Spanien, Frankreich und Italien
gegen den spanischen antifaschistischen Widerstand
Von Edmondo Dantez
Am 18. Juli begannen Spanien, Frankreich und
Italien eine gemeinsame Offensive gegen den spanischen antifaschistischen
Widerstand, der weit über das normale, als "Kampf gegen den Terrorismus"
der Grapo (Grupos de Resistencia Antifascista Primero de Octubre) apostrophierte
Vorgehen hinausging, und übertrafen sich vorläufig mit der Verhaftung
von 19 Personen und den Überfällen auf zahlreiche Wohnungen und
Lokale antirepressiver Vereinigungen selbst.
An diesem Tag, den die spanische Rechte seit 1936 als Beginn ihres "heiligen
Kreuzzugs gegen den Kommunismus" feiert, gab der spanische Innenminister Angel
Acebes (ein Rechtsaußen der PP) der Guardia Civil den Auftrag, gemeinsam
mit den französischen Renseignement Généraux eine Operation
gegen die immer und überall "unverschämten Antifaschisten" zu beginnen.
Diese repressive Aktion wird der öffentlichen Meinung durch die bürgerliche
Presse als prophylaktische Maßnahme gegen die Spitze der terroristischen
Bande Grapo verkauft, antifaschistische Widerstandsgruppen, die sich deshalb
"Erster Oktober" nennen, weil sie an diesem Tag im Jahre 1975 zum ersten
Mal bewaffnet gegen die Diktatur Francos in Erscheinung getreten sind, während
diese mit einem Aufmarsch ihrer Anhänger vor dem Königlichen Palast
die Hinrichtung von fünf Antifaschisten feierte.
Ein Arsenal aus zwei Pistolen
Doch bei nur fünf der 14, die am 18. Juli verhaftet worden sind, geht
selbst der spanische Staat davon aus, dass sie vermutlich Mitglieder der Grapo
sind. Und nur bei zweien von diesen, informierte der Innenminister, fand
sich eine Pistole, und zwar bei Jesús Merino del Viejo und Fernando
Pérez López, die beide in Madrid verhaftet wurden und dort einsitzen.
(In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass es sich bei Fernando Pérez
López um einen Undercover-Agenten der Guardia Civil handelt.) Bei
Marcos Martín Ponce, dem die Polizei vorwirft, Mitglied des Zentralkommandos
der bewaffneten Organisation zu sein, und bei Gema Rodríguez Miguel,
beide in Paris verhaftet und gefangen gehalten, fand man keinerlei Waffe
oder Sprengstoff. Dasselbe war der Fall bei Maria José Banos Andújar,
den man in Vitoria verhaftete und der in Madrid einsitzt.
Die Grapo beanspruchen, eine für alle Antifaschisten offene Organisation
zu sein. Obwohl die Mehrheit ihrer Mitglieder immer aus den Reihen der kommunistischen
Bewegung kam, war es durchaus auch möglich, Anarchisten oder Autonome
in ihren Reihen zu finden sowie Leute, die sich in erster Linie als Antifaschisten
verstehen. In den letzten Jahren ging ihre Aktivität merklich zurück,
sie beschränkten sich fast ausschließlich auf kleine Aktionen wie
Überfälle, "um die Kontinuität und die Verstärkung zu
garantieren", um an Geld zu kommen, oder kleinere Sprengstoffattentate, um
Arbeiterkämpfe und soziale Forderungen aus der Arbeiterschaft zu unterstützen.
Wie sie in einem Interview vom letzten Januar bekräftigten, ist es das
Ziel ihrer bewaffneten Aktivität, die Entwicklung einer Arbeiterbewegung
und einer sozialen Massenbewegung zu unterstützen, die radikal genug
ist, um gegebenenfalls einer erneuten, offen faschistischen Welle gegenüberzutreten.
Das letzte tödliche Attentat gegen einen Polizisten, das sie als "außergewöhnliche
Tat in Zusammenhang mit der eskalierenden Repression des Regimes" erklärten,
fand im November 2000 statt. Die Regierung versuchte daraufhin, die "Polizei
der Nähe" zu etablieren, deren Aufgabe darin bestehen sollte, die Bewohner
eines jeden Gebäudes in jeder Straße in jedem Viertel in jeder
spanischen Stadt kennen zu lernen und sich mit ihnen "familiär zu machen".
Eine störende Partei
Aber die Polizeioperation richtete sich nicht allein und vor allem gegen
die Grapo. So wird einem Teil der restlichen neun Verhafteten vom 18. Juli
einer vermuteten Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei Spaniens (rekonstruiert)
- PCE(r) - beschuldigt, bei den anderen exxistieren bis heute keine Organisationsangaben.
In Paris wurden Josefina García Aranburu und Xoaquin Garrido González
verhaftet und sitzen seitdem ein; beide sind Kommunisten, die bereits 20 Jahre
im Gefängnis verbracht hatten. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglieder der
Politischen Kommission des Zentralkomitees der PCE(r) zu sein; Marcos Regeira
Fernández und Belén López Calderón werden beschuldigt,
zur Kommission der Organisation des ZKs im Ausland zu gehören.
Außerdem wurde der 62-jährige José Hierro Chomón
verhaftet, der auf den Werften von Vigo unter den dort beschäftigten
Arbeitern eine große Rolle spielte und im Juni 1975 die PCE(r) mitbegründete.
Hierro Chomón war schon mehr als ein Mal im Gefängnis. Zum ersten
Mal 1971, als man ihm vorwarf, einer der Anführer des Generalstreiks
in Vigo gewesen zu sein. Das letzte Mal 1980, eineinhalb Jahre nachdem es
ihm gelungen war, aus dem Gefängnis von Zamora zu entfliehen. Dort war
er im August 1977 wegen Mitgliedschaft in den Grapo (denen er sich Ende 1975
angeschlossen hatte) eingeliefert worden. Gleichzeitig soll er an der Entführung
des Generalleutnants Emiliano Villaescusa, des damaligen Vorsitzenden des
Kriegsgerichtshofes, beteiligt gewesen sein. Mit dieser Entführung wollten
sie von der Regierung, die sich nach Francos Tod gebildet hatte, eine Amnestie
für und die Freilassung aller antifaschistischen Gefangenen erzwingen.
Im Oktober 1977 hat es diese Amnestie gegeben; sie galt für alle politischen
Gefangenen mit Ausnahme der Gefangenen aus den Grapo, unter ihnen Hierro Chomón.
Die Verhandlung, die nicht sein durfte
Als die Regierung und gefangene Mitglieder von PCE(r) und Grapo 1996 versuchten,
Verhandlungen aufzunehmen, war Hierro einer der Repräsentanten, den die
Gefangenen gewählt hatten. Er und seine Genossen sprachen sich damals
für eine Beendigung der Grapo-Aktivitäten und sogar für die
Auflösung der Grapo aus - unter bestimmten Bedingungen, die die Vertreter
der Regierung, Agenten des Cesid (militärischer Informationsdienst),
grundsätzlich für akzeptabel und realisierbar erachteten. Von anderen
Bedingungen mit sozialem Charakter abgesehen, forderte man die schrittweise
Freilassung der Gefangenen innerhalb eines Jahres und das Recht für die
PCE(r), ihre politischen, kommunistischen Ideen legal und frei zu verbreiten
und zu verteidigen, ohne dafür verfolgt, gefoltert und gefangen genommen
zu werden. Aber im letzten Moment zog sich die Regierung von ihren eigenen
Vorschlägen zurück und stellte eine unerfüllbare Bedingung:
die Freilassung des entführten Geschäftsmannes und Honorarkonsuls
von Guatemala, Publio Cordón. Dass diese Forderung unerfüllbar
war, wusste die Regierung von vornherein, denn dazu hatte sie Informationen
aus erster Hand. Diese wurden ihnen von einem Polizisten geliefert, den man
in eines der Kommandos eingeschleust hatte und der dessen Verhaftung verursachte:
Die Grapo hatten Publio Cordón bereits freigelassen, nachdem sie das
Lösegeld kassiert hatten. Publio Cordón war nach seiner Freilassung
freiwillig verschwunden. Einige Monate später bestätigte ein Geschäftsmann,
der mit diesem in geschäftlichen Beziehungen gestanden hatte, auf Radio
Cope, dass er ihn in der Halle eines Hotels in Santo Domingo, Dominikanische
Republik, gesehen hatte.
Zur gleichen Zeit, als sie diese Bedingung formulierte, stoppte die Regierung
den bereits begonnenen Prozess der Verlegungen und Zusammenlegung der Gefangenen
abrupt, der die Teilnahme der Gefangenen an den Verhandlungen hatte erleichtern
sollen. Das bedeutete die Rücknahme der bereits erfolgten Übereinkünfte
und die Beendigung der Verhandlungen durch die Regierung. Diese Tatsache wurde
von den Gefangenen beider Organisationen der Öffentlichkeit mittels einer
Presseerklärung mitgeteilt.
Die Tatsache, dass Hierro Chomón einer der Wortführer in diesen
Verhandlungen gewesen war, ließ die Experten des Innenministeriums denken,
dass er nach der Beendigung seiner 18-jährigen Haft im Jahr 1989 zu
Hause bleiben würde, wie die Zeitung "La Voz de Galicia" berichtete.
Aber scheinbar verließ er es zu Beginn des Jahres 2001. Aktuell wird
ihm vorgeworfen, zum ZK der PCE(r) zu gehören, "obwohl er selbst weder
vor der Polizei noch vor dem Richter irgendeine Mitgliedschaft zugegeben hat".
Verhaftungen in Madrid
Zur gleichen Zeit, als Hierro in Paris verhaftet wurde, wurden in Madrid
die vermeintlichen Mitglieder der PCE(r) Aurora Cayetano Navarro, eine Kommunistin,
die schon 20 Jahre im Gefängnis verbracht hat, und Yolanda Fernández
Caparrós verhaftet, die man beschuldigt, zur Kommission der Organisation
im Innern des Zentralkomitees der Partei zu gehören, sowie Maria Angeles
Ruiz Villa, die jede Mitgliedschaft abgestritten hat, und Israel Monleón
Martinez. Letzterer wurde später gegen eine Kaution auf freien Fuß
gesetzt.
Obwohl die PCE(r) niemals andere Waffen benutzt hat als die Analyse und
die Kritik, die auf dem von Marx entwickelten dialektischen Materialismus
beruhen, hat die spanische Regierung beschlossen, dass diese Partei und die
Grapo als Bestandteile ein und derselben "terroristischen Organisation" angesehen
und verurteilt werden müssen. Die Presse hat die Aufgabe übernommen,
diese These zu verbreiten und zu "legitimieren". Um nur zwei der wichtigsten
spanischen Tageszeitungen zu zitieren: Die Schlagzeile des Titelblattes von
"El Mundo" vom 19. Juli lautete: "Die Guardia Civil zerstört die aktuelle
Führungsriege der Grapo und zwei Kommandos, die bereit sind loszuschlagen".
Oder das Titelblatt von "El País" am selben Tag: "Die französische
Polizei und die Guardia Civil setzen die neue Grapo-Spitze außer Gefecht".
Diese Desinformationspolitik, die den Gedanken zu verbreiten sucht, dass beide
Organisationen dasselbe sind, ist nicht neu. Betrieben wird sie seit mehr
als 25 Jahren, obwohl kein Richter diese These jemals hat bestätigen
können. Bis heute mussten sie sich auf die unterschiedlichsten Anschuldigungen
stützen, um PCE(r)-Mitglieder verurteilen zu können, von der üblichen
"Apologie des Terrorismus" über "hat einen Baum zum Barrikadenbau abgeholzt"
bis hin zu "hat daran gedacht, ein Delikt zwecks Unterwanderung des Staates
zu begehen". Diese Anschuldigungen haben in Verbindung mit den "Antiterrorismusgesetzen"
immer langjährige Haftstrafen für die Betroffenen bedeutet. Obwohl
alle Dokumente, die die Polizei bei den diversen Verhaftungen beschlagnahmt
hat, immer wieder bestätigt haben, dass PCE(r) und Grapo zwei voneinander
unabhängige Organisationen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Methoden
sind, hat die spanische Regierung jetzt Richter gefunden, die ihre These
bereitwillig übernahmen, um die Mitglieder sowohl der einen als auch
der anderen Organisation als Mitglieder ein und derselben "terroristischen
Bande" zu verurteilen.
Gleichmäßige Verteilung der Repression
Diese These, mit der man so die Repression demokratisch gerecht auf alle
verteilen möchte, ist zweifelsohne nicht mehr als die vorletzte Stufe
der repressiven Eskalation: Zuerst haben sie den Namen der alten franquistischen
Gesetze von "Repression gegen Banditentum, Kommunismus und Verschwörung"
in "Antiterroristisches Gesetz" umgeändert, das sich theoretisch allein
gegen bewaffnete Organisationen richtet. Danach schufen sie die juristische
Figur der "Apologie des Terrorismus", die den Aktionsradius der Repression
denen gegenüber erweiterte, die unter Umständen Gewalt gegen den
Staat öffentlich verteidigten (gegen den kapitalistischen Staat, nicht
gegen sozialistische Staaten oder gegen Staaten wie das sandinistische Nicaragua
usw.). Und jetzt . . . Gut, Aznar hat es schon gesagt: "Wir machen die Terroristen
fertig, und alle, die sie unterstützen, und alle, die die Absicht hegen,
das zu tun, und alle, die mit ihnen sympathisieren, und später sehen
wir weiter."
Diese Aussage und das "Später sehen wir weiter" ist besonders bedrohlich.
Die Liste derjenigen, die man als Terroristen betrachten kann, ist solchermaßen
offen, dass man ihr "je nach Belieben und Notwendigkeit" Namen hinzufügen
kann. Auf diese Art und Weise können sie nicht nur jede störende
politische Partei wie die PCE(r) kriminalisieren, sondern auch Aktivisten
von Solidaritätskomitees und antirepressiven Organisationen als Mitglieder,
Kollaborateure und Sympathisanten verfolgen und verurteilen sowie diejenigen,
von denen man vermutet, dass sie Sympathisanten sind. Diese repressive Politik
wird schon umgesetzt. Die letzten Fälle sind der von Antonio Lago Iglesias,
der am 21. Juli in Paris verhaftet wurde, und der von Elizabetta Lasagne,
die am darauffolgenden Tag verhaftet wurde, als sie im französischen
Innenministerium vorstellig wurde, um sich nach der Situation ihres Mannes
- Lago Iglesias - zu erkundigen; der von LLeoncio Calcerrado Fornieles und
Carmen Munoz Martinez, beide am 22. Juli in Madrid verhaftet, sowie der von
Claudio C., verhaftet am 24. Juli in Vicenza, Italien.
Verfahren gegen die PCE(r) in Paris
Nach Polizeiinformationen war die Reise von Lago nach Paris die Spur, die
sie zum Aufenthaltsort und zur Verhaftung von verschiedenen vermeintlichen
PCE(r)- und Grapo-Mitgliedern führte. Das ist unwahrscheinlich, da die
Polizei prinzipiell nie sagt, welche Spuren sie verfolgt und wie sie sie fand.
Antonio Lago, 45 Jahre alt, ein ehemaliger Werftarbeiter, wohnt seit seiner
Freilassung nach einer 20-jährigen Haftstrafe wegen antifaschistischer
Aktivitäten in der Endphase des franquistischen Regimes in Rom. Wie seine
Ehefrau, Elizabetta Lasagne ist er Mitglied eines Komitees von Afapp (Asociacion
de Familiares y Amigos de los Presos Politicos - Verband der Angehörigen
und Freunde der politischen Gefangenen) zum Aufbau einer italienischen Sektion
der Internationalen Roten Hilfe. Seit zwei Monaten war er in Paris, um mit
den verpflichteten Anwälten die Kampagne gegen das Verfahren gegen die
fünf PCE(r)-Mitglieder (unter ihnen ihr Generalsekretär Manuel
Pérez Martinez) und die zwei vermeintlichen Grapo-Mitglieder zu führen,
die seit November 2000 in Gefangenschaft in der französischen Hauptstadt
einsitzen.
Dass Lago Iglesias wie andere ehemalige politische Gefangene in Paris an
der Kampagne gegen das Verfahren gegen die sieben spanischen Revolutionäre
beteiligt war, ist der besonderen Bedeutung dieses Verfahrens geschuldet.
In diesem muss der Richter Bruguière nicht über irgendein Delikt
urteilen, denn die Angeklagten haben auf französischem Boden überhaupt
kein Delikt verschuldet. Gegen die Aktivisten der PCE(r) sind auch in Spanien
keine Anklagen offen. Die Aufgabe des Richters besteht darin, festzustellen,
dass es sich bei PCE(r) und Grapo um ein und dieselbe terroristische Organisation
handelt.
Seit 1975 sind in Spanien bald 4000 Aktivisten und Sympathisanten dieser
Partei verhaftet worden. Bis 1991 war die PCE(r) "alegal", also weder legal
noch illegal. In einem Gerichtsurteil von diesem Jahr wurde diese Partei zum
ersten Mal für illegal ("Asociacíon ilícita") erklärt,
obwohl noch zwischen ihr und den Grapo differenziert wurde. Jetzt ist man
in Paris bereit, diese kommunistische Partei auf internationaler Ebene vollständig
und endgültig zu kriminalisieren.
Der erste Schlag gegen die Komitees für eine Internationale
Rote Hilfe
Die Afapp-Komitees für eine IRH entwickelten eine Kampagne gegen dieses
Verfahren, an der Lago Iglesias sich beteiligte. Die Polizei hatte Lago Iglesias
bereits wegen seiner solidarischen Aktivitäten für die politischen
Gefangenen auf dem Kieker, als die italienische Presse im Mai 2000 und erneut
im Juni 2002 die Behauptung verbreitete, dass er mit den neuen Roten Brigaden
und mit allen bewaffneten Organisationen in Europa in Verbindung stünde.
Einen ähnlichen Fall gab es in Madrid, als am 22. Juli Leoncio Calcerrada
und Carmen Munoz Martinez verhaftet wurden, beide Mitglieder des Madrider
Afapp-Komitees für eine IRH. "El Mundo" schrieb in ihren "Informationen"
über diese Verhaftungen am 25. Juli die Schlagzeile: "Die Grapo wollten
Attentate gegen Polizisten begehen und Geldtransporter sowie Spielhallen überfallen."
Der Inhalt des Artikels entspricht hingegen nicht diesem Titel. Im Gegenteil
musste sich "El Mundo" im selben Artikel selbst widersprechen, indem die
Zeitung anerkennen musste, dass die Verhafteten "vor dem Richter jede Mitgliedschaft
in den Grapo und in der PCE(r) abgestritten hatten". Auf diese Art und Weise
sandte man der Antirepressions- und Solidaritätsbewegung die Botschaft,
dass ihre Aktivitäten von den neuen Antiterrorismusgesetzen nicht geduldet
werden.
Erweiterung der Terrorismusdefinition
Die Definition des Terrorismus, die die Regierung bestimmt, wurde mit der
Zeit erweitert. Das Ausmaß dieser Erweiterung machen uns die Worte des
Vizepräsidenten der spanischen Regierung, Mariano Rajoy, deutlich. Am
30. Juli versicherte er während eines Seminars "Terrorismus und Kommunikation"
in der Internationalen Universität Menéndez Pelayo in Santander,
dass die Gewalt auf den Straßen sich verringert habe, "seit sie als
terroristisches Verbrechen betrachtet wird". Jeder, der aus einer Demonstration
heraus einen Stein wirft, kann also wegen Terrorismus beschuldigt und verurteilt
werden. Es ist nicht erstaunlich, dass sich Arbeitergruppen und ihre Aktionen
immer häufiger in der Presse dem Vorwurf des Terrorismus ausgesetzt sehen.
So wurde die Aktivität der Streikposten der Transportarbeiter auf den
Balearen im letzten Herbst als "gewerkschaftlicher Terrorismus" bezeichnet
und der Pilotenstreik bei Iberia als "Standesterrorismus".
Eine grundlegende Rolle in dieser repressiven "antiterroristischen" Politik
spielt die Presse. Sie hat die Aufgabe, die Definitionen und die Terminologie
zu verbreiten und für ihre Akzeptanz zu sorgen, die die Desinformationsspezialisten
des Innenministeriums prägen. Ein Teil dieser Spezialisten sind bekannte
Journalisten wie zum Beispiel Juan Tomás de Salas, der jahrelang Chefredakteur
von "Diario 16" war. Sein Handbuch über psychologische Kriegsführung
wird immer noch als Textbuch in den Polizei- und Militärakademien benutzt.
In Beziehung zu dieser Rolle der Presse forderte Ex-Innenminister Mariano
Rajoy im besagten Seminar ein weiteres Mal, dass die Presse "gemäß
den Richtlinien handle, die die Regierung zum Thema Terrorismus vorgegeben
hat, und dass sie sich nicht gegen die polizeilichen, gesetzlichen und pädagogischen
Maßnahmen wende". Das schrieb die Tageszeitung "La Voz de Galicia" am
31. Juli. Seit langem weiß man, dass hohe Beamte des Innenministeriums
einschließlich der Minister selbst sich regelmäßig und heimlich
mit einflussreichen Journalisten von unterschiedlichen Medien treffen, um
sie über die (Des-)Informationslinie zu belehren, die diese auf jeden
Fall befolgen sollen.
Repression gegen die internationalistische Solidarität
Aber die spanische Regierung will nicht nur jeden antifaschistischen Widerstand
im Innern eliminieren. Auch die internationalistische Solidarität will
sie nicht zulassen. Von daher griff der repressive Feldzug am 24. Juli nach
Italien über. Am Morgen dieses Tages wurde Claudio C. im Bahnhof von
Vicenza als Mitglied der italienischen Sektion der IRH verhaftet. Claudio
war in Begriff, nach Paris zu fahren, um den zuvor verhafteten Antifaschisten
beizustehen. Zur gleichen Zeit führte die politische Polizei Italiens
(Digos) eine Razzia in sieben Wohnungen und Lokalen von Afapp/IRH-Mitgliedern
in Vicenza und Padua durch. Eine Razzia, die sich am folgenden Tag auf Wohnungen
und Lokale in Bologna, Triest, Venedig, Udine, Treviso und Rom erstreckte.
Dem spanischen Beispiel folgend, versuchten italienische Polizei und Presse
die Repression gegen die solidarischen italienischen Antifaschisten mit dem
Vorwand vom "Kampf gegen den Terrorismus" zu bemänteln. Die Taktik, den
antifaschistischen Widerstand mit einem bestimmten Bild zu präsentieren,
das die Rechtfertigung seiner Unterdrückung erleichtern soll, ist auch
in Italien nicht neu. Es reicht aus, sich daran zu erinnern, wie sie in Genua
das Bild von einem "schwarzen Block" schufen, um die Polizeirepression gegen
die konsequenteren Sektoren der Antiglobalisierungsbewegung zu rechtfertigen.
Repressive Reise ohne Rückkehr
Die repressive Tendenz, die man in Spanien beobachtet, liegt nicht an konjunkturellen,
sondern strukturellen Problemen. Auf der einen Seite interveniert Spanien
militärisch immer öfter im Ausland, um sich die internationale Unterstützung
zu sichern, die es braucht, vor allem der USA, um seinen ökonomischen
Appetit in Lateinamerika und im Maghreb (wo Spanien insbesondere in Marokko
und in der Westsahara mit den Interessen Frankreichs kollidiert) zu befriedigen.
Bei der momentanen Neuverteilung der Welt ist die Portion, die die spanischen
Monopolisten antreibt, ziemlich bescheiden, aber gleichzeitig von vitaler
Bedeutung für seine Finanzinteressen. Deshalb sind sie entschlossen,
ein ruhiges Hinterland zu schaffen. Während man die Antiterrorgesetze,
die Parteiengesetze, die Immigrationsgesetze umsetzt, reorganisieren sich
die militärischen Regionen und werden die polizeilichen und militärischen
Informationsdienste im Centro Nacional de Inteligencia zentralisiert und die
"militärischen Spezialeinheiten für Krisenfälle, für große
soziale Unruhen und für die Unterstützung der Sicherheitskräfte
konzentriert."
Auf der anderen Seite ist Spanien eines der EU-Ländern, das am stärksten
von der ökonomischen Krise betroffen ist. Die Schwäche der ökonomischen
Strukturen verpflichtet den Staat, Mittel zu ergreifen, um immer härtere
und antipopuläre Antikrisenmaßnahmen einzusetzen - so Arbeitsgesetze,
die den letzten Generalstreik vom 20. Juni zur Folge hatten. Diese Maßnahmen
rufen gleichzeitig ein schnelles und spürbares Anwachsen einer sozialen
Spannung hervor, die sich immer öfter gewalttätig entlädt.
Während des erwähnten Streiks ereigneten sich "mehr als 1000 Zwischenfälle"
gewalttätiger Art, einschließlich der "Gebrauchs von selbst gemachten
Bomben, Brandbeschleunigern und Feuerwerkskörpern" ("El Mundo" vom 21.
Juni). Aber der Staat kann weder auf diese Antikrisenmaßnahmen verzichten
noch verhindern, dass die Verzweiflung und der soziale Widerstand zunimmt.