Achtung vor der Tradition spielte immer eine große Rolle bei den Baronen von Draustein, deshalb ist es sinnvoll, einige Worte vorauszuschicken, die im Prinzip für alle Mitglieder dieser Familie gelten und gegolten haben soweit die menschliche Erinnerung und Geschichtsschreibung zurückreichen.
Rondra wird als bedeutsamste der Zwölf verehrt. Dies liegt am Selbstverständnis
der Stepahans als Ritter (oder Rittfrauen) noch vor dem Bewußtsein ihres
Standes als Adelige. Entsprechend werden den Kindern von klein auf die
ritterlichen Tugenden eingebleut, und spätestens im Alter von zehn Jahren
werden sie in Knappschaft gegeben (auch hier bestehen lang eingespielte
Partnerschaften: die Erstgeborenen werden meist von den Grafen von Bredenhag
oder den Burggrafen von Königlich Abagund aufgenommen, Nachfolgende werden
meist den umliegenden Baronen oder den eigenen Edlen und Rittern angedungen.
Es sind nur ganz wenige Einzelfälle überliefert, wo ein Kind außerhalb von
Albernia in Knappschaft gegeben worden wäre - in diesen Fällen ging es nach
Winhall oder Windhag).
Die Barone von Draustein nehmen ihrerseits auch
bereitwillig Knappen auf, die sie vor allem von den umliegenden Edlenhäusern
in großer Zahl angetragen bekommen. Selten sind weniger als zehn Jungen und
Mädchen hier zu Ausbildung, deren Erziehung theoretisch der Baron selbst
beaufsichtigt, die aber de facto von einzelnen Hausrittern der Stepahans
geleistet wird.
Man ist stolz auf seine Geschichte. Die erste bestätigte urkundliche Erwähnung der Familie Stepahan ist die sogenannte Orgala-Schenkung von 899 v.H., in der den Baronen vom Dräuenstein der grosz Walt vom Schilt Eck geschenkt wurde, mit der Auflage, stets 15 Flußboote betriebsbereit zu halten und keine Piraten mehr den Fluß hinaufsegeln zu lassen.
Zu jener Zeit scheinen die Stepahans als Barone schon recht etabliert gewesen zu sein - und tatsächlich glauben sie selbst, daß ihr Geschlecht durchaus noch etwas weiter zurückreicht. Offizielle Einsetzungsurkunden gibt es zwar keine, da entsprechendes Materiel spätestes beim Untergang Havenas verlorenging, aber es gibt eine gedichtete Historia Albernyae aus dem sechzehnten vorhalschen Jahrhundert. Es ist eine Beschreibung des Befreiungskampfes gegen die Orks. Als damals Selma Bragold in den Fürstinnenrang erhoben wurde, soll sie augenblicklich sechs ihrer tapfersten Mitstreiter zu Rittern geschlagen und belehnt haben. In dem Dokument heißt es:
"unde si schloug ze riteren di edelen ires strites wider das orkgezuihte unde huop si ze vasallen in rang unde stand. ... den riter stepahn si gap den druiwen stin an dem grozen fluoze daz er were di stat wider di orken so dem fluoz nabe kemen. ..."Inhaltlich ist also diese Urkunde recht eindeutig - dennoch gibt es Stimmen, die sie nicht anerkennen wollen. Die einen sprechen von einer Fälschung aus pervalscher Zeit, die andern von einer "attributierten Dichtung aus den Jahren der Priesterkaiser". Solche Äußerungen führen natürlich unweigerlich zum Groll der Stepahans - und die Stepahans vergessen nicht leicht!
Unbestritten ist, daß das Geschlecht alt ist, älter jedenfalls als das planmäßige Eindringen und Niederlassen der Thorwaler in Albernia. Und so neigen die Stepahans (meist dunkelhaarig oder blond) auch heute noch dazu, vieles, was Klein-Alrik als "typisch albernisch" betrachtet, wie etwa die roten Haare oder den weichen Dialekt, als Zeichen "thorwalscher Barbarei" abzutun - allerdings nicht zu laut, denn immerhin ist der eigene König ja ein "Thorwaler". Bei der Wahl von Ehegatten, zumindest für die Erstgeborenen, achtet man aber auf Zeichen von "albernischem Blut", was tatsächlich bosparanisch-güldenländisches Erbe meint.
Eine weitere, wenn auch eher unbedeutende, Gemeinsamkeit der Drausteiner Stepahans ist die beinahe besessene Liebe zur Falkenbeize. Seit jeher gibt es auf der Burg einen Falknermeister, der auch mit weitreichenden Privilegien versehen ist. Er hat eine eigene Kammer in der Hauptburg und erwählt gar seinen Gesellen und Nachfolger selbst, ohne Rücksprache mit dem Baron. Außerdem wird von jedem Falkner auf dem Draustein gesagt, er hätte durchaus einen nicht ganz zu vernachlässigenden Einfluß auf den jeweiligen Baron, da er für diesen gewissermaßen des Volkes Stimme darstelle.
Ein Wesenszug, den manche den Stepahans gelegentlich nachsagen, ist es "unvorsichtig geschwätzig" zu sein. Die Stepahans würden auf solch eine Nachrede im besten fall ungläubig erstaunt reagieren.
Im Folgenden seien die wichtigsten Persönlichkeiten des älteren Hauses
Stepahan von Draustein einzeln kurz vorgestellt:
Und da sich in Draustein nur selten etwas ändert, ist die Lange Halle der Burg auch nach dem plötzlichen Tode Baron Tuachalls, wie in ältesten Zeiten Zentrum gleichzeitig des Familienlebens und der Baronieverwaltung. Hier kann der Besucher an Winterabenden oft erleben, daß der Baron mit seinem Kastellan und einem Schreiber Amtsgeschäfte erledigt, während Marnia mit Gästen und Hofdamen am Feuer bei Stickerei und Honigwein sitzt und plaudert, im Hintergrund der Musikus flötet und das Gesinde am unteren Ende der Halle würfelt oder ein Spielzeug für die Kinder schnitzt.
Corrins Entschluß, wider den Dämonenmeister zu ziehen, trifft bei
ihr natürlich auf kein Verständnis, zumal er immer noch unverheiratet und kein Thronfolger gezeugt ist.
Maelwyn Stepahan ä.H. von Stepahan zu Draustein
Maelwyn, die älteste Tochter Tuachalls und Marnias, wurde 12 v.H.
geboren. Ihr rotes Haar ist recht untypisch für die Drausteiner,
Tuachall führte es stets auf die thorwalsche Blutlinie der Bennains zurück.
Maelwyn ist Geweihte im Rondratempel von Havena, daher ist sie aus der Erbfolge ausgeschieden und dem Schwert der Schwerter in den Zug wider Borbarad gefolgt.
Corrin Stepahan ä.H. von Stepahan zu Draustein
Corrin, der zweitälteste Sohn des Barons unterschied sich von
seinem Bruder und Vater schon immer sehr. Seine Treue gilt nicht nur Rondra,
sondern ebenso Praios, Hesinde und auch Phex. Sein Bruder nannte ihn
einen "unsteten Glücksritter", und an dieser Aussage ist durchaus ein
wahrer Kern. Corrin entschloß sich gegen den Widerstand seiner Eltern,
seine Knappenschaft bei einem fahrenden Ritter abzuleisten. Jener
zog mit ihm durch die Lande, so daß er schon als junger Knappe
die ganze Westküste Aventuriens zwischen Prem und Neetha bereist
hatte. Nach seinem Ritterschlag 12 Hal wurde auch er zum fahrenden Ritter.
Er zog gar noch weiter herum als sein ehemaliger Herr; vor allem
der Süden scheint es ihm angetan zu haben. Seine Meldungen in
Form von Briefen an die Eltern zeichnen seinen Weg wie folgt nach:
Zunächst längerer Aufenthalt im Lieblichen Feld, Kampf gegen
Al'Anfa in einigen der letzten Schlachten des Khomkrieges.
Rückkehr in den Norden, Kampf unter König Brin gegen die Orken,
danach wieder in den Süden. Zuletzt rief ihn nach dem Tod seines Bruders ein Brief des Vaters nach hause, wo er aber zu spät eintraf, um diesem noch einmal gegenübertreten zu können. Nur eine Woche zuvor hatte Uthars Pfeil Baron Tuachall gefällt.
Corrin übernahm die Baroniegeschäfte und bereitete sein Lehen auf den zu erwartenden Heerbann vor. Nach einem öffentlich geführten Streit mit dem Vogt von Honingen, forderte er diesen wegen mehrerer schwerer Beleidigungen der Familienehre zum Duell. Dieses wurde vom Reichskanzler verboten und die beiden Streitenden wurden von König Cuanu ui Bennain an die tobrische Front geschickt. Schweren Herzens zog Corrin im Winter des Jahres 28 Hal gen Osten.
Marnia Vässler
Die nach ihrer Mutter benannte Marnia ist zwar dem Aussehen nach
eher ein Abbild der väterlichen Seite der Familie, kommt aber dem Wesen ihrer
Mutter sehr nahe. In einem Brief bat sie ihren Vater, die
Knappschaft am Hofe der Familie ihrer Mutter in Königlich Abagund
abbrechen zu dürfen, um dem Travia-Tempel in Honingen beizutreten.
Tuachall war zwar nicht erfreut, willigte aber ein.
Mittlerweile ist die 29jährige Geweihte in Andoain, Niederhoningen und mit
Lordwick Vässler, einem wohlhabenden Handwerker, verheiratet.
Ihre beiden Söhne heißen Tuachall und Niamad.
Lordwick Vässler
Ewaine Stepahan ä.H. von Stepahan zu Draustein
Ewaine ist auch weniger dem Rondrianertum zugeneigt als der Göttin
des Hausfriedens. Dennoch scheinen rondragefällige Recken durchaus
Interesse bei ihr hervorrufen zu können, schließlich war ihre
Romanze mit dem jungen Ritter Curuvan von Haagen die heißeste
Skandalgeschichte des Sommers 20 Hal. Während der Heiratsvertrag
zwischen ihrem Vater und einem Bruder der Gräfin von Bredenhag
noch ausgehandelt wurde, ließen sich die beiden in einer Rahjanacht
vom Traviageweihten Wietauns vermählen. Geschichten besagen,
daß man den Zornesausbroch Baron Tuachalls bis Crumold gehört
haben soll.
Noch immer ist Curuvan ein landloser Ritter, doch seit er als einziger der Drausteiner Kämpfer aus Ysilia zurückgekehrt ist, steht er in deutlich höherem Ansehen.
Ewaine führte schon einmal komissarisch die Baronie, nachdem ihr Vater gestorben war und Corrin noch nicht zurückgekehrt, und wann immer Baron Corrin nicht auf dem Draustei weilt, fügt sie sich wieder in dieses Amt. Auch jetzt, da Corrin an die Front gezogen ist, versieht sie die Geschäfte. Die Befürchtung, daß Corrin nicht zurückkommen könnte lastet schwer auf Ewaine.
Freudiger ist da eine andere Aussicht: Ewaine Stepahan ist in gesegneten Umständen. Die Geburt wird für Efferd 29 Hal erwartet.
Ritter Curuvan von Haagen
Curuvan ist der viertälteste Sohn des alten Carian von Haagen,
dem Waffenbruder Baron Tuachalls. Er hat auf dem Draustein seine
Knappenzeit absolviert, zu einer Zeit, als Ewaine gerade fünf
war. Nach seinem Ritterschlag erfüllte der starke Recke so
manche Aufgabe in und um Draustein, vor allem gegen die
Flußpiraten im Auftrag des Edlen von Wietaun. Als er im Sommer des
Jahres 20 auf dem Draustein eine größere Verletzung auskurieren
mußte, die er sich beim Kampf gegen die Orks zugezogen hatte,
traf der damals 32jährige die nun 18jährige Ewaine erneut. Das Ergebnis
war seine Vermählung mit der Baronentochter.
Curuvan weiß, daß er kein Erbteil zu erwarten hat und auch, daß
ihm sein Schwager kein Lehen aus "Verwandtschaft" zusprechen
wird, denn das hieße die Grundsätze des Vaters verraten. Daher war sein Entschluß, an Turvins Seite gegen den Feind
in Tobrien auszuziehen sicher verständlich.
Heute lebt er auf dem Draustein und erholt sich noch von den Folgen der Kämpfe um Ysilia, wenn es ihn auch schon längst wieder nach Taten dürstet. Doch zur Zeit benötigt ihn seine Gattin an ihrer Seite.
Caia Stepahan ä.H. von Stepahan zu Draustein
Caia wurde im Jahre 3 nach der Thronbesteigung Kaiser Hals
geboren. Nur widerwillig begann sie ihre Knappschaft auf Burg
Falkraun und bis zum Ende vermißte man den ritterlichen Geist an
ihr. Tatsächlich sprach sich ihr Vater Tuachall vehement gegen
den Ritterschlag aus, als sich der ratlose Edle Aelmir von Falkraun
diesbezüglich bei ihm erkundigte. "Der Ritterschlag ist mehr als
selbst die Kaiserkrone: Man kann ihn nicht erben, man muß ihn sich
verdienen." sagte er, und so ist Caia bis heute ohne Ritterschlag
geblieben. Dennoch mangelte es der schönen, dunkelhaarigen
Baronentochter nicht an Bewerbern, die allerdings weder ihres
Vaters Standesbewußtsein noch Caias Herz als Fürsprecher gewinnen
konnten.
Caia lebt heute noch auf Burg Draustein, allerdings nimmt sie
wenig am privaten oder öffentlichen Leben der Baronie teil, nur
mit ihrem Bruder Corrin spricht sie sich gelegentlich aus. Und
Corrin ist auch meist der einzige, der bemerkt, wenn Caia mal
wieder für Tage oder ein paar Wochen nicht auf der Burg ist.
Wo sie sich dann allerdings aufhält, ist möglicherweise auch dem
sorgenvollen Bruder unbekannt. Seit Corrin fortgezogen ist, lastet ein schwerer Schatten auf der schönen, geheimnisvollen Edeldame, und man sieht sie seltener denn zuvor.
Hylgwen Stepahan ä.H. von Stepahan zu Draustein
Hylgwen ist 14 und mitten in ihrer Knappinnenausbildung bei Baronin Rahjalyn Herlogan von Niederhoningen auf
Schloß Andoain begriffen. Das sommersprossige, kurzhaarige, rotblonde
Mädchen ist ein rechter Heißsporn, schon seit ihrem achten
Lebensjahr bedrängte sie den stolzen Vater, ihr den Umgang mit
Pferd, Schwert und Lanze beizubringen. Schon mit zehn kam sie
nach Andoain.
Das Leben auf dem Schloß der Baronin gefällt
ihr sehr gut, wenn sie auch den Trubel einer großen Familie
etwas vermißt. Glücklicherweise wohnt ihre Schwester Marnia
mit ihren kleinen Söhnen Tuachall und Niamad auch in Andoain.
Nach wie vor begeistert sie sich für den aktiven Rondradienst,
zu den Lektionen über Kriegsstrategie, Götterlehre oder Rechtskunde
muß man sie dagegen regelrecht zwingen. Wenn Hylgwen liest, dann
lieber die alten albernischen Heldengeschichten oder die Berichte
über die Taten des Schwertkönigs, König Cuanus und anderer
zeitgenössischer "Stars". Nur schwer war sie davon abzuhalten, ihrem Bruder Corrin Hals über Kopf nach Tobrien zu folgen.