Kanudesign, Kanadierdesign    


Inhalt: [Grundsätzliches]  [Designelemente]  [Mein Design]  [Mein Bauplan]  [Kleines Lexikon]
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Grundsätzliches zum Kanudesign

Ein Kanu ist das Ergebnis des Zusammenspiels vieler Designelemente. Jedes dieser Merkmale beeinflußt das Fahrverhalten, wie z. B. die Schnelligkeit, die Wendigkeit oder die Zuladung. Alle konstruktiven Elemente zusammen ergeben aber immer nur einen Kompromiß und einen Schwerpunkt für die Verwendung bzw. Tauglichkeit eines Kanus für einen bestimmten Einsatzbereich. Wie ein Kanu letztendlich fährt, hängt davon ab, welche Merkmale hervorgehoben sind und welche nicht.
Kanus verdrängen Wasser am Bug, das in der Nähe des Hecks wieder zusammenfließt. Das Rumpfdesign bestimmt, wie leicht das Wasser verdrängt wird, was wiederum bestimmt, wie leicht sich das Kanu paddeln läßt. Die Merkmale mit dem meisten Einfluß im Kanudesign sind Länge und Breite. Die Länge eines Kanus bestimmt die theoretische Geschwindigkeit. Von zwei Kanus mit gleicher Breite ist das längere schneller und leichter zu paddeln, das kürzere ist langsamer, jedoch leichter zu drehen. Ein breites Kanu ist kippstabiler als ein schmales. Länge, Breite und Tiefe bestimmen wie viel Zuladung ein Kanu verträgt.

Modell meines ersten Designs in Längsspantbbauweise     Birkenrindenkanumodell

Designelemente

Dazu ist es wichtig, sich ein paar Fachbegriffe anzueignen, die die Gewichtung der einzelnen Designelemente erleichtern.

Die Kiellinie, die Symmetrie, der Querschnitt, die Konstruktionswasserlinie und die Überwasserlinie haben einen Einfluß darauf, wie sich ein Kanu auf dem Wasser verhält.
Die Kiellinie ist die Form des Rumpfes vom Bug zu Heck. Ein gerader Kiel ohne Kielsprung ist schneller als ein Kiel mit viel Kielsprung, weil das Wasser auf einer längeren Strecke verdrängt wird. Dagegen ist ein Kanu mit mehr Kielsprung wendiger, weil sich die Enden nicht im Wasser befinden. Je mehr Kielsprung an Bug und Heck vorhanden ist, desto drehfreudiger ist das Kanu. Allroundkanus haben eine gerade Kiellinie mit einem leichten Kielsprung an den Enden. Sie sind dadurch schnell, kippstabil und wendig. Das Rumpfdesign und nicht ein angeschraubter Kiel ist dafür maßgebend, wie gut ein Kanu die Spur hält. Die Konstruktionswasserlinie ist maßgeblich für die Geschwindigkeit eines Kanus verantwortlich, streng nach dem Motto: Länge läuft.

Die meisten Kanus verbinden einen leichten V-Rumpf mit verschiedenen Kielsprung Varianten um guten Geradeauslauf und Wendigkeit zu kombinieren. Rumpfsymmetrie ist, wenn beide Rumpfhälften, also Bug und Heck, identisch sind und die breiteste Stelle sich in der Bootsmitte befindet. Ein asymmetrisches Kanu hat die breiteste Stelle etwa 10 bis 30 cm hinter der Bootsmitte. Dieses Designelement bei einem Boot mit gerader Kiellinie fördert die Schnelligkeit, besonders bei niedriger Wassertiefe. Kanus mit V-Boden sind dafür bekannt, daß sie Schnelligkeit, Wendigkeit und Kippstabilität vereinen. Eine ideale Kombination für Freizeitkanus. Im Gegensatz zu einem Flachboden, der nur in ruhigem Wasser kippstabil ist, hat der V-Boden eine hohe Anfangs- und Endstabilität in bewegtem und ruhigem Wasser. Ein leichter V-Boden hilft dem Anfänger eine gerade Linie zu fahren, während ein erfahrener Paddler das Boot bis an die Grenze der Endstabilität in die Kurve legen kann. Der flache Rundboden ist für Kanus die mehr Leistung bringen sollen entwickelt. Durch weniger Fläche, die mit Wasser in Berührung kommt, verlieren diese Boote jedoch etwas an Spurtreue und Kippstabilität.
Die Gewichtsstabilität spielt bei leichten Booten kaum eine Rolle, bei einem Kanu zählt hauptsächlich nur die Formstabilität.

Die Überwasserlinie kann sich nach außen oder innen neigen. Wenn sich ein Kanu am Süllrand nach innen neigt, ist es einfacher einen Paddelschlag parallel zur Kiellinie zu setzen. Dadurch ist ein besserer Geradeauslauf möglich. Eine nach außen geneigte Überwasserlinie weist das Wasser zurück und verhilft dem Boot zu einer sicheren Wasserlage - ein Vorteil bei Wildwasserkanus.

Die Formel zur "Rumpfgeschwindigkeit" lautet:  Vs = 4.5 * Wurzel aus L
Vs = Geschwindigkeit in km/h
L  = Länge der KWL in m

Die statische Stabilität für ein Kanu läßt sich im Gegensatz zu Segelbooten nur schwerlich errechnen, da die bewegten Massen im Kanu, sich schwer in Formeln bringen lassen.

Mein Design

Ein nicht so einfaches Thema. Zuerst muß man, wie beim Kauf eines Kanus ja auch, wissen was man will. Haupteinsatzgebiet, maximale Länge (wegen dem Transport bzw. wegen der Lagerung), Gewicht, Stabilität, ...
Mein Schwerpunkt liegt auf Schnelligkeit, Wendigkeit und Kippstabilität, typische Eigenschaften für ein ideales Freizeitkanu. Wer sich schon die Arbeit macht, ein Kanu selbst zu bauen, der sollte nicht am Bauplan sparen.
Grundlage für meine Konstruktion ist der Prospector 16. Ursprünglich wurde dieser durch Chestnut Canoe Co. im Jahre 1910 entworfen und ist wohl das größte Wildnistrip Kanudesign aller Zeiten. Der Prospector hat an den Enden scharfe Linien für eine gute Geschwindigkeit, doch die Enden weiten sich schnell, um den Bug mit genügend Auftrieb über die Wellen zu bringen. Das Kanu liegt stabil, reagiert aber dennoch gut auf Kurven, egal ob, Allein oder zu Zweit mit Gepäck gepaddelt wird. Der gemäßigte Kielsprung erlaubt schnelle Drehungen und gutes seitliches Versetzen. Ein sehr gutes Design für eine Mischung von Seen, Flüssen, Wildwasserfahrten und Wildnistouren.

Prospector 16 Prospector Revelation 480
Länge: 488cm 480cm
Breite: 90cm 90cm
Breite Dollbord: 87cm 88cm
Stevenhöhe: 62cm 53cm
Mittenhöhe: 38cm 38cm
Kielsprung: 9cm 8cm
Zuladung (15cm Freibord): 420kg 400kg
Rumpfform: symmetrisch, flach-runder Boden, Bug mit Flare unsymmetrisch (symmetrisch)

Meine Designelemente für den Prospector Revelation 480:
Eine asymmetrische Variante enthält außerdem:
Viele Designelemente beinhaltet der Orginal Prospector bereits, doch soll mein Revelation- (Überraschungs-) Design keine Kopie, sondern eine Weiterentwicklung davon sein.

Die Beschreibung des symmetrischen Prospector Revelation 480:

Einsatzgebiet:
Dieser Kanadier bietet ein recht breites Spektrum der Möglichkeiten, vom stillen Moorsee bis zum leichten Wildwasser liegt der Anwendungsbereich. Ob Allein oder zu Zweit mit Kind und Gepäck gepaddelt wird, ist fast egal. Nur wenn man ausschließlich schnell auf Seen vorankommen will, sollte man lieber ein anderes Boot wählen, da viel Arbeit zum Steuern aufgewendet werden muss. Der Schwerpunkt liegt bei genügend tiefen Flüssen und Bächen.

Eigenschaften:
Der deutliche Kielsprung im Bug- und Heckbereich sorgt für ausreichende Wendigkeit, die Bootsenden mit leichtem Flare (nach oben V-förmig aufgehend) sorgen für relativ trockenen Lauf durch Stromschnellen. Der leicht abgerundete Boden verleiht dem Kanu eine brauchbare Anfangsstabilität und bringt eine gute Endstabilität. Der weiche Übergang vom Boden zur Seite erzeugt eine geringe Seitenwasserempfindlichkeit und mindert bei Schrägwasser die Kentergefahr. Das Tumblehome (nach oben schmaler werdend) in Rumpfmitte läßt einen solo leichter paddeln. Auf stehendem Wasser läuft es angenehm schnell, braucht aber immer wieder Steuerschläge um auf Kurs zu bleiben. Es gibt keine unnötigen Erhöhungen im Bug-/Heckbereich, deshalb ist die Seitenwindempfindlichkeit geringer als beim Orginal-Prospector. Das Tragejoch dient zur Stabilisierung der Bordwände und zum leichteren Tragen.

Mein Bauplan

Mein Bauplan für den bewährten Prospector Revelation 480 in symmetrischer Leistenbauweise (nur Epoxyaußenhaut, verleimter Mittenspant) und weitere Pläne können mit Angabe des Kanunamen bei mir (t_neher@web.de) per eMail bestellt werden.
Näheres dazu auf Seite: Alle meine Baupläne im Überblick.

Hier möchte ich meine Prospector Revelation 480-Konstruktion (15 Fuß, 9 Zoll) in unsymmetrischer Bauweise nur grob aufzeigen, da der Bau noch nicht abgeschlossen ist und ich ihn noch nicht testen konnte.

Prospector Revelation 480 unsymmetrisch        Tragejoch         Kanugriff in Bug und Heck

Hinweis: Ein Bauplan ist keine Garantie für ein gelungenes Ergebnis, es gehört etwas handwerkliches Geschick dazu, um aus dem Plan (für die Bauform) ein Kanu entstehen zu lassen. Ebenso ist Holz ein "arbeitendes Naturprodukt" das Klimaveränderungen während der Bauzeit nicht ignoriert. Der Umgang mit Epoxidharz ist nicht ungefährlich, unbedingt die Herstellerangaben beachten.

Kleines Lexikon

Anfangsstabilität

Kippstabilität eines Bootes bei innerern Einflüssen, z.B. beim Einsteigen.

Ducht

Sitzbank in einem Boot.

Endstabilität

Empfindlichkeit eines Bootes auf Seitenwasser, z.B. Wellen.

Flare

Zunehmende Breite des Kanus von der Wasserlinie zum Süllrand. Im Bug- und Heckbereich häufig anzutreffen.

Formstabilität

Stabilität (in der Wasserlage) eines Bootes, bedingt hauptsächlich durch die Form des Bootskörpers.

Freibord

Auch Freeboard genannt. Höhe der Bordwand über der Wasserlinie.

Fuß

Engl. feet genannt. 1 Fuß = 30,5 cm = 12 Zoll. Die Länge von Kanus wird häufig in Fuß angegeben.

Kiel

Hauptlängsträger des Bootes.

Kielsprung

Auch Kiellinie genannt. Form des Kanubodens vom Bug zum Heck. Variiert von gerade bis extrem gebogen. Maßgeblich für die Wendigkeit des Kanus verantwortlich. Je stärker der Kielsprung, desto leichter dreht das Kanu aber um so schlechter wird der Geradeauslauf.

Knoten (kn)

Die Geschwindigkeit von Schiffen wird in Knoten gemessen. 1 Knoten = 1852 m/h = 1,85 km/h = 1 sm/h

Konstruktionstiefgang

Der Konstruktionstiefgang stellt das Maß dar, welches das Schiff bei Konstruktionsbeladung (Eigengewicht, Personengewicht, Gepäck) in das Wasser eintaucht.

Konstruktionsverdrängung

Die Konstruktionsverdrängung stellt das Gewicht dar, welches das Schiff beim Eintauchen mit dem errechneten Konstruktionstiefgang hat.

Konstruktionswasserlinie (KWL oder CWL)

Die Länge in der Konstruktionswasserlinie beruht auf der (aus der Konstruktionsverdrängung resultierenden) Eintauchung des Schiffkörpers.

Länge über alles (LOA)

Die Länge über Alles gibt die Länge des Schiffes an, die zwischen den zwei Geraden vorliegt, die senkrecht zwischen den äußersten Punkten des über bzw. unter Wasser liegenden Schiffskörpers gezogen werden. Bei Schiffen mit ausladendem Vorsteven ist die Länge über Alles über der Konstruktionswasserlinie, bei Schiffen mit Rammsteven darunter.

Längsspant

Siehe unter Stringer.

Rocker

Aufgebogene Kiellinie an den Enden des Kanus. Siehe auch Kielsprung.

Rumpf

Der Körper des Bootes.

Seemeile (sm)

1 Seemeile = 1852m = 1,85 km

Stabilität

Fähigkeit des Bootes, sich wieder aufzurichten. Sie wird erreicht durch Gewichtsstabilität oder durch Formstabilität bzw. durch eine Kombination beider Stabilitätsarten.

Steven

Bug- und Heckbegrenzung in mittiger Längsrichtung eines Bootes (Vorsteven, Achtersteven).

Stringer

Versteifung eines Rumpfes in Längsrichtung. Auch Längsspant genannt.

Tragejoch

Auch Yoke genannt. Strebe im Schwerpunkt des Bootes die so geformt ist, daß das Kanu Überkopf auf den Schultern getragen werden kann.

Tumblehome

Nach innen laufende Bordwand, von der breitesten Stelle zum Süllrand. Häufig in der Mitte des Bootes anzutreffen.


© Thomas Neher, September 1999, Letzte Änderung: 20.07.2004Home     Holzkanubau     Holzpaddelbau     Top