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Hethiter |
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Hethiter (hebräisch Chittim), ehemaliges Volk im
östlichen Kleinasien, das das Reich Hatti im zentralen Hochland des heutigen Anatolien
(Türkei) gründete und Gebiete im Norden Syriens bewohnte. Die Hethiter, deren Ursprung
unbekannt ist, verwendeten eine indogermanische Sprache. Sie drangen um 2000 v. Chr. in Kleinasien ein und zwangen der Bevölkerung ihre Herrschaft,
Sprache und Kultur auf. Nesa (in der Nähe der heutigen Stadt Kayseri, Türkei) war die
Stadt, die von den Hethitern gegründet wurde. Kurz nach 1800 v. Chr. wurde die Stadt Hattusa (in der Nähe der heutigen Stadt Bogazköy) erobert. Bis
zur Gründung des so genannten Alten Reiches im 17. Jahrhundert v. Chr. sind keine
geschichtlichen Aufzeichnungen über die Hethiter bekannt. Es wurde von Fürst Anitta mit
Hattusa als Hauptstadt gegründet. Dieser eroberte nahezu das gesamte Gebiet
Zentralanatoliens und dehnte seinen Machtbereich bis zum Mittelmeer aus. Seine Nachfolger
setzten die Eroberungen in Nordsyrien fort. Hattusili I. (Regierungszeit etwa 1590-1560 v. Chr.)
eroberte die Stadt Aleppo (heute Syrien), sein Sohn Mursili I. (Regierungszeit etwa 1560-1531 v. Chr.) unterwarf mehrere nordsyrische Städte und besiegte
schließlich Babylon. Nach der Ermordung Mursilis folgte eine Zeit innerer Streitigkeiten,
die das Reich außenpolitisch schwächten und erst von dem mächtigen König Suppiluliuma
beendet wurden.
Das Neue Reich
Um 1370 v. Chr. wurde das so
genannte Neue Reich von König Suppiluliuma (Regierungszeit um 1370 bis 1335 v. Chr.) gegründet. Nachdem er sein Land befreit hatte und sein
wichtigster Feind, das Königreich Mitanni im Norden Mesopotamiens, besiegt war, zog er
mit seiner Armee in Syrien ein. Seine Eroberungen im ägyptisch besetzten Syrien wurden
durch die Führungsschwäche des ägyptischen Pharao Echnaton (Amenophis IV.) wesentlich erleichtert. Als sich Suppiluliuma bei der Sicherung
der Reichsgrenzen auch gegen die Churriter im Norden durchgesetzt hatte, besaß das
Königreich Hatti eine gleichberechtigte Stellung neben den Großmächten Ägypten und
Babylonien. Nach dem Tod von Suppiluliuma konnten die Hethiter ihr Großreich nur durch
ständige Kriegsführung aufrechterhalten. Während des 15. und 14. Jahrhunderts v. Chr. erweiterten sie ihre Gebiete im Westen bis zum Ägäischen Meer, im
Osten bis nach Armenien, im Südosten um den nördlichen Teil von Mesopotamien und im
Süden um das Land Syrien bis zur Grenze des heutigen Libanon.
Gegen Ende des 14. Jahrhunderts v. Chr. waren die Hethiter in mehrere Konflikte mit den Ägyptern
verwickelt. Die beiden Großmächte kämpften um die Kontrolle über Syrien. Dies führte
unter König Muwatalli (Regierungszeit um 1295 bis 1282 v. Chr.) zum Krieg mit dem ägyptischen Pharao Ramses II. Da die Schlacht bei Kadesch (1285 v. Chr.)
keine eindeutige Entscheidung bringen konnte, schloss der Hethiterkönig Hattusili III. (Regierungszeit um 1275 bis 1250 v. Chr.) einige Jahre später einen Friedensvertrag mit Ägypten, der
freundschaftliche Beziehungen zwischen Hethitern und Ägyptern begründete. Um 1200 v. Chr. stießen phrygische Stämme nach Anatolien und
die so genannten Seevölker" nach Syrien vor und vernichteten das
Hethiterreich.
Die hethitischen Stadtstaaten
Dem Untergang des
Reiches folgten Aufruhr und Kämpfe. Als Folge davon wanderten einige hethitische
Stadtstaaten, der berühmteste davon war Karkemisch, nach Südostanatolien und Nordsyrien
ab. Sie wurden von einer ethnisch gemischten Gruppe bevölkert, deren Mitglieder in erster
Linie aus der Bevölkerung des früheren Hethiterreiches und den ursprünglichen Bewohnern
von Hatti und Syrien bestanden. Ihre Herrscher benutzten die luwische Sprache, die in
Hieroglyphen geschrieben wurde. Im 10. Jahrhundert
v. Chr. wurden einige dieser Stadtstaaten von den
Aramäern erobert. Die restlichen Teile des Gebiets wurden um 715 v. Chr. von Sargon II. dem Assyrischen Reich als Provinzen angegliedert. Auch nach der
Eroberung von ganz Syrien durch die Assyrer behielt es den Namen Hatti bei.
Frühe Quellen und Texte
Die wichtigsten
Informationsquellen über die Frühzeit des Hethiterreiches sind ägyptische
Geschichtsbücher, besonders jene aus der Zeit der 19. Dynastie, und früheste Aufzeichnungen der Bibel, in
denen die Hethiter Söhne von Heth" genannt werden, was sich wohl auf den
Zeitraum der Hethiterkönigreiche bezieht.
1906 wurden bei
Ausgrabungen in der Nähe von Bogazköy die königlichen Archive der Hethiter entdeckt.
Diese Entdeckungen lassen Zweifel an der ägyptischen Geschichtsschreibung aufkommen. So
werden dort z. B. bestimmte Schlachten als Siege der Hethiter erwähnt, während sie in
ägyptischen Aufzeichnungen als ägyptische Siege verbucht werden. Die Entdeckung der
Archive war für die Historiker von besonderer Bedeutung, da sie dadurch nicht nur in die
Lage versetzt wurden, die hethitische Sprache zu entziffern, sondern auch aufschlussreiche
Informationen über die verschiedensten Aspekte der hethitischen Kultur, wie politische
Organisationen, Gesetzgebung, Religion und Literatur, gewinnen konnten.
Die meisten Texte, die in den Archiven gefunden
wurden, waren in hethitischer Sprache geschrieben, wichtige Verträge und Staatsdokumente
wurden jedoch in akkadischer Sprache, der überregionalen Sprache jener Zeit, abgefasst,
andere Texte in der hurritischen Sprache, die mit keiner bekannten Sprachgruppe verwandt
ist und im südöstlichen Anatolien und im nördlichen Mesopotamien gesprochen wurde. Die
Hethiter benutzten die Keilschrift, die sie von den Babyloniern übernommen hatten,
verwendeten jedoch auch ein System von Hieroglyphen, um eine Sprache zu notieren, die dem
Hethitischen verwandt war (möglicherweise ein Dialekt des Luwischen). Historische
Aufzeichnungen weisen auf eine hoch entwickelte Literatur der Hethiter hin.
Staat und Gesellschaft
Der hethitische
König war gleichzeitig oberster Priester, Heerführer und höchster Richter des Landes.
Während des Alten Reiches wurde er vom Pankus, einer Ratsversammlung von Adligen,
die später wieder aufgehoben wurde, unterstützt. Das Königreich wurde durch
Provinzstatthalter, die als Stellvertreter des Königs handelten, verwaltet. Gebiete
außerhalb des Königreiches wurden häufig als Vasallenkönigreiche mit formellen
Verträgen beherrscht.
Die hervorragendsten Leistungen der hethitischen
Zivilisation lagen auf den Gebieten der Gesetzgebung und der Justizverwaltung. Das
Gesetzbuch der Hethiter zeigte eine starke Beeinflussung durch die babylonische
Gesetzgebung, in der Rechtsprechung jedoch wurden mildere Strafen verhängt als bei den
Babyloniern. Die Todesstrafe oder Verstümmelungen wurden selten angewandt, obwohl sie
für die anderen ehemaligen Zivilisationen des Mittleren Ostens charakteristisch waren.
Die Rechtsprechung der Hethiter basierte vorrangig auf dem Prinzip der Wiedergutmachung
und nicht auf Vergeltung oder Rache.
Die ökonomische Grundlage des Hethiterreiches
bildeten Landwirtschaft und Viehzucht. Die reichen Vorkommen an Bodenschätzen wie Kupfer,
Blei, Silber und Eisen wurden zur Gewinnung und Verarbeitung von Metallen genutzt, deren
Techniken für diese Zeit weit entwickelt waren.
Religion, Kunst und Architektur
Die Hethiter verehrten verschiedene regionale Gottheiten.
Eine häufig vorkommende Wendung in Staatsdokumenten ist die Anrufung der tausend
Götter von Hatti", die bereits vor und während der Hethiterzeit in ganz Kleinasien
verehrt wurden. In ihrem Kult vermischten sich sumerische, babylonische, assyrische,
hurritische, luwische und weitere Einflüsse fremder Religionen.
Auch die Mythologie der
Hethiter spiegelte, ebenso wie ihre Religion, die Verschiedenheit kultischer Einflüsse.
Von besonderem Interesse sind bestimmte epische Gedichte, die Mythen mit babylonischen
Themen enthalten, deren Ursprung jedoch hurritisch ist. Sie handeln von mehreren
aufeinander folgenden Göttergeschlechtern, die das Universum regierten, und von einem
Ungeheuer, das die Herrschaft des letzten Götterkönigs herausforderte. Sie sind den
griechischen Mythen, die in der Theogonie (Entstehung der Götter) des griechischen
Dichters Hesiod enthalten sind, ähnlich und waren möglicherweise ihre Vorläufer. Wie
diese Mythen nach Griechenland gelangten, ist nicht eindeutig feststellbar,
möglicherweise wurden sie jedoch während der mykenischen Periode (um 1570 bis 1150 v. Chr.) übermittelt, in der mykenische
Griechen nachweislich bis Westanatolien reisten und mit dem von den Hethitern besetzten
Syrien Handel trieben. Aller Wahrscheinlichkeit nach gelangten hethitische
Kultureinflüsse ins Ausland und blieben in Anatolien teilweise bis zur Ankunft der Römer
in Kleinasien (190 v. Chr.)
erhalten, als Göttergestalten wie die Große Mutter und der Wettergott noch immer verehrt
wurden.
Die Kunst und
Architektur der Hethiter war von nahezu allen bekannten zeitgenössischen Kulturen
(besonders der babylonischen) Vorderasiens beeinflusst. Trotzdem erreichte sie einen
eigenständigen Stil, der ihre Kunst unverwechselbar charakterisiert. Ihre Baumaterialien
bestanden im Allgemeinen aus Stein und Ziegeln, daneben wurden auch Säulen aus Holz
verwendet. Ihre gewaltigen Paläste, Tempel und Befestigungsanlagen wurden häufig mit
komplizierten Reliefs an Wänden, Toren und Eingängen geschmückt. Außerdem sind
Beispiele einer hoch entwickelten Keramikkunst überliefert.
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