Abschnitt 8.2.4

Polen als Satellitenstaat der Sowjetunion

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Die neue polnische Regierung war alles Andere als souverän: Sie kam auf Wunsch Stalins und mit dessen Hilfe an die Macht, und schon der Vertrag des PKWN mit der Sowjetunion vom 26. Juli 1944 bedeutete die völlige Abhängigkeit von ihr. Am 21. April 1945 unterzeichnete die polnische Regierung einen weiteren "Freundschaftspakt" mit der UdSSR. Mit der sowjetischen Besatzung begann auch das NKWD, in Polen zu wüten: Den zahlreichen Verschleppungen fielen besonders AK-Soldaten [1] und politische Rivalen Stalins zum Opfer.

Die Rote Armee zog nach Kriegsende nicht ab, sondern wurde für Polen zur neuen Besatzungsmacht. Auch das -vom AL-Oberkommandanten "Rola"-Żymierski aus AL-Truppen und den beiden Exilarmeen gebildete- polnische Militär war von den sowjetischen Streitkräften stark abhängig und wurde vielfach von sowjetischen Generälen (z.B. Rokossowski) geführt.

Die polnische Regierung erhielt von der Sowjetregierung Weisungen und durfte keine Außenpolitik in Eigeninitiative betreiben. Sie war von der Sowjetunion durch die "Bündnisverträge" abhängig, und Polen wurde so -wie viele andere Staaten im östlichen Mitteleuropa- zu einem Satellitenstaat der Sowjetunion. Die Gegner der Diktatur zeigten sich darüber enttäuscht, wie das im Juli 1945 von den ehemaligen Parteien des AK-Untergrundstaates herausgegebene »Testament Polski Walczącej« zeigt:

"Polen ist in Folge des Krieges, in dem es größte Opfer hinnahm, unter eine neue Besatzung geraten... Mit dem Zeitpunkt der Entstehung der neuen Regierung und deren Anerkennung durch die Westmächte hört für uns die Möglichkeit, legal konspirativ zu kämpfen und uns dabei auf die allgemein anerkannte Regierung in London zu stützen, auf." [2]

Wie abhängig die neue polnische Regierung von Stalin war, beweist die Festlegung der neuen Grenzen Polens, die ausschließlich nach Stalins Vorstellungen gezogen wurden: Die Ostgrenze wurde in einem "Vertrag" vom 16. August 1945 zwischen der polnischen und der sowjetischen Regierung festgelegt und lief ab nun entlang der Curzonlinie, auch wenn kleinere Korrekturen zugunsten Polens vorgenommen wurden. Die Folge war, dass Hunderttausende Polen (vor allem in und um Wilno, Grodno und Lemberg) in der Sowjetunion lebten und vielfach verschleppt wurden (z.B. nach Kasachstan). Ostpreußen wurde geteilt: Die nördliche Hälfte ging an die Sowjetunion, die südliche an Polen. Das Zaolzie, im Oktober 1938 von Polen annektiert [3] und noch immer mehrheitlich von Polen bewohnt, musste an die ČSSR zurück gegeben werden. Die Westgrenze wurde in Potsdam gezogen: Sie verlief nun entlang der Flüsse Oder und Lausitzer Neiße. Diese neuen Grenzen waren bisher nur von den polnischen Kommunisten gefordert worden; selbst die "rechten" Parteien hatten sich mit einer Angliederung Mittelschlesiens begnügt. [4]

Die Westmächte lehnten zwar Stalins Vorhaben und Forderungen bezüglich Polens ab, aber schon Anfang 1945 begann die Rivalität zwischen ihnen und der Sowjetunion, der "Kalte Krieg", und sie gaben Polen (und andere Staaten) den Sowjets quasi als "Opfer" preis, um größere Konflikte mit Stalin zu vermeiden. Dabei vergaßen sie aber, dass die Sowjetunion in den ersten Kriegsjahren ein Verbündeter Hitlers war [5] und sich jetzt -als Alliierter- ihre Eroberungen aus jener Zeit sicherte.


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1) siehe Abschnitt 6.1.2 [¶]

2) zit. in: Dybkowska / Żaryn / Żaryn, Polskie dzieje, S. 310. [¶]

3) siehe Abschnitt 1.2.1 [¶]

4) siehe das erste Zitat in Abschnitt 6.1.2 [¶]

5) vgl. Abschnitt 4.1.1 [¶]


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