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Fatwa, wohl überlegte
Rechtsauskunft eines Muftis auf die Anfrage eines Laien zur Scharia, dem islamischen
Recht (die weltliche Gerichtsbarkeit würde dieses Recht als gleichzeitig ziviles und
religiöses Recht definieren). In der Fachsprache heißt der Laie und Fragesteller Mustafti
(und seine Anfrage Istifta), während die Erteilung der Fatwa Ifta oder Futya
genannt wird. Damit seine Auskunft rechtsverbindlich ist, muss der Mufti ein anerkannter Mujtahid
sein, ein Rechtsgelehrter, der befähigt ist, eine vernünftige und logisch herleitbare
Lösung einer bis dahin unbekannten Rechtsfrage zu unternehmen. Für die Sunniten ist die Auskunft eines Muftis nicht rechtlich bindend, es sei denn, die
Rechtsgelehrten finden eine gemeinsame Lösung. Der Fragesteller hat daher das Recht bei
anderen Muftis Auskünfte zur gleichen Rechtsfrage einzuholen. Bis in jüngste Zeit galt
dies auch für die (imamitischen) Schiiten. Doch seit im 19. Jahrhundert die schiitische Richterschaft eine hierarchisch
gegliederte Geistlichkeit wurde, sind Fatwas der Rechtsgelehrten für jedermann, der in
dieser Hierarchie weiter unten steht, rechtsverbindlich, also für die Laien und auch die Mullahs
(weniger angesehene Rechtsgelehrte).
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