Gegen das Vergessen

Bündnis gegen Rechts

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Jahreswechsel
2000/2001:
Drohungen und
rechte Gewalt
in der
Oberpfalz

Es wird kein Mahnmal geben

Stadtrat: CSU und Dr. Hans Zilch (FW) gegen Errichtung vor dem Habermeierhaus

Schwandorf. (ch) Vor dem "Habermeierhaus" wird kein Mahnmal für die Opfer der Brandkatastrophe vom 17. Dezember 1988 geben. Der Stadtrat hat in seiner gestrigen Sitzung den Nachprüfungsantrag der SPD mit den Stimmen der CSU-Fraktion und UW-Stadtrat Dr. Hans Zilch abgelehnt. Vorangegangen war eine Debatte von ungewöhnlicher Schärfe, in der die bekannten, konträren Meinungen heftig aufeinanderprallten.

Volle Zuhörerränge, ein großes Medienaufgebot: Die Diskussion um das Mahnmal vor dem Habermeierhaus hat Wellen geschlagen. Diese werden nach der Debatte am Dienstag abend nicht unbedingt verflachen. Oberbürgermeister Hans Kraus eröffnete die Debatte mit seinem bekannten Standpunkt: Persönlich sei er gegen das Mahnmal, weil "wir eine Wallfahrtsstätte für radikale Gruppen nicht brauchen".

"Entscheidung so nicht richtig"

Helmut Hey, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, stellte dagegen fest: "Wir meinen, daß die Entscheidung des Hauptausschusses so nicht richtig ist". Dieser Ausschuß hatte die Errichtung abgelehnt (wir berichteten). Es gehe nicht darum, so Hey, einen Sammelpunkt für Radikale zu schaffen. Thema sei, an diese "schändliche Tat zu ermahnen". "Jeder, der demokratisch gesinnt ist, sollte seine Abscheu ausdrücken. Man muß den Anfängen wehren."

Sein CSU-Pendant Uwe Kass indes stellte für seine Fraktion klar: "Wir sollten einem Gewaltverbrechen kein Mahnmal setzen", andernfalls müßte für jedes Gewaltverbrechen ein Gedenkstein gesetzt werden, um keine Opfer zweier Klassen zu schaffen. Wenn allerdings die Initiatoren in Abstimmung mit dem Hauseigentümer in Eigeninitiative eine Gedenktafel anbringen würden, dagegen sei nichts einzuwenden.

"Haben falsch gedacht"

"Wie es aussieht, haben wir falsch gedacht," resümierte die parteilose Irene Maria Sturm. Das "Bündnis gegen Rechts" sei davon ausgegangen, daß dieser Stein ohne Probleme aufzustellen sei, so selbstverständlich wie in Solingen oder Mölln. "Wir wollen ein Mahnmal für die Opfer", stellte Sturm klar. "Mit Ihrer Haltung spielen sie den Rechtsradikalen in die Hände," wandte sich Sturm an die CSU und Zilch, "auch wenn Sie das natürlich nicht wollen. Es ist unsere Pflicht, an diesem Ort ein Mahnmal aufzustellen." Martin Brock (ödp) stellte sich ebenfalls "uneingeschränkt" hinter die Errichtung. Er könne sich zwar mit dem Vorschlag der CSU für eine Gedenktafel anfreunden, "dann darf aber der Errichter nicht Privat heißen, sondern er muß Stadt Schwandorf heißen", sagte Brock.

Nachgerade absurd"

"Ihre Argumentation ist nachgerade absurd," stellte Franz Schindler (SPD) gegenüber Uwe Kass fest. "Ich habe den Eindruck, daß sich die CSU hier verrannt hat und nun händeringend nach Argumenten sucht." "Es gäbe schönere Schlagzeilen für Schwandorf," stellte Schindler fest, "deshalb müssen wir uns der Verantwortung stellen. Mit Ihrer Haltung spielen Sie denjenigen in die Hände, die Gewalt als Instrument der politischen Diskussion für gut heißen. Auch wenn Sie das natürlich nicht wollen." Auf das Medienecho abzielend, meinte Schindler: "Denken Sie an das Echo, das diese Entscheidung wirft. Es ist noch nicht zu spät, eine Blamage zu verhindern."

Für gehörigen Unmut unter den Zuhörern sorgte die Begründung Hans Zilchs: Er sei gegen den Gedenkstein, weil der Name des deutschen Opfers Jürgen Hübener nicht an erster Stelle angeführt sei. Außerdem befürchte auch er eine Pilgerstätte für extreme Gruppen. Dr. Felix Hierstetter (CSU) erinnerte daran, daß jedes Jahr am Gedenkstein für die Opfer von Terror, Gewalt und Krieg in der Fichtelanlage ein Kranz niedergelegt werde. Seine Betonung lag dabei auf "alle Opfer". Schindlers Ausführungen nannte er "oberlehrerhaft", er sei "enttäuscht".

"Es ist bedauerlich"

"Es ist bedauerlich, wie hier mit einem sehr ernsten Thema umgegangen wird", versuchte Helmut Hey die Polemik aus der Debatte zu nehmen. "Warum tut man sich denn so schwer? Wir sind alle gegen Rassismus und Fremdenhaß. Warum kann man dieses Dagegensein nicht zeigen? Hier werden Argumente gebracht, derer man sich schämen muß," sagte Hey. "Wir sollten abstimmen, ehe noch mehr Porzellan zerschlagen wird." Das Abstimmungsergebnis: Die CSU-Fraktion, OB Kraus und FW-Rat Zilch stimmten gegen das Mahnmal. Die SPD-Fraktion, Martin Brock und Irene Maria Sturm sprachen sich dafür aus. Das Ergebnis: 16 zu 13 gegen das Mahnmal. Es fehlten Hans Schuierer und Otto Kuhn (beide SPD).

[Foto]

Einige Vertreter des "Bündnis gegen Rechts" demonstrierten vor der Sitzung für ein Mahnmal vor dem Habermeierhaus.

 

 

Kommentar:

Kein Platz für das Mahnmal

VON WOLFGANG HOUSCHKA

Man hätte sich diese Debatte sparen können. Sie zeigte nur die bisherigen Fronten auf und war über weite Strecken hinweg unerträglich für alle, die da meinten, man sollte für die Opfer des Brandanschlages vom 17. Dezember 1988 eine Stätte der Erinnerung schaffen. Wir haben erneut mit ungläubigem Erstaunen gehört, daß dieses Mahnmal den ohne jeden Zweifel rechtsradikalen Täter glorifizieren würde und es mußte zur Kenntnis genommen werden, daß für Schwandorf nicht gilt, was in Solingen und Mölln eine ganze selbstverständliche Sache war.

"Hören wir auf, bevor noch mehr Porzellan zerschlagen wird": Ein weiser Satz des SPD-Fraktionsvorsitzenden Helmut Hey, der damit offenlegte, daß es nach einer knappen Stunde bedauerlicherweise nichts mehr zu sagen gab. Wer Täter mit Opfern verwechselt und von einem "betonierten Alibi" spricht, wer gar noch eine namentliche Rangfolge auf einem Gedenkstein festlegen möchte, wie dies einer der Diskussionsredner tat, dem wird man nicht klarmachen können, was mit einem schlichten Stück Granit hätte erreicht werden sollen: Das öffentliche Bekenntnis einer Stadt gegen Ausländerhaß und gegen faschistischen Umtrieb.

"Gängige Übung", so hat einer der das Mahnmal ablehnenden CSU-Räte gesagt, sei es, daß man jedes Jahr am Volkstrauertag einen Kranz in der Fichtlanlage niederlege und damit allen Opfern von Gewalt, Terror, Krieg gedenke.

Das, wogegen er gleich danach stimmte, wäre weit über die "gängige Übung" hinausgegangen und hätte verdeutlicht, daß es Vorgänge gibt, mit denen sich die Demokratie nicht abfinden darf.

Der Neue Tag Schwandorf, 03.03.1999