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Jahreswechsel |
Heute im Stadtrat: Entscheidung über MahnmalErinnerung an die Brandnacht vom 17. Dezember 1988 - Bleibt die CSU-Fraktion bei ihrer klaren Ablehnung?VON CLEMENS HÖSAMER Schwandorf. Es war die schwerste Brandkatastrophe in der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Fatma (43), Osman(50) Can und ihr zwölfjähriger Sohn Mehmet sowie der Schwandorfer Jürgen Hübener (47) verloren am 17. Dezember 1988 ihr Leben im "Habermeierhaus". Der damals 19jährige Rechtsradikale Josef Saller hatte den verheerenden Brand gelegt. Das Gedenken an diese Tat bereitet der Stadt Schwierigkeiten. Ein Mahnmal am Tatort sollte es geben - heute stimmt der Stadtrat endgültig darüber ab, ob es errichtet werden darf. Eine schier unerträgliche Diskussion über das Für und Wider dieses Denkmals, das auf der Grünfläche vor dem ehemaligen "Habermeierhaus" errichtet werden soll, hatte es vor dem zehnten Jahrestag des Verbrechens gegeben. Das "Bündnis gegen Rechts", voran die parteilose Stadträtin Irene Maria Sturm, hatte einen entsprechenden Antrag gestellt. Vor allem die CSU-Mehrheitsfraktion hatte sich klar gegen das Mahnmal ausgesprochen. Mit Argumenten, die teils für Kopfschütteln sorgten. CSU Will keinen WallfahrtsortMan wolle kein Mahnmal für ein "normales Verbrechen", schließlich gebe es in Schwandorf keine rechtsradikale Szene. Ferner solle kein Wallfahrtsort für Neonazis geschaffen werden, hieß es seitens der Fraktion. Mithin habe eine Unterschriftenaktion, die Sturm ins Leben gerufen hatte, gezeigt, daß sich nur eine Minderheit der Schwandorfer für ein Mahnmal ausspreche. Aus CSU-Reihen war auch die Befürchtung laut geworden, daß das Mahnmal eher dem Täter ein Denkmal setze denn den Opfern. Weiteres Argument: Bei anderen Gewaltverbrechen setze die Kommune auch kein Mahnmal, es wäre also ungerecht, in diesem Falle eines zu errichten, den Opfern anderer Gewalttaten dies aber nicht zukommen zu lassen. Die SPD hatte sich zwar nicht von Anfang an, dann aber doch einmütig für ein Mahnmal ausgesprochen. Im Hauptausschuß vom 9. Dezember des vergangenen Jahres war der Antrag Sturms auch gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt worden. Bereits vorher war ein Eilantrag Sturms zu diesem Thema abgeschmettert worden, weil einhellig die Meinung vorherrschte, die Sache sei nicht so eilig, daß sie der sofortigen Entscheidung bedürfe. Damit war klar daß bis zum 17. Dezember, dem Jahrestag, kein Stein auf dem Schlesierplatz errichtet wird. Das "Bündnis gegen Rechts" indes errichtete ein symbolisches Mahnmal aus Pappe, das am geplanten Standort aufgestellt wurde. Von der Form her entsprach es dem Stein, der bereits bei einem Schwandorfer Steinmetz gefertigt wurde und vom "Bündnis gegen Rechts" in Auftrag gegeben worden war. OB fühlte sich "getäuscht"Wie erwähnt, hatte das Bündnis auch eine Unterschriftenaktion initiiert, rund 400 Autogramme wurden gesammelt und schließlich auch Oberbürgermeister Hans Kraus übergeben. Der jedoch sah sich "getäuscht", wie es wenig später in einer Presseerklärung hieß. Denn nur 50 der Unterschriften hätten von Schwandorfern gestammt, hieß es als Begründung. Selbst überregionale Medien wie die ,,Süddeutsche Zeitung" und der ,,Bayerische Rundfunk" hatten mittlerweile von dem Zwist in der Großen Kreisstadt Wind bekommen und mit teilweise bitteren Kommentaren reagiert. Einhellige Meinung: Durch die Ablehnung des Mahnmals werde der Stadt ein schlechter Dienst erwiesen. Besonders die Argumentation, daß es in Schwandorf keine rechtsradikale Szene gebe oder gegeben habe, erweist sich zumindest als fragwürdig. Denn die Gerichtsprotokolle sprechen eine andere Sprache, auch das Urteil gegen Josef Saller, das von Ausländerhaß als Motiv ausging. Zwölfeinhalb Jahre Haft hatte die Strafe gelautet. Damit ist Fakt, was der Stadt möglichst nicht als Makel anhaften soll: Schwandorf war der Beginn jener unseligen Serie von Brandstiftungen, wie sie in Mölln oder Solingen stattgefunden haben. Nun ist es am Stadtrat, darüber zu entscheiden, ob der Stein mit den Namen der vier Toten auf dem Grünstreifen aufgestellt werden darf. Ganz abgesehen vom Ausgang ist zu hoffen, daß die Diskussion dem sensiblen Thema gerecht wird. [Bild: 21. Dezember 1998: Rund 400 Menschen demonstrierten friedlich gegen Neonazis und gedachten der Opfer des Brandanschlag auf das "Habermeierhaus".] Der Neue Tag Schwandorf, 02.03.1999 |