INITIAL - streitschrift für autonome und kommunistische politik / online
Ausgabe 03
I N H A L T

FÜR DEN KOMMUNISMUS!   Aktuelles FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!
 
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LLL2000
Autonomer Block
auf der LLL-Demo
           erinnerte an ermordete GenossInnen



Solidarität ist eine Waffe!

        
Berlin - In Berlin überschlagen sich zum 1. Mai wieder einmal die Ereignisse. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht wenigstens ein Beitrag bei Indymedia oder in einer der diversen Zeitschriften veröffentlicht wird. Das Besondere in diesem Jahr aber war zweifelsohne der mittlerweile zurückgedrängte Versuch einiger Hochschulprofessoren, im Verbund mit hohen Funktionären der Gewerkschaften und Landesvorstandsmitgliedern verschiedener Parteien bis hin zu Land- und Bundestagsabgeordneten sowie einer Gruppe der Radikalen Linken, den 1. Mai in Kreuzberg mit einem kulturellen und politischen Mega-Spektakel zu belegen. Gleichzeitig sollten keine Polizeieinheiten in der Kreuzberger Luisenstadt präsent sein.
Natürlich klang ein “polizeifreier 1. Mai” erst mal ganz gut. Allerdings wurde schnell klar, dass der nette Eindruck bei einem flüchtigen Blick auf dieses “Denk Mai neu” genannte Projekt schnell verweht, sobald sich wer die Mühe macht, genauer hinzusehen. Die ersten Zweifel kamen bei der Betrachtung der Unterstützerliste: altgrüne Kreuzberger, die in ihrer Hochzeit zwar in Amt und Würden waren, letztendlich aber auch nur erreichten, dass der damalige Protest sich legte; ein Politikprofesser namens Narr, dessen konsequenzenbehaftetste Tat ein Aufruf an die Linke in den Siebzigern war, die Stadtguerilla zu denunzieren, was einen Lehrer dazu bewog, Ulrike Meinhof zu verraten; diverse Gewerkschaftsfunktionäre,  die immer noch ihre eigenen Interessen mehr vertraten als die Interessen ihrer Basis; dann der internationale Zusammenschluss Attac, der sich anschickt, die jüngste Generation der Sozialdemokratie zu stellen; und eben die oben genannten einflussreichen Politiker von SPD, Grünen und PDS.
Als Zweites fiel dann der Slogan auf, mit dem dieses Personenbündnis in den Mai ziehen wollte. Ein “politischer und polizeifreier 1. Mai” wurde auf die Fahnen geschrieben, als hätte in den gesamten 15 Jahren seiner Existenz der Revolutionäre 1. Mai nichts Politisches beinhaltet. Und eben hier kam dann die erste Frage auf: War nicht vielleicht die Militanz dieser 15 Jahre das eigentliche Problem, das gelöst werden sollte? Diskurskultur statt handfester Argumente? Die Gleichung schwebte förmlich mit: Teilhabe an der Kommunikation ist Teilhabe an der Gesellschaft, und das ist das einzig Politische. Jede konfrontative Gewalt aber wird unpolitisch, von dem Punkt aus betrachtet stimmte dann auch wieder der Slogan von der Polizeifreiheit, nur dass die Radikale Linke mit im Topf saß.
Als letztes Jahr der alte Innensenator Werthebach den Revolutionären 1. Mai rundweg verbot und mit einem Riot in Kreuzberg die Quittung bekam, machten sich sofort einige Soziologen der Uni Bielefeld daran, aufzuzeigen, wie dieser Protest integriert werden könne: nur durch politische Teilhabe. Da jedoch eine Partei wie die Grünen fehlte, um das Protestpotenzial abzuschöpfen, musste halt eine gesellschaftliche Struktur gefunden werden, die breit genug war, jede Position zu integrieren. Das Personenbündnis war die Konsequenz. Nun stand eine Zivilgesellschaft mitten im rebellischen Kreuzberg und veranstaltete Debatten über Konfliktbewältigung mit einem Innensenator Körting, dessen Staatsverständnis letztes Jahr zum Gipfel in Genua mit dem Ausspruch “Es gibt kein Recht auf Ausreise” mehr als deutlich wurde. Aber auch inhaltlich konnte einem bei der Betrachtung dieses Bündnisses nun schwindlig werden. Das Bündnis sprach sich für einen Antikriegsprotest am 1. Mai aus just mit den Vertretern, die diesen Krieg in den Parlamenten durchpeitschen.
Doch obwohl gerade die Berliner Linke die letzten Jahre fast erstarrt zu sein schien, kamen nun plötzlich mehrere Gruppen zusammen, um an einer eigenen, nicht an den Fäden einer Zivilgesellschaft tänzelnden, eben revolutionären 1. Mai-Initiative mitzuwirken. Nachdem eine Gruppe sich im April doch noch aus dem Plenum verabschiedete, stehen immerhin elf Gruppen unter dem auf den nächsten Seiten abgedruckten Aufruf. Es muss weit zurückgegangen werden, um ein ähnlich breites Plenum in Berlin zu finden. Das Plenum umfasst trotzkistische Gruppen ebenso wie anarchistische, autonome, antiimperialistische oder nicht weiter ausgerichtete kommunistische Gruppen. Die alte Vollversammlungskultur wurde wieder eingeführt und die Erarbeitung eines Grundlagentextes begonnen. Wenngleich dieser wohl nicht mehr vor dem 1. Mai verabschiedet wird, haben zumindest einige Gruppen ihr Interesse geäußert, daran weiterzuarbeiten.
Leider war es dem Plenum nicht möglich gewesen, eine Lücke zu finden zwischen der Notwendigkeit der Eigenorganisierung und der Mobilisierung zu einer weiteren, nun einer dritten 1. Mai-Demonstration in Kreuzberg, die um 16 Uhr an der Brandruine des Bolle-Supermarktes am Görlitzer Bahnhof beginnt. Obwohl es dem Plenum nicht um den Hahnenkampf geht um die meistbesuchte Demonstration, ist eine größere Teilnahme nicht nur wünschenswert, sondern für die Zukunft der Linken notwendig.  gud














                                                                                                                                                                                                                                     


























































































          
                                                    
                                                                                                                                                                                                                                                                                    

                             
Kriegstreiber stoppen !
Kapitalismus zerschlagen !

Heraus zum revolutionären 1.Mai 2002! 16.00 Uhr vor Ex-Bolle am Görlitzer Bahnhof


                             
Der Blick in jede beliebige Tageszeitung genügt, um schwarz auf weiß zu lesen, wie die kapitalistische Zukunft für diejenigen aussieht, die nicht zu den oberen Zehntausend gehören. Während die Herren aus den Chefetagen der Großkonzerne Gewinne schreiben, neue Produktionsstätten, neue Absatzmärkte kriegerisch anvisieren und hier gleichzeitig den massiven Abbau von Arbeitsplätzen vorantreiben, erklären uns die Regierenden, wir hätten alle den Gürtel enger zu schnallen und dies hinzunehmen zur Sicherung eines Status Quo, von dem jedoch die Mehrheit der Menschen längst ausgeschlossen ist.
Uns wird eingeredet, es müsse gespart werden. In einer heuchlerischen Kampagne wird der Abbau der erkämpften sozialen Errungenschaften mit angeblichen Sach- und Sparzwängen begründet. „Sparen“, weil kein Geld da sei, verschleiert die Umverteilung von unten nach oben. Die Reichen rufen die Armen zum Verzicht auf. Im Interesse der Kapitalisten rufen die Regierenden zum „Sparen“ auf, für neue Waffen, für ihre imperialistischen Kriege. Aber Verzicht der Armen auf Lebensqualität und Krieg zur Sicherung des Reichtums weniger, lösen kein gesellschaftliches Problem.
In einer Zeit, in der Privatisierung des Profits und Vergesellschaftung der Verluste, Sozialabbau und Arbeitslosigkeit, rechtsradikale Mobilisierungen und Deutschtümelei, repressive „Innere Sicherheit“ und Kriegsführung zum bestimmenden Trend geworden sind, ist es notwendig gegen den Strom zu schwimmen.
Solidarität statt Konkurenzkampf
Wir alle sind mit dieser Realität konfrontiert: MigrantenInnen sind den permanenten rassistischen Angriffen durch Faschisten und Deutschtümmler ausgesetzt; für Frauen gehört die aggressive Erniedrigung und Unterdrückung in einer männerdominierten Welt, Gewalt und Anmache zum Alltag. Alle sind wir dem sich zuspitzenden Konkurrenzkampf genauso ausgesetzt wie dem egoistischen Kampf um die eigene Existenz, der wachsenden Arbeitslosigkeit und dem ständigen Anstieg der Lebenshaltungskosten, dem ständigen Reallohnverlust, den Kürzungen von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe, der Privatisierung der Gesundheits- und Rentenversorgung.
Um von der kapitalistischen Profitgier abzulenken, gibt es immer wieder die Mähr jeder/jede sei selbst verantwortlich, sowie die Mähr des Schuldigen. Die „Drückeberger“, die dem Sozialstaat auf der Tasche liegen, „die Andere“: die „Ausländer“, die „unsere“ Arbeitsplätze wegnehmen. Es entspricht genau dieser Logik, wenn sich ArbeiterInnen auf den Konkurrenzkampf für „ihren Betrieb“, für den „Standort“ gegen z.B. osteuropäische Regionen einlassen und dabei in nationalistischen Denkmustern argumentieren. So werden billige Arbeitskräfte gegen noch billigere Arbeitskräfte ausgespielt.
Es entspricht derselben Logik, wenn Menschen, die den Zufall auf ihrer Seite hatten, mit der deutschen Staatsbürgerschaft geboren zu werden, sich das Recht herausnehmen, über Aufenthaltsberechtigung, Abschiebung, Existenzberechtigung anderer Menschen zu entscheiden. Diese menschenverachtende Logik greifen wir an !
Um von den eigentlichen Ursachen abzulenken, wird uns individuell die Schuld für die Misere zugewiesen und falsche Fronten aufgemacht: eine Spalterpolitik, die die kleinen Leute gegeneinander ausspielen soll. Die „Deutschen“ gegen die „Ausländer“, die Männer gegen die Frauen, die „Normalen“ gegen die „Spinner“, die Eigenheimbesitzenden gegen die Obdachlosen, die Angestellten gegen die ArbeiterInnen.
Klassenkampf statt Spaltung
Am 1. Mai wollen wir auf die Straße gehen, gegen eine Realität, in der alle gegen alle kämpfen sollen und nur die Stärksten überleben können, dagegen setzen wir unsere Solidarität und die Utopie einer herrschafts- und gewaltfreien klassenlosen Gesellschaft.
Wir bekämpfen jeden Bezug auf völkisch-nationale Orientierungen. Er führt unweigerlich zu rassistischer Aggression, zur Aufspaltung der Menschen in „Herren- und Untermenschen“. Solidarität mit den Menschen, die hier leben wollen oder müssen, in den Schulen, auf den Ämtern, in den Betrieben und auf der Straße. Solidarität, die schon im Kleinen anfängt: einzugreifen, wenn in der U-Bahn oder auf der Straße MigrantInnen angegriffen werden, sich gegenseitig zu unterstützen, wenn es Ärger gibt auf der Arbeit oder mit den Ämtern.
Solidarität heißt auch, nicht alles zu glauben, was die Massenmedien verbreiten, sondern nachzufragen, in Frage zu stellen, sich Gedanken zu machen und sich zu informieren.
Unsere Solidarität entsteht von unten, im Alltag, indem wir unsere Anliegen selbst in die Hand nehmen, Vorstellung von dem zu entwickeln, wie ein anderes Leben, eine andere Gesellschaft aussehen könnte und uns mit anderen organisieren in der Hoffnung auch weiterhin gegen die Isolation und Vereinzelung die sozialen Kämpfe zu beginnen.
Der 1. Mai wurde erstmals 1889 als „Tag der internationalen Solidarität und des Kampfes des Proletariats“ begangen. Er war die Antwort auf die Ereignisse 1887 in Chicago, als Polizisten in eine Demonstration streikender ArbeiterInnen für den 8-Stunden-Tag schossen. Seit dem zeigen an diesem Tag weltweit Frauen und Männer ihre Ablehnung oder auch ihren Widerstand gegen kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung. Wir begehen diesen Tag in dieser Tradition. Der Tag, an dem wir für bessere Lebensbedingungen, für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen, gegen rassistische Angriffe und für ein freies Aufenthaltsrecht für MigrantInnen, gegen sexistische Aggression und nationalistischen Terror auf die Straße gehen. Als Tag, an dem wir unsere Vorstellung von Befreiung, die hinter all diesen alltäglichen Kämpfen steht, zum Ausdruck bringen.
Protest und Widerstand ist die einzige Alternative zur Barbarei
Protest auszudrücken und Widerstand zu organisieren gegen das was ist war niemals einfach, und heute scheint diese Herrschaftsstruktur mächtiger denn je. Der Kampf dagegen scheint immer schwieriger und ohne Hoffnung auf schnelle Erfolge zu sein.Menschen, die aktiv gegen Faschismus auftreten, werden härter bestraft als diejenigen, die Flüchtlingsheime in Brand setzen, Menschen verletzen oder töten. Menschen, die sich am Arbeitsplatz gegen schlechte Arbeitsplatz-bedingungen, zu niedrige Löhne und anderes wehren, laufen Gefahr, entlassen zu werden. Flüchtlinge die sich gegen ihre miesen Bedingungen zur Wehr setzen und sich organisieren, werden abgeschoben. Frauen, die Vergewaltiger anzeigen wird nicht geglaubt. Kinder, die zu Hause körperlich und/oder seelisch misshandelt werden, allein gelassen. Jugendliche in ihrer Perspektivlosigkeit verwaltet. Alte, denen ihre Rente nicht zum Leben reicht, werden vergessen. Kranke und Behinderte werden isoliert. Obdachlose aus den Stadtzentren verdrängt. Und doch ist unsere Solidarität, unser Protest und Widerstand die einzige Alternative zur Barbarei.
Solidarität ist eine Waffe !
Am 1. Mai wollen wir demonstrieren, dass es immer noch Menschen gibt, die von einer anderen Gesell-schaft träumen und dafür kämpfen. Wir werden zeigen, dass es viele Gründe gibt, auf die Straße zu gehen, den Mund aufzumachen, nachzufragen, mit anderen zu reden, sich zusammenzuschließen und die Anliegen selbst in die Hand zu nehmen. Für eine Gesellschaft, in der sich Behinderte frei bewegen können, alte Menschen ihre Rente auf der sonnigen Parkbank genießen, Menschen selbst entscheiden, wohin sie gehen und wo und wie sie Leben wollen. Ein Leben, in dem Menschen das Wie, Was und Wofür der Produktion selbst bestimmen. Eine Gesellschaft, in der alle Menschen ohne Diskrimi-nierung leben können. Ein Leben, das nicht mehr vom Wickeltisch bis zum Sarg von den Profit- und Machtinteressen einiger weniger bestimmt wird.
Die menschenverachtende Natur des Kapitalismus, seine Grausamkeit und Blindheit, seine unerersättliche Gier nach Profit, seine Entschlossenheit zur Vernich-tung allen Widerständigen, war nie umfassender, nie zerstörerischer und gefährlicher. Heute wird deutlicher denn je, daß die USA als mächtigste militärische Macht und zusammen mit der EU als kapitalistische Blöcke die Welt in den dritten Weltkrieg treiben und bereit sind, alles zu vernichten, was sich diesem Imperium nicht unterwirft. Deutschland ist Teil dieses Krieges, es baut an seinem eigenen Imperium und vertritt dabei seine eigenen Interessen. Seine Soldaten erschießen afghanische Menschen, zerstören Dörfer auf dem Balkan. Und morgen oder übermorgen? Dasselbe im Irak, dann wahrscheinlich in Somalia, bald in Rußland, in China - und dann in Kuba?
Kapitalismus führt zu Krieg
Die rot-grüne Bundesregierung beteiligt sich aktiv und an führender Stelle an einer imperialistischen Politik, die nun zunehmend zur gewaltsamen Nieder-schlagung von Aufstandsbewegungen weltweit greift. Bei der der Bundesregierung nach dem 11. Septem-ber verkündeten „bedingungslosen Solidarität“ mit den USA im Kampf gegen die „Achse des Bösen“ mit weltweit 60 Zielen, gehören selbst Atomwaffen zum Szenario. Der jetzt begonnene Krieg, findet nach Innen in einem drastischen Abbau demokratischer Rechte, sozialer Errungenschaften und verstärktem Rassismus seine logische Ergänzung.
Und hier ... ? Krieg ist teuer! Und er muß im Inneren gesichert werden. Die schon Ausgebeuteten werden noch mehr geplündert. Unverfrorener Abbau der Sozialnetze, der Bildung, der Kultur, denn nur die Privatisierung dieser Sektoren bringt Profit. Statt dessen großzügiger Ausbau des justiziellen und polizeilichen Repressionsapparates, schleichende Militarisierung der Gesellschaft durch offene und geheime wissenschaftliche, medizinische, soziale, mediale und geistige Zuarbeit für die Kriegspolitik und den Militärapparat.
Kapitalismus degradiert uns zu Konsumdeppen, hetzt uns sinnlos durchs Leben und gegeneinander. Er braucht Sexismus, Rassismus und Chauvinismus, um uns gegeneinander auszuspielen. Er weist die Stühle im Sozialamt, im Arbeitsamt, im Obdachlosenasyl zu. Er sperrt Menschen in Lager, teilt Rationen zu und grenzt aus.
Jede grundsätzliche Kritik an diesem System und seiner machtbesessenen und machthörigen, durch und durch korrumpierten politischen Elite wird in den Medienkonzernen zermalmt.
Wir müssen unsere Wut, unsere Kritik und unseren Willen nach einem Leben jenseits von Ausbeutung und Fremdbestimmung wieder auf die Straße bringen.

Solidarität ist eine Waffe!
Heraus zum revolutionären
1. Mai 2002!

16.00 Uhr vor Ex-Bolle
am Görlitzer Bahnhof
Berlin-Kreuzberg


linksradikales und autonomes 1.Mai-Bündnis

Beteiligt Euch auch an den
Demonstrationen und Aktionen
Bush vom 21.-23. Mai 2002


Zur Demonstration rufen auf:
Antiparlamentarische Linke, Aufbrechen, Kommunistische-Autonome Gruppen, gruppe sabotage berlin, Was tun!-sozialistische Initive/Sozialistische Liga, mücadele, Berliner Anti-NATO-Gruppe (B.A.N.G.), Rote Aktion Berlin, Initial, FreundInnen Irlands, Autonome Republik Kreuzberg, Gegeninformationsbüro ...(Stand: 26.03.02)
UnterstützerInnen:
Ökologische Linke Berlin













                              Ausführliche Infor-
mationen und Ana-
lysen zum Thema
"Die Linke, die
Droge und der
Dealer" findet Ihr
unter:
www.hanfnet.org/
canna/anarchismus/
drogenpolitik.html

Vorsicht: Fremd-
wörterbucheinsatz
zwingend nötig!





























































































































































































































































































































































































Wir kiffen, wir kiffen, wir kiffen . . .
(Illegale) Drogen als präventive Aufstandsbekämpfung


In den letzten Jahren ist es immer sichtbarer geworden, dass gerade die Beteiligten der revolutionären 1.Mai-Demo in Berlin das Thema Drogenkonsum auf ihre Fahnen schreiben. Um nach dem Zustand einiger DemonstrantInnen zu urteilen, sehen einige diesen Konsum als politische Tat; oder warum gehen sie sonst benebelt und Bierdosen haltend auf die Straße? Hier eine persönliche Abrechnung mit der Position, Drogenkonsum sei an sich revolutionär.

Von Emily Davis

A
Im Juli letzten Jahres widmete die liberale britische Wirtschaftszeitschrift „Economist“ eine 16-seitige Sonderbeilage dem Thema Legalisierung von Drogen. Nach ihren liberalen Grundsätzen sollte jeder Erwachsene alles dürfen, ob Berge besteigen, Fahrrad fahren oder eben Heroin nehmen. Wie schon der britischer Ökonom John Stuart Mill im 19. Jahrhundert argumentiert die Zeitschrift, dass der Mensch über seinen eigenen Körper und Geist souverän sein dürfe, solange er keinem anderen Schaden zufügt. Folglich sollte kein Staat die Benutzung von Drogen jeglicher Art untersagen dürfen, auch wenn sie den einzelnen Menschen schaden, krank machen oder sogar töten können. „Der Drogenhandel mag unmoralisch oder unverantwortlich sein“, schreiben die Autoren, „aber er soll nicht mehr illegal sein.“
Die gesellschaftliche Einstellung illegalen Drogen gegenüber hat sich über die Jahre verschoben. Inzwischen gibt fast ein Drittel aller Amerikaner über zwölf Jahre zu, irgendwann mal Drogen probiert zu haben: vor 30 Jahren unvorstellbar. Laut der Bundesregierung hat mindestens jeder vierte Jugendliche in Deutschland eigene Erfahrungen mit Haschisch gemacht; eine Statistik, die eher untertrieben sein dürfte. Stefan Raab und Afroman verkauften ja nicht tonnenweise Lieder über ein unbekanntes Phänomen. Die Tüte gehört letztendlich in bestimmten Kreisen zum guten Ton.
Teilweise als Reaktion auf diese Umstände lockern viele Regierungen ihren Umgang mit illegalen Drogen, vor allem Cannabis. So wurde Cannabis in Großbritannien von der Gefährlichkeitsklasse B auf Klasse C heruntergestuft, was etwa mit Schmerztabletten vergleichbar ist. Dies geschah als Eingeständnis an die konservative Opposition, die Cannabis ganz legalisieren möchte. In der Schweiz wurde die Droge weitestgehend entkriminalisiert, und sogar einige Bundesländer der USA erlauben jetzt den Besitz von kleinen Mengen für den medizinischen Gebrauch. In Deutschland wird der Besitz von geringen Mengen an Cannabisprodukten für den Eigenverbrauch in der Regel nicht mehr strafrechtlich verfolgt, ist aber immer noch verboten.
Viele Linke sehen die Kampagne für die Legalisierung von Drogen als eine regelrechte Pflicht an. Kiffer gegen Nazis, Revolutionäre KifferInnen, Haschrebellen und wie sie alle heißen; das Kiffen gehört zu ihrem Selbstverständnis. Mit ähnlichen Argumenten wie die der klassischen Liberalen plädieren sie für das „Recht auf Rausch“, für ein selbstbestimmtes Leben im legalen Rahmen. Ich möchte aber in diesem Artikel die mit illegalen und legalen Drogen verbundenen Probleme vom Standpunkt des Klassenkampfes aufzeigen, um vielleicht eine weiter führende Diskussion anzuschieben. Einige Positionen mögen kontrovers sein; um so besser. Dies soll immerhin eine Streitschrift sein.
B
Ein klassisches Argument für die Legalisierung lautet: Wenn Drogen legal wären, würden sie keine Kriege finanzieren. Wer dieser Parole Glauben schenkt, hat wohl nicht alle Haschcookies in der Keksdose. Erstens muss man nur auf die momentan legalen Drogen schauen, um die Unrichtigkeit dieser Aussage zu erkennen. Ab 2002 finanziert jede Zigarette, die in Deutschland gekauft wird, den so genannten Krieg gegen Terror durch eine Sondersteuer. Alkohol, Kaffee und Spielautomaten werden genauso versteuert und finanzieren also alles, worauf der jeweilige Staat gerade Lust hat, ob Massenmord, Imperialismus oder Pfannkuchen umsonst für RentnerInnen. Drogen sind nämlich Waren wie alle anderen, ob legal oder nicht. Sie werden hergestellt und verkauft wie jedes andere Produkt, und genauso bringen sie einigen wenigen Menschen Profit. Wenn sie legal wären, würde ein Prozentsatz dieses Gewinns dem Staat zufließen.
Zweitens muss man einen etwas genaueren Blick auf die Kriege werfen, die angeblich durch illegale Drogen finanziert werden. Nehmen wir mal den Krieg in Afghanistan als Beispiel. Im Jahr 2000 stammten etwa zwei Drittel der weltweiten Opiumernte aus Afghanistan, weit über 3000 Tonnen. Welche Seite finanzierte sich wohl über illegale Drogen? Es war die Nordallianz, gegen die die USA wohl kaum den Krieg erklärt hätten. Unter den Taliban wurde der Opiumanbau nämlich verboten. Zwar wurde das Verbot vor allem in ländlichen Gebieten nicht sehr streng überwacht, aber die Produktionsmenge ist eindeutig gefallen, wie eine Preissteigerung für Heroin auf dem Weltmarkt zeigte.
Drittens muss man sich mit der Funktionsweise des weltweiten illegalen Drogenhandels beschäftigen. Der Anbau der Rohprodukte, etwa Opium oder Coca-Blätter, wird recht niedrig belohnt. Ein Kilo Coca bringt dem Bauern etwa 610 Dollar, das Kilo Opium sogar nur 90 Dollar. Die Verarbeitung und vor allen Dingen der Transport und Vertrieb der Drogen sind es, die große Gewinne einbringen, weil sie mit erheblichen Risiken verbunden sind. Der amerikanische Straßenpreis für Kokain beträgt 110 000 Dollar pro Kilo, für Heroin 290 000 Dollar. Das Geld bleibt also zum großen Teil nicht in den Herstellungsländern, sondern wird über ein Netzwerk von Schmugglern und Großhändlern aufgeteilt.
C
Des Weiteren muss man sich mit Drogen und sozialen Klassen auseinander setzen. Der Konsum von Drogen ist in allen sozialen Schichten etwa gleich ausgeprägt, von Christoph Daum und der Bundestagstoilette zu Christiane F. Nur das Alter spielt noch eine Rolle bei der Auswahl des Stoffes: Haschisch zum Beispiel besitzt die größte Attraktivität für die Altersgruppe der 15- bis 20-Jährigen. In Deutschland sind 2,5 Millionen Menschen alkoholabhängig, in allen Bereichen der Gesellschaft. Der Effekt, den Drogen auf die Konsumenten und ihr Leben ausüben, ist aber je nach Klasse unterschiedlich.
Die Kombination von Drogen, Armut und viel Freizeit, etwa bei Erwerbslosen, ist oft verhängnisvoll. Im Gegensatz zu einem Bundestagsabgeordneten zum Beispiel hat eine erwerbslose Frau keine feste Struktur in ihrem Leben; sie muss selten früh aufstehen, kann auch unter der Woche feiern und hat oft keine allzu rosige Zukunft, auf die sie sich freuen kann. Da ist es kein Wunder, wenn sie doch öfter zum Joint greift. Unser Bundestagsabgeordneter hingegen nimmt vermutlich immer mal eine Nase Koks in der Mittagspause, um fit zu bleiben. Es gibt drei wesentliche Unterschiede: Er benutzt Drogen, um die Welt klarer zu sehen; sie, um die Welt auszublenden. Er darf sich nicht gehen lassen; sie hat wenig zu verlieren. Und wichtiger: Er bekommt Diäten und Sonderzahlungen und, und, und; sie bekommt Sozialhilfe. Das alles zusammen bedeutet, dass arme Menschen nicht nur öfter süchtig sind, sondern auch öfter kriminell werden.
Laut einer Studie der Cambridge University finden 32 Prozent aller kriminellen Aktivität in Großbritannien statt, um die Kosten für den Heroin- und Crackkonsum zu decken. In den USA sitzt jeder vierte Gefangene wegen Drogenvergehen im Knast. Obwohl der Konsum von illegalen Drogen auch dort in allen ethnischen Gruppen etwa gleich stark vertreten ist, kommen unverhältnismäßig viele schwarze und hispanische Amerikaner deswegen vor Gericht. Eine Statistik zeigt, dass 13 Prozent der Drogenkonsumenten schwarz sind gegenüber 35 Prozent der Verhafteten, 55 Prozent der Verurteilten und sogar 74 Prozent der zu Freiheitsstrafen Verurteilten im Zusammenhang mit Drogenvergehen. Dieses Verhältnis liegt natürlich zum Teil an der rassistischen Einstellung der amerikanischen Justiz- und Polizeibehörden. Allerdings hat es auch mit der sozialen Klasse zu tun; reichere Weiße werden nicht so oft ertappt, weil sie selten auf offener Straße Drogen kaufen oder verkaufen. Und wenn, können sie sich bessere Anwälte leisten.
Drogen haben auch einen besonderen Einfluss auf proletarische Kieze. Man stelle sich vor, Leute würden in Berlin zum Nobelbezirk Zehlendorf fahren, um Drogen zu kaufen. Nein, wer Drogen auf der Straße kaufen will, fährt nach Kreuzberg oder Neukölln. Die Nebenwirkungen sind nicht zu übersehen, in welcher Stadt auch immer: nervöse, unberechenbare Drogensüchtige auf den Straßen, benutzte Spritzen liegen offen herum, Begleitkriminalität wie Einbrüche im eigenen Kiez. Ende November 2001 wurde in der New Yorker Bronx ein fünfjähriges Kind von den Schüssen rivalisierender Drogendealer getötet, kaum das erste Mal, dass so etwas passiert. Einige dieser Erscheinungen würden verschwinden, wenn Drogen legal gehandelt werden dürften. Was ist aber mit den Familien, die an Alkohol und Drogen kaputt gehen, den Kindern, die vom Vater im Suff geschlagen oder von der drogensüchtigen Mutter vernachlässigt werden? Und man kann davon ausgehen, dass Initiativen wie Fixerstuben nicht in reichen Gegenden eröffnet werden.
Viele machen die kleinen Dealer selbst dafür verantwortlich. Man kann sie allerdings auch als Opfer der kapitalistischen Gesellschaft sehen. In Deutschland ist für Asylbewerber zum Beispiel oft die einzige Möglichkeit, an Geld zu kommen, einer illegalen Tätigkeit nachzugehen. Was liegt da näher als der Drogenhandel, besonders wenn Schwarzafrikaner oft wegen des Klischeebildes des Dealers von vornherein darauf angesprochen werden? Einige haben außerdem Verbindungen mit den Herstellungsländern, etwa die Balkanländer oder die Türkei. Eine Studie im amerikanischen Milwaukee stellte fest, dass mindestens zehn Prozent der afroamerikanischen und Latino-Männer der Stadt im Alter von 18 bis 29 Jahren im Drogengeschäft verwickelt waren. Schon in den achtziger Jahren konnte man so einen Nebenverdienst von 30 Dollar pro Stunde verdienen statt 7 Dollar bei legaler Beschäftigung. Aber wieder sind die Armen angearscht: Die kleinen Dealer haben den risikoreichsten Job, fliegen am häufigsten auf und verdienen am wenigsten daran oder sind ihr eigener bester Kunde.
D
Meine These ist, dass diese Situation den Herrschenden nur zu gut passt. So bleiben die Unterdrückten schön mit sich selbst beschäftigt und haben weder Zeit noch Energie, aufständisch zu werden. Bei der jetzigen Gesetzeslage können sie auch problemlos kriminalisiert werden, wenn nicht sogar abgeschoben. Da die Regierungen erkannt haben, dass die Arbeitslosigkeit nie wieder massiv abgebaut werden kann, darf ein Teil der Arbeitslosenheere auch weniger fit für die Arbeit sein. Während die britische Regierung im Laufe des Ersten Weltkriegs die Sperrstunde in Kneipen einführte, um die Produktion anzukurbeln, ist es jetzt egal, ob ein Teil der Arbeiter säuft oder andere Drogen nimmt: Sie sind ersetzbar.
Einige historische Beispiele verleihen dieser These Glaubwürdigkeit. Zum Beispiel brachte die japanische Armee Opium mit, als sie 1931 die chinesische Mandschurei besetzte, um den Widerstand zu brechen. Anscheinend funktionierte die japanische Strategie, da die Provinz erst 1945 mit der Kapitulation Japans befreit werden konnte. Und dann haben wir den so genannten Iran-Contra-Skandal. Als bekannt wurde, dass Amerika heimlich Waffen an den Iran verkauft hatte, um mit dem erzielten Gewinn die konterrevolutionären Contras in Nicaragua zu unterstützen, gingen die Verbindungen der CIA zu kalifornischen Drogenhändlern fast unter. Nun war dies nicht das erste Mal, dass die CIA sich mit Drogendealern verbündet hatte; ihre antikommunistischen Aktivitäten in Südostasien zum Beispiel waren von solchen Kontakten und Zweckbündnissen geprägt. Allerdings hingen sie diesmal zeitlich mit dem Ausbruch der Crack-Epidemie in Los Angeles zusammen, eine Zeit, in der das vorwiegend schwarze Getto durch Sucht und Tod unbeschreibliches Elend erlebte. Inzwischen ist bewiesen, dass die CIA wissentlich die Contras bei ihrem Handel mit Drogen in Los Angeles unterstützte, um ihren Kampf gegen die Sandinistas zu finanzieren. Als diese Fakten ans Licht kamen, redeten viele Stimmen von einem Genozid, dass die Weißen die Schwarzen auslöschen wollten. Ob die CIA diese Möglichkeit in Betracht gezogen hat, wird wohl nie ans Licht kommen. Tatsache ist aber, sie hatte absolut nichts dagegen, viele Leben auch im eigenen Land auszulöschen, um ihre Ziele zu erreichen. Der außenpolitische Zweck heiligt die Mittel.
Zu guter Letzt haben die Regierungen in den Dealern die perfekte Ablenkung. So gaben 1999 bei einer EU-Umfrage 57 Prozent der Befragten an, sie hätten Angst vor einem Anstieg des Drogenhandels und des international organisierten Verbrechens in Zusammenhang mit der Einigung Europas. Damit rangierte diese Sorge an zweiter Stelle nach der Verlegung von Arbeitsplätzen und vor dem Wegfall von Sozialleistungen. Die bösen Drogenhehler lenken also hervorragend von den eigenen Schweinereien ab und dienen auch dazu, strengere Sicherheitsmaßnahmen zu legitimieren, genau wie im Moment die aufgebauschte Gefahr extremistischen Terrorismus.
E
Die Linke scheint einen widersprüchlichen Umgang mit dem Thema Drogen zu haben, wenn man ihre Geschichte betrachtet. Ihre Herangehensweise schwenkt von totaler Ablehnung zur totalen Akzeptanz. So stritten sich Anfang des 20. Jahrhunderts die linken und rechten Flügel der Sozialdemokratie darüber, ob nur der Schnaps oder auch das Bier als Verdammnis der Arbeiterklasse zu bekämpfen sei. Die Gemäßigten betrachteten die Kneipe als „einziges Bollwerk der politischen Freiheit des Proletariers“, der aber den Schnaps tunlichst vermeiden sollte. Die Linken andererseits sahen die völlige Nüchternheit als „unverzichtbaren Moment proletarischer Selbstbestimmung“. Später übten militant agierende Gruppen wie die Black Panthers, die IRA oder auch Teile der autonomen Bewegung Selbstjustiz aus und bestraften die Dealer, die in ihren Augen Verrat an der Klasse, race oder am eigenen Kiez begingen.
Fast der genaue Gegensatz waren die Post-68er, die Drogen als Mittel zur Selbstbefreiung sahen und sehen. So befürworteten die Haschrebellen „eine freie Entscheidung über Körper und Lebensform“, ähnlich wie die britischen Liberalen. Angeblich wollten sie den Westberliner Cannabismarkt selbst übernehmen, „damit da keine Dealermafia entsteht“, die ja nur den Profit im Kopf habe und nicht die Befreiung der Menschen. Für viele, die in dieser Zeit mitgemacht haben, gilt ein offener Umgang mit illegalen Drogen als letztes linkes Feigenblatt, siehe Außenminister Fischer. Vielleicht erklärt die Beliebtheit des Haschisch, das nicht gerade dafür berühmt ist, Geselligkeit hervorzurufen, die spätere Entwicklung der deutschen Linken hin zur „Politik in der ersten Person“ der Autonomen.
F
Fest steht jedenfalls: Drogen, ob legal oder nicht, begrenzen die Arbeitsfähigkeit und Kommunikationskompetenz. Das kann bedeuten, man benutzt Drogen als politische Tat, um die eigene Verwertbarkeit fürs Kapital zu vermindern und die Befreiung des Geistes zu bewerkstelligen. Andererseits kann es bedeuten, dass man weniger klassische politische Arbeit leisten kann und ins eigene Innenleben abdriftet, mehr mit sich selbst beschäftigt ist als alles andere. Die Tatsache, dass bestimmte so genannte leichte Drogen noch verboten sind, führt dazu, dass viele junge Leute fast automatisch Gesetze brechen. Das kann für die Linke von propagandistischem Vorteil sein, als Aufhänger, um aufzuzeigen, wie das System und seine Gesetze funktionieren. Wer einmal eine solche Grenze überschritten hat, macht es vermutlich das nächste Mal noch leichter. Andererseits führt der Verbot zu einer Situation wie in den USA, wo Tausende kriminalisiert werden und ein Großteil ihre Sozialisation im Knast erfahren.
Es gilt schon seit einiger Zeit in der radikalen Linken die Losung: Das Private ist politisch. Was den Konsum von legalen oder illegalen Drogen angeht, hat sie aber anscheinend keine festen Regeln. Es dürfte aber klar sein, dass die radikale Linke nicht mehr die Ausstrahlungskraft hat, der gesamten Gesellschaft oder dem gesamten Proletariat etwas vorschreiben zu wollen. Daher findet man in diesem Artikel keinen Aufruf, Drogen entweder zu meiden oder in Massen zu genießen, trotz meiner persönlichen Einstellung. Wäre es nicht langsam an der Zeit für die Linke, einen Konsens zum Thema Drogenkonsum zu erreichen?
Es ist aber definitiv nicht ihre Aufgabe, für die Aufhebung eines Verbots zu arbeiten. Denn das würde zwangsläufig dazu führen, dass mehr Leute starke Drogen benutzen würden, mit all den verbundenen Erscheinungen. Mit einer solchen Forderung unterstützt man lediglich den Verfall der eigenen Kieze und Strukturen, nicht etwa die Rechte der armen Bauern im Trikont. Die Legalisierung von Drogen würde hauptsächlich den Kapitalisten zugute kommen, den Konsumenten nur begrenzt, indem sie wahrscheinlich eine konstante Qualität sichern würde. Verbraucherrechte eben. Letztendlich bleibt das stärkste Argument der Wirtschaftswissenschaftler des „Economist“ die geschätzten 80 bis100 Milliarden Dollar im Jahr an potenziell versteuerbarem Profit. Die radikale Linke hat es also kaum nötig, ihre Energie in den Kampf um die Legalisierung zu stecken: Das sollte sie besser den Kapitalisten überlassen.


                                                 

                             
Anmerkungen zur LLL-Veranstaltung                     
 
Von Achim Guduan

Nun, niemand wird ernsthaft behaupten, dass die Veranstaltung ein Erfolg war, dafür waren die Redeunterbrechungen denn doch zu lang, vom inhaltlichen Ergebnis ganz zu schweigen. Es mag sein, dass ein früheres Verschicken der Texte zu einer Diskussion geführt hätte, die näher an den Papieren dran gewesen wäre. Angesichts des begrenzten Umfangs der Texte scheint ein Großteil der Anwesenden allerdings auch keine Probleme gehabt zu haben, in wenigen Tagen die fünf Seiten zu lesen. So scheint eher die Diskussionsleitung selbst das Problem zu sein, die, anstatt die Diskussion in die vorgegebene Richtung zu lenken, zu viel freien Raum ließ, so dass die Diskussion kaum auf begehbarem Boden fußte und sich vielmehr im luftleeren Raum bewegte. Der Gedanke jedoch, den an der Diskussion Teilnehmenden die Freiheit der Diskussion zu überlassen, ist eigentlich nicht so schlecht, bedeutet dies doch, wegzukommen von einem Zentrum, um das sich alles dreht und das damit den Weg, die Richtung vorgibt und die Maßstäbe setzt. Und so ist als erstes Ergebnis dieser Diskussion festzuhalten, dass der Gedanke einer kommunitären Gesellschaft schon in diesem eher begrenzten Kreis weniger kommunistischer, beziehungsweise diesen nahe stehenden, Linker kaum mit Leben gefüllt, also in die Praxis umgesetzt werden konnte. Am augenscheinlichsten ist dies anhand der Erwartungshaltung eines Teils der Anwesenden an die Berliner, Vorgaben zu machen, die dann in den anderen Städten umzusetzen seien.
Dies ist jedoch nicht zu leisten. Die praktischen Initiativen bestimmen sich immer aus den konkreten Bedingungen , die vor Ort vorgefunden werden. Die einzige Möglichkeit, die ein Diskussionskreis, wie er in Berlin zusammengekommen war, besitzt, ist die allgemeine theoretische Ausarbeitung, ist zum Beispiel die Bestimmung des revolutionären Subjekts, wer dies sein könnte, wie es lebt etc. Dass dies sehr unterschiedlich strukturiert ist und somit auch in unterschiedlichen Milieus und Schichten anzutreffen ist, sollte mittlerweile allen kommunistischen Zirkeln bekannt sein. Der Typus des gewerkschaftlich organisierten Massenarbeiters existiert nicht mehr, aber selbst zur Zeit seiner Existenz was er nicht der einzige Bestandteil der breiten Gruppe derer, die das Proletariat und damit das revolutionäre Subjekt in seiner Gesamtheit bilden.
Die Aufgabe jeder kommunistischen Gruppe liegt darin, aus den vielen einzelnen Bestandteilen der Unterdrückten mindestens einen herauszugreifen und dieses  Subjekt mit der eigenen politischen Position zu konfrontieren. Dabei sollte eine soziale Nähe zu diesem Teil der Unterdrückten vorhanden sein, da sonst schnell das Bild einer besserwisserischen, arroganten Linken entsteht. Die türkisch-kurdische Antifa-Gruppe Antifasist Genclik (AG) hatte genau dies getan. Aus der Masse der Unterdrückten hatte die Gruppe sich genau den Teil zur Agitation herausgesucht, der den Lebens-verhältnissen der eigenen Genossinnen und Genossen entsprach: der ausländische Jugend-liche, der wie die Organisierten der Gruppe in diesem kapitalistischen System nicht die Chancen bekommt, die ein Deutscher erhält, sondern die Rolle des Unterlegenen im erwünschten Konkurrenzkampf erhält, womit er auch den faschistischen Angriffen  ausgesetzt wird.
Sicherlich war es für AG auf Grund der gesellschaftlichen Zuspitzung am Ende der achtziger Jahre einfach, eine breite Zustimmung innerhalb dieses Teils des revolutionären Subjekts zu erlangen - eine Tatsache, die für andere Gruppen so nicht gegeben sein mag. Das dahinter liegende, grundsätzliche Prinzip ist aber auch im neuen Jahrtausend immer noch dasselbe. Immer kommt es darauf an, einen Teil dieser Unterdrückten herauszugreifen und damit auch einen spezifischen Widerspruch dieser Gesellschaft. Wird dieses Prinzip ernsthaft in die Praxis umgesetzt, ist der Erfolg wahrscheinlich. Der schnelle Zuwachs von AG lässt in dieser Hinsicht wenigstens hoffen. AG ging dafür, anders als die deutsche autonome Linke, auch in die Jugendzentren, wartete also nicht, dass das revolutionäre Subjekt zu ihnen kam.
Es können heute die von Gerster noch weiter ins Abseits gedrängten Arbeitslosen sein, die Belegschaft eines von der Schließung bedrohten Betriebes oder die Bewohner eines Stadtteils, der der Verelendung überlassen wird usw., wichtig ist, dass die Agitierenden über eine ähnlich geringe gesellschaftliche Teilhabe verfügen wie die Anzusprechenden und der hauptsächlich angetroffene Widerspruch von der Linken aufgegriffen wird. Denn erst mit einer kontinuierlichen Praxis wird es der kommunistischen Linken möglich sein, das Vertrauen wenigstens eines Teils der Unterdrückten zu gewinnen. Der bundesweite Aspekt wird dabei zwangsläufig am Anfang unterentwickelt bleiben, kann aber schon zu Beginn über dem Stadium des bloßen Austauschs hinausreichen und strategische und theoretische Diskussionen umfassen. In diesem Sinne ist zu hoffen, dass die im Januar gewünschte Diskussion beginnt.