Mumia Abu-Jamal - Eine Analyse
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Veronica Jones

Auch Veronica Jones sagte für die Verteidigung aus. Allerdings hielt sie für Anthony Jackson eine böse Überraschung bereit. Sie behauptete, ihre vor Gericht vorgelegte schriftliche Aussage weder gemacht noch unterzeichnet zu haben. Die Aussage umfaßte 5 Seiten mit ihrer Unterschrift. Sie aber sagte im Zeugenstand aus, sie hätte lediglich eine leere Seite unterschrieben.[1] Sie widerrief vor allem die Aussage, sie hätte 2 Männer gesehen, die langsam gelaufen wären. Laut ihrer Aussage im Zeugenstand waren diese beiden Männer zwar noch immer in der Nähe der Kreuzung 13. Straße und Locust Straße, sie hätten sich aber nicht bewegt. Ihre Zeugenaussage war insgesamt sehr unklar, und nach ihrer Beschreibung könnte es sich bei den beiden Männern um Dessie Hightower und Robert Pickford gehandelt haben. Viel interessanter ist jedoch ihre Zeugenaussage bezüglich des Verhaltens der Polizei. Diese lief darauf hinaus, daß sie ungestört der Prostitution nachgehen könne, wenn sie so wie Cynthia White eine für Mumia Abu-Jamal belastende Aussage mache würde.[2]] Sie lehnte dies ab.
Während einer Pause von 10 Minuten befragte Anthony Jackson sie unter vier Augen und sie wiederholte das Angebot, welches ihr die Polizei für eine Zeugenaussage gegen Mumia Abu-Jamal gemacht hat.[3]
Veronica Jones wurde in der PCRA-Anhörung im Jahre 1996 erneut als Zeugin der Verteidigung aufgerufen.[4] Am Beginn der Aussage wurde sie von Richter Sabo über die rechtlichen Folgen aufgeklärt, falls sie einen Meineid eingesteht. Sie könnte für jeden Meineid mit dreieinhalb bis sieben Jahren Gefängnis bestraft werden. In der Befragung durch Anwalt Weinglass sagte sie aus, sie wäre von Polizisten in Zivilkleidung im Gefängnis besucht und bedroht worden. Zu diesem Zeitpunkt wartete sie auf eine Verhandlung wegen Raubes und Waffenbesitzes mit einer möglichen Strafe von 5 bis 15 Jahren. Das Angebot der Polizisten, welche sie anfänglich für ihre Pflichtverteidiger hielt, war, die Anklage fallen zu lassen, wenn sie gegen Mumia Abu-Jamal aussagt.
Während der Befragung durch die Verteidigung konnte sie einigermaßen klar und deutlich antworten, bei der Befragung durch die Staatsanwaltschaft war sie jedoch unsicher und konnte sich an sehr viele Dinge nicht mehr erinnern. Trotzdem blieb sie bei der Aussage, sie hätte zwei Männer davonlaufen gesehen. Aber diese Geschichte stimmte im Detail nicht einmal mit ihrer Aussage vom 15.12.1981 überein. In dieser Aussage erklärte sie, wie nahe die beiden laufenden Männer dem am Boden liegenden Polizisten kamen, was darauf hindeutet, diese wären in Richtung des Polizisten gelaufen und nicht vom Tatort geflüchtet.[5] In weiterer Folge versuchte die Staatsanwaltschaft, die hehren Motive Veronica Jones’ in Frage zu stellen, indem sie darauf hinwies, daß plötzlich nach dem ersten Zusammentreffen mit der Verteidigung Mietrückstände in erheblicher Höhe bezahlt wurden und daß Veronica Jones während der PCRA-Anhörung von Anwälten vertreten wird, denen sie kein Honorar bezahlen muß. Die Anwälte für Veronica Jones standen offensichtlich in Verbindung mit Abu-Jamals Verteidigern, den Veronica Jones hat beide erst im Gericht getroffen.[6] Dies kann aber schwerlich als Indiz für eine gekaufte Aussage gewertet werden. Die Mietrückstände wurden von Jones’ Verlobten bezahlt und es konnte nie ein Indiz dafür gebracht werden, daß diese Geldbeträge von Abu-Jamals Unterstützern aufgebracht wurden.[7] Das Auffälligste war die Art der Befragung. Während die Staatsanwältin buchstäblich jeden Bereich durchleuchten durfte, wurde die Verteidigung immer wieder daran gehindert bestimmte Bereiche eingehender zu erforschen. Richter Sabo hat diese Einseitigkeit deutlich unterstützt.
Am Ende der Befragung durch die Staatsanwaltschaft erklärte Staatsanwältin Arlene Fisk, daß es in Woodbury einen Haftbefehl wegen Scheckbetrugs gegen Veronica Jones gibt, und unmittelbar nach der Anhörung wurde sie tatsächlich verhaftet und nach New Jersey überstellt.[8] Diese Verhaftung war nur der Schlußpunkt einer einmaligen Befragung, während der die Staatsanwaltschaft gedeckt durch den Richter tief in das Privatleben von Veronica Jones eingedrungen ist, um ihre Glaubwürdigkeit zu zerstören. Tatsächlich blickte sie auf eine lange Vergangenheit voller Straftaten zurück, und auch ihre klare Aussage gegenüber der Verteidigung im Gegensatz zu ihren bruchstückhaften Erinnerungen während der Befragung durch die Staatsanwältin zeigten, daß sie offenbar gut vorbereitet wurde. Trotzdem wird ihre Aussage über Angebote der Polizei falls sie gegen Abu-Jamal aussagt dadurch nicht unglaubwürdiger.
Im Jahre 1996 war der Medienrummel um Mumia Abu-Jamal bereits voll im Gang und für seine Unterstützer war es lediglich eine Sache von Minuten, um die Kaution für Veronica Jones aufzubringen.[9] Daraufhin nahm sie wieder an der Seite von Mumia Abu-Jamals Unterstützern an der Anhörung teil.


[1] Verhandlungsmitschrift vom 29.6.1982, Seite 99ff
Anthony Jackson wird von Veronica Jones damit überrascht, daß sie ihre schriftliche Aussage gegenüber der Polizei abstreitet.
[2] Verhandlungsmitschrift vom 29.6.1982, Seite 129
Veronica Jones erzählt, wie sie im Jänner 1982 verhaftet wurde und während des Arrests von Polizisten befragt wurde:
“... They were getting on me telling me I was in the area and I seen Mumia, you know, do it, you know, intentionally. They were trying to get me to say something that the other girl said. I couldn't do that.”
Daraufhin legte Staatsanwalt McGill Einspruch ein.
Später erklärte Veronica Jones (A) nach einer Frage Jacksons (Q) noch einmal, die Polizei hätte sie zu einer Aussage aufgefordert (Seite 135f):
Q. In January did they question you about December the 9th?
A. It more so came about when we had brought up Cynthia's name and they told us we can work the area if we tell them.
Der Staatsanwalt legte erneut Berufung ein und diese Befragung endete damit.
[3] Verhandlungsmitschrift vom 29.6.1982, Seite 139
Anthony Jackson erklärt Richter Sabo und Staatsanwalt McGill den Inhalt seines Gesprächs mit Veronica Jones:
... "Look, we will let you work the street and we will do you just like we have done Lucky." Lucky is Cynthia White's name. "We want to ask you some questions about where you were, because we know Lucky said you were out there that night and you saw what happened," and all of that.
Richter Sabo lehnte eine Befragung zu diesem Punkt auf Antrag des Staatsanwalts als unwichtig ab.
[4] PCRA-Anhörung vom 1.10.1996, Seite 20ff
[5] PCRA-Anhörung vom 1.10.1996, Seite 85
Staatsanwältin Arlene Fisk liest aus Veronica Jones’ Aussage vom 15.12.1981 vor:
“Do you see, ma'am, on the fifth page of that statement there is a question to you, question, how close did the two black males who jogged across Locust Street get to the fallen officer. And your answer as reported was not close enough, maybe two or three steps away? Do you see that answer to that question, Miss Jones?”
Die Prozeßakten sagen nicht aus, welche Hautfarbe Dessie Hightower und Robert Pickford haben. Laut einer anderen Quelle ist Dessie Hightower schwarz.
[6] PCRA-Anhörung vom 1.10.1996, Seite 122f
[7] PCRA-Anhörung vom 1.10.1996, Seite 117ff
[8] PCRA-Anhörung vom 1.10.1996, Seite 126ff
[9] Refuse & Resist; Mumia Abu-Jamal Fact Sheet No. 14


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