Mumia Abu-Jamal - Eine Analyse
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Nicht durchgeführte Tests

Die nicht durchgeführten Test wurden sowohl 1982 unter anderem bei der Befragung des Kriminalisten Dr. Tumosa[1] als auch 1995 bei der Befragung des Waffenexperten Georg Fassnacht[2] ausführlich behandelt. Anthony Jackson stellte Fragen zum Schmauchspurentest und zum Metallspurentest. Georg Fassnacht erwähnte zusätzlich, daß bloßes Riechen am Lauf geeignet gewesen wäre, um festzustellen, ob eine Waffe kürzlich abgefeuert wurde oder nicht. Die folgenden Beschreibungen entstammen diesen Zeugenaussagen.

Der Schmauchspurentest (Neutron Activation Test) wird an den Händen einer Person ausgeführt. Wenn diese Person eine Waffe abgefeuert hat, können an der Hand, speziell am Handrücken im Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger, Schmauchspuren gefunden werden. Der Test kann an lebenden Personen bis etwa 4 bis 6 Stunden nach dem Abfeuern einer Waffe durchgeführt werden. An einem Toten hängt dieser Zeitraum von Faktoren wie der Feuchtigkeit der Umgebung ab und kann bis zu einem Tag nach dem Abfeuern einer Waffe brauchbare Ergebnisse liefern. Wenn sich die Person die Hände wäscht oder in anderer Weise sehr aktiv ist, können die Schmauchspuren von den Händen entfernt werden. Da sich Mumia Abu-Jamal laut den Aussagen der beteiligten Polizisten gegen seinen Abtransport gewehrt hat, ist es möglich, daß er dabei die Schmauchspuren abgewischt hat. Allerdings gibt es auch keinen Hinweis darauf, daß er seine Hände gezielt abgewischt hat. Da er bereits weniger als eine halbe Stunde nach der Tat im Krankenhaus war, hätte ein solcher Test wahrscheinlich auch dann noch anzeigen können, ob er geschossen hat oder nicht. Andererseits war er offensichtlich nicht kooperativ, und die Durchführung des Tests hätte eine große Menge an Gewalt erfordert.
Für die Polizisten, die Mumia Abu-Jamal begleitet und bewacht haben, war die Überlegung, bis zu welchem Zeitpunkt der Test ausgeführt werden konnte, sicherlich nicht von Bedeutung. Bei seiner Festnahme am Tatort war die Spurensicherung noch nicht eingelangt, und die Durchführung des Tests war daher nicht möglich. Später lag er bereits im Arrestwagen und war unterwegs zum Polizeirevier. Der Schmauchspurentest wäre daher am Besten nach der Ankunft im Gebäude der Polizei durchzuführen gewesen. Auf der Fahrt dorthin kam per Funk die Anweisung, mit dem Gefangenen ins Thomas Jefferson Krankenhaus zu fahren.[3] Scheinbar hatte der befehlshabende Inspektor Giordano doch noch Bedenken bezüglich der Verletzungen Abu-Jamals. Da der für die Spurensicherung zuständige Polizist jedoch am Tatort war, mußte der Schmauchspurentest warten, bis Mumia Abu-Jamal ins Polizeirevier gebracht wurde. Im Krankenhaus zeigte sich aufgrund seines Zustandes, daß er rasche medizinische Versorgung benötigt. Mit dem Beginn der Behandlung durch Dr. Coletta war eine kriminaltechnische Untersuchung jedoch unmöglich, und nach der Behandlung waren die wenigen zur Verfügung stehenden Stunden bereits verstrichen.

Der Metallspurentest (Trace Metal Detection Test) hätte ergeben können, ob die betreffende Person ein Waffe in Händen gehalten hat oder nicht. Der Test kann bis zu 36 Stunden nach der Tat ein brauchbares Ergebnis liefern. Auch in diesem Fall spielen die Umgebungsbedingungen und die Aktivitäten einer Person eine Rolle. Allerdings wurde bei den verschiedenen Anhörungen nicht deutlich hervorgehoben, daß es lediglich ein entlastender Test ist. Der Metallspurentest zeigt auch dann ein positives Ergebnis an, wenn die betreffende Person einen anderen metallischen Gegenstand gehalten hat. Durch die lange Wirksamkeit des Metallspurentests kann dies schon viele Stunden zuvor geschehen sein, und daher besagt ein positives Ergebnis nicht, daß die Person eine Waffe gehalten hat. Gleichzeitig könnte aber ein positives Ergebnis einen bleibenden Eindruck bei den Geschworenen hervorrufen und den Angeklagten ungerechtfertigt belasten. Nur wenn er negativ ausfällt, kann er als eindeutiges Beweismittel verwendet werden.

Der Riechtest wurde erst 1995 von Georg Fassnacht erwähnt. Durch Riechen am Lauf einer eben erst abgefeuerten Waffe läßt sich ein deutlicher Verbrennungsgeruch erkennen, der für vier bis sechs Stunden nach dem Abfeuern erhalten bleibt. Die Waffe Mumia Abu-Jamals wurde um 5:55, also 2 Stunden nach der Tat im Polizeilabor abgegeben.[4] Das heißt, selbst im Polizeilabor wäre eine solche Untersuchung noch möglich gewesen. Der wichtigste Kritikpunkt an einer solchen Untersuchung ist der Umstand, daß dieser Test nicht reproduzierbar ist. Die Geschworenen müßten sich daher auf die Aussage des oder der Polizisten verlassen. Allerdings sind auch die Aussagen von Tatzeugen nicht reproduzierbar und wenn man annimmt, daß mindestens zwei oder drei Polizisten am Lauf riechen, hätte eine solche Aussage durchaus Gewicht.

Egal wie man die Bedeutung dieser drei nicht durchgeführten Tests auch immer bewertet, bleibt am Ende nur die Tatsache, daß sie nicht durchgeführt wurden. Es wäre schön, wenn jemand diese Tests durchgeführt hätte, da dies entweder Zweifel am offiziellen Tathergang ausgeräumt oder gewichtige Zweifel an der Täterschaft Mumia Abu-Jamals hervorgerufen hätte. Aber gleichzeitig gibt es Argumente, die gegen die Durchführung der Tests sprechen. Die Durchführung eines Schmauchspurentest an einem schwer verletzten Mann in ärztlicher Behandlung ist schwierig und wäre sicherlich vom behandelnden Arzt abgelehnt worden. Der Metallspurentest hat einen zweifelhaften Wert und der Riechtest ist nicht reproduzierbar.
Wie auch immer man zu diesen Tests steht, sie wurden nicht durchgeführt und können daher nicht ausgewertet werden.


[1] Verhandlungsmitschrift vom 26.6.1982, ab Seite 53
[2] PCRA-Anhörung vom 2.8.1995, ab Seite 58
[3] Der im Abschnitt Das Geständnis im Krankenhaus abgebildete Bericht Gary Wakshuls besagt folgendes:
“As per orders from inspector Giordano, we were to proceed, with the male, to the Homicide Unit, but enrout, these orders were ammended [sic] via police radio and we were informed to go to Jefferson Hospital and to have the male treated for any injuries.”
Während der PCRA-Anhörung vom 1.8.1995 sagte er im gleichen Sinne aus (Seite 20 des Protokolls).
[4] PCRA-Anhörung vom 2.8.1995, Seiten 165-166


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