Am 25. März 1939 erteilte Hitler den Befehl zur Ausarbeitung des "Falles Weiß", des "Blitzkriegs" gegen Polen. Am 23. Mai erläuterte er dem OKW erstmals seine Kriegspläne und nannte auch den Zweck des Unternehmens: die Gewinnung von "Lebensraum" für das deutsche Volk. Er erkannte aber auch dessen Unmöglichkeit ohne Unterstützung der Sowjetunion, weshalb er auch mit Stalin einen Nichtangriffspakt abschloss. [1] Schon einen Tag früher war im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) [2] die Zentralstelle II P (Polen) gebildet worden, die in Polen Politiker und Intelligenz ausforschen sollte, die während des Feldzugs oder unmittelbar danach durch Einsatzkommandos liquidiert werden sollten. [3]
Ende Juli war der OKW-Plan praktisch fertig. Auf Befehl Hitlers sollte der Krieg am 26. August 1939 um 4.30 Uhr beginnen, doch Polen trat der Anti-Hitler-Koalition bei, [4] was Hitler veranlasste, den Kriegsbeginn auf den 1. September, 4.45 Uhr, zu verschieben. Doch er glaubte weiterhin, dass die Westmächte nicht auf Seiten Polens in den Krieg eintreten würden. Den am "Blitzkrieg" teilnehmenden Generälen erklärte er:
"Die Vernichtung Polens ist unsere erste Aufgabe.
[...]
Seid gnadenlos, seid brutal! Verfahrt schneller und brutaler als die anderen! ... Das ist die menschlichste Methode, Krieg zu führen, denn sie versetzt in Angst und Schrecken... Und nun vorwärts - gegen den Feind!" [5]
Für den Überfall standen 63 Divisionen bereit, die in zwei Heeresgruppen (Nord, Süd) eingeteilt waren. Darunter befanden sich sechs Panzerdivisionen und sechs motorisierte Divisionen. Die Marinegruppe Ost sollte die polnische Kriegsmarine bekämpfen, und für den Luftkrieg standen zwei Luftflotten mit insgesamt 2093 Flugzeugen zur Verfügung. [6] Dem polnischen Militär war die Wehrmacht weit überlegen: Besonders die Panzer und die modernen Flugzeuge (z.B. die Sturzkampfbomber Junkers Ju 87 "Stuka") sowie der hohe Motorisierungsgrad waren für einen raschen Sieg essentiell. Aber auch zahlenmäßig war das 1,8 Millionen Mann starke deutsche Heer doppelt so stark wie das polnische (950.000 Mann). [7]
Nun brauchte Hitler noch einen Anlass, der die Kriegspropaganda aktivieren sollte: Dr. Reinhard Heydrich wurde mit der Inszenierung polnischer "Überfälle" auf deutsche Grenzorte betraut. Die wichtigste dieser Aktionen war der von SD-Männern unter Alfred Naujocks ausgeführte Überfall auf den Sender Gleiwitz: [8]
"...Alfred Naujocks...und fünf Gehilfen aus dem SD, alle in Räuberzivil, überfielen am 31. Oktober [sic; richtiges Datum: 31. August], gegen 20 Uhr, mit gezückten Pistolen das technische Personal des Senders, fesselten es und sperrten es in den Keller. Vor Mikrofonen veranstalteten sie einen akustischen Tumult, mit Geschrei, polnischen Wortfetzen und Pistolenschüssen in die Decke, bis dann jemand eine kurze Aufforderung zum Kampf in polnischer Sprache verlas. Als Naujocks das Gebäude mit seiner Mannschaft verließ, lag vor dem Tor ein Toter in polnischer Soldatenuniform. Er war ein Häftling aus einem Konzentrationslager und durch eine Spritze getötet worden. Damit alles nach einem Kampf aussah, wurde die Leiche noch mit ein paar Pistolenschüssen dekoriert." [9]
Gleichzeitig provozierte die deutsche Propaganda die Volksdeutschen in Polen: Viele deutsche Gruppierungen begannen, mit den Nazis zu kollaborieren, worauf die polnische Polizei Massenverhaftungen durchführte. In Bromberg fielen am 2. September sogar 4000 Deutsche Ausschreitungen zum Opfer ("Bromberger Blutsonntag"), wodurch es zwei Tage später zu einer Hinrichtungswelle durch die Nazis kam.
1) siehe Abschnitte 2.3.1 und 2.3.2 [¶]
2) Das RSHA war die Leitstelle der Sicherheitspolizei (SIPO), des Sicherheitsdienstes (SD) und der Gestapo unter der Leitung von Dr. Reinhard Heydrich. [¶]
3) siehe Abschnitt 4.2.2 [¶]
4) siehe Abschnitt 2.2.2 [¶]
5) Hitler-Rede vom 22. August 1939; zit. in: Siergiejczyk, Historia 4, S. 9, und Wrzos-Glinka [u.a.] (Hrsg.), 1939-1945, S. 31. [¶]
6) vgl. Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 80. [¶]
7) vgl. Siergiejczyk, Historia 4, S. 30. [¶]
8) Gleiwitz (Oberschlesien) lag damals auf deutschem Territorium, aber sehr nahe an der polnischen Grenze. [¶]
9) Lang, Die Gestapo, S. 173. [¶]
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