Kleinasien (in der Antike Asia Minor), Region
in Vorderasien, die etwa den asiatischen Teil der Türkei bzw. Anatolien umfasst und damit
dem festländischen Gebiet zwischen Schwarzem Meer, Marmarameer, Ägäischem Meer und
östlichem Mittelmeer entspricht. In Kleinasien wurden einige der ältesten neolithischen
Siedlungen des Nahen Ostens gefunden. Eine der bedeutendsten war die in der Nähe von
Çatal Hüyük, in der Nähe des heutigen Konya; sie entstand bereits um 9000 v. Chr.
Dort gemachte Funde zeugen von einem für die damalige Zeit sehr hohen Kulturniveau.
Frühe Besiedlung
In der Bronzezeit war die
Kultur der Hethiter zwischen 1900 und 1200 v. Chr. die
bedeutendste in Anatolien; sie hatte ihren Ursprung in der zentralen Hochebene. Zur Zeit
seiner größten Ausdehnung erstreckte sich das Reich der Hethiter fast über ganz
Kleinasien und rang mit Ägypten um die Macht im Nahen Osten. Das Reich wurde schließlich
von Seevölkern zerstört, die gegen Ende des 12. Jahrhunderts v. Chr. in Kleinasien und Syrien einfielen. In dieser
Zeit der Invasionen wurde wahrscheinlich auch die westanatolische Stadt Troja zerstört (siehe
ägäische Wanderung).
Die Phryger, eines dieser
Seevölker, errichteten ein Königreich, das im 9. und 8. Jahrhundert
v. Chr. zur vorherrschenden Macht in Anatolien wurde. Deren König Midas sagten die
Griechen nach, alles was er berührte, würde sich in Gold verwandeln. Die hethitische
Kultur überlebte bis um 700 v. Chr. in Karkemisch, Milid (heute Malatya, Türkei)
und anderen Kleinstaaten im östlichen Kleinasien. Etwa gleichzeitig gründeten die
Griechen Milet, Ephesos, Priene und eine Anzahl weiterer Städte in Ionien, dem Gebiet
entlang der kleinasiatischen Ägäisküste. Um 700 v. Chr. wurde das Phrygerreich von
dem Nomadenvolk der Kimerier überrannt und zerstört, die sich dann im westlichen
Kleinasien niederließen. Im 7. Jahrhundert v. Chr. erschienen auch die Lydier
in der Nähe der ägäischen Küste und gründeten dort ein Königreich mit der Hauptstadt
Sardes. Griechischen Schriftstellern zufolge waren sie das erste Volk, das Geldstücke
prägte (siehe Münze). Ihr letzter König war Krösus, bekannt für seinen
sagenhaften Reichtum. Er wurde von den Persern unter Kyros dem Großen 546 v. Chr. gestürzt.
Fremdherrschaft
Von der Mitte des 6. Jahrhunderts bis 333 v. Chr. gehörte der größte Teil
Kleinasiens zum Persischen Reich, wobei die griechischen Städte in Ionien vielfach
weitgehende Selbständigkeit besaßen. Die Macht der Perser in Kleinasien ließ im
4. Jahrhundert v. Chr. allmählich nach und wurde ab 333 v. Chr. durch das
Makedonische Reich Alexanders des Großen abgelöst. Allmählich begannen sich Sprache und
Kultur der Griechen in ganz Kleinasien durchzusetzen. Nach dem Tode Alexanders teilten
seine Nachfolger das Reich unter sich auf: Kleinasien fiel an die syrischen
Seleukidenkönige, Lykien und Karien an der Südküste an die Ptolemäer aus Ägypten. Im
3. Jahrhundert v. Chr. wurden Bithynien und Pontos im Norden sowie Kappadokien
im Osten unabhängig. In den zentralen Teilen von Kleinasien siedelten keltische
Eindringlinge; ihr Gebiet nannte sich Galatien. An der ägäischen Küste bildete sich das
Königreich Pergamon. Im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. eroberten die Römer nach und nach Kleinasien; unter ihrer
Herrschaft prosperierte die Gegend, und ihre Städte hatten als Zentren griechischer
Kultur eine Blütezeit.
Mittelalter und Neuzeit
Nach der Teilung des
Römischen Reiches im 4. Jahrhundert n. Chr. fiel
Kleinasien an das Oströmische oder Byzantinische Reich. Dessen Hauptstadt Konstantinopel
oder Byzanz lag auf der europäischen Seite des Bosporus, gegenüber der Westküste
Anatoliens. Während des 8. und 9. Jahrhunderts stellten die freien Bauern Anatoliens
Rekruten für das Heer des Reiches und wurden damit zum wichtigsten Bollwerk des
byzantinischen Staates. Im 11. Jahrhundert fielen die Seldschuken in Kleinasien ein,
und im 14. und 15. Jahrhundert eroberten die Osmanen dann die gesamte Halbinsel. Bis
zur Gründung der Republik Türkei im Jahr 1923 blieb Kleinasien Teil des Osmanischen
Reiches.