Sinne und Interesse des Islam sei(11).

Innerhalb des kämpfenden Proletariats hatte man sich allerdings schon sehr früh nicht mehr von Chomeini täuschen lassen - statt sich auf die Ausarbeitung der Verfassung durch einige religiöse Greise und Krämerseelen zu verlassen, bestanden sie auf der unmittelbaren Beteiligung.

  

GESETZE DES HANDELS Ganz nebenbei brachte der Streik in der Erdölindustrie auch die - wie alle anderen kapitalistischen Staaten auch - auf gute Beziehungen zu jeder iranischen Regierung Wert legende UdSSR in Schwierigkeiten: Seit Jahren erhält sie iranisches Erdgas zu einem Preis, der weit unter dem Weltmarktpreis liegt. Dieses oder gleichwertiges Öl aus eigenen Quellen verkauft sie zu Weltmarktpreisen an westeuropäische Staaten. Aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen diesen Staaten gegenüber war die Sowjetunion gezwungen, den Ausfall der Gaslieferungen aus Iran durch drastische Kontingentierung des in Armenien verwendeten Heizgases auszugleichen, sodass die gesamte Grenzrepublik praktisch ohne Gas war. Der Schah hatte fUr das Gas neben einem Stahlwerk militärische Ausrüstung erhalten, z.B. die Lastkraftwagen, mit denen das Militär zu den Einsätzen gegen Demonstranten gekarrt wurde. + Washington. Die Nachricht, dass die Vereinigten Staaten 1,5 Millionen Barrel Heiz- und Dieselöl in das Ölreich Iran exportieren werden, hat empörte Aufschreie unter den Abgeordneten und Senatoren der Neu-England Staaten ausgelöst... Frankfurter Allgemeine Zeitung 27.8.79

Und diese Dynamik, in der sie ihr Leben änderten, ergriff alle anderen Produzenten der persischen Gesellschaft, von der Industrie über die Flughäfen bis zum Bereich von Verwaltung und Administration.

Die letzte Antwort der Staatsmacht auf die seit einem Jahr nicht mehr abreißende Kette der Streiks, neben der von einigen verkalkten Militärgehirnen vorgeschlagene Bombardierung von Demonstrationen und Streikversammlungen durch Flugzeuge, war der Versuch, eine künstliche Verknappung herbeizuführen, um durch Austrocknung und Aushungerung einen Umschwung der Stimmung im Volk zu erreichen - oder um im Chaos ihre eigenen Kräfte zu reorganisieren.

Streiks der Angestellten der iranischen Atomenergieorganisation, der Arbeiter der Ölfelder für Beendigung des Kriegsrechts, der Freilassung aller politischen Gefangenen...

Frankfurter Rundschau, 27.10.78

Die Hälfte der Angestellten des öffentlichen Dienstes im Streik...

Frankfurter Rundschau, 31.10.78

Die Mannschaften der Luftfahrtgesellschaft Iranair haben aus Solidarität mit dem Streik der Erdölarbeiter die Arbeit niedergelegt...

Frankfurter Rundschau, 2.11.78

Durch die Hauptstadt zogen am Wochenende Tausende von Demonstranten aus allen Gruppen der Bevölkerung, die unzählige Brände legten und reihenweise Banken, Geschäfte, Kinos Büros von internationalen Fluggesellschaften und auch ein Ausländerhotel schwer verwüsteten. Auch an dem Teheraner Informationsministerium wurden Brandschäden festgestellt...Busse und Autos gingen in Flammen auf und wurden zu Barrikaden gegen Soldaten zusammengeschoben... Tankstellenbesitzer und Fernmeldeangestellte schlossen sich aus Solidarität den Aufständen in der Erdölindustrie und bei der Luftfahrtgesellschaft "Iran-Air" an... forderten auch 2000 Angestellte der Zentralbank, die gestern ebenfalls in den Ausstand traten.

Mannheimer Morgen, 6.11.78

Vereinigung von 1500 Repräsentanten aller bestreikten Fabriken in der Raffinerie...

Le Monde, 16.11.78

4000 Iraner legten in der Hafenstadt Buschehr die Arbeit nieder. Sie waren von dem deutschen Unternehmen Kraftwerkunion beschäftigt, das in der Stadt zwei Atomkraftwerke baut. Die Streikenden wollten mit ihrer Aktion ihre Solidarität mit den Ölarbeitern bekunden.

Frankfurter Rundschau, 16.12.78

Chomeini: "Der Iran ist kein kommunistisches Land, in dem die Regierung tun kann, was sie will", erklärte der Ayatollah, "dies ist ein islamisches Land, welches das Privateigentum anerkennt.

Frankfurter Rundschau, 9.7.79

Djafar: "Ja, was im Islam Wert hat, ist die Arbeit. Eigentum an Kapital oder Boden kennt der Koran nicht. Er spricht nur vom Eigentum an der eigenen Arbeit.

In einem Interview in: Blatt, 9.3.79

In Teheran fiel am Donnerstag abend zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden der Strom aus. Die Verdunklung trat jedesmal dann ein, wenn das Fernsehen über schahfreundliche Demonstrationen berichten wollte.

Frankfurter Rundschau, 16.12.78

Auf den Computer im Informationszentrum der iranischen Luftwaffe in Täbriz verübten bisher unbekannte Täter trotz besonders strenger Sicherheitsvorkehrungen einen Sabotageakt. Die Programmeingabe des Computers wurde so durcheinandergebracht, dass alle eingespeisten Anfragen in das Elektronengehirn mit dem Ausdruck: "Yankee go home" beantwortet wurden.

Frankfurter Rundschau, 30.12.78

Chomeini erfüllte diese Hoffnung auch insoweit, als er die Revolution zwar nicht mehr verhindern, sie aber als einziger eindämmen, kanalisieren und schrittweise rückgängig machen konnte.