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Atatürk |
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Atatürk, Mustafa Kemal (1881-1938), türkischer Soldat,
nationalistischer Führer und Staatsmann, gründete die Republik Türkei und war ihr erster Präsident (1923-1938). Den Namen Atatürk
(Vater der Türken") verlieh ihm 1934 die Große Nationalversammlung als
Anerkennung für seine herausragenden Dienste für die türkische Nation. Atatürk wurde
am 19. Mai 1881 in Saloniki (heute
Thessaloniki, Griechenland) als Sohn eines einfachen Beamten und Holzhändlers geboren.
Als Atatürk fünf Jahre alt war, ging er auf die Militärschulen in Saloniki und
Monastir. Ab 1899 besuchte er die Militärakademie in Istanbul, die er im Januar 1905 als
Stabshauptmann abschloss.
Soldat und Revolutionär
Wegen seiner Aktivitäten in der geheimen Jungtürkenbewegung, die sich
gegen die autokratische Regierung des Osmanischen Reiches
richtete, wurde Atatürk in Syrien stationiert, was praktisch einem Exil gleichkam. Dort
gründete er 1906 die geheime Vaterlands- und Freiheitsgesellschaft. Nachdem er im darauf
folgenden Jahr nach Saloniki versetzt worden war, schloss er sich dem Komitee für
Vereinigung und Fortschritt (KVP) an, das für die Jungtürkenrevolution im Juli 1908
verantwortlich war. Er gehörte jedoch nicht zum inneren Kreis des KVP und spielte deshalb
in der Revolution kaum eine Rolle.
Atatürk kämpfte in Libyen gegen Italien (1911-1912) und wurde im
November 1911 zum Major befördert. Während der Balkankriege (1912-1913) organisierte er
die Verteidigung der Dardanellen und wurde im Oktober 1913
Militärattaché in Bulgarien. Während des 1. Weltkrieges, in dem die Türkei an der Seite Deutschlands
kämpfte, machte sich Atatürk militärisch in der Gallipoli-Kampagne (1915)
einen Namen, wo er bei der Abwehr der Alliierten eine entscheidende Rolle spielte. Danach
diente er im Kaukasus und in Syrien. Dort gab man ihm kurz vor Unterzeichnung des
Waffenstillstands im Oktober 1918 das Kommando über eine Spezialeinheit der Armee. Als er
nach Istanbul zurückkehrte, beobachtete er mit Sorge, wie die alliierten Siegermächte
die Aufteilung Anatoliens vorbereiteten.
Die griechische Armee besetzte Izmir an der anatolischen Küste am 15. Mai 1919 und beging ein Massaker an der Bevölkerung. Atatürk,
der zum Inspekteur der Dritten Armee in Anatolien ernannt worden war, begann sofort, die
türkische Nationalbewegung zu einigen und eine Verteidigungsarmee aufzustellen. Zunächst
mussten die Nationalisten jedoch gegen das Regime des osmanischen Sultans
in Istanbul kämpfen, der anscheinend die Aufteilung des Staatsgebiets akzeptieren wollte.
1920 war die Regierung in Istanbul schließlich völlig in Misskredit geraten, weil sie
die Besetzung der Hauptstadt durch die Alliierten zuließ und den Friedensvertrag von Sèvres unterzeichnete, der Teile Anatoliens unter griechische Kontrolle
stellte. In der Zwischenzeit hatte Atatürk im April 1920 eine provisorische Regierung in
Ankara gebildet. Nach anfänglichen Rückschlägen gewann er entscheidende Schlachten
gegen die griechischen Truppen bei Sakarya (August 1921) und Dumlupinar (August 1922) und
zog im September in Izmir ein.
Führer des Volkes
Nachdem Atatürk mit der Bedrohung von außen fertig geworden war, konnte
er sich der inneren zuwenden, die von den konservativen Kräften um den Sultan ausging. Am
1. November 1922 wurde das
Sultanat abgeschafft und am 29. Oktober
1923 die Republik ausgerufen; Atatürk wurde ihr erster Präsident. Er gründete im August
1923 die Volkspartei (wurde 1924 in Republikanische Volkspartei umbenannt) und baute eine
Ein-Parteien-Regierung auf, die mit Ausnahme zweier kurzer Experimente mit
Oppositionsparteien (1924-1925 und 1930) bis 1945 Bestand hatte.
Mit Hilfe seines enormen Ansehens und seiner Ausstrahlung konnte Atatürk
weit reichende Reformprogramme durchsetzen und so einen modernen und weltlichen Staat
schaffen. Zu den Reformen gehörten: die Abschaffung des Kalifats, also der religiösen
Herrschaftsgewalt der Sultane, und anderer islamischer Einrichtungen; die Einführung von
Gesetzen, Kleidung und Kalender nach westlichem Vorbild sowie der Gebrauch des
lateinischen Alphabets. Des Weiteren wurde die Verfassungsklausel, die den Islam als
Staatsreligion festlegte, aufgehoben (1928). Die Ideologie des Regimes, als Kemalismus
oder Atatürkismus bezeichnet, wurde 1931 formuliert und gründete auf sechs
Prinzipien: Republikanismus, Nationalismus, Populismus, Dirigismus, Säkularismus und
Revolutionismus. 1919 war Atatürk noch Erster unter Gleichen, doch bereits 1926 hatte er
alle politischen Gegner ausgeschaltet, wobei ihm eine angebliche Verschwörung gegen ihn
als Begründung diente. Obwohl er als Autokrat regierte, stützte sich sein Regime
praktisch auf eine Allianz aus ziviler und militärischer Bürokratie, dem neu
aufgekommenen Bürgertum und den Landbesitzern.
Atatürks vorrangiges Ziel war es, sein Volk vor Erniedrigungen zu
bewahren und die Türkei in eine moderne Nation des 20. Jahrhunderts umzuwandeln. Dieses Ziel verfolgte er mit absoluter
Entschlossenheit und mit politischem Gespür. Sein vielleicht wichtigster Wesenszug war
der politische Realismus. So konnte Atatürk seine Reformen ohne verheerende Abenteuer
durchführen und die Türkei in Frieden mit ihren Nachbarn leben. Atatürk starb in
Istanbul am 10. November 1938.
 | 1899-1905: Besuch der Kriegsakademie in Monastir und Istanbul.
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 | 1908: Teilnahme am Putsch der »Jungtürken« gegen Sultan Abdül
Hamid II.
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 | 1909: Lösung von den »Jungtürken«, die keinen großtürk.
Nationalstaat anstreben.
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 | 1911/12: Teilnahme am ital.-türk. Krieg.
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 | 1913: Teilnahme am Balkan-Krieg.
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 | 1915: Divisionskommandeur; Armeeführer; Abwehr einer brit. Invasion auf
der Halbinsel Gallipoli.
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 | 1916-17: General; Oberbefehlshaber an der Kaukasusfront.
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 | 1918: Befehlshaber in Palästina.
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 | 1919: Armee-Inspekteur; Führer der nationalen Aufstandsbewegung in
Ostanatolien.
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 | 1920: Präs. der Nationalversammlung in Ankara; vom Sultan in Istanbul
in Abwesenheit zum Tode verurteilt.
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 | 1921/22: Oberbefehlshaber der türk. Armee gegen die Griechen.
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 | ab 1923: Staatspräsident.
aus: Das 20. Jahrhundert
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