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So schmeckt der Sommer |
Die Sonne lacht, der Himmel
blaut, und in der Tiefgarage warten Honda CB 750, Kawasaki Zephyr
750 und Suzuki GSF 600 Bandit auf einen Ausritt. Es hätte schlimmer
kommen können. |
Von Matthias Schröter; Fotos: Frank
Herzog |
Es gibt Leute, die üben sich stets
und überall in stoischer Genügsamkeit. High-Tech-Hobel -
die braucht’s nicht, sagen sie. Und hinter Verkleidungen verstecken
sie sich nur im Karneval. Na ja. Es gibt aber auch Tage, da gehören
Bescheidenheit und Ausgelassenheit einfach zusammen. Sommer, Sonne
und Bikini. Sie verstehen. Oder wie wäre es mit der gekräderten
Steigerungsform: Sommer, Sonne und Nacktfahren.
Wie schön also, daß es Motorräder gibt, die es sich
auch leisten können, ihre Reize zu zeigen. Da schaut man gerne
hin. Zu den etablierten Stars unter diesen motorischen Enthüllungskünstlerinnen
zählen zweifelsohne Honda CB 750 Seven Fifty, Kawasaki Zephyr
750 und Suzuki GSF 600 Bandit, die sich über die Jahre eine treue
Fangemeinde erfahren haben.
Allen voran die Zephyr 750, mit der Kawasaki Ende 1991 die Reinkarnation
der legendären Z1 aus den siebziger Jahren wagte. Über 10
000 Bewunderer hat die zierliche Maschine seither betört. Ein
Kauf ohne Reue - das beweisen die zahlreichen positiven Leserzuschriften
zum Gebrauchtkauf in MOTORRAD 20/1996. Nahezu unverändert geht
die jetzt 12 990 Mark teure Zephyr 750 in ihr siebtes Lebensjahr.
Eine ihrer wenigen Macken, das katastrophale Kaltlaufverhalten des
luftgekühlten Zweiventilmotors, gewöhnten ihr die Techniker
dank Vergaserheizung freilich erst 1996 ab, und als optische Dreingabe
erhielt das Erfolgsmodell statt Gußfelgen stilechte Drahtspeichenlaufräder.
Spätestens von da an galt die Zephyr 750 für viele als eine
der schönsten Erscheinungen am Naked Bike-Himmel.
Vor derlei technischen und kosmetischen Eingriffen hielt die Konkurrenz
von Honda bei der CB 750 nur wenig. Winzige Nuancen in der Lackierung
müssen daher beinahe als Sensation gehandelt werden. Einen einstellbarer
Handbremshebel, bei den Mitbewerberinnen längst Standard, hätten
die Honda-Mannen der CB 750 seit ihrer Markteinführung im Jahr
1992 aber ruhig mal spendieren dürfen. Während ihre Freunde
den spröden Charme der Seven Fifty rühmen, lästern
böse Zungen, daß die Honda einfach nur langweilig sei.
Aber diese Herrschaften dürften auch die sprichwörtlichen
Zuverlässigkeit der unprätentiösen Diva (Gebrauchtkauf
Heft 13/1997) nicht gebührend zu würdigen wissen. Sie läuft
und läuft und... Einzig der Preis kletterte über die Jahre
von anfänglich 10865 auf 12 680 Mark. Geblieben ist der luftgekühlte
Vierventiler, ein Abkömmling der ehedem 91 PS starken CBX 750
aus dem Jahre 1985. Dank hydraulischem Ventilspielausgleich ein äußerst
wartungsarmes und damit kostensparendes Antriebsagegat.
Freilich etwas schlapper als beim ersten Test anno 1992. Damals stemmte
das Triebwerk statt der versprochenen 74 satte 81 PS. Das aktuelle
Testmotorrad beließ es bei deren 75 und machte, im Gegensatz
zu den beiden anderen Nackedeis, einen etwas matten Eindruck. Vielleicht
ein Fall von Sommermüdigkeit.
Vor allem verglichen mit dem Motor des kleinen Banditen, der GSF 600,
Suzukis gelungener Mischung aus Klassik und Moderne, die seit 1995
die Straßen ziert. Ebenfalls ein Verkaufsschlager. Nicht nur
wegen des günstigen Preises von 10690 Mark: Trotz ihres Hubraummankos
von knapp 150 Kubikzentimetern bringt der feingerippte luft/ölgekühlte
Vierventiler stolze 81 PS auf die Prüfstandrolle – drei mehr,
als der Fahrzeugschein verspricht. Viel Leistung fürs Geld also.
In Sachen Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit zeigt sie
der Konkurrenz ihr schniekes Heck – zudem knackt die Suzuki Bandit
als einzige die 200-km/h-Marke. Wobei es bekanntermaßen nicht
sonderlich viel Spaß bereitet, mit einem unverkleideten Motorrad
längere Zeit über 160 km/h zu fahren. Führt zu arg
verspannter Nackenmuskulatur. Beim Alltagsgebrauch auf möglichst
schmalen Landstraßen geben andere Werte den Ausschlag, etwa
das Durchzugsvermögen. Auch hier schlägt sich die Bandit
achtbar, muß nur der Zephyr den Vortritt lassen. Die setzt sich
dank ihres fast schon bissig agierenden Triebwerks, das auf dem Herzstück
der altehrwürdigen Z 650 basiert, und dem kurz übersetzten
fünften Gang klar an die Spitze – und fügt der Seven Fifty
in dieser Disziplin eine herbe Niederlage zu. Dafür glänzt
das Honda-Triebwerk mit einem seidenweichen, vibrationsarmen Lauf.
Fast schon langweilig, verglichen mit dem ruppigen Zweiventiler der
Zephyr, der im mittleren Drehzahlbereich mitunter feine Vibrationen
in die Soziusfußrasten weiterleitet. Die goldene Mitte in Sachen
Laufkultur trifft die Suzuki: Vibrationen? Ja, gibt’s, nerven aber
nicht. Untertouriges Dahinbummeln? Auch das kein Problem. Sportliches
Fahren im zweistelligen Drehzahlbereich, untermalt von heiserem Klang?
Aber gern, schließlich wurde dieser Motor einst für den
vollverschalten Sporttourer GSX 600 F konstruiert.
Bei der ausgiebigen Testfahrt durch das Hohenloher Land schlugen die
Tester eine eher genüßliche Gangart ein – ums Traumwetter
besser genießen zu können. Und das läßt sich
auf Landstraßen der gehobenen Kategorie dann am besten so an:
Der Bandit-Fahrer fährt vorneweg und sinniert immer wieder darüber,
ob er sich mit dem Komfort der neugestalteten Sitzbank anfreunden
kann, freut sich aber über den perfekten Knieschluß am
Tank.
Und über das agile und spielerische Fahrverhalten der Suzuki.
Narrensicher und immer schön berechenbar, die Kleine. Der Zephyr-Treiber
kommt nicht umhin, sich einer, im Vergleich zur Bandit, viel sportlicheren
Sitzposition zu befleißigen. Wegen der weit hinten plazierten
Fußrasten und der tiefen Sitzposition muß der Fahrer seine
Knie stärker anwinkeln. Vielleicht fühlt er sich allein
schon dieser Haltung wegen auf der Zephyr etwas flotter unterwegs
als auf der Bandit. Und der Honda-Fahrer? Der sitzt, wie schon Großvater
auf seinem Motorrad gesessen sein muß: aufrecht, fertig aus.
Unspektakulär und problemlos, diese Charakterisierung trifft
auf das Fahrverhalten wie auf das gesamte Motorrad zu. Auf längeren
Strecken eindeutig das bequemste Naked Bike des Vergleichs. Auch im
Zweipersonenbetrieb, keine Frage.
Und das nicht nur wegen des Sitzkomforts. Denn sobald die Fahrt über
holperige, enge Pfade führt, wetzt die Honda die Scharte aus,
die ihr der schwächelnde Motor bereitet hat. Auf diesem Terrain
brilliert sie, schluckt brav alles weg, was ihr unter die Räder
kommt. Fahrer, denen wegen plötzlich auftretender Fahrwerksschwächen
die Schweißperlen von der Stirn perlen, duldet die CB 750 nicht
über sich. Jederzeit verläßliche Verzögerungsarbeit
leistet die 296er Doppelscheibenbremsanlage von Nissin. Lediglich
die beiden hinteren Federbeine schlagen beim Fahren mit Gepäck
und Beifahrer ab und zu durch.
Da verhält sich die um 21 Kilogramm leichtere Suzuki schon anders.
Nicht, daß ihr Fahrverhalten auf schlechteren Fahrbahnen irgendwie
hinterhältig wäre. Aber insbesondere die Vordergabel stößt
dann an ihre Grenzen. Und das hintere Federbein geht unter voller
Zuladung allzu schnell auf Block. Ein Punkt, der nicht nur im MOTORRAD-
Langstreckentest (Heft 4/1997) bemängelt wurde. Die Doppelscheibenbremse
der Bandit verzögert gut, wenn auch mit teigigem Druckpunkt.
Stahlflex-Bremsleitungen könnten hier Abhilfe schaffen. Am bissigsten
packt die Bremsanlage der Zephyr 750, in bester Kawasaki-Tradition
eben. Da quietscht dann auch mal der Vorderreifen. Zusammen mit dem
brillanten Motor und dem knackigen Fünfganggetriebe zweifelsohne
beste Voraussetzungen, die inoffizielle Sportwertung zu gewinnen.
Tradition ist schön und recht, aber daß Kawasaki stur an
den seit anno dunnemals überdämfenden hinteren Federbeinen
festhält, fällt dagegen eher unter die Kategorie stur Konservatismus.
Damit nicht genug: Als wären dazu nicht bereits genug böse
Worte gefallen, steckt zu allem Überfluß noch immer die
zu weiche Gabel in der Gabelbrücke. Was zur Folge hat, daß
über Kanten und Fahrbahnunebenheiten die Vordergabel schon mal
durchschlägt, während das Hinterteil fröhlich vor sich
hin hüpft. Bei schnellen Autobahnetappen gerät die Zephyr
dann zudem gerne ins Schlingern. So ähnlich muß das in
den Siebzigern gewesen sein: Viel Motor, wenig Fahrwerk. Und in dieser
Mottenkiste sollte so ein ungehöriges Benehmen besser auch bleiben.
Schade eigentlich, denn wieder einmal vermiest das Fahrwerk der hübschen
Zepyhr einen Testsieg. Der gebührt einmal mehr der Honda, mag
sie für viele auch den Charme eines Wäschetrockners versprühen.
Erfreulich für alle Naked Bike-Fans, und solche, die es werden
wollen: In einer kurzen Telefonumfrage waren Händler aller drei
Marken zu saisonbedingt hohen (Haus-)Preiszugeständnissen bereit:
Beim der ohnehin günstigen Bandit wurden immerhin 700 Mark Nachlaß
eingeräumt, die CB 750 gab’s bis zu 1180 Mark günstiger,
und eine Zephyr wurde gar mit 1490 Mark Abschlag feilgeboten. Da schmeckt
dann auch noch der Herbst. |
Platz 1
Honda CB 750
Der Durchschnittstyp von nebenan gewinnt
diesen Vergleich. Die Honda CB 750 sticht in keiner Disziplin übermäßig
hervor, schlägt die Konkurrenz aber dennoch, weil sie alles
ganz gut kann. Ein Allrounder eben, prima verarbeitet, mit gutem
Werterhalt, den geringsten Wartungskosten und der größten
Reichweite. Einfach nur fahren und sich wohlfühlen. Und auch
den Beifahrer enttäuscht sie nicht. Zu zweit schmeckt der Sommer
dann nochmal so gut.
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Platz 2
Suzuki GSF 600 Bandit
Mit dem zweiten Platz nur ganz knapp
hinter der Honda braucht sich die Bandit nicht zu verstecken. Sie
glänzt mit ihrem unproblematischen Fahrverhalten, guten Bremsen
und einem quirligen, druckvollen Motor. Leider ist die Dämpfung
der kleinen Roten noch immer zu schlaff. Dafür bekommt man
für rund 10000 Mark verdammt viel Motorrad für sein Geld.
Und so läßt es sich mit kleinen Fahrwerkschwächen
leicht leben, zumal der Zubehörhandel Abhilfe schafft
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3. Platz
Kawasaki Zephyr 750
Das schönste Motorrad im Vergleich
landet nur auf dem dritten Platz. Das schlecht abgestimmte Fahrwerk
verhagelt den ansonsten überaus postiven Eindruck, den die
Zephyr vor allem wegen ihres druckvollen Motors und der hervorragenden
Bremsen hinterläßt. Wen das wackelige Fahrverhalten nicht
stört, ist mit ihr prima bedient. Am besten investiert man
aber gleich zusätzlich in progressive Gabelfedern und andere
Stoßdämpfer. Es lohnt sich.
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