Betrug bei den Berliner
Abgeordnetenhauswahlen?
Spektakuläre Ergebnisse bei den letzten Berliner
Wahlen - Einschätzung der Initiative Wählt ungültig
Von der Initiative Wählt ungültig
Nachdem nun das offizielle Endergebnis der Berliner Abgeordnetenhauswahlen
vom 21. Oktober 2001 bekannt gegeben wurde, lässt sich auf den ersten
Blick nicht wesentlich Neues zum Wahlausgang sagen: Die SPD hat knapp sieben
Prozent hinzugewonnen und nun ihren schon damals nicht berauschenden Stand
von Beginn der neunziger Jahre wiedererlangt. Die CDU hingegen bekam dieQuittung
für den Bankenskandal und verlor in einem Ausmaß, dassihr Ergebnis
mit denen der fünfziger und sechziger Jahre verglichenwerden kann. Äußerst
prekär für die CDU ist, dass sienur knapp vor der PDS liegt, die
einen wohl kaum für möglich gehaltenenTriumph einfuhr, in Ost wie
in West. Die FDP hat es nach sechs Jahren wiedermal geschafft, ins Abgeordnetenhaus
einzuziehen, und erzielte ein ihr durchauszuzutrauendes Ergebnis. Die Grünen
aber verloren nur unwesentlich Stimmen,obwohl ihre Standbeine auf ihren zentralen
Politikfeldern weich wie Buttergeworden sind. Alle anderen Parteien verpassten
den Einzug, die Reps verlorenzudem rund die Hälfte ihrer Wähler.
Bermerkenswert an dem Ergebnis ist jedoch nicht so sehr das Abschneiden vor
allem der großen Parteien, sondern vielmehr das stark variierende Ergebnis
der Wahlbeteiligung und der ungültigen Stimmen. Dies war schon am Wahlabend
selbst zu bemerken. So wurde vom Landeswahlleiter um 18 Uhr die Wahlbeteiligung
mit 70,5 Prozent angegeben, 5,0 Prozent mehr als bei den vorangegangenenWahlen.
Dieser Trend ließ sich schon am Wahltag selbst ablesen, alsdie Zwischenstände
der Wahlbeteiligung von 12 Uhr und 16 Uhr bekanntgegeben wurden. Beide Male
lag die Wahlbeteiligung deutlich höher, um12 Uhr bei 24,1 Prozent (plus
1,8 Prozent), um 16 Uhr bei 55,3 Prozent (plus3,6). Obwohl die Wahlbeteiligung
ständig mitgezählt wird und daherrecht schnell ermittelt werden
kann, ließ der Landeswahlleiter in einerVeröffentlichung um 20.09
Uhr eine um zwei Prozentpunkte niedrigereWahlbeteiligung bekannt geben, eine
Stunde zuvor galt jedoch noch die alteMarke. Wie innerhalb einer Stunde die
Wahlbeteiligung derart stark sinkenkann - immerhin handelt es sich hierbei
um über 47 000 Stimmen, diezuvor als abgegeben galten und nun nichtzählten
-, wurde vom Landeswahlleiternicht erkl&ärt. Ebenso wenigerklärte
er, wieso die Wahlbeteiligungüberhaupt derart schwankt,variiert sie
doch auf Grund von Übertragungsfehlernund allgemeiner Hektikam Wahlabend
normalerweise vielleicht um 0,2 Prozent.Doch es kam noch schlimmer.Die Veröffentlichung
von 20.09 Uhr gründeteauf einen Auszählungsstandvon 87,4 Prozent
aller Stimmen, mithin einschon recht sicheres Ergebnis.Im vorläufigen
amtlichen Ergebnis von23.10 Uhr wurden jedoch wiederumknappe 7000 Stimmen
weniger Wahlbeteiligunggezählt, so dass diese umweitere 0,3 Prozent
auf 68,2 Prozent absank.Das amtliche Ergebnis vom 7.November sah dann noch
einmal knappe 4000 Stimmenweniger am Wahlgang beteiligt,was die Beteiligung
auf nur noch 68,1 Prozentabsenkte. Interessant an dieserVeröffentlichung
ist außerdem,dass jetzt sogar noch die Zahl derWahlberechtigten, wenn
auch nur gering,um 16 Personen schwankt, was nun garnicht passieren kann.
Bei der Anzahl der ungültigen Stimmen verlief der Prozess parallel zum
Absinken der Wahlbeteiligung. Waren um 18.35 Uhr bei dem ersten Auszählungsstand
von fast 15 Prozent 4,5 Prozent ungültige Stimmen (circa 10 750 Stimmen)
registriert worden - was DPA in einer Pressemitteilung um 19.01 Uhr veröffentlichte
und im Internet um 19.34 Uhr wiederholte -, so stieg diese absolute Zahlbis
19.30 Uhr bei einem Auszählungsstand von über 50 Prozent aufüber
37 000 Stimmen, was wiederum 4,5 Prozent aller ausgezähltenStimmen ausmachte.
In beiden Fällen gab der Landeswahlleiter die Wahlbeteiligungnoch mit
70,5 Prozent an. Nach 19.30 Uhr jedoch wird es auf einmal obskur.Wie oben
schon erwähnt, senkt der Landeswahlleiter in seiner Mitteilungvon 20.09
Uhr die Wahlbeteiligung um zwei Prozent, gleichzeitig wird nundie Anzahlder
ungültigen Stimmen mit 30 180 angegeben, was einem Prozentsatzvon1,8
entspricht. Das sind 7000 ungültige Stimmen weniger. Das um23.10Uhr
veröffentlichte vorläufige amtliche Ergebnis wiederumenthält
eine Wahlbeteiligung von 68,2 Prozent, die ungültigen Stimmenwerdennun
nur noch mit 27 924 oder 1,7 Prozent angegeben.
Parallel zum Absinken der Wahlbeteiligung ist nun die Gesamtzahl der Wähler
auf 1 649 456 gesunken, als der Auszählungsstand noch 87,4 Prozent betrug,
lag sie bei 1 656 362, also um 6906 Wähler höher als bei einemAuszählungsstand
von annähernd 100 Prozent. Die Reduzierung derWähler lässt
sich auch nicht mit der geringeren Wahlbeteiligungerklären, da bei der
Veröffentlichung um 20.09 alle bisher ausgezähltenStimmen, d.h.
87,4 Prozent aller abgegebenen Stimmen, zu berücksichtigenwaren unddie
Summe der auf die verschiedenen Parteien abgegebenen Stimmenund die ungültigen
die oben genannte Zahl ergeben. Wie aber zwölfProzent mehr ausgezählte
Stimmen (also über 195 000 Stimmen zusätzlich)insgesamt fast 7000
Stimmen weniger ergeben können, bleibt bisher einGeheimnis der Landeswahlleitung.
Ähnlich obskur ist die um 23.10 Uhr angegebene Zahl der ungültigen
Stimmen, die um 10 000 Stimmen unter dem Ergebnis von einem Auszählungsstand
von über 50 Prozent liegt und damit über ein Viertel an Stimmen
verloren hat. Eine weitere Eigentümlichkeit des vorläufigen amtlichen
Ergebnisses ist der Unterschied von 4294 Stimmen zwischen Erst- und Zweitstimmen,
der auf Grund des Wahlvorgangs gar nicht möglich ist und folglich auch
im endgültigen Ergebnis vom 7. November nicht mehr auftaucht. Hier ist
nun beide Male ein Stand von 1 645 673 Wählern registriert, der wiederum
nur um gerade einmal 511 Stimmen über dem Erststimmenergebnis liegt,
das im vorläufigen amtlichen Ergebnis veröffentlicht wurde.
Im endgültigen Ergebnis wurden jedoch wiederum die Wahlbeteiligung und
die Zahl der ungültigen Stimmen gesenkt, diesmal auf 21 359 Stimmenoder
1,3 Prozent, also um fast 6600 Stimmen. Berücksichtigen wir denbei den
ersten beiden Auszählungsständen konstanten Prozentsatzvon 4,5Prozent
ungültigen Stimmen, so ergibt sich nun ein Fehlbetragvon etwa52 700
ungültigen Stimmen, die im endgültigen Ergebnisnicht mehrauftauchen.
Gleichzeitig bedeutet der Rückgang der Wahlbeteiligunguminsgesamt 2,4
Prozent eine Verringerung von etwa 58 700 Wählern.Vorallem in den beiden
Bezirken, die im vorläufigen Ergebnis noch einenhohen Anteil ungültiger
Stimmen aufweisen, in Spandau (2,4) und Treptow-Köpenick(3,8), ist der
Unterschied zwischen vorläufigem amtlichen und endgültigemErgebnis
extrem hoch. So liegt Spandau nun bei 1,8 Prozent, was 1960 unddamit714 ungültige
Stimmen weniger bedeutet. In Treptow-Köpenickgingder Anteil auf ganze
1,0 Prozent, von 4917 auf 1248 Stimmen zurück.DieWahlbeteiligung sank
hier ähnlich stark um 3055 von 130 610 (69,7)auf127 555 Wähler
(68,1).
Einschätzung der Kampagne
Da die vom Landeswahlleiter vorgelegten Zahlen mehr Unklarheiten hinterlassen,
als dass sie aufklären, berücksichtigen wir für eine nähere
Betrachtung unserer Kampagne daher im Moment nur das für uns schon recht
schlechte vorläufige amtliche Ergebnis. Trotzdem aber lässt sich
auch mit diesem Ergebnis einiges ablesen, was uns bei der Einschätzung
unserer Kampagne behilflich ist. So ist sicher, dass der Anteil der ungültigen
Stimmen auf jeden Fall höher ist als bei den vorangegangenen Wahlen.
So lag der Anteil der ungültigen Stimmen diesmal bei 1,7 Prozent, während
er die vorherigen Wahlen durchweg bei etwa einem Prozent (1999: 1,1) lag.
Dieser Anstieg kann aber sicherlich nicht unserer Kampagne, sondern eherder
allgemeinen politischen Grundstimmung zugeschrieben werden, zumal wirmitder
Kampagne nur etwa drei Wochen Wahlkampf und auch nur in wenigen Bezirkendurchführten,
der Anteil zudem aber in allen Bezirken, wenn auch unterschiedlich,anstieg.
Außerdem sind mit Treptow-Köpenick und Spandau zwei BezirkeSpitzenreiter
geworden, in denen wir nur äußerst peripher aktivwaren.
Wichtig für eine Bewertung unserer Kampagne ist daher weniger das berlinweite
Ergebnis als vielmehr das unserer Schwerpunkte, die ausnahmslos in Neukölln
und Kreuzberg liegen, dort vor allem in den Wahlkreisen Kreuzberg 3 und Neukölln
2. Beide Wahlkreise zeichnen sich dadurch aus, dass hier überdurchschnittlich
viele ungültig gewählt haben, in Kreuzberg 3 2,5 Prozent und in
Neukölln 2 2,3 Prozent, was jedoch auch schon bei den letzten Wahlen
1999 der fall war (Kreuzberg 3: 1,6; Neukölln 2: 1,6). Allerdings ist
in beiden Wahlkreisen der Anstieg der ungültigen Stimmen höherals
in den Nachbarwahlkreisen dieser Bezirke (gesamt Friedrichshain-Kreuzberg:
1,6; 1999:1,2 - gesamt Neukölln: 1,8; 1999: 1,5). Kann mit diesen Zahlen
schon ein gewisser Erfolg unserer Kampagne abgelesen werden, so wird dieser
eindeutig belegt mit einem Blick auf das Ergebnis der sechs Stimmbezirke,
in denen wir massiv Wahlkampf machten. Dies sind die Stimmbezirke 217, 222
und 223 rund um die Weisestraße in Neukölln und 020, 028 und 199
in Kreuzberg rund um die Oranien- und Manteuffelstraße. In allen sechs
Stimmbezirken liegt der Anteil der ungültigen Stimmen nicht nur weit
über dem Berliner Durchschnitt, sondern auch über dem des Bezirks
und des Wahlkreises (020: 5,0; 028: 4,3; 199: 5,1; 217: 5,0; 222: 4,3 und
223: 4,1). Ein Blick auf die Nachbarstimmbezirke, in denen wir nicht aktiv
waren, die aber dieselbe Sozialstruktur aufweisen wie 024 in Kreuzberg und
206 in Neukölln bestätigen diesen Trend. Im Stimmbezirk 024 stimmten
nur 2,7 Prozent ungültig, in 206 sogar nur 1,9 Prozent. Dieses Bildwird
abgerundet durch die Steigerung gegenüber der Vorwahl (020: 1,8;028:
2,3; 199: 4,0; 217: 1,2; 222: 2,4 und 223: 1,9). In dem recht großen
Stimmbezirk 199, in dem wir vor allem den Teil der Manteuffel, kaum aberden
der Waldemar- und Naunynstraße abdeckten, ist der Zuwachs relativnormal
gegenüber dem Durchschnitt, der Stimmbezirk 217 jedoch überholt
nicht nur das Niveau des gesamten Bezirks, sondern setzt sich auf einen der
ersten Plätze auf bezirklicher Ebene.
Es kann also behauptet werden, dass die Kampagne in den Bezirken, in denen
wir unter anderem mit Flugblättern in Briefkästen sehr aktiv waren,
einen Erfolg brachte, berücksichtigen wir zudem unseren schwachen Wahlkampf,
kann durchaus von einem großen Erfolg gesprochen werden. Nicht auszudenken
ist, wie die Ergebnisse gewesen wären, wenn wir nicht nur die sehr kurze
Zeit von drei Wochen Wahlkampf gemacht hätten, sondern zudem in vielen
weiteren Stimmbezirken aktiv geworden wären. Doch auch mit unserer schwachen
Kampagne hätte ein Ergebnis wie das der FDP in Hamburg dazu geführt,
dass diese Partei bei dieser Anzahl ungültiger Stimmen nicht ins Abgeordnetenhaus
eingezogen wäre. Darüber hinaus kann gesagt werden, dass der Anteil
ungültiger Stimmen die herrschenden anscheinend eher schmerzt als eine
geringe Wahlbeteiligung, da beide gesenkt wurden. Auf Grund des Wahlgesetzes
können wir zwar nur klagen, wenn wir nachweisen könnten, dass mit
einer Manipulation die Sitzverteilung verändert wurde, trotzdem eröffnen
sich mit einer Veröffentlichung der Manipulation weitere Aktionsfelder,
da dadurch die Glaubwürdigkeit des politischen Systems infrage gestellt
wird. Da bei den anstehenden Bundestagswahlen im September 2002 die Möglichkeit
besteht, dass einige Parteien knapp an der Fünfprozenthürde zustehen
kommen, sollten die Ergebnisse der Kampagne alle darüber nachdenkenlassen,
bei diesen Wahlen eine weitere Ungültig-wählen-Kampagne,diesmal
bundesweit, durchzuführen, um damit die Positionen der radikalenLinken
stärker in die Öffentlichkeit zu bringen. So war schon beider Berliner
Wahl positiv, dass mehrere Zeitungen über die hohe Zahlungültiger
Stimmen berichteten, der "Tagesspiegel" zudem mit einem kurzenArtikel am23.
Oktober die Gründe für Linke benannte, ungültigzu wählen.
Dieser bundesweite Wahlkampf sollte jedoch besser vorbereitetund vor allem
früher begonnen werden.
Strahlenschäden durch Urangeschosse
und Radaranlagen
Die Bundeswehr produziert nicht nur in Kriegszeiten Tote
und Verletzte - Nun klagen auch Ex-NVA-Soldaten
Von Oscar Wild
Anhand der Schadenersatzforderungen an die Bundeswehr und einen Bericht über
Urangeschosse soll dieser Artikel ein wenig beitragen zur Aufklärung
über die Machenschaften des Militärs. Denn Armeen hinterlassennicht
nur im Krieg Leichenberge und eine Spur der Verwüstung. Schonin Friedenszeiten
fordern sie ihren Tribut an Geld und, vor allem, an Menschenleben- im übergeordneten
Interesse einer florierenden Wirtschaft. Sie haben,seit fast zehn Jahrenauch
die Bundeswehr, die Aufgabe, den freien Zugangzu Märkten und Rohstoffen
zu gewährleisten. Aber oft wird der Öffentlichkeitdie militärische
Präsenz an den unterschiedlichsten Krisenherdenals humanitäre Hilfe
verkauft, beispielsweise um ein zweites Auschwitzzu verhindern (Fischer zum
Kosovo-Einsatz der Bundeswehr).
Die Bundeswehr hat nun, da die Bundesrepublik ihre volle Souveränität
zurückerhalten hat, wie andere Armeen auch ein starkes Interesse daran,
bei jedem Konflikt zu einer scheinbaren Lösung beizutragen. Die verteidigungspolitischen
Richtlinien wurden daher auch zu Anfang der neunziger Jahre dahingehend geändert,
dass die Aufgaben der Bundeswehr nun erweitert wurden von einer reinen Landesverteidigung
hin zu einer weltweiten Einsatzbereitschaft. Sie sollen der BRD den freien
Zugang zu Rohstoffen und Märkten sichern beziehungsweise ermöglichen.
Daher wurden auch die Krisenreaktionskräfte (KRK) und das Kommando Spezialkräfte
(KSK) aufgestellt. Ähnlich wie ihre US-Vorbilder (Navy Seals, GreenBarets)
wird das KSK dazu eingesetzt, um beispielsweise Botschaftsangehörige
in Krisengebieten zu evakuieren, Sabotage hinter den feindlichen Linien zu
verüben und den Feind so im Voraus zu schwächen.
Eigentlich ist das bei anderen Armeen schon immer gang und gäbe gewesen,
aber die historische Brisanz einer deutschen Armee im Ausland sollte schon
etwas genauer betrachtet werden. Die Bundeswehr hat gerade ihren Mazedonien-Einsatz
verlängert bekommen. Sie sichert somit weiter in einigen Ländern
auf dem Balkan die Machtinteressen der Bundesregierung. Nicht zuletzt durch
die Einführung der D-Mark als offizielle Haupt- beziehungsweise Nebenwährung
werden diese Länder (Bosnien, Mazedonien, Kosovo beziehungsweise Serbien
und Kroatien) wirtschaftlich an die BRD gebunden.
Uns allen wird gern vom Staat und einigen Medien vorgegaukelt, dass es sich
bei den Angehörigen der Bundeswehr um Bürger in Uniform handelt.
Das stimmt so jedoch nicht. Soldaten haben immer die Aufgabe, die Politik
ihrer Regierung mit allen Mitteln zu vertreten, daher leisten sie ja auch
einen Treueid auf die BRD, ihr Gelöbnis.
Wenn es Opfer gibt, sei es unter den eigenen Soldaten, der eigenen Zivilbevölkerung
oder der Bevölkerung des okkupierten Landes, so werden diese von der
Regierung als so genannte Kollateralschäden billigend in Kauf genommen.
Da sollte es einen nicht verwundern, wenn man krank wird als Einwohner eines
Dorfes, welches in unmittelbarer Nähe einer Radarstellung liegt, wenn
bei Manövern der Bundeswehr das eigene Feld von Panzern verwüstet
wird oder wenn ehemalige Asylbewerber aus dem Kosovo in ihrer Heimat vonBlindgängern
der abgeworfenen Bomben ihrer Nato-Schutztruppen zu Krüppelngemachtwerden.
Krieg fordert eben Opfer, und auch in Friedenszeiten sorgenArmeendafür,
das es welche gibt.
Sicherlich wird versucht, durch finanzielle Hilfe den Opfern ihr Schicksal
erträglicher zu machen, aber nicht alle Wunden kann man mit Geld heilen,
und das wenige Geld, das die Opfer bekommen, ist im Verhältnis zu den
Schäden lächerlich. Der Gewinn aber, der von Staat und Wirtschaft
am Krieg gemacht wird, fließt sowieso nicht an die Opfer weiter, er
ermutigt sie eher dazu, weitere Soldaten in immer mehr Kriegs- und Krisengebiete
zu entsenden, um immer mehr Geld am schmutzigen Geschäft zu machen.
Ein Aspekt von Strahlenschäden erregt die Öffentlichkeit: der Einsatz
von Urangeschossen im Balkankrieg. Zwar ist laut einer 128 Seiten umfassenden
Studie ("Die Bundeswehr und ihr Umgang mit Gefährdungen und Gefahrstoffen
- Uranmunition, Radar, Asbest"), die einne Kommission der Bundeswehr unter
Leitung des früheren Herausgebers der Wochenzeitung "Die Zeit", Theo
Sommer, erarbeitet hat, keine Gefahr für die Angehörigen der Streitkräfte
und auch der Zivilbevölkerung gegeben, aber dem kann anhand der Erfahrungen
des Golfkrieges widersprochen werden.
Eine im Juni 2000 veröffentlichte Studie in der Medizinerzeitschrift
"Lancet" belegte eine erhöhte Kindersterblichkeitsrate im Zentral- und
Südirak im Zeitraum von 1995 bis 1999. Sie stieg um das Doppelte imVergleich
zum Zeitraum von 1985 bis 1989. Im kurdischen Nordirak blieb dieKindersterblickeit
konstant, hier wurde auch keine Uranmunition eingesetzt.Zudem erkranktenmehr
als 100 000 Soldaten der US- und Britischen Armee inder Heimat am sogenannten
Golfkriegssyndrom. Viele dieser Armeeangehörigenhaben außerdem
behinderte Kinder, da ihr Erbgut geschädigt ist.
Aber auch Zivilisten sind gefährdet, und dass weit ab von "Krisenregionen".
So klagten beispielsweise 1988 nach dem Absturz eines A-10-Kampfbombers in
einer Wohnsiedlung in Remscheid viele Bewohner über gesundheitlicheBeschwerden.
Ihr Krankenbild war identisch mit dem Golfkriegssyndrom. Wiesich herausstellte,
hatte das Flugzeug Uranmunition geladen. Auf deutschenTruppenübungsplätzen
wird seit 1978 Uranmunition verschossen.
1992 gab es einen Flugzeugabsturz eines israelischen Transportflugzeugesin
einem Amsterdamer Wohnviertel. Radioaktives Material sowie Uranmunitionsollen
sich an Bord der aus den USA kommenden Maschine befunden haben. Inder folgenden
Zeit kam es in der näheren Umgebung der Absturzstellevermehrt zu Hauterkrankungen,
Durchfällen, Leukämie bei Kindernund zu Missbildungen von Neugeborenen.
In Bosnien wurden 1994/95 etwa 10 800 Uranprojektile, und in der relativkurzen
Zeit des Kosovo-Krieges 1999 wurden in 78 Tagen circa 31 000 Uranprojektile
verschossen. Allein im Kosovo lagern somit zehn Tonnen abgereichertes Uran
im Boden ("Spiegel" 3/2001). Seitdem häufen sich die unübersehbaren
Krankheitsfälle der dortigen Nato-Soldaten (Italiener, Portugiesen und
Finnen). Da das abgereicherte Uran in den Geschossen wasserlöslich ist,
wird es über Jahrtausende hinweg das Grundwasser und somit auch dieBucht
von Montenegro vergiften, und damit auch Mensch und Tier.
Ohne näher auf die einzelnen Aspekte des Golfkriegssyndroms eingehen
zu wollen, lässt sich dennoch ein Fazit ziehen, die Verwendung von Uranmunition
widerspricht immens der Genfer Konvention von 1949. Aber es entbehrt sowieso
jeglicher Logik, einen Krieg unter humanen Bedingungen führen zu wollen,
denn kann Krieg überhaupt menschlich sein?
In der 1949er-Konvention steht geschrieben, dass unbeteiligte Zivilistenaus
Kriegshandlungen herauszuhalten sind. Alle Konflikte der letzten Jahrezeigen,
dass weder Nato-, US- oder deutsche Truppen sich an die Genfer Konvention
halten, da der Einsatz von Uranmunition das flächendeckende Abwerfen
von Clusterbomben (Streubomben) und auch der Einsatz von Radaranlagen die
Zivilbevölkerung selbst in Friedenszeiten gefährden.
Aber es gibt noch andere Betroffene von Strahlenschäden, deshalb kommen
wir nun zum letzten Skandal der Bundesregierung zum Thema Strahlenopfer.Der
Berliner Anwalt Reiner Geulen überreichte VerteidigungsministerScharping
Ende Juni dieses Jahres eine Sammelklage von über 130 ehemaligenBundeswehrradartechnikern.
Viele seiner Mandanten sind von den Folgen jahrelangerSchlamperei und Versäumnisse
der Bundeswehr von Krebs oder anderen durchStrahlung verursachten Krankheiten
betroffen. Geulen sagte bei einem Interviewim "Focus" vom 22. Juni 2001,dass
die Bundeswehr ihre Radartechniker inden sechziger, siebziger und Anfangder
achtziger Jahre wissentlich "verheizt"habe. Die Strahlenbelastung derBetroffenen
habe den höchstzulässigenGrenzwert für die Bevölkerung
pro Jahr um das 5000- bis 20 000facheüberschritten. Dem Anwalt liegen
Dokumente vor, die belegen, dass dieBundeswehr seit Ende der fünfziger
Jahre über die Risiken informiertgewesen sei, dennoch die Radargeräte
nicht mit den nötigen Schutzvorrichtungenausgerüstet und ihre Mitarbeiter
nicht gewarnt habe.
Ein ehemaliger Zivilangestellter der Bundeswehr, der von 1971 bis 1977 als
Elektrotechniker in der Marineradarwerkstatt in Wilhelmshaven gearbeitethatte,
erinnerte sich anhand seiner eigenen Krankengeschichte an sieben Toteundacht
schwer kranke Mitarbeiter an seinem ehemaligen Arbeitsplatz. Derheute52-Jährige
sei 1991 zunächst wegen Nierenkrebs und des Verdachtsauf Leber- und
Lungenkarzinome zwei Mal operiert worden. In den folgendenzwei Jahren sei
er fünf Mal an Herzbeutelentzündung erkrankt. Seineigenes Schicksal
vor Augen sowie das seiner Kollegen, erinnerte er sichanMessungen, die er
selbst 1975 und 1976 an seinem Arbeitsplatz von derWehrbereichsverwaltung
veranlassen ließ. Das Bundesamt für Wehrtechnikund Beschaffung
räumte laut Bericht ein, dass gemäß ärztlicherBeurteilung
ein Gesundheitsschaden durch hohe Strahlung festgestellt wordensei.
Aber nicht nur Zivilangestellte, selbstverständlich auch Soldaten der
Bundeswehr sind von den großen Versäumnissen bei der Aufklärung
über die Gefahren von Radaranlagen betroffen. Einer dieser SoldatenPeter
Rasch. Rasch war lange Zeit Ausbilder von Radartechnikern in Kaufbeuren.Er
sagte wörtlich: "Bei uns sind nie Schutzmaßnahmen angeführt
worden, wir sind nie belehrt worden, wir haben nie Strahlendosimeter getragen."
Peter Rasch litt schon in Kaufbeuren an Sehstörungen und Nervenlähmungen.
1994 dann die Diagnose: Krebs. Seine Ansprüche auf Entschädigung
hat er bis heute nicht endgültig durchsetzen können.
Ulrich Häntschel war Radartechniker beim Luftabwehrsystem Hawk. Er wurde
unter anderem bei Reparaturarbeiten an einem Radargerät von einem Beleuchtungsradar
angestrahlt. Der zuständige Offizier, der das Gerät steuerte, lehnte
den Protest jedoch ab mit der Begründung: "Ich kann keine Rücksicht
nehmen, ich bin am Kämpfen, wir haben Krieg. Ende." Häntschelsdirekter
Vorgesetzter, Winfried Hermann, wurde Zeuge dieses Manövervorfalls.Trotz
eingeleitetem Wehrdisziplinarverfahren passierte dem verantwortlichemOffizier
nichts. Häntschel erkrankte an Hodenkrebs und stellte Antragauf Anerkennung
einer Wehrdienstbeschädigung, der jedoch abgelehnt wurde.Seiner folgenden
Klage gegen die Bundesrepublik gab das Sozialgericht München1999 Recht.
Aber der Bund ging in Berufung, so dass Häntschel bis heutekeine Anerkennung
erhielt.
Ähnlich erging es Götz Jost. Jost starb mit 41 Jahren an einerbesonders
aggressiven Art von Unterleibskrebs. Der Antrag auf Wehrdienstbeschädigung
ist von der Bundeswehr bisher abgelehnt worden. Josts Witwe und seine drei
Kinder werden weiter hingehalten. Es sieht so aus, als wenn die Bundeswehr
direkt auf die biologische Lösung des Problems setzt und abwartet, bis
die Betroffenen versterben, so vermutet es zumindest die Witwe.
Aber ganz unabhängig von der Tätigkeit bei der Bundeswehr gibtes
auch noch weitere Probleme, die durch Strahlenbelastung von Radaranlagenverursacht
worden sind. Neben Hoden-, Nieren- und Hirntumoren sowie Leukämieerkrankungen
gibt es noch ganz andere Schäden, die erst seit kurzem bekannt sind.
Demnach gibt es einen erschreckend hohen Zusammenhang von Missbildungen und
Fehlgeburten bei Kindern, deren Väter Radarstrahlung bei der Bundeswehr
ausgesetzt waren ("Jeversches Wochenblatt" Februar 2001). Der 40-jährige
Dieter Neumann ist einer von fünf Mandanten, die als Kinder von Radartechnikern
der Bundeswehr mit Behinderungen auf die Welt kamen und sich auch von Geulen
vertreten lassen. Bei seiner Entbindung 1961 stellten die Ärzte im Krankenhaus
ähnliche Behinderungen fest wie bei zwei vorherigen Totgeburten, deren
Väter eine Gemeinsamkeit hatten: Radartechniker bei der Bundeswehr ("Berliner
Zeitung" 31. August 2001).
Nun ist die Klage gegen die Bundeswehr nicht mehr nur auf direkt betroffene
Ex-Soldaten beschränkt, sondern auch auf deren Kinder. Schmerzensgeldforderungen
zwischen 250 000 bis 600 000 Mark pro Geschädigtem wird eine weitere
Klage in den USA folgen, da die Radaranlagen aus den USA stammen. An dieser
Sammelklage beteiligen sich weitere Nato-Soldaten aus anderen Ländern.
Jedoch wird das Geld die mittlerweile über 150 Toten der Bundeswehrnicht
wieder lebendig machen können.
Das Problem bleibt aber nicht nur auf Soldaten und deren Angehörigebeschränkt,
sondern erreicht weitere Brisanz; nicht nur durch die Angehörigender
NVA, die ähnlich fahrlässig verstrahlt worden sind und diesichan
der Klage gegen die Bundesrepublik, als Rechtsnachfolgerin der DDR,beteiligen.
Denn auch im Realsozialismus wurde mehr auf Wirkung statt aufSchutzmaßnahmen
beim Betreiben von Radaranlagen gesetzt.
Laut dem "Jeverschen Wochenblatt" vom Februar 2001 hat ein Arzt in Hiddingen
im Landkreis Rotenburg/Wümme eine auffällig hohe Anzahl von Krebserkrankungen
festgestellt. In Hiddingen seien drei Mal so viele Menschen an bösartigen
Tumoren erkrankt wie in den Nachbardörfern, bestätigte der Allgemeinmediziner
Johannes Baron eine Meldung der Soltauer "Böhme Zeitung". Dies bestätigt
eine interne Statistik. Ob die etwa drei Kilometer östlich von Hiddingen
gelegene und Jahrzente alte Radarstation der Bundeswehr dafür verantwortlich
ist, wird geprüft. Hiddingens Bürgermeister Erich Cohrs (CDU) gab
den Auftrag an das Gesundheitsamt des Landkreises weiter. Die zuständige
Kreisverwaltung als auch die Bundeswehr gaben dazu noch keine Stellungnahme
ab. Aber irgendetwas kann ja nicht stimmen, wenn es in fast jedem Haus der
540 Einwohner einen Krebsverdacht gibt. Der Mediziner Baron rät seinen
Patienten dennoch, aus Hiddingen wegzuziehen.
Als Forderung kann der Schritt, vor Gericht auf Schadenersatz zu klagen,nur
bedingt lindern, was Militär weltweit anrichtet, um Macht und wirtschaftliche
Einflusssphären zu sichern und auszuweiten. Es bleibt unsere Aufgabe,
nicht nur die Folgen von Militäreinsätzen, sondern Militarismus,
gerade unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe, zu bekämpfen.