Abu-Jamals Weg und die Blutspuren
Wie sich bis jetzt gezeigt hat, sprechen alle Beweismittel gegen Mumia Abu-Jamal. Die fünf Zeugenaussagen belasten ihn direkt. Abgesehen von den nur eingeschränkt plausiblen Aussagen von Chobert und White lassen sich die Beobachtungen der Zeugen nicht widerlegen. Kenneth Freeman kommt für die ersten Schüsse nicht in Frage, und die Aussagen vom Täter der den am Boden liegenden Daniel Faulkner erschossen hat werden ebenfalls durch Beweise bestätigt. Wie könnte mit all diesen Beweisen ein Szenario aussehen, in dem der tödliche Schuß nicht von Mumia Abu-Jamal abgefeuert wurde?
Michael Scanlan sah nur drei Männer am unmittelbaren Tatort - Daniel Faulkner, William Cook und den Täter. Robert Chobert sah ebenfalls nur diese drei Männer bevor der Täter und anscheinend auch William Cook aus seinem Blickfeld verschwanden. Robert Harkins sah wie der Täter neben Daniel Faulkner stand, auf diesen schoß und sich dann am Gehsteigrand hinsetzte. Damit konnte Harkins Mumia Abu-Jamal direkt mit dem Mord in Verbindung bringen. Michael Scanlan konnte diese Verbindung herstellen, weil er Abu-Jamal über die Straße laufen sah. Aber sowohl er als auch Chobert konnten nur den südlichen Teil des Gehsteigs einsehen und mit viel Phantasie könnte man darauf eine neue Theorie aufbauen. Man könnte behaupten, der verletzte Abu-Jamal wäre außerhalb des für Chobert und Scanlan sichtbaren Bereichs, das heißt knapp am Volkswagen entlang, direkt zu seiner endgültigen Position am Gehsteigrand gegangen, während Kenneth Freeman oder irgendeine andere Person den Volkswagen verlassen hat um den am Boden liegenden Daniel Faulkner zu erschießen. Dann müßten nur noch Magiltons und Harkins' Aussagen wegerklärt werden. Magilton hat nicht aufgepaßt und deshalb den fliehenden Freeman im Gegensatz zu Dessie Hightower übersehen. Harkins sah zunächst den Mord, verlor den unmittelbaren Tatort für einen Augenblick aus den Augen während er daran vorbeifuhr und glaubte, als er den sitzenden Abu-Jamal in der nächsten Sekunde sah, in diesem den Täter zu erkennen. Selbstverständlich dürfte Abu-Jamals Waffe nur zwei oder drei feuerbereite Patronen enthalten haben. Dies wäre zwar sogar noch unlogischer als eine gänzlich leergeschossene Waffe, da sie ein unkalkulierbares Risiko darstellen würde, während eine leere Waffe ungefährlich aber bedrohlich sein kann. Die Geschichte würde dann aber mit den abgefeuerten Schüssen übereinstimmen.
Für viele Leser klingt das eben geschilderte Szenario vielleicht wie der billige Trick eines schlechten Bühnenmagiers. Wenn es aber um Mumia Abu-Jamal geht, habe ich schon unsinnigere Behauptungen gehört. Läßt es sich beweisen, daß diese Theorie falsch sein muß, weil Mumia Abu-Jamal im Blickfeld Choberts und Scanlans aufgetaucht ist und deshalb niemand sonst als Täter in Frage kommen kann? Ja! Es gibt diesen Beweis, und er wird durch die Fotos von Pedro Polakoff bestätigt.
Der Polizist Roy Land sammelte am Tatort an zwei Stellen Blutproben vom Gehsteig ein. Die erste Probe stammte vom großen Blutfleck vor dem Volkswagen. Diese Probe wurde später als Blutgruppe 0 identifiziert. Blut der gleichen Blutgruppe wurde auf der Rückseite von Daniel Faulkners Krawatte gefunden. Die zweite Blutprobe wurde zwei Meter westlich davon gefunden und später als Blutgruppe A identifiziert. Blut derselben Blutgruppe wurde auf Mumia Abu-Jamals Kleidung gefunden. Da keine andere Person am Tatort Blut verloren hat (das Märchen von Arnold Beverly berücksichtige ich hier nicht), ist dies der eindeutige Beweis für die Anwesenheit Abu-Jamals an dieser Stelle. Damit war er aber auch diejenige Person, welche von Chobert und Scanlan am Ort des tödlichen Schusses gesehen wurde, denn an dieser Position war er eindeutig in deren Blickfeld und kein Zeuge hat an dieser Stelle noch eine weitere Person gesehen.
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Die Strichskizze gibt ein Foto von Pedro Polakoff wieder (das Foto kann ich aus rechtlichen Gründen nicht abbilden). Die Grenzen des Blickfeldes von Chobert und Scanlan sind zwar nicht identisch aber in Relation zu den Unsicherheiten nur geringfügig voneinander verschieden. Scanlan sah wahrscheinlich etwas weniger als Chobert. Die hier rot eingezeichneten Blutflecke erscheinen im Foto selbstverständlich als schwarze Flecken. Deshalb könnte es sein, daß der eine oder andere Fleck kein Blutfleck ist bzw. noch weitere Blutflecke sichtbar waren. Die Lage der eindeutig identifizierten Blutflecke ist in der Skizze vermaßt. Der große Blutfleck weist nur scheinbar eine Unterbrechung auf. Die hinteren Betonplatten liegen etwas tiefer, weshalb aus diesem Blickwinkel die Blutspur hinter der Kante verschwindet.
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