News aus der Türkei

April 99

Prozess gegen Abdullah Öcalan beginnt

Am 20. April 1999 beantragte die türkische Staatsanwaltschaft offiziell die Todesstrafe für den inhaftierten Chef der Kurdischen Arbeiterpartei Abdullah Öcalan; ihm wird Hochverrat und Separatismus vorgeworfen. Das Hauptverfahren gegen Öcalan begann am 29. April auf der Gefängnisinsel Imrali. Offizielle Beobachter waren nicht zugelassen. Der PKK-Chef war im Februar in Kenia von Geheimagenten in die Türkei entführt worden. Er selbst soll erst am 31. Mai vor dem Richter erscheinen.

Parlamentswahlen bringen Sieg Ecevits

Aus der Parlamentswahl in der Türkei am 18. April 1999 ging die Demokratische Linkspartei (DSP) des amtierenden Ministerpräsidenten Bülent Ecevit mit 22 Prozent der Stimmen als stärkste Fraktion hervor. Sie erhielt 136 der 550 Sitze im Parlament. Die rechtsgerichtete Partei der Nationalen Bewegung (MHP) konnte ihren Anteil mit 18 Prozent und 130 Mandaten mehr als verdoppeln. Großer Verlierer ist die islamische Tugendpartei (FP), die auf 15 Prozent der Stimmen und 110 Mandate kam.

18.04.99 sind neue Parlemetswahlen.

     Bei den Parlementswahlen dürften sich die Partei von Ministerpräsident Bülent Ecevit und die Islamisten eib Kopf an Kopf Rennen liefern. Umfragen gehen von jeweils etwa 20% der Stimmen für die Demokratische Links Partei (DSP) Ecevits und die Islamistische Tugend- Partei (FP) aus. Es werden keine klarenn Mehrheitsverhältnisse erwartet.

Daß der Staatsfeind Nr. 1  hinter Gittern sitzt, könnte dem Politveteran und seiner Linkspartei zum Wahlsieg verhelfen. Nur die Islamisten liegen fast gleichauf.

Ankara: Sicherheitskräfte haben diskret Stellung bezogen. An strategisch wichtigen Kreuzungen in Ankara und Istanbul sind Panzerwagen aufgefahren. Der Schrecken der jüngsten Anschlagserie nach der spektakulären Festnahme von Abdullah Öcalan sitzt allen in den Knochen. Armee und Polizei haben sämtliche Kräfte mobilisiert, um für den Sonntag (18.04.99 ) eine friedliche Parlementwahl zu garantieren.

Eines steht fest: Der " Fall Öcalan" ist einem entscheidenen Wahlfaktor geworden. Wie ein nationaler Held wird Ministerpräsident Bülent Ecevit für den "Coup" gefeiert. Daß türkische Agenten es geschafft haben, Öcalan in einer Nacht- und Nebel-Aktion in der kenianischen Hauptstadt Nairobi in ihre Gewalt zu bringen, ist zwar nicht unbedingt sein Verdienst. "Aber jetzt ist der Staatsfeind Nr. 1 in türkische Haft und Ecevit schwimmt auf einer Welle nationaler Begeisterung", kommentiert ein Diplomat.

Viele sehen den 73 jährigen Politveteran schon als Wahlsieger. Meinungsinstitute sagen der Demokratischen Linkspartei (DSP) Ecevits gut 20 Prozent der Stimmen voraus. Es gibt wenig Zweifel, daß er damit wieder der entscheidende Mann bei der schwierigen und zähen Regierungsbildung sein dürfte. Viele tippen auf eine neue Dreier-Koalition.

Parlementwahlen in der Türkei
Wichtigste Parteien     Stimmenanteile   1995 in %
Tugendpartei (FP) islamistisch Nachfolge der 1997 aufgelösten Wohlfahrtspartei (RP), stärkste Fraktion im Parlement 21,4
Mutterlandpartei (ANAP) Konservativ Parteichef: Mehrmaliger Regierungschef Mesut Yilmaz 19,7
Partei des Rechten Weges (DYP) Konservativ Parteichefin: Ehemalige Ministerpräsidentin Tansu Ciller 19,2
Partei der demokratischen Linken (DSP) Sozialdemokratisch Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Bülent Ecevit 14,6
Republikanische Volkspartei (CHP) Sozialdemokratisch Parteichef: Ehemaliger Außenminister Deniz Baykal 10,7

Februar 99

PKK-Führer in Kenia verhaftet

Nach der Verhaftung des Chefs der kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, am 15. Februar 1999 aus der griechischen Botschaft in Nairobi (Kenia) durch türkische Sicherheitskräfte kam es in mehreren europäischen Städten zu gewaltsamen Protesten von PKK-Anhängern, die diplomatische Vertretungen belagerten oder stundenweise besetzt hielten. Mehrere Demonstranten drohten damit, sich selbst zu verbrennen. Nachdem eine mögliche Beteiligung des israelischen Geheimdienstes an der Entführung bekannt wurde, versuchten Kurden, das israelische Generalkonsulat in Berlin zu stürmen; dabei wurden vier Kurden von israelischen Sicherheitskräften erschossen. Die kurdische Gemeinde in Deutschland rief ihre Leute zur Besonnenheit auf.

Nach Angaben des Außenministeriums in Athen hatte die griechische Botschaft in Kenia dem PKK-Chef aus humanitären Gründen zwölf Tage lang Zuflucht gewährt; Öcalan habe die Vertretung dann freiwillig verlassen. PKK-Vertreter in Rom erklärten dagegen, er sei in Nairobi festgenommen und auf die türkische Gefängnis-Insel Imrali im Marmarameer verschleppt worden, wo ihm voraussichtlich auch der Prozess gemacht werden soll. Bonn sowie andere europäische Regierungen forderten einen Prozess nach rechtsstaatlichen Prinzipien, zu dem auch internationale Beobachter entsandt werden sollten. Dies lehnte die Regierung unter Ministerpräsident Bülent Ecevit aber ab. Öcalan droht die Todesstrafe.

Aufgrund der Verhaftung des PKK-Führers mussten in Griechenland und Kenia mehrere Minister und hohe Beamte von ihren Posten zurücktreten. Der neue griechische Außenminister Georgios Papandreou räumte ein, dass sein Land Fehler gemacht habe.

Januar 99

Auftrag zur Regierungsbildung zurückgegeben

Am 6. Januar 1999 gab der designierte türkische Ministerpräsident Yalim Erez den Auftrag zur Regierungsbildung an Staatspräsident Süleyman Demirel zurück. Daraufhin bildete der Sozialdemokrat und ehemalige Ministerpräsident Bülent Ecevit am 11. Januar eine Minderheits- und Übergangsregierung mit Vollmachten bis zu den vorgezogenen Parlamentswahlen am 18. April 1999. Seit November 1998 hatte die Türkei nur eine geschäftsführende Regierung, nachdem der konservative Ministerpräsident Mesut Yilmaz wegen Korruptionsvorwürfen vom Parlament gestürzt worden war.

Abdullah Öcalan verlässt Italien

Der Chef der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, hat Italien im Januar 1999 nach zweimonatigem Aufenthalt mit bisher unbekanntem Ziel verlassen. Die Türkei hatte vergeblich die Auslieferung Öcalans verlangt. Italien verweigerte dies mit der Begründung, dass Öcalan in der Türkei die Todesstrafe drohe. Der neue türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit kündigte an, den PKK-Chef überall auf der Welt verfolgen zu wollen. Auch in Deutschland existiert ein Haftbefehl gegen Öcalan; die rotgrüne Bundesregierung verzichtete aber auf eine Auslieferung

Dezember 98

Öcalan bleibt vorerst in Italien

Der Führer der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, hält sich entgegen anders lautender Meldungen immer noch in Italien auf. Die Suche nach einem Gastland für den 49-jährigen Kurdenführer gestaltet sich weiterhin schwierig, da Öcalan Garantien für seine Sicherheit fordert. Einen Antrag der Türkei, in dem gefordert wurde, Öcalan wieder in Untersuchungshaft zu nehmen, lehnte ein römisches Gericht am 28. Dezember 1998 ab.

November 98

Regierungschef gestürzt

Durch eine Misstrauensabstimmung am 25. November 1998 stürzte das türkische Parlament den Ministerpräsidenten des Landes, Mesut Yilmaz. Den Antrag hatten drei Parteien mit der Begründung eingebracht, dass Yilmaz in Geschäfte mit der Mafia verwickelt sei. Ein Geschäftsmann, der eine Staatsbank gekauft hatte und dem Verbindungen zur Mafia nachgesagt wurden, hatte ausgesagt, Yilmaz habe von diesen Kontakten gewusst.

Öcalan festgenommen

Am 12. November 1998 wurde auf dem Flughafen der italienischen Hauptstadt Rom der Chef der verbotenen separatistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, festgenommen, der mit Haftbefehlen türkischer und deutscher Strafverfolgungsbehörden gesucht worden war. Nach Gesprächen einigten sich die Bundesrepublik und Italien, Öcalan nicht nach Deutschland auszuliefern. Am 20. November wurde der provisorische Haftbefehl gegen den Kurdenführer aufgehoben und in eine Art Hausarrest umgewandelt. In Deutschland kam es derweil immer wieder zu Demonstrationen von Türken, die eine Auslieferung Öcalans in die Türkei forderten.

Oktober 98

Jubiläumsfestivitäten zur 75-Jahr-Feier

Millionen Menschen feierten am 29. Oktober 1998 in der Türkei das 75-jährige Bestehen der laizistischen Republik, die Kemal Atatürk gegründet hatte. Die offizielle Zeremonie fand in der Hauptstadt Ankara statt. An ihr nahmen Staatspräsidenten, Regierungschefs und hohe Vertreter aus fast 100 Staaten teil. Vor dem Grabmal von Atatürk wurde eine Rekordzahl von Besuchern registriert. Generalstabschef Hüseyin Kivrikoglu forderte die Bevölkerung "zu Wachsamkeit gegen islamische Fundamentalisten und kurdische Separatisten" auf.

 


webmaster@koektas.de

 

Türkiye ] Geschichte ] Religion ] Sezen Aksu ] Kultur ] Gästebuch ] Forum ]

[ News ] Türkische Links ]

vor ]