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Jahreswechsel
2000/2001:
Drohungen und
rechte Gewalt
in der
Oberpfalz

Neonazi Saller auch nach zehn Jahren Knast strammer Rechter

Brandstifter noch nicht resozialisiert / Ein böser Brief an Irene Sturm

Von unserem Redakteur Karl-Heinz Weigel

STRAUBING/SCHWANDORF. Der in der Straubinger JVA einsitzende Brandstifter Josef Saller (29) aus Schwandorf ist nach MZ-Informationen weiter bekennender Nazi.

Saller hatte am 17. Dezember 1988 das "Habermeier-Haus" in Schwandorf angezündet, "um Ausländer zu ärgern", wie der Aktivist der militanten Nationalistischen Front (NF) sagte. In den Flammen kam eine dreiköpfige türkische Familie um - Osman Can (49), Ehefrau Fatma (43) und Sohn Mehmet (11). Getötet wurde auch der Akustiker Jürgen Hübener (47). Das Landgericht Amberg verurteilte den Autolackierer Saller zu einer Haftstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten. Voraussichtlich Mitte 2001 wird Saller freigelassen.

Kann man von Resozialisierung des autoritätsfixierten Mannes sprechen? Nach MZ-Informationen kann davon derzeit keine Rede sein. Der Gefangene hängt weiter nationalistischem und nationalsozialistischem Gedankengut an. Die JVA ist gezwungen, rechtsradikale Zeitschriften anzuhalten, die Saller zugeschickt werden.

Gestoppt werden müssen auch Neonazis, die ihren "Märtyrer" besuchen wollen. Im Thulenet, ein rechtsradikales Internet-Angebot, wird zur Kontaktaufnahme mit dem Kameraden ermutigt. Die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene (HNG) will Saller "die schwere Zeit ein klein wenig schöner gestalten" und Erfolgserlebnisse per Post vermitteln. Saller selbst arbeitet nicht, schreibt oft Beschwerden und provoziert. Weil er das geordnete Zusammenleben stört, eckt der Gefangene an. Er lebt in einer geschlossenen Welt, ist vereinzelt, ohne Freundin und in der Knastwelt ohne Anhängerschaft, wissen informierte Kreise.

Nach der Entlassung wird Saller wegen seiner langen Strafe unter Führungsaufsicht gestellt, bestätigte gestern Gerhard Zierl vom bayerischen Justizministerium. Nach Lage der Dinge ist der verurteilte Brandstifter allerdings nicht gemeingefährlich. Seine Zukunft liegt vermutlich als "Held" in Neonazi-Kreisen, die Saller zu einer Galionsfigur im Kampf gegen das demokratische System stilisieren.

In Schwandorf geht die Diskussion weiter, ob man vor dem ehemaligen Habermeier-Haus ein Mahnmal aufstellen soll, das an den rassistischen Brandanschlag erinnert. In der ersten Stadtratssitzung anno "99 soll entschieden werden. Eine Familie hat bereits den fünf Zentner schweren Stein aus grauem Passauer Granit gestiftet. Das Geld für Gravur, Transport und Montage - exakt 1740 Mark - ist bis auf eine kleine Summe gesammelt. Zu den Projektbetreibern gehört die ehemalige Grünen-Abgeordnete Irene Sturm (45), die schon einmal. eine Kopie des Mahnmals aus Pappe vor Ort installieren ließ.

Wie sehr das Mahnmal umstritten ist, zeigt diese heftige Reaktion "einer deutschen Frau", wie die anonyme Autorin in ihrem in München abgestempelten Brief an Sturm schreibt. Frau Sturm, bekannt für ihre Ausländerfreundlichkeit erhielt dieser Tage den Brief im A 3-Kuvert mit üblen antisemitischen und rassistischen Hetzschriften und dem bösen Wunsch: "Ich wünsche, daß Sie das nächste Opfer der kriminellen Ausländer sind. Nur das haben Sie verdient!"

Mittelbayerische Zeitung Schwandorf v. 29.12.1998