Mumia Abu-Jamal - Eine Analyse
Übersichtsseite Inhaltsverzeichnis der Analyse Aktuelle Kommentare Bildergalerie Dokumente im PDF-Format Mitschriften und Erklärungen Fragen und Antworten Gästebuch und E-Mail
Sie befinden sich in: Mumia Abu-Jamal/Analyse/Leonard Weinglass und seine Mitarbeiter
Staatsanwalt Joseph McGill <<< >>> Fallbeispiele

Leonard Weinglass und seine Mitarbeiter

Leonard Weinglass übernahm 1992 die Rolle des führenden Verteidigers für Mumia Abu-Jamal. Zu diesem Zeitpunkt lag das Verfahren bereits 10 Jahre zurück und auch die Bestätigung des Urteils durch den Obersten Gerichtshof Pennsylvanias war bereits 3 Jahre zuvor erfolgt. Eigentlich sollte ein Anwalt der erst so spät mit dem Fall betraut wurde in einer Diskussion der Beweise keine Rolle spielen. Trotzdem läßt sich die öffentliche Diskussion ohne Leonard Weinglass nicht erklären.
Die Mannschaft der Verteidigung bestand aus Leonard Weinglass als erstem Anwalt, seinem Protegé Daniel Williams als Hauptstrategen, sowie aus Rachel Wolkenstein and Jonathan Piper. Wolkenstein und Piper zogen sich 1999 zurück. Williams und Weinglass wurden 2000 von Mumia Abu-Jamal entlassen, nachdem Williams ein Buch über diesen Fall veröffentlicht hat, ohne Abu-Jamal zuvor zu konsultieren.[1]
Bis zur Übernahme der Verteidigung durch Leonard Weinglass war die Unterstützung für Mumia Abu-Jamal gering und hauptsächlich auf dessen Familie und Freunde beschränkt. Als er die Verteidigung übernahm war er bereits durch andere berühmte Fälle bekannt. Neben anderen Fällen waren dies Angela Davis und die Entführer von Patty Hearst. Seine Erfahrung mit den Medien wirkte sich sofort aus. Binnen kurzer Zeit wurde Mumia Abu-Jamal zum politischen Gefangenen hochstilisiert und die Anschuldigungen gegen Polizei und Staatsanwaltschaft wurden in der breiten Öffentlichkeit vorgetragen. Er tat dies nicht nur in einem unnachahmlichen Stil, sondern auch sehr wirkungsvoll. Dazu kam natürlich auch sein Mandant, dessen schriftstellerisches Talent unverkennbar war. In den folgenden Jahren tat Weinglass sein Bestes, ein Bild des unschuldigen und aufgrund einer Intrige der Polizei verurteilten Revolutionärs zu zeichnen.
Ich werfe Weinglass vor, daß er dieses Medieninteresse an seinen Mandanten ganz generell mit der Verdrehung von Tatsachen erweckt hat. Die erschütternsten Details sind immer wieder die Widersprüche in seinen eigenen Aussagen. Ein Vergleich seiner vor Gericht vorgebrachten Argumente mit seinen Stellungnahmen gegenüber den Medien ist aber nicht nur erschütternd, sondern gleichzeitig auch aufschlußreich. Vor Gericht sind seine Behauptungen zwar oft unsinnig, er ist aber trotzdem an einen Verhaltenskodex gebunden. Außerhalb des Gerichtssaals fühlte er sich jedoch frei seine Argumente so zu drehen, wie es ihm gelegen kam. Vor Gericht konnte er bestenfalls zu Halbwahrheiten greifen, in der Öffentlichkeit hat er hingegen ungeniert Lügen erzählt. Von Gegnern Mumia Abu-Jamals und von einem Kolumnisten der Philadelphia Daily News wurden er und seine Mitarbeiter deshalb als „Scheme Team“, das heißt als „ränkeschmiedende Mannschaft“ bezeichnet.[2]
In seinem Buch Executing Justice hat Daniel Williams auch den Versuch unternommen, die unterschiedlichen Standpunkte innerhalb der Mannschaft der Verteidiger aufzuzeigen. Vor allem mit Rachel Wolkenstein scheint er Probleme gehabt zu haben. Diese kam vom Partisan Defense Committee (PDC), einer weit links stehenden, trotzkistischen Organisation aus New York und scheint zumindest nach den Aussagen von Williams dafür verantwortlich gewesen zu sein, daß sich die Verteidigung auf so viele unglaubwürdige Zeugen stützte. Williams selbst beschrieb Zeugen wie Singletary, Harmon oder Jenkins als Katastrophe. Seiner Meinung nach war es für jeden vernünftigen Menschen klar, daß ein Zeuge wie Singletary zu unglaubwürdig ist, um vor Gericht benutzt zu werden. Nur das PDC sah dies anders.[3] Scheinbar genügte es ihm aber, bei den unglaubwürdigen Zeugen auf die Probleme hinzuweisen. Er hat die Entscheidungen, diese vor Gericht zu präsentieren, jedoch über alle Bedenken hinweg mitgetragen.
Als Leonard Weinglass und Daniel Williams im Jahr 2000 von Abu-Jamal entlassen wurden, ließen sie einen ungelösten Fall zurück. Scheinbar war danach auch für Mumia Abu-Jamal die zukünftige Strategie nicht klar. Die Strategie von Weinglass und Williams basierte hauptsächlich auf verfassungsrechtlichen Begründungen. Dieser Strategie wurden gute Chancen auf Erfolg eingeräumt. Die späteren Gerichtsentscheidungen sollten ihnen Recht geben. Seine neuen Verteidiger Elliot Lee Grossman und Marlene Kamish forcierten die Theorie, daß Beverly Arnold den Mord begangen hat, obwohl diese Theorie schon damals als unhaltbar galt. Letztendlich blieb diese Strategie in vorhersehbarer Weise erfolglos und die Anwälte wurden schließlich durch Robert R. Bryan ersetzt. Dieser konzentrierte sich wieder mit wesentlich mehr Erfolg auf verfassungsrechtliche Fragen.


[1] Daniel Williams, Anwalt, Executing Justice (St. Martin's Press, 2001)
[2] Siehe Justice For Police Officer Daniel Faulkner, Mythos 2 und Daniel Williams, Executing Justice, Seite 325.
[3] Daniel Williams, Executing Justice, Seite 305.


Staatsanwalt Joseph McGill <<< >>> Fallbeispiele
 Zum Seitenanfang | Zur vorherigen Seite  Copyright © 2005-2008 Christian Peheim, alle Rechte vorbehalten