by Erich Kassing  

DIE SCHLACHT UM VERDUN - EIN BEITRAG ZUR MILITÄRGESCHICHTE DES ERSTEN WELTKRIEGES 1914 - 1918

Verdun > Kampfbereiche > Croix de la Vaux / Vaux-Kreuz

                  

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DIE SCHLACHT UM VERDUN 
KAMPFBEREICHE
CROIX DE LA VAUX / VAUX- KREUZ
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Vor der deutschen Verdun-Offensive spielte die Vaux-Kreuz-Höhe, von den Franzosen Croix de la Vaux genannt, militärgeschichtlich gesehen keine besondere Rolle. Doch nur drei Tage nach Beginn des Angriffs auf Verdun überrannten Teile des Infanterie-Regiments Nr. 64 die Höhe und stießen bis zum Südrande des Cauriéres-Waldes vor.

Über die Vaux-Kreuz-Höhe marschierten in den nächsten Jahren Tausende deutscher Soldaten zur nahen Frontlinie. Starkes Störfeuer, die Franzosen konnten die Höhe gut einsehen, behinderte die Deutschen aber auf ihrem Anmarschweg zur Hauptkampflinie.

Erst im Dezember 1916, ermöglicht durch die erfolgreiche französische Offensive am 15. Dezember,  wurde die Höhe 356 für beide Parteien sehr wichtig, da sich die neue Frontlinie fortan dort vorbeizog. Das Plateau der Vaux-Kreuz-Höhe befand sich allerdings im Niemandsland zwischen den Stellungen.

Bayerische Ersatzregimenter lagen im Fosse-Wald und nahe der Vaux-Kreuz-Höhe in Stellung als am 16. Dezember 1916 die Franzosen die Höhe mit einem Gasangriff überzogen. Daraufhin übernahm das Leib-Grenadier-Regiment Nr. 8 die mit Wasser gefüllten Gräben. 

Am 22. Dezember 1916 besetzte dann das Reserve-Infanterie Regiment Nr. 247 allein die Stellungen des Infanterie-Regiments Nr. 8 und des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 247: Die Stellung verlief südlich des sogenannten Vaux-Kreuzes, von dem aber nichts mehr vorhanden war, in östlicher Richtung. Der rechte Flügel stieß an den Chaume-Wald. Drei Kompanien waren in vorderer Linie, eine Kompanie lag etwa 800 Meter dahinter. 

Die Vaux-Kreuz-Schlucht unterhalb der Vaux-Kreuz-Höhe: Der Weg unzähliger deutscher Soldaten zur Front, 1916

Der Bataillonsunterstand war in der Gegend der Ornesquelle hinter dem nördlichsten Zipfel des Chaumewaldes. Ein kaum knietiefer, schlammiger Graben zog sich über die kahle granatendurchfurchte Hochfläche. 

Einige angefangene Erdlöcher dienten als Unterschlüpfe. Ende Dezember 1916 zog das Reserve-Infanterie-Regiment 122 in die schlecht ausgebauten Stellungen. 

Am 28. Januar 1917 übernahm dann das Leib-Grenadier-Regiment Nr. 109 die Gräben auf der Vaux-Kreuz-Höhe. Die Geschichte des Regiments berichtet über fehlende schußsichere Unterstände, über starken Frost und das hartnäckige Arbeiten der deutschen Soldaten an der Vertiefung der verschlammten Gräben. 

Am 4. März 1917 begann der deutsche Angriff auf die französischen Stellungen nahe der Vaux-Kreuz-Höhe. Die Grenadier-Regimenter Nr. 109 und Nr. 110 setzten schließlich zum Sturm an und eroberten nach kurzem Widerstand die französischen Gräben.

Am 8. September 1917 setzte mit einem starken Artilleriefeuer der Sturm der Franzosen auf die Stellungen des Grenadier-Regiments Nr. 110 ein, das nach hartem Widerstand und größeren Verlusten die Position zwar halten konnte, jedoch die eigentliche Vaux-Kreuz-Höhe an den Gegner verlor. Schon einen Tag später griffen französische Soldaten die Stellungen der Deutschen abermals an und machten zusätzliche Geländegewinne.

Am 14. September 1917 wurde das Infanterie-Regiment Nr. 110 durch das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 258 abgelöst. Die Truppengeschichte des Regiments schildert die Umgebung der Vaux-Kreuz-Höhe: Das Dorf Ornes ist fast verschwunden. Nur die Trümmerreste der alten Wassermühle lagen noch am verschlammten Ornesbach. Nahe der zerstörten Kirche, direkt am Kirchfriedhof, hatten sich der Bataillonsstab und eine Sanitätseinheit in den Hang eingegraben.

Vom zerstörten Dorf Ornes zog sich bis zur vordersten Linie der sogenannte "Grenadiergraben". Der Grenadierweg bzw. -graben war einer der zahlreichen Gräben nahe der strategisch wichtigen Vaux-Kreuz-Höhe, südwestlich der zerstörten Ortschaft Ornes. Insbesondere ab dem Frühjahr 1917 entbrannten heftige Kämpfe um diese Höhe.

Der Ursprung dieses Lauf- bzw. Annäherungsgrabens läßt sich nicht mehr mit letztlicher Sicherheit bestimmen. Seine Entstehung dürfte aber auf die Anwesenheit und den Einsatz des Leib-Grenadier-Regimenter Nr. 109 und des Grenadier-Regiments Nr. 110 zurückgehen, die von Januar bis September 1917 im mittel- und unmittelbaren Bereich der Vaux-Kreuz-Höhe lagen. Allerdings findet der Graben in den Aufzeichnungen der genannten Regimenter keine Erwähnung.

Der Grenadierweg verlief südwestlich von Ornes kommend, am Hang zwischen Grenadierhöhe und Vaux-Kreuz-Schlucht, hinauf in die vordersten deutschen Stellung an der Vaux-Kreuz-Höhe.

In den Truppengeschichten, der an der Vaux-Kreuz-Höhe eingesetzten Regimenter, liest man nur sehr wenig über den Grenadierweg. Das im September 1917 dort eingesetzte Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 258 berichtet über den offensichtlich entsetzlichen Zustand des Grabens folgendes: 

Noch fürchterlicher aber war der Weg von dort zur vorderen Linie, der sog. Grenadiergraben. Eine flache Mulde, fast ohne Böschung, ohne Schulterwehren, ständig unter Feuer, zerrissen von Trichtern und Sprenglöchern, führte er, an gesprengten und ausgeräucherten Stollen vorbei, buchstäblich über Leichen nach vorne.

Den Anmarsch durch den Grenadierweg in die vorderste Stellung schildert P.C. Ettighoffer anschaulich in seinem Buch "Gespenster am Toten Mann". Ettighoffer war ebenfalls Angehöriger des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 258: 

Wir gehen den Grenadierweg hinan, schauen nicht rechts, schauen nicht links. Wir wollen es einfach nicht. Wollen die Toten, hart am Wegrand nicht sehen. Möchten uns einbilden, es seien nur Schatten. Ich habe zuerst nur vor mich geschaut, dann doch mal rechts geblickt und sie liegen sehen. Wende mich weg, und sie liegen links gerade so reichlich. Wie gesät liegen sie, einige auf dem Gesicht, andere auf dem Rücken ... Man hat die Leichen einfach beiseitegeschleift, denn der Grenadierweg muß frei bleiben, als einzige Verbindungsader der Lebenden zur vordersten Linie. Wir schleichen immer noch den Grenadierweg hinan. Manchmal gibt es eine Stockung. Stahlhelm prallt gegen das Kochgeschirr auf den Rücken des Vordermannes. Querschläger miauen ... über uns hinweg. Vorne schießt ein feindliches Maschinengewehr ein wütendes Streufeuer ... Einzelne Verwundete keuchen an uns vorüber, laufen zu Tal. Es sind Leute unseres Regiments, Angehörige der vor uns auf dem Grenadierweg marschierenden Kompanie ... Der Grenadierweg will kein Ende nehmen. Wir müssen doch schon bald beim Franzmann sein ... Unser Melder führt uns links in den Graben. Wir sind am vorläufigen Ziel in der vordersten Linie.

In einer Stellungskarte des bayerischen 31. Infanterie-Regiments, das in diesem Bereich im Frühjahr 1918 eingesetzt war, spielte der Grenadierweg offensichtlich keine Rolle mehr. Die Zerstörungen waren zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon erheblich fortgeschritten und der Graben ist wohl nur noch in Teilstücken zu benutzen gewesen.

Auf dem heutigen Gelände läßt sich der ehemalige Verlauf des Grabens kaum noch nachvollziehen. Zu schwer waren die Verwüstungen der beiden Artillerien. Nur eine flache Mulde führte über Leichen nach vorne: Ein "Ort des Todes und des Grauens", so die Geschichte des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 258.

Am 29. Oktober 1917 versuchte dann das 7. Garde-Infanterie-Regiment wieder Geländegewinne auf der Vaux-Kreuz-Höhe zu machen. Französische Gegenangriffe am 30./31. Oktober scheiterten. 

Am 9. November 1917 gab es abermals deutsche Versuche die Stellungen weiter vorzuschieben. Schließlich wurde das Regiment vom Infanterie-Regiment Nr. 399 abgelöst und dieses wiederum am 27. Dezember 1917 vom Füsilier-Regiment Nr. 35.

Am 15. Februar 1918 übernahm dann das bayerische Infanterie- Regiment Nr. 30 den Kampfabschnitt auf der Höhe. Es folgte das Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 23 und am 20. April 1918 wiederum das bayerische Infanterie-Regiment Nr. 30. Am 24. Juni 1918 stiegen die Soldaten des Jägerbataillons 13 in die Gräben.

Inzwischen existierte die Vaux-Kreuz-Höhe nur noch als trostlose Wüste voller Granattrichter, enger und schmutziger Unterstände und übersät mit Leichen. Das Dorf Ornes gab es schon längst nicht mehr.

Am 25. September 1918 stürzte ein deutsches Kampfflugzeug auf die Vaux-Kreuz-Höhe zwischen beide Kampflinien. Als letztes Regiment übernahm dann am 16. Oktober 1918 das Infanterie-Regiment Nr. 98 die Gräben der Vaux-Kreuz-Höhe und hielt diese bis zum Kriegsende.

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Quellen und Literatur:
  • Ettighoffer, P.C.: Gespenster am Toten Mann, Gütersloh 1937.  
  • Feldzugsteilnehmer: Infanterie-Regiment Nr. 64, Oldenburg 1929. 
  • Freydorf, Rudolf von: Leib-Grenadier-Regiment Nr. 109, Karlsruhe 1927. 
  • Herkenrath, August: Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 247, Oldenburg 1923. Kries, Otto von: Das 7. Garde-Infanterie-Regiment, Oldenburg 1934. 
  • Machenhauer, Hermann: Infanterie-Regiment Nr. 98, München 1928. 
  • Mügge, Ernst: Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 122, Oldenburg 1922. 
  • Reiß von: Das K.B. 31. Infanterie-Regiment, München 1929.  
  • Offz.-Vereinigung des Regiments: Das 2. Badische Grenadier-Regiment Kaiser Wilhelm I. Nr. 110, Oldenburg 1927. 
  • Schede, Wolf: Grenadier- Regiment Nr. 110, Oldenburg 1921. 
  • Schöning, Hans: Das Leib-Grenadier-Regiment Nr. 8, Oldenburg 1924. 
  • Stepkes, Johannes u.a.: Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 258, Köln 1935. 
  • Taeglichsbeck, Hans: Füsilier-Regiment Nr. 35, Oldenburg 1921.

Anmerkung: 

  • Einige Informationen verdanke  ich Herrn Klink.

Abbildungen: 

  • Erich Kassing.

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Douaumont

Auf tragische Weise ist das sächsische Infanterie-Regiment Nr. 105 mit den Kämpfen um das Dorf Douaumont verbunden. Am Ende des nur wenige Tage dauernden Einsatzes, vom 26. Februar bis 3. März 1916, hatte das Regiment fast 1.200 Mann an Toten, Verwundeten und Vermißten zu beklagen - somit also fast 40 % seines Bestandes.

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