Ein Kanu ist das Ergebnis des Zusammenspiels vieler Designelemente. Jedes dieser Merkmale beeinflußt das Fahrverhalten, wie z. B. die Schnelligkeit, die Wendigkeit oder die Zuladung. Alle konstruktiven Elemente zusammen ergeben aber immer nur einen Kompromiß und einen Schwerpunkt für die Verwendung bzw. Tauglichkeit eines Kanus für einen bestimmten Einsatzbereich. Wie ein Kanu letztendlich fährt, hängt davon ab, welche Merkmale hervorgehoben sind und welche nicht.
Kanus verdrängen Wasser am Bug, das in der Nähe des Hecks wieder zusammenfließt. Das Rumpfdesign bestimmt, wie leicht das Wasser verdrängt wird, was wiederum bestimmt, wie leicht sich das Kanu paddeln läßt. Die Merkmale mit dem meisten Einfluß im Kanudesign sind Länge und Breite. Die Länge eines Kanus bestimmt die theoretische Geschwindigkeit. Von zwei Kanus mit gleicher Breite ist das längere schneller und leichter zu paddeln, das kürzere ist langsamer, jedoch leichter zu drehen. Ein breites Kanu ist kippstabiler als ein schmales. Länge, Breite und Tiefe bestimmen wie viel Zuladung ein Kanu verträgt.
Dazu ist es wichtig, sich ein paar Fachbegriffe anzueignen, die die Gewichtung der einzelnen Designelemente erleichtern.
Die Kiellinie, die Symmetrie, der Querschnitt, die Konstruktionswasserlinie und die Überwasserlinie haben einen Einfluß darauf, wie sich ein Kanu auf dem Wasser verhält.
Die meisten Kanus verbinden einen leichten V-Rumpf mit verschiedenen Kielsprung Varianten um guten Geradeauslauf und Wendigkeit zu kombinieren. Rumpfsymmetrie ist, wenn beide Rumpfhälften, also Bug und Heck, identisch sind und die breiteste Stelle sich in der Bootsmitte befindet. Ein asymmetrisches Kanu hat die breiteste Stelle etwa 10 bis 30 cm hinter der Bootsmitte. Dieses Designelement bei einem Boot mit gerader Kiellinie fördert die Schnelligkeit, besonders bei niedriger Wassertiefe. Kanus mit V-Boden sind dafür bekannt, daß sie Schnelligkeit, Wendigkeit und Kippstabilität vereinen. Eine ideale Kombination für Freizeitkanus. Im Gegensatz zu einem Flachboden, der nur in ruhigem Wasser kippstabil ist, hat der V-Boden eine hohe Anfangs- und Endstabilität in bewegtem und ruhigem Wasser. Ein leichter V-Boden hilft dem Anfänger eine gerade Linie zu fahren, während ein erfahrener Paddler das Boot bis an die Grenze der Endstabilität in die Kurve legen kann. Der flache Rundboden ist für Kanus die mehr Leistung bringen sollen entwickelt. Durch weniger Fläche, die mit Wasser in Berührung kommt, verlieren diese Boote jedoch etwas an Spurtreue und Kippstabilität. |
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Die Überwasserlinie kann sich nach außen oder innen neigen. Wenn sich ein Kanu am Süllrand nach innen neigt, ist es einfacher einen Paddelschlag parallel zur Kiellinie zu setzen. Dadurch ist ein besserer Geradeauslauf möglich. Eine nach außen geneigte Überwasserlinie weist das Wasser zurück und verhilft dem Boot zu einer sicheren Wasserlage - ein Vorteil bei Wildwasserkanus. |
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Die Formel zur "Rumpfgeschwindigkeit" lautet: Vs = 4.5 * Wurzel aus L
Vs = Geschwindigkeit in km/h
L = Länge der KWL in m
Die statische Stabilität für ein Kanu läßt sich im Gegensatz zu Segelbooten nur schwerlich errechnen, da die bewegten Massen im Kanu, sich schwer in Formeln bringen lassen.
Ein nicht so einfaches Thema. Zuerst muß man, wie beim Kauf eines Kanus ja auch, wissen was man will. Haupteinsatzgebiet, maximale Länge (wegen dem Transport bzw. wegen der Lagerung), Gewicht, Stabilität, ...
Mein Schwerpunkt liegt auf Schnelligkeit, Wendigkeit und Kippstabilität, typische Eigenschaften für ein ideales Freizeitkanu. Wer sich schon die Arbeit macht, ein Kanu selbst zu bauen, der sollte nicht am Bauplan sparen.
Grundlage für meine Konstruktion ist der Prospector 16. Ursprünglich wurde dieser durch Chestnut Canoe Co. im Jahre 1910 entworfen und ist wohl das größte Wildnistrip Kanudesign aller Zeiten. Der Prospector hat an den Enden scharfe Linien für eine gute Geschwindigkeit, doch die Enden weiten sich schnell, um den Bug mit genügend Auftrieb über die Wellen zu bringen. Das Kanu liegt stabil, reagiert aber dennoch gut auf Kurven, egal ob, Allein oder zu Zweit mit Gepäck gepaddelt wird. Der gemäßigte Kielsprung erlaubt schnelle Drehungen und gutes seitliches Versetzen. Ein sehr gutes Design für eine Mischung von Seen, Flüssen, Wildwasserfahrten und Wildnistouren.
Prospector 16 | Prospector Revelation 480 | |
Länge: | 488cm | 480cm |
Breite: | 90cm | 90cm |
Breite Dollbord: | 87cm | 88cm |
Stevenhöhe: | 62cm | 53cm |
Mittenhöhe: | 38cm | 38cm |
Kielsprung: | 9cm | 8cm |
Zuladung (15cm Freibord): | 420kg | 400kg |
Rumpfform: | symmetrisch, flach-runder Boden, Bug mit Flare | unsymmetrisch (symmetrisch) |
Hier möchte ich meine Prospector Revelation 480-Konstruktion (15 Fuß, 9 Zoll) in unsymmetrischer Bauweise nur grob aufzeigen, da der Bau noch nicht abgeschlossen ist und ich ihn noch nicht testen konnte.
Anfangsstabilität |
Kippstabilität eines Bootes bei innerern Einflüssen, z.B. beim Einsteigen. |
Ducht |
Sitzbank in einem Boot. |
Endstabilität |
Empfindlichkeit eines Bootes auf Seitenwasser, z.B. Wellen. |
Flare |
Zunehmende Breite des Kanus von der Wasserlinie zum Süllrand. Im Bug- und Heckbereich häufig anzutreffen. |
Formstabilität |
Stabilität (in der Wasserlage) eines Bootes, bedingt hauptsächlich durch die Form des Bootskörpers. |
Freibord |
Auch Freeboard genannt. Höhe der Bordwand über der Wasserlinie. |
Fuß |
Engl. feet genannt. 1 Fuß = 30,5 cm = 12 Zoll. Die Länge von Kanus wird häufig in Fuß angegeben. |
Kiel |
Hauptlängsträger des Bootes. |
Kielsprung |
Auch Kiellinie genannt. Form des Kanubodens vom Bug zum Heck. Variiert von gerade bis extrem gebogen. Maßgeblich für die Wendigkeit des Kanus verantwortlich. Je stärker der Kielsprung, desto leichter dreht das Kanu aber um so schlechter wird der Geradeauslauf. |
Knoten (kn) |
Die Geschwindigkeit von Schiffen wird in Knoten gemessen. 1 Knoten = 1852 m/h = 1,85 km/h = 1 sm/h |
Konstruktionstiefgang |
Der Konstruktionstiefgang stellt das Maß dar, welches das Schiff bei Konstruktionsbeladung (Eigengewicht, Personengewicht, Gepäck) in das Wasser eintaucht. |
Konstruktionsverdrängung |
Die Konstruktionsverdrängung stellt das Gewicht dar, welches das Schiff beim Eintauchen mit dem errechneten Konstruktionstiefgang hat. |
Konstruktionswasserlinie (KWL oder CWL) |
Die Länge in der Konstruktionswasserlinie beruht auf der (aus der Konstruktionsverdrängung resultierenden) Eintauchung des Schiffkörpers. |
Länge über alles (LOA) |
Die Länge über Alles gibt die Länge des Schiffes an, die zwischen den zwei Geraden vorliegt, die senkrecht zwischen den äußersten Punkten des über bzw. unter Wasser liegenden Schiffskörpers gezogen werden. Bei Schiffen mit ausladendem Vorsteven ist die Länge über Alles über der Konstruktionswasserlinie, bei Schiffen mit Rammsteven darunter. |
Längsspant |
Siehe unter Stringer. |
Rocker |
Aufgebogene Kiellinie an den Enden des Kanus. Siehe auch Kielsprung. |
Rumpf |
Der Körper des Bootes. |
Seemeile (sm) |
1 Seemeile = 1852m = 1,85 km |
Stabilität |
Fähigkeit des Bootes, sich wieder aufzurichten. Sie wird erreicht durch Gewichtsstabilität oder durch Formstabilität bzw. durch eine Kombination beider Stabilitätsarten. |
Steven |
Bug- und Heckbegrenzung in mittiger Längsrichtung eines Bootes (Vorsteven, Achtersteven). |
Stringer |
Versteifung eines Rumpfes in Längsrichtung. Auch Längsspant genannt. |
Tragejoch |
Auch Yoke genannt. Strebe im Schwerpunkt des Bootes die so geformt ist, daß das Kanu Überkopf auf den Schultern getragen werden kann. |
Tumblehome |
Nach innen laufende Bordwand, von der breitesten Stelle zum Süllrand. Häufig in der Mitte des Bootes anzutreffen. |
© Thomas Neher, September 1999, Letzte Änderung: 20.07.2004 | Home Holzkanubau Holzpaddelbau Top |