Kanubau aus Holz und Stoff    


Inhalt: [Baubeschreibung]   [Zeichnungen]   [Autor]
Meine weiteren Kanuseiten: {Holzkanubau}   {Kanudesign}   {Holzarten zum Kanubau}   {Holzpaddelbau}   {Faltboot}   {Kanutouren}


"Kanubau einmal anders" oder "Wir bauen uns ein Stoffkanu"

Stoffkanu, hä ?!? Klingt reichlich instabil...

Als Grundlage für den Bau dient der Prospector 16.

Die Baubeschreibung:
Das 5,40m Stoffkanu
Gleich vorab: Ein Kanu mit Stoffhaut ist einem Holzkanu durchaus gleichwertig! Man verwendet ja auch keine Seide, sondern strapazierfähige, imprägnierte Textilien.
Natürlich geht eine gewisse Gefahr von spitzen Gegenständen (abgebrochene Äste im Wasser) aus. Doch mal ehrlich: ein langer, tiefer Kratzer im Holz eines Planken-Kanadiers schmerzt auch ziemlich. Das heißt, für eine Gerölltour sollte man besser eine Plastikschüssel verwenden!
Doch gerade für Seefahrten oder Fahrten auf "größeren" Flüssen (also Flüssen ohne Grundberührung) ist die Sache perfekt. Obwohl ich noch sagen möchte, daß wir mit unserem Leinen-Vehikel die Lusnice in Tschechien bezwungen habe. Ein waschechter Geröllfluß! Stunden durch urwaldartiges Gebiet mit ca. gleich viel Bäumen am Ufer wie im Wasser. War spannend...
Der größte Vorteil dieser Bauweise ist nicht wie man auf den ersten Blick meinen will ein geringeres Gewicht. Durch die notwendige, stabilere Spantenkonstruktion und den ebenfalls notwendigen Innenrost, ist das Gewicht vergleichbar hoch! In unserem Fall sogar höher, doch dazu später...
Nachdem der Vorteil auch nicht in der höheren Strapazierfähigkeit liegen kann, muß es wohl die Bauzeit sein! Wir benötigten ca. 20h für die Holzvorbereitung und ca. 30h für die Montage... den Preisvorteil kann ich schlecht abschätzen, denn unsere Erstkonstruktion, ist durch einige Sackgassen in dem Versuchsbau, deutlich teurer geworden... wir lagen bei 8200.- Schilling wobei 6000.- durchaus realistisch sein sollten!

Aber jetzt genug geplänkel...
So wird's gemacht:

Unser Kanu, besteht aus einer Spantenkonstruktion aus Esche und Birke, die von einer Doppellage groben Leinen umspannt ist. Als Imprägnierung verwendeten wir eine Leinöl-Bimsmehl Mischung und zwei Bootslackschichten als Deckanstrich. Der Innenrost sowie der Süllrand ist aus Kiefer. Die gesamt Konstruktion ist superstabil und man könnte durchaus an Materialstärke sparen.

Die Maße: Gesamtlänge 5.40m, Breite 0.90m, Stevenhöhe 0.50m, Mittenhöhe 0.38m
Das Gewicht: ca. 70kg Öha! Schu a bissale schwaa! (läßt sich noch drastisch reduzieren !!!!)

Zur Leistungsfähigkeit:
Auf der oben erwähnten Tour, fuhren wir zu viert mit vollem Marschgepäck (zwei Iglu, Gaskocher, Kochgeschirr, Schlafsäcke...). Gut, wir waren aufgepackt wie ein arabisches Wüstenschiff, (= Kamel, für den Ungebildeten) doch Meilen (20cm) davon entfernt, unter zu gehen! Die maximale Zuladung dürfte etwa bei 500 kg liegen.

Ich beschreibe jetzt mal unseren Bau, in grün sind die von mir vorgeschlagenen Änderungen...

Zum Holz:
Ich denke, eine Grundvoraussetzung ist der Zugang zu einer Kombi-Holzbearbeitungsmaschine! (Kreissäge + Hobelmaschine) Und natürlich dem nötigen Fachwissen, um mit dem Ding auch umgehen zu können.
Man kann auch mit vier Fingern paddeln, doch die "fünf-Finger-Variante" macht mehr Spaß! Die Leisten vom Tischler zu beziehen, würde auch funktionieren, doch das würde zu einer Preisexplosion führen. Gut, wer hat der kann...

Nachdem die Stoffhaut nicht selbsttragend ist, benötigen wir eine Raster aus Quer- und Längsspanten, auf die der Stoff aufgezogen wird. Dazu müssen speziell die Querspanten und der Steven stärker gebogen werden, als es das unbehandelte Holz aushalten würde. Deshalb muß das Holz vorher gedämpft (Behandlung mit Wasserdampf), und im noch heißen Zustand angeformt werden.
Mit dem Kochtopf funktioniert das nicht besonders (wir haben's versucht). Dieserhalb und destawegen, haben wir uns auch eine besonders gefinkelte Konstruktion einfallen lassen (auch bekannt als Dämpfofen). Im speziellen besteht unser Konstrukt aus einem 110mm Durchmesser und 1.50m langem PVC-Kanalrohr, einem Trichter und einem alten Druckkochtopf.

Dampferzeuger-Prinzipbild
Der Rohrdurchmesser kann natürlich variieren, doch sollte man darauf achten, daß sowohl das Dämpfrohr, wie auch der Zuleitungsschlauch aus PVC bestehen! 100°C heißer Wasserdampf hat's in sich, und verformt besonders PE und PP problemlos (selbst unser Rohr ist nicht mehr so rund, wie es einmal war)! Das Rohr selbst haben wir noch mit einem alten Schlafsack umwickelt; zur Isolierung. Der Druckkochtopf kann ruhig alt und undicht sein, man benötigt ohnehin nur den Dampf!
Auch ein neuer funktioniert, man muß nur das Ventil herausschrauben und den Schlauch am Ventilstutzen befestigen (dadurch ist der Schlauchdurchmesser bestimmt). Der Topf wird nicht kaputt, doch zur Vermeidung nachträglicher Dispute, sollte man die Verwendung vorher mit dem weiblichen Hausvorsteher (Mutter, Freundin, Frau) abklären. Durch den Mißbrauch von Küchengeschirr sind schon Kriege entstanden!!!
Um die Dampfeinwirkung zu verbessern, haben wir noch einen beidseitig offenen Plastiksack mit einem Gummiband ans Ende befestigt. Dadurch bleibt der Dampf im Rohr!

Der Dampferzeuger im Einsatz. (18kByte)

Bei der Auswahl des Holzes für die Querspanten und Steven, überwog die Biegsamkeit unter Dampf. Das Standard-Dämpfholz Buche ist wegen seiner Sprödigkeit ungeeignet, Esche hingegen, auch wegen seiner Wasserbeständigkeit, ist perfekt. Wir haben's auch mit Birke versucht... funktioniert hat's, doch nicht besonders zufriedenstellend! Wer will kann hier noch herum probieren... ich würd's allerdings lassen. Unsere Spanten bestehen aus vier Lagen 5 x 20mm Leisten, der Steven aus acht Lagen 5 x 40mm Leisten. Die Formen habe ich aus Fichte 20mm gefertigt, zur besseren Weiterverwendung (als Rostauflage, doch dazu später...) würde ich sie jetzt aus Kiefer machen. Und zwar: Bretter in der Formgröße zu einer Platte zusammenleimen, mit einer Nadel die Formkurve (aus der Papiervorlage) durchstechen, und mit dem Bleistift nachzeichnen. Danach die Form mit der Stichsäge ausschneiden. Wir arbeiteten mit einer Form und einer Gegenform, zwischen denen wir das Holz preßten.
Besser ist eine Form, in deren Rundungen Löcher sind, und man das Holz mittels Zwingen anformt.
Form für die Spanten
Zu den Arbeitsschritten:
Die Leisten in das Dämpfrohr geben, und ca. 5-10min drin lassen (bis sie sich gut biegen lassen). Wir hatten immer nur 4 Stück gleichzeitig im Rohr, da der Wassergehalt bei zu langem dämpfen stark steigt und dadurch das Verleimen verzögert wird. Nun werden die Leisten einzeln heraus genommen und angeformt. Ein Tip, biegt man die Leisten unmittelbar nach dem Herausnehmen stärker als notwendig, ist die Bruchgefahr geringer. Doch bitte mit Gefühl biegen! Auch gedämpfte Leisten brechen. Nachdem alle vier Leisten an der Form sind, sollte die ganze Sache abkühlen und vor allem trocknen. (das dauert ca. eine viertel Stunde, je nach Dämpfzeit) Jetzt kann man die Leisten verleimen. Wir arbeiteten mit wasserfestem Weißleim.
Besser, oder besser gesagt wasserfester, ist Epoxydharz. Die Nachteile dabei sind allerdings , der dreifache Preis und die extrem verlängerte Aushärtezeit (statt ca. 1h, ungefähr 1 Tag). Der Preis fällt aufgrund der geringen Menge nicht unbedingt ins Gewicht. Deshalb dürfte es sinnvoller sein, den fertig verleimten Spant mit Epoxydharz zu "lackieren".
Man sollte darauf achten, daß die Leisten länger als die Strecklänge des Spant sind. Abschneiden kann man's immer noch, nur das heiße Teil richtig einzurichten ist etwas mühselig. Nach dem Verleimen sollten die beiden Spantenenden unter geringem Zug mit einem Spagat verbunden werden. Das verhindert, daß das noch immer feuchte Holz wieder seine exakte Form verliert, oder die Leimung wieder auf geht.
Eins noch: Heiße Luft und heißer Wasserdampf sind etwas total unterschiedliches. Beim Wasserdampf genügt bereits eine Sekunde, um sich die Finger (oder Schlimmeres) zu verbrennen. Also Vorsicht!

Da die Biegung der Längsspanten ungleich schwächer ist, ist hier ein Dämpfen unnötig!
Für die Längsspanten benutzten wir Birkenleisten 20 x 10mm. Birke ist vergleichbar fest und biegsam wie Esche, kostet aber die Hälfte. Noch dazu ist sie durch ihren hohen Gerbsäuregehalt recht widerstandsfähig. Von der Gewichtsklasse her ist sie mittelschwer, d.h. leichter als Kiefer, schwerer als Fichte. Bei der Verwendung von anderen Holzsorten, sollte man bedenken, das Birke wirklich zäh ist. Also besonders bei der Verwendung von Kiefer (Kanadischer Zeder) sollten die Längsspanten etwas dicker dimensioniert werden bzw. andere Stabilisierungs-Maßnahmen getroffen werden (z.B. Querstreben, die bei unserem Kanu nicht notwendig sind).
Den Kiel fertigten wir ebenfalls aus Birke: Seine Endmaße sind 40 x 40mm, jedoch haben wir, um dem Verzug vorzubeugen und eine leichte Kielrundung zu erzeugen, den Kiel aus 3 Lagen gleich dicker Leisten aufgebaut. Und diese mit einer leichten Biegung verleimt.
Der Rost aus Kiefer Die Rostauflage besteht aus Kiefer, die genau den Innenradius der einzelnen Querspanten besitzt. Gerade dafür kann man nun die Spantenformen verwenden. Die Höhe der Auflage hängt von der gewünschten Rostfläche ab. Unser Rost ist 8cm hoch. Er sollte nicht zu hoch gemacht werden, denn je höher er liegt, um so kippgefährdeter wird das Boot! Die Auflage wird nun von außen an den Spant geschraubt. Die Rostleisten bestehen aus 30 x 15mm Kiefer, da sie am beständigsten gegen Wasser ist. Und selbst bei guter Lackierung durch Schuhe, offene Scheuerstellen entstehen, durch die das Wasser eindringen kann. Um sich die Füße nicht mit kleinen Holzstücken zu durchlöchern, tut man gut daran, die oberen Kanten zu brechen (am besten abrunden).
Das Gerüst Die Montage:
Die erste Montagearbeit ist das Ablängen der Spanten, des Kiels und der Steven. Als nächstes verleimt und verschraubt man Steven und Kiel (dazu sollten die Beiden, um die Leimfläche zu vergrößern, ab-geschrägt werden). Es empfiehlt sich, diese Prozedur auf einer ebenen Fläche aus-zuführen, um eine exakte Ausrichtung der beiden Steven zueinander zu gewährleisten. Jetzt sollte man die Unterseite des Kiels noch beidseitig abrunden. Am besten funktioniert das mit einer Oberfräse mit Anschlag.

Das Gerüst Nach getaner Arbeit, zeichnet man sich die Querspanten an der Kielinnenseite an, und schneidet eine Kerbe, in die der Spant gerade hineinpaßt. In diese Kerbe wird nun der Spant mittig eingeschraubt. Wer ein Kanu ohne ausgeprägtem Kiel bevorzugt, sollte die Kerben auf der Kiel-außenseite machen.
Nachdem nun unser Kanu wie eine alte Fischgräte aussieht, wollen wir mit den Längsspanten fortfahren, um dem Ganzen ein besseres Aussehen zu vermitteln.
Beginnen wir mit dem obersten Spant, der zugleich als spätere Auflage des Süllrandes dient. Wir setzen ihn einfach seitlich an die einzelnen Spantenenden und befestigen ihn. Als Be-festigung kann für den echten Leim-hardcore-Freund nur eine Holzverdübelung gelten. Nachdem ich aber keiner bin, hab ich die ganze Sache erst mit Leim bestrichen und danach einfach verschraubt. Von diesem Spant mißt man nun die nächsten Spanten ein. Besonders für den Verlauf am Steven sowie auch die Verschneidungen am Boden ist etwas Augenmaß gefragt. Man sollte nur darauf achten, dass nichts über die restliche Bootslinie darübersteht.

Am Steven haben wir die Längsspanten einfach seitlich angeschraubt und schräg abgeschnitten. Wenn die Leisten zu kurz sind, man also stückeln muß, sollte man darauf achten, das diese Fugen auf einem Querspant verschraubt sind. Da das Bootsgerüst unter einer doch beträchtlichen Spannung steht, müssen alle Fugen stabil ausgeführt sein.
Der Steven Nun schraubt man noch die Rostleisten ein, der Zwischenabstand sollte in etwa 15mm betragen. Nach dem Zusammenbau und dem Abraspeln von etwaigen Ecken, wird nun das Gerüst lackiert. Wir verwendeten zwei Schichten Bootslack. Eindeutig besser ist hier Epoxydharz. Da eine Einfachlackierung genügt, bleibt auch der Preis in etwa gleich. Am besten man verwendet dünnflüssiges Gießharz, das nach dem Vermengen (Härter und Harz) einfach mit dem Pinsel aufgetragen werden kann (der Pinsel ist danach wegwerffertig!) Ein Kilo Harz dürfe genügen! (wenn man nicht gleich noch den Boden mit streicht).
Nach einer entsprechenden Trockenzeit von ca. einem Tag, kann nun die Haut aufgezogen werden.

Das bespannte Gerippe

Zur Haut:
Unsere Haut besteht aus zwei Lagen groben Leinen und einer Imprägnierung. Nachdem diese Haut extrem schwer ist, werde ich nicht darauf eingehen, sondern gleich die Alternative beschreiben. Dafür dürfte Dacron Tuch am besten geeignet sein (oder ein anderes Polyester Segeltuch). Es ist sehr strapazierfähig und wasserundurchlässig. Noch dazu ist es leicht. Der Preis liegt zwar höher, doch spart man sich jegliche Imprägnierung.
Benötigt wird eine Bahn mit ca. 2.0m Breite und einer Länge von 5.5m. Diese wird mittig über den Kiel gelegt, und am besten mittels Tacker seitlich befestigt. Danach wird erst die eine, dann die andere Seite Stück für Stück straffgezogen und an der Innenseite des obersten Querspant befestigt. An Bug und Heck wird am Steven getackert. Kleine Falten lassen sich mit dem Bügeleisen ausgleichen, da sich der Stoff bei Erwärmung zusammen zeiht. Nun müssen noch die Nagellöcher am Kiel abgedichtet werden! Dazu wird der gesamte Kiel + Steven mit Epoxydharz bestrichen. Zusätzlich bildet das Harz eine, gegen Aufscheuern, widerstandsfähige Schutzschicht.

Der Süllrand Nun ist das Schiff schwimmfähig und benötigt nur noch diverse Verzierungen und andere nützliche Dinge, wie Süllrand, Seilösen etc.

Den Süllrand haben wir wie in der Skizze ersichtlich, aus Kieferleisten auf-gebaut. Die einzelnen Leisten haben wir am Boot verleimt, abgerundet und in die Querspanten geschraubt.

Und um das Wichtigste nicht zu vergessen: Einen Namen braucht das Ding auch noch!

Die Zeichnungen:

Hier der Download der Auto-CAD-Zeichnungen:
DWG-Zeichnung vom Steven (238kByte)
DWG-Zeichnung von den Spanten (332kByte)

gezippte DWG-Zeichnung vom Steven (80kByte)
gezippte DWG-Zeichnung von den Spanten (118kByte)

Der Autor:

Der Autor ist Stefan Frenademetz (33kByte) aus Tirol, der mir freundlicherweise seine Beschreibung zur Aufbereitung dieser Seite zur Verfügung gestellt hat. Seine Helferin Mela (20kByte) bei der Arbeit.

Kontakt: Stefan

© Thomas Neher, Erstellt: Oktober 2000, Letzte Änderung: 26.09.2001Home     Kanudesign     Holzkanubau     Top